8.0

B

r

t

e

h

e

It

3

f.

1

It

.....

11

t₂

t

t

Die Folgen des faschistischen Staatsstreichs

Diskussionsbeitrag aus der illegalen Gruppe, Der Rote Stoßtrupp"

Vernichte mit einem Schlage drei deiner Gegner: das ist der erste Lehrsatz der politischen Strategie der Nazis, der uns in den letzten Wochen an einem blutvollen Bei spiel illustriert wurde. Bei allen entscheidenden Aktionen der Nazis wurde die direkte Wirkung mit der indirekten verbunden und damit vorweg genommen. Den Reichstag ließen die Nazis zur Vernichtung der KPD. anzünden; mit dem damit erzeugten Bolschemistenschreck konnte man die Deutschnationalen aus Parlament und Regierung ver­drängen, den Stahlhelm entmachten, die Gleichschaltung erfolgreich durchführen. Der Austritt aus dem Völker bund wurde mit einem Friedensangebot an Frankreich  und mit einer Terrorwelle im Inland, genannt Volks­abstimmung, verbunden: um dem inneren und äußeren Feind keine Möglichkeit zur Gegenaktion zu geben. In den Ereignissen vom 30. Juni finden wir das gleiche Prinzip: Die wahre oder vermutliche Opposition links und rechts wird enthauptet. Ob die SA. wirklich ein Romplott plante, Schleicher   mit Röhm im Bunde war, sogar mit einer ausländischen Macht" konspirierte was schert es Göring   und Goebbels? Beide behaupten es einfach; wenn es die Ausländer nicht glauben wollen um so schlimmer für sie. Der Zweck heiligt die Mittel. Die Reaktion mußte gehindert werden, die blutige Operation Hitlers   an seiner eigenen Partei auszunüßen; deswegen mußten Schleicher   und Klausener ihren Kopf verlieren. Die richtige Begründung" liefert das Propagandaministerium.

Was werden die Folgen dieses Blutbades Tein?

Alle Formeln: Kampf der Gangster", Sieg der Reichs wehr", zweite Revolution" usw.- sind unzureichend oder falsch. Daß die Gangster sich gegenseitig er­mordeten", stimmt offensichtlich nicht, da von den Haupt­gangstern kein einziger daran glauben mußte. Auch die in vielen Formen auftauchende Vermutung, daß die Reichswehr   nun Hitler zu ihrem Anhängsel mache, ist un­erwiesen. Weder hat die Reichswehr   an den Kämpfen unmittelbar teilgenommen, noch konnte sie die Ermor­dung von Schleicher und der Papengehilfen verhindern. Ganz sinnlos aber ist das Gerede von der zweiten Revo lution". War Hitlers   Revolution faschistisch, zugunsten der Großkapitalisten, so hätte die Revolution Röhms irgendwie sozialistisch" sein müssen. Seit wann aber waren Röhm und seine rauhen Kämpfer"- Sozialisten? Wie können diese unklaren, sich um ihre Beute betrogen fühlende SA.  - Männer eine sozialistische Revolution machen und behaupten? Ein Sig Röhms hätte nur zu einer Neubesetzung der Aemter, zu einer neuen uner­hörten Terrormelle, zu noch größerer sozialer Demagogie führen können ohne die Grundlagen des Kapitalis­mus zu beseitigen. Die zweite, die sozialistische Revolution konnte Röhm weder führen noch verwirklichen; ein sieg reicher Butsch der SA.   hätte bestenfalls die Vorstufe zur sozialistischen   Revolution werden können.

Was ist nun in Wirklichkeit eingetreten?

Die Mörderkugeln auf Röhm und Konsorten, sie sollten die radikalisierten unzufriedenen Massen in der SA.  , in den faschistischen Rebenorganisationen, in der Arbeiter schaft treffen. Wenn der erste Schrecken des Blutbades verraucht ist, dann wird sich die Wirkung zeigen: die faschistische Massenbasis beginnt abzubröckeln, das Ver­trauen zu Hitler   selbst und zur faschistischen Führung wird schwinden. Der Faschismus hat seinen Nimbus ver­loren: Das ist die erste Wirkung. Doch man darf

sich nicht täuschen, daß es sich hier um komplizierte seelisch- politische Vorgänge handelt, die nicht ganz ein­deutig verlaufen. Die Nazis geben ihre Position bei den Massen nicht freiwillig auf, sie werden energisch darum kämpfen. Zunächst wird die SA. nicht aufgelöst, sondern reorganisiert. In ihr und in allen Nebenorganisationen wird nicht nur eine Verkleinerung an Zahl, sondern auch wird nicht nur eine Verkleinerung an Zahl, sondern auch eine weitgehende Umgruppierung in persönlicher und politischer Hinsicht eintreten. Die Aktivisten werden durch die Bürokraten und Postenjäger verdrängt werden, das weitgehende Eigenleben der einzelnen Organisationen, vor allem ihrer Führer, wird man radikal ausmerzen. Insgesamt: Verkleinerung und Verschiebung innerhalb der Massenbasis: Das ist die zweite Wirkung.

Das sinkende Vertrauen der Massen in das faschistische Regime wird die Arbeit der illegalen Margisten weit­gehend erleichtern, ihrer Tätigkeit erst die richtige Reso­nanz verschaffen. Die Mehrzahl der Denunzianten werden aus den Arbeitervierteln verschwinden. Bisher mußten von den illegalen Kämpfern zwei Gegner beachtet, über­listet, bekämpft werden: Der faschistische Staatsapparat und die faschistisch beeinflußten Massen. Wenn die letzten auch nicht ganz verschwinden, Denunzianten sich noch immer finden werden, so werden jetzt viel mehr Proleten und Kleinbürger den sozialistischen   Parolen Gehör schenken, sich in die illegale Arbeit einreihen lassen. Daraus ergibt sich die Möglichkeit- deren Durchführbar keit natürlich an jedem Ort genau geprüft werden muß, von der bloßen Arbeit innerhalb den zuverlässigen Kadern, zu einer mehr propagandistischen Arbeit inner­halb den sympathisierenden Massen überzugehen. Das ist die dritte, zweifellos wichtigste Wirkung der blutigen Ereignisse vom 30. Juni.

"

Ganz unwahrscheinlich ist aber die Hoffnung, daß Hit­ lers   Blutbad die Herrschaft des Faschismus in Deutsch  land erschüttert habe". Die Brutalität der Erschießungen geschah aus raffinierter, politischer Berechnung: Die un zufriedenen" Nörgler" sollten eingeschüchtert werden. Nachdem der Versammlungskampf gegen die ,, Kritikaster" mißlungen ist, mußte das Standgericht die Mißmacher überzeugen". Gewiß, der Faschismus hat die tumul­tarische Versammlung und den Mord immer gleichzeitig Das Schwergewicht wird sich in Zukunft noch mehr auf als politische Waffen benutzt und mit Erfolg durchgeführt. daß die SA.   fast nicht auf die Ermordung ihrer Führer Terror und Mord verlegen. Ist es nicht verwunderlich, mit bewaffnetem Gegenangriff geantwortet hat? Uns scheint, das Standgericht hat die von Hitler   gewollte Wirkung ausgeübt. Die faschistische Führung hat bei der ganzen Aktion eine große Wendigkeit bewiesen. Der Staatsapparat, die SS.   und die Polizei sind noch völlig in der Hand der faschistischen Spitze und zu jeder Scheuß lichkeit gegen die Massen fähig und bereit. Noch mehr, die Führung des Partei- und Staatsapparates hat ihre Macht noch ungeheuer verstärkt, jeden Eigenwillen in den eigenen Organisationen gebrochen. Der auf breiter Der auf breiter Massenbasis herrschende Faschismus wandelt sich in einen blutigen, mit Terror und Mord regierenden Partei- und Staatsapparat, der jede oppositionelle Bewegung zu zer­malmen sucht. Das ist die vierte schauerlichste Wirkung malmen sucht. Das ist die vierte schauerlichste Wirkung der Vernichtung Röhms und Konsorten.

Und die Bourgeoisie, die Großgrundbesitzer, die Reichs­mehr, die oppositionellen Kirchen wie wird sich ihre Haltung zum Faschismus wandeln? Man darf annehmen, daß auch diese Schichten einen Ekel über die Mord­methoden Hitlers   empfinden. Doch zugleich werden sie

Asylrecht bei diplomatischen Vertretungen

Sorge für die in Deutschland   Bedrohten

An den Reichskanzler!

Sie haben dem englischen Reuterbüro mitteilen lassen, daß keine Totenliste der Opfer Ihres Mordfestes veröffent: licht werden wird.

Sie haben ferner neuerdings wieder ganze Serien von Auslandszeitungen in Deutschland   verbieten oder beschlag­nahmen lassen, weil sie Berichte über die Bluttage gebracht haben.

Die Fragen um die Geheimnisse Ihrer Morde werden dennoch nicht verstummen. Sie haben im Reichstage das deutsche   Volk und die Welt frech angelogen. Nicht ein= mal die Zahl der erschossenen SA.  - und SS.  : Leute haben Sie richtig angegeben. Aus den Reihen Ihrer Banditen haben Sie viel mehr abknallen lassen, als Sie öffentlich zugeben. So find alle diejenigen SS.  - oder. SA.  - Leute erschossen worden, die am 30. Juni und am 1. Juli Täter oder Tatzeugen von Morden waren, die durch die Persönlichkeit der Getöteten Aufsehen außer halb Ihrer Partei erregt haben.

Erft haben Sie die Ermordung befohlen. Dann haben Sie die Leichen einäschern lassen. Schließlich haben Sie auch die

Das alles wird den eingetretenen Zerfallprozeß des Natio­nalsozialismus nur beschleunigen. Stände er noch in zu­nehmender Macht, so würde er die innere Spannung in einem außenpolitischen Vorstoß abreagieren. Diese Gefahr ist aber noch immer sehr afut. Aber die sichtbare Schwen­fung Englands tut endlich die Wirkung, die gegenüber jol­chen Landsknechtsnaturen allein am Plaze ist: sie bekom: men Furcht.

Um desto mehr wird sich die angesammelte Wut nach in­nen entladen. Allerlei Symptome lassen deutlich erkennen, daß Juden progrome, Massaker gegen die Tausende in den Konzentrationslagern, gegen Christen, Marristen und Pazifisten, ferner Bluturteile der Volksgerichte" vor­bereitet werden. Sodann auch weitere Attentate gegen ein­zelne besonders verhaßte Personen, auch aus dem eigenen Lager.

Da nicht zu erwarten ist. daß die Mächte der Welt offi­ziell, einzeln oder gemeinsam, intervenieren, muß an das sittliche Gefühl der Menschheit, der Einzelnen wie der Völ­fer, appelliert werden

von Ihnen gedungenen Mörder noch beseitigt. So glauben Erich Mühsams Tod

Sie, daß sich Schweigen über die Schandtaten breiten werde. Sie werden sich irren.

Das Blutmeer wird Sie verschlingen.

Man schreibt uns aus England:

Mitte Juli befindet sich Deutschland   in einer Lage, die feden Augenblick zu einer Katastrophe führen kann. Hitler und Göring   glaubten, das unvermeidliche Ende dadurch aufhalten zu können, daß sie sich der Reichswehr   unterwar­fen und dieser eine Anzahl Oberführer der SA.   opferten, vermehrt um einige Männer, die sie fürchteten oder an denen sie sich rächen wollten,

Die barbarischen Blutsäufer

Für den Schutzverband Deutscher Schriftsteller übergibt uns der Vorsitzende des SDS., Rudolf Leonhard  , folgende Erklärung:

,, Mit Entseßen und Empörung haben wir die Nachricht vom angeblichen Selbstmorde unseres Kollegen und Freundes Erich Mühsam   zur Kenntnis genommen. Wir tennen Mühsam aus vieljähriger Arbeits- und Kampf­gemeinschaft; wir wissen, wie heldenhaft er den unaus­gesetzten Quälereien, Erniedrigungen und Folterungen der Konzentrationslager widerstanden hat; wir fennen alle Einzelheiten seines Kampf- und Leidenslebens auch in den legten Monaten: sogar einem glaubwürdigeren Regime als

Von Horst Kühn

froh sein, daß man sie von von der aufdringlichen SA.  - Meute befreit hat, sie in ihren Betrieben wieder ohne Einspruch der NSBO. wirtschaften können. Vor allem aber wird man sich überzeugen, daß es nicht ratsam ist, es auf eine bewaffnete Auseinandersetzung mit dem Faschismus an­kommen zu lassen. So werden sie versuchen durch Hitler  zu herrschen. Der Ausgang der Konkordatsverhandlungen läßt eine weitgehende Verständigung zwischen Faschismus und katholischer Kirche als möglich erscheinen. Die Er­klärung des Reichsbischofs Müller, daß die neue Kirche nur das Werk von Generationen sein wird, kann einen Kurswechsel einleiten. Kurswechsel einleiten. Man dürfte die Führer der oppositionellen Pfarrer beseitigen, die Schar ihrer An­hänger aber wieder in den Dienst der Kirche aufnehmen, die Wotansgläubigen zurückblasen. Die Schüsse in München   und Lichterfelde  , sie ermöglichen- fünftens einen Pakt zwischen den beiden Kirchen und dem Faschismus.

-

-

Das auffällige Eintreten Blombergs für Hitler   ist auch kein Zufall. Die hohen Reichswehroffiziere freuen sich, daß die plebeische Konkurrenz beseitigt ist. Die Reichs­wehrführung läßt erkennen, daß sie hinter Hitler   steht, ihn im Konfliktsfall unterstützt, während dieser die SA. anweist, den Reichswehrsoldaten den nötigen Respekt zu bezeugen. Faschismus und Reichswehr   haben- gleichwertige Partner ein Bündnis geschlossen; beide werden in Zukunft sich weitgehend verschmelzen, wissend, daß der eine ohne den anderen seine Herrschaft nicht be­haupten kann. Der Stahlhelm wird wieder zum anerkann ten, respektierten Kriegerverein werden. Die Groß­industriellen und Finanzkapitalisten werden sich allmäh= lich beruhigen, da sie mit Recht eine Aenderung der Ein­stellungs- und Entlassungsbestimmungen wie eine Reform der Arbeitsschlacht erwarten, die alle ihre diesbezüglichen Wünsche befriedigt. So können wir die ungeheuerlich wichtige se ch ste Wirkung festhalten: Bourgeoisie und Faschismus werden sich gegenseitig verständigen und vor­behaltlos anerkennen, ihr gegenseitiges Arbeitsgebiet genau abgrenzen: Der Bourgeoisie die Wirtschaft, der Reichswehr   die Wehrmacht und dem Faschismus die Politik. Alle drei werden ihre Kräfte vereinen, um Kapitalismus   und Faschismus gegen das unzufriedene Volk zu behaupten.

So kommen wir zu dem, auf den ersten Blick erstaun­gebenen zunächst nicht schädigen dürfte. Bei dem lichen Schluß, daß den Chef die Ermordung seiner Unter­Bürgertum wird sich der Faschismus wieder relativ stabilisieren. Doch wie lange wird diese Atempause dauern? Das hängt vor allem von den weiteren wirt­schaftlichen und außenpolitischen Erfolgen des Faschis­mus ab. Arbeitsschlacht und Rüstungskonjunktur müssen im Winter weitgehend eingeschränkt werden, wenn Ein­fuhrdrosselung und Devisenmangel nicht behoben sind. Das ist nur möglich, wenn das Ausland mehr deutsche  Waren aufnimmt oder aber die nach Deutschland   trans­portierten Rohstoffe durch eine große Anleihe finanziert. Deshalb ist als siebente Wirkung zu erwarten, daß Hitler wieder eine außenpolitische Kursschwankung vor­nimmt, politische Zugeständnisse anbietet- Verkleine­rung der SA.  , geringeren Ausbau der Luftflotte, um dafür wirtschaftliche Vorteile zu erhaschen. Gelingt ihm dies, dann kann das Bündnis zwischen Faschismus und Bürgertum von längerer Dauer sein. Wenn nicht werden sich voraussichtlich im Frühjahr neue dramatische Ereig­nisse vollziehen, deren Umfang und Bedeutung heute noch niemand voraus sagen kann

-

Vor allem wäre zu fordern, daß die Staaten von ihren Bürgern gezwungen werden, ihre diplomatischen und Kon­sular- Vertretungen anzuweisen, den politisch Verfolgten und den Juden in Fällen dringender Gefahr Asyl zu gewähren und sie auf Ansuchen durch Erteilung von Schutz­pässen unter ihren Schutz zu stellen.

Es wäre dies nur die Weiterführung einer bereits im Sommer 1933 von Locker Lampson   im englischen   Unterhaus gemachten Anregung, daß England alle in Deutschland   ver­folgten Juden dergestalt unter seinen Schuß stellt, wie es als Mandatsmacht Palästina gegenüber handelte.

Daß die Sowjetunion   die gefährdeten Funktionäre der radikalen Arbeiterbewegung unter ihren Schuß nimmt, muß sich von selbst verstehen.

Die übrigen Völkerbundsstaaten sollten veranlaßt werden, endlich den seit Herbst 1933 versprochenen Völkerbunds= Paß für die deutschen Emigranten herzustellen und ihn auch in Deutschland   denen auszustellen, die darum nach­suchen.

Es kommt alles darauf an, daß schnellstens gehandelt wird. Deshalb mögen sich in jedem Lande Männer und Frauen finden, die ihren europäischen Mitbürgern in Deutschland  , schon aus prophylaktischen Gründen, helfen wollen, indem sie ihre Regierungen zum Handeln veran­laffen.

dem deutschen Faschismus würden wir den Selbstmord unseres Freundes nicht glauben- diesen Selbstmord", den er bis gerade nach dem 30. Juni hinausgeschoben haben soll! Wir protestieren nicht; wir wissen, daß diesen tarharischen Blutsäufern gegenüber Proteste" wirkungslos und sinnlos sind. Aber wir werden nicht aufhören, an das Weltgewissen zu appellieren, und es aufzurufen zum Schute Penns und Ossietzkys, Thälmanns und Neubauers, und zur Nache für unseren unvergeßlichen Erich Mühsam  !"

Abwärts!

( Inpreß). Nach Angaben des Deutschen  " haben im Mona Juni der Völkische Beobachter" 2850, der Rotalanzeiger 2600 und die Morgenpost" 7300 Abonnenten verloren