Ostlocarno
Sehr kritiche Haltung Frankreichs
Paris , 21. Juli. ( A. Ph.) Wenn man in diesen Tagen die öffentliche Meinung in Frankreich studiert, dann wird man finden, daß die Frage, ob Deutschland einem sogenannten Ostlocarno beitritt oder nicht, bei weitem nicht mehr so diskutiert wird, wie dies noch am Anfang der Woche der Fall war. Allgemein herrscht die Ueberzeugung, daß Deutsch lands Antwort ablehnend lauten wird, und der objektive Beschauer muß das wahrheitsgetreu berichten man erwar
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tet diese ablehnende Antwort sogar mit einem ge wissen Gefühl der Befreiung. Keinem Franzosen ist wohl bei den Gedanken, mit dem dritten Reich" einen Vertrag abschließen zu müssen; man hat zu Hitler und seinen " Staatsmännern" nicht das geringste Vertrauen. Man erinnert sich hier immer wieder, daß die Männer, die heute im britten Reich" den Ton angeben, ihrer eigenen Unterschrift keine besondere Bedeutung beimessen.
Tardieus, oder zum Austritt der radikalsozialistischen Minister aus der Regierung führen wird. Eines aber ist auf jeden Fall sicher: An Frankreichs Außenpolitik gegenüber dem„ dritten Reich" wird sich nichts ändern. Die Politik, den Frieden durch offene Rüstung zu sichern, gegenüber der heimlichen, aber hier als unheimlich empfundenen Aufrüstung Hitlerdeutschlands, ist heute Gemeingut fast des ganzen französischen Volkes geworden, das einmütig den Friedensreden des„ Bel- Adolphe" mißtraut, der ja auch seinem einzigen Duzfreunde Röhm noch vor einigen Monaten die freundschaftlichsten und herzlichsten Briefe schrieb, um ihn dann kaltblütig ermorden zu lassen, zusammen mit all den anderen, die Hitler den Weg zur Macht freigemacht haben.
Darum zerbricht man sich auch nicht lange den Kopf dar August 1914
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über, was wohl der deutsche Botschafter von Koester am Donnerstag am Quai d'Orsay gewollt hat. Man weiß Frankreichs Außenpolitik in guten Händen und hat und darin ist das französische Volk fast eines Sinnes die Ueberzeugung, daß Barthou sein Wort halten wird, das er in seiner Bayonner Rede gegeben hat. So soll er denn auch dem„ Paris- Midi" zufolge Herrn von Koester klipp und klar zu verstehen gegeben haben, daß Frankreich den Ostpakt nicht etwa als ein Schachergeschäft an= sehe, das man auf die Formel bringen könne: Unterschrift gegen Aufrüstung! Spöttisch nimmt man Notiz davon, daß die Berliner Presse auf das Kommando des Reichspropagandisten Goebbels den Ostpakt als eine Art französischrussischer Intrige, gerichtet gegen das friedfertige ,, dritte Reich", hinzustellen versucht.
Deutschlands Hoffnung auf Polen als Sekundanten ist nur in sehr geringem Maße berechtigt. Am Quai d'Orsay weiß man genau, was man von Polen zu halten hat, und wir verraten fein Geheimnis, wenn wir sagen, man hat dort mehr Vertrauen zu der in Warschau getriebenen Außenpolitik, als den Herren in der Wilhelmstraße lieb sein fann.
Auch die Hoffnung auf eine französische Regierungsfrise, die seit 24 Stunden die Berliner Kalkulationen zu beleben scheint, wird wie eine buntschillende Seifenblase sehr schnell zerplazen. Es wäre verfrüht, schon jetzt vorauszusagen, wie sich Tardieus Angriff auf den Vorsitzenden der radikalsozialistischen Kammerfraktion, den ehemaligen Ministerpräsidenten Chaute mp3 auf die fran zösische Innenpolitik auswirken wird, ob er zu einer Umbildung der Regierung Doumergue , das heißt zum Rücktritt
Der Angriff auf Belgien wird gefeiert
Der Deutsche Presseverlag" versendet einen hymnischen Aufsatz von W. Hoeppener- Flatom Fahnen im Sturmwind des Sieges", der die folgenden höchst bezeichnenden Säße enthält: Belgien : es war zutiefst nicht Deutschlands Wunsch, mit Belgien Krieg zu führen. Es war eine le= benswichtige Notwendigkeit. Es mußte mit blitzschneller Bewegung der Panzergürtel der belgischen Forts in die Hand und hinter den Rücken der deutschen Truppen gebracht werden. Und gerade weil diese Notwendigkeit getan werden mußte, ohne jede Sentimentalität, um Zehntausenden deutscher Söhne das Leben zu erhalten, war Bethmann- Hollwegs Wort von dem„ Unrecht an Belgien ", das gutgemacht werden müsse, so außerordentlich verhängnisvoll! Aber die oberste Heeresleitung hatte nicht Politik zu machen, sondern des genialen Schlieffen Pläne vom Zweifrontenkrieg zu verwirklichen... In einem einzigen Ansturm das bis an die Zähne aepanzerte Belgien überrennend, jagten die deutschen Truppen die französischen und englischen Armeen vor sich her..."
Wer die Geschichte des Weltkriegs fennt, weiß, daß hier eine kleine aber nette Geschichtsfälschung vorgenommen wird. Auf diesen Leisten ungefähr ist die Geschichtswissen schaft geschlagen, die dem Deutschen in Zeitungen, Büchern und in den Schulen vorgesetzt wird. Danach sollte man sich im Reich nicht wundern, wenn das Friedensgeschwäß des VizeHeß nicht ernst genommen wird. Der Durchmarsch durch Belgien , das heißt der Bruch der belgischen Neutralität wurde ohne falsche Sentimentalität vorgenommen. Daß auch heute noch im Reich der Begriff der„ Sentamentalität" fehlt, zeigen die Osaf- Morde an seinen Freunden. Daß man so viel mangelnder Sentimentalität mit Staunen und Skepsis gegenübersteht, müßte man selbst im dritten Reich" begrei
fen.
BRIEFKASTEN
„ Kölsche Mädchen". Sie teilen uns mit:„ Auch das Kölner Strands bad Marienburg hat jetzt durch Anschlag bekanntgegeben, daß der Besuch von Juden nicht erwünscht sei. Der„ Westdeutsche Beobachter" begründet diese Maßnahme damit, daß jüdische Besucher durch Spiel mit einem Wasserball andere Besucher belästigt hätten." Die Bes gründung ist nicht nur originell, sie zeigt auch, daß man einen allgemein antisemitischen Grund in Köln nicht anzugeben wagt.
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2. H., Zürich . Sie schreiben uns:„ Eine Anzahl Emigranten, die in ständiger Fühlung mit dem„ dritten Reich sind, beauftragen mich, Ihnen die unter ihnen herrschende Ansicht mitzuteilen, daß die in letzter Zeit in der D. F." wiederholt zum Ausdruck gebrachte Hoffnung eines baldigen Endes der jetzigen trostlosen Zustände in Deutschland nach ihrer Meinung weder den Tatsachen entsprechen, noch der Entwicklung zum Vorteil gereichen. Allgemeine Orien tierung zeigt vielmehr an, daß sich das herrschende System noch lange halten wird, trotz wirtschaftlicher Not, trotz wachsender Unzufriedenheit in allen Kreisen. Deshalb erscheint es im Interesse des erhofften Umschwunges in Deutschland nicht förderlich, Hoffnungen zu machen, welche sich vorläufig schwerlich erfüllen werden. Enttäuschung über das Ausbleiben der Wendung wird Widerstandskraft und Mut in weiten Kreisen schwer belasten. Wir bitten Sie, diesem Gesichtspunkt Beachtung zu schenken." Nichts liegt uns ferner als unbegründete Hoffnungen zu erwecken. Gerade aus dem Reiche sind wir wiederholt wegen unseres feptizismus getadelt worden. Sie dürfen Tatsachen- und Stimmungsberichte, die wir aus dem Reiche und als solche kenntlich bringen, nicht mit unserer eigenen Stellungnahme verwechseln. Immerhin müssen wir hinzu fügen, daß mehrere unserer Mitarbeiter im Reiche die große erste Wendung zum Abstieg des Systems, die am 30. Juni eingetreten ist, mit Sicherheit für diesen Sommer vorausgesagt haben, wenn sie natürlich auch nicht wissen konnten, in welchen Formen sie sich vollzog.
Katholischer Leser. Es war uns entgangen, daß die früher katholische„ Germania ", und zwar ihr total heruntergekommener Chefredakteur Ritter über die berüchtigte Reichstagsrede Hitlers zu seinen Massenmorden schreibt:„ Wer konnte auch nur einen Augenblick daran zweifeln, daß die Grundsätze über das Verhältnis der Wehrmacht zu den politischen Organisationen, zu denen sich der Führer am Freitag feierlich bekannte, vollkommen mit den Auffassungen übereinstimmen, die Vizekanzler von Papen stets ver treten hat, und daß dieser über den Verdacht erhaben sei, an die Seite von politischen Abenteurern zu geraten, deren Tendenz von Hitler treffend als„ nationalsozialistisch" gekennzeichnet wurde. Die ungeheure Gefahr, die von dem Röhm- Schleicherschen Unternehmen drohte, gemäß der Darstellung des Führers erkennen, kann nur heißen: seinen vernichtenden Gegenschlag als notwendig begreifen und ihm für diese Rettungstat danken." ,, Wer konnte auch nur einen Augenblick daran zweifeln", daß Papens nächste konservative Mitarbeiter, daß Dr. Klausener, Probst, von Kahr und einige andere abgeknallte Bürger politische Abenteurer waren, die der ,, vernichtende Gegenschlag" mit vollem Recht getroffen hat.
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Für den Gesamtinhalt verantwortlich: Johann Biz in Dud weiler; für Inserate: Ctto u bn in Eaerbrüden. Rotationsdrud und Verlag: Verlag der Volfsstimme GmbH., Saarbrücken 3, Schüßenstraße 5. Schließfach 776 Saarbrücken.
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Pariser Berichte Große Kundgebungen
für Thälmann, Torgler , Ossietzky und die anderen Eine gewaltige Kundgebung für die Befreiung von Thäl mann , Torgler , Ossietzky und die anderen von den Faschisten eingekerkerten politischen Gefangenen, fand am Freitag im Wagram- Saal in Paris statt, der bis auf den letzten Platz gefüllt war. Nach einleitenden Worten von Henri Barbusse , der den Vorsitz führte, geiselten Frankreichs berühmtester Verteidiger Moro-- Giafferi, für die Kommunisten Marcel Cachin , für die Sozialisten Robert Dupont sowie ein Gewerkschaftsvertreter die Henkermethoden des ,, dritten Reichs". Mit einer Entschließung, in der die sofortige Freilassung aller eingekerkerten Antifaschisten in Deutschland und Oesterreich gefordert wird, endete die eindrucksvolle Massenversammlung.
Zum Gedächtnis Erich Mühsams Kundgebung des Schutzverbandes deutscher Schriftsteller
Am Montag, dem 23. Juli 1934, abends 8.30 Uhr, findet in der Mutualité, Saal H( Paris Ve, rue Victor, Métro Maubert- Mutualité) eine Gedächtnisfeier für Erich Mühsam statt. Es sprechen u. a.: Anna Seghers , Aragon, Egon Erwin Kisch , Anselm Ruest , Souchy . Vortrag aus Werken von Erich Müh sam .) Kollegen und Freunde werden um Erscheinen gebeten. Ein schweres Unglück
Ein furchtbares Unglück er eignete sich am Freitag früh gegen 2.30 Uhr in der Dynamitfabrik von Paulille bei PontVendrees. In dem Barackengebäude, in dem Versuche mit Nytroglyzerine gemacht wurden, entstand eine Explosion, deren Ursachen noch nicht festgestellt werden konnten. Zwei Arbeiter waren auf der Stelle tot, ein dritter erlitt schwere Verlegungen. Es gelang, die Feuersbrunst, die durch die Explosion entstanden war, auf die Baracke zu beschränken; die angerichtete Verwüstung ist recht beträchtlich. Der Kampf gegen ausländische Arbeitskräfte
Der Kabinettschef Max Bonnefous des Arbeitsministers Marquet empfing in diesen Tagen den Besuch einer Abordnung der Union Française" unter Führung ihres Präsidenten Göillou, die sich über die Konkurrenz der ausländischen Arbeiter auf dem französischen Arbeitsmarkte beschwerte. Grundsätzlich sprach sich die Abordnung für die Gleichstellung der aus Algier stammenden mit den eingeborenen französischen Arbeitern aus, brachte aber ihre Freiwillige zur Feststellung von Bauplägen in Vorschlag, auf denen ausländische Arbeiter besonders zahlreich Beschäftigung finden. Man erfährt nur, daß die Vorschläge der Abordnung vom Vertreter des Arbeitsministers freundlich entgegengenommen wurden.
Eine Ehetragödie
In Levallois bei Paris spielte sich in den Abendstunden des Donnerstag ein blutiges Ehedrama ab. Der 35 Jahre alte Arbeiter Georges Plourdeau gab dort an der Ecke der Rue Gide und der Rue Marius- Aufan auf seine 33jährige Frau Adrienne, die von ihm getrennt lebt, sechs Revolverschüsse ab, so daß sie schwerverletzt zusammenbrach. Während man sie in das nächste Krankenhaus schaffte, wurde der schießwütige Ehemann verhaftet und ins Gefängnis überführt
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