" Deutsche Freiheit" Nr. 169
Das bunte Blatt
Die„ russische Venus" gestorben
„ Das schönste Perlenkollier der Welt"
In einem Krankenhaus in London ist vor einigen Tagen etne alte Frau in großem Elend gestorben, einsam und verlassen, ein Schicksal unter vielen. Der Arzt wollte den Totenschein ausstellen, aber kein Mensch wußte zunächst den Namen dieser Frau, und man mußte erst Nachforschungen anstellen, um ihre Identität festzustellen. Da erfuhr man dann, daß diese Frau Vera Taberkow hieß, ein Name, mit dem sich der Glanz früherer Tage verband, Reichtum und Ansehen, und man erinnerte sich, daß diese Frau einst den stolzen Beinamen einer„ russischen Venus" erhalten hatte, daß sie lange vor dem Weltkrieg eine große Rolle in Peters burg gespielt hatte.
Es war einmal..., so kann man wirklich die Geschichte der Vera Taberkow beginnen. Sie war das Kind armer Eltern und mußte schon in ihrer frühesten Jugend ihr färgliches Brot als Wasserträgerin selber verdienen. Aber ste war schön, sehr schön und sie machte die Bekanntschaft eines der größten Juwelenhändler von Petersburg , der sie aus ihrer elenden Umgebung herausriß und sie als Verkäuferin in sein Geschäft nahm. Er hatte einen guten Griff getan, denn die Schönheit und die Anmut seiner Verkäuferin verschafften ihm die reichsten und vornehmsten Leute der Stadt als Kundschaft, in der ganzen Gesellschaft sprach man von dieser schönen Verkäuferin. Der Juwelenhändler wurde furz darauf sogar Hoflieferant der 3arenfamilie, und er heiratete schließlich die Frau, die ihm so viel Glück gebracht hatte.
Das war um das Jahr 1890. Vera Taberkom begann ein Leben in Reichtum und Glanz, in ihrem Salon waren die höchsten Persönlichkeiten ständig zu Gast, sie wurde verehrt, sie wurde bewundert; vergessen waren die Armut und das Elend ihrer Vergangenheit. Ueberall hieß sie nur noch die„ russische Venus", die Welt lag ihr zu Füßen.
Eines Tages, so erzählt man sich, erschien in dem JuweIiergeschäft, in dem die„ russische Venus" regierte, ein junger russischer Prinz und verlangte das schönste Perlenkollier
Filmstar oder Staatspräsident?
Präsident Roosevelt ist zwar der erste Mann" in den Vereinigten Staaten , aber er ist schlecht bezahlt. In der Rangliste der höchsten Gehaltsempfänger steht er weit hin= ter vielen anderen amerikanischen Berühmtheiten zurück- insbesondere hinter den Filmstars. Wie eine der letzten Statistiken aus Hollywood erkennen läßt, beziehen 110 Filmstars feste Bezüge, die weit höher sind als das Gehalt des Präsidenten Roosevelt . Drei weitere Filmstars beziehen genau soviel wie er: 75 000 Dollar. Das höchste Gehalt für einen männlichen Filmschauspieler das je gezahlt wurde, ist 315 000 Dollar im Jahr, das höchste Jahresgehalt einer Filmschauspielerin ist 191 000. Eigenartigerweise ist in dieser Statistik fein Name genannt jeder große Star kann so behaupten, er hätte den Reford innegehabt!- Die Amerikaner achten bei der Zuteilung der Gehälter nicht auf das Alter, nur der Erfolg, die Beliebtheit beim Publikum entscheidet. Lange Zeit hindurch bezog Mary Dreßler, die berühmte komische Alte die höchste Gage von Hollywood . Jetzt macht die Gage eines fünfjährigen Filmwunderkindes Sensation: Shirley Temple , die bisher 150 Dollar die Woche bezog, hat jetzt unter Androhung des Kontraktbruches ein wöchentliches Honorar von 1250 Dollar zugestanden erhalten. Ihr Vater, ein Neuyorker Bankier hatte das Doppelte gefordert die Familie kann auch so zufrieden sein.
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der Welt“. Der Ehemann der" Venus" konnte natürlich dem Kunden mit einem derart außergewöhnlichen Stück nicht dienen, aber der junge Prinz bestand auf seinem Verlangen, und der Juwelierhändler mußte eigens nach Indien reisen, um das gewünschte Kollier zu beschaffen... Klingt das nicht wie ein Märchen aus Tausend und einer Nacht?
Während der Gemahl sich auf die Suche nach den schönsten Perlen der Welt" begeben hatte, tröstete sich die„ Venus" mit dem Prinzen, der sie mit Liebeserklärungen verfolgte. Als der Juwelenhändler von seiner Reise zurückgekehrt war, schickte er eine Auswahl der wundervollsten Perlen dem Prinzen ins Haus, dazu natürlich die Rechnung, die sich auf nicht weniger als drei Millionen Rubel belief. Eine Stunde später erschien in dem Juweliergeschäft ein Diener des Prinzen, überbrachte einen Scheck über drei Millionen und das Perlenkollier! Er überreichte gleichzeitig Vera Taberkow einen Brief, in dem der Prinz sie bat, dieses Geschent anzunehmen. Wer wollte jezt noch sagen, daß dies nicht wahrhaft ein Märchen wäre?
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Vera Taberkow nahm beides an, den Scheck und das Kollier, und jetzt konnte sie wirklich behaupten, Juwelen zu be
Mittwoch, 25. Juli 1934
Der Schäferhund als Mörder
In Frankfort , im Staate Kentucky , war ein Schäferhund regelrecht von einem Gericht zum Tode durch die Kugel verurteilt worden, weil er einige Schafe umgebracht hatte. Die letzten Tage verbrachte„ Patsy", so heißt der Hund, im Stadtgefängnis von Frankfort . Kurz vor dem Hinrichtungstermin, so berichten die Neuyorker Blätter, legten die Gefängnißwärter zusammen und ließen Patsy, den sie alle liebgewonnen hatten, eine große Portion Ochsenschwanz als Henkersmahlzeit kommen. Eine Stunde später sollte er erschossen werden. Patsy war gerade mit dem letzten Bisfen fertig, als ein Kurier des Gouverneurs von Kentucky eintraf und dem Gefängnisdirektor ein versiegeltes Schreiben überreichte. Es war die Begnadigung Patsys! Die Urkunde enthielt 500 Worte jenes altmodischen Englisch, in dem die Gouverneure von Kentucky heute noch mit den Staatsbürgern verkehren. Es hieß darin, daß Patsy„ ein eremplarisches Leben" geführt habe, bis er in schlechte Gesellschaft geraten sei! Da aber sein Herr gelobt habe, dafür zu sorgen, daß er sich in Zukunft anständiger benehmen werde und da auch die letzten Schafherden in der Gegend an Chikagoer Großschlächtereien verkauft worden wären, so daß weitere Mordtaten Patsys nicht zu befürchten seien, habe er, der Gouverneur von Kentucky , Gnade für Recht ergehen lassen.
ſißen, die an Wert den Juwelen der Barin nicht nach Ozean- Köpenickiade
standen, ja, sie fast übertrafen! Das war der Höhepunkt ihrer märchenhaften Karriere.
Auf die Jahre des Reichtums folgten wieder die dürren Jahre des Elends. Es kam die russische Revolution, der Juwelierhändler und viele seiner reichen Kunden wurden an die Wand gestellt, der„ russischen Venus" aber gelang es, nach England zu entkommen. Sie hatte noch beträchtliche Teiles ihres Vermögens retten können, aber sie gab das Geld in London mit vollen Händen aus, bis eines Tages ihre Kasse leer war. Sie war wieder zu jener Armut zurückgekehrt, aus der sie gekommen war, doch die Schönheit war verflogen, sie war eine alte Frau.
Jetzt also ist sie gestorben, diese Frau, die einmal im Leben ein Leben in Reichtum, Schönheit und Glanz geführt hat, eine Frau, deren Namen und deren fantastischen Aufstieg man in der erregten Zeit des Nachkriegs schon vergessen hate. Es war einmal....
Wissen Sie schon...
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... welche Stadt man das„ Capua der Geister" nennt?- Wien ( nach Grillparzer ). Von Jerz de la Fron
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Thetis. Ein berüchtigter
... wie die Mutter des Achilles hieß? ... was Thomas de Torquemada war? spanischer Großinquifitor( 1420-1498). ... was ein Afrikander ist? Ein in Südafrika geborener Abkömmling weißer Einbanderer.
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... wann etwa Buddha lebte? Um 500 v. Chr.
... wie die Japaner ihren Ehrenkoder nennen?- Buschido. .. welches das Buch war, in dem Ruydard Kippling zuerst den Urwald verherrlichte 2- Das Dschungelbuch.
Zwei unbekannte Hochstapler haben ihre große Aehnlichkeit mit den im ganzen Lande gefeierten polnischen Ozean fliegern Josef und Benjamin Adamovicz ausgenüßt, einige Tage auf Kosten der Bevölkerung gut zu leben und sich umjubeln zu lassen. Während die echten Brüder Adamovica in Warschau weilten, fündigten die Hochstapler in deren Namen ihre Ankunft in Lodz und Czenstochau an. Zu ihren Ehren wurden in diesen beiden Städten große Empfänge und Diners veranstaltet. In blumengeschmückten Wagen fuhr das falsche Brüderpaar durch die Straßen zu den großen Ehrenveranstaltungen, an denen Vertreter der Behörden, der Aeroklub und andre Organisationen teilnahmen. Die beiden Hochstapler begnügten sich aber nicht mit dieser noch relativ harmlosen Frreführung der Bevölkerung, sondern sammelten auch noch Gaben für den Ankauf eines Ozeanflugzeuges.
Der nackte Verkäufer
In Marseille ereignen sich die tollsten Geschichten. Neulich erblickten ein paar Polizisten in einer Nebenstraße des alten Hafenviertels ein vollständig nacktes Individuum, das im Arm einen Korb voller Haselnüsse trug. Was tust du hier in diesem Aufzug," fuhren ihn die Polizisten an.„ Ich verfaufe meine Haselnüsse," antwortete der andere unerschütterlich. Als man den Händler, einen Araber, auf die Wache führte, erzählte er, Freunde hätten ihn nach einem erregten Streit ausgezogen und seine Sachen weggenommen. Da er feine anderen besäße, andererseits aber leben müsse, habe er sich entschlossen, sein Gewerbe ohne Bekleidung weiter zu betreiben. Er wurde von der Polizei mit Kleidern ver sehen und nicht weiter verfolgt.
... wieviel Reisende schäßungsweise jährlich den Suez- Brüsseler Weltausstellung 1935
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kanal durchschwimmen? Rund 500 000. ... wer zuerst Afrika umschifft hat? Die Phönizier, etwa 600 v. Chr.
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... daß faltes Wasser heilen kann? Es machte großes Aufsehen, als der englische Arzt Right 1777, an Bord eines Schiffes an Typhus erkrankt, sich falten Begießungen unterzog. 1826 wendete dann der deutsche Arzt Vincenz Prieß nitz erstmalig Kaltwasserfuren systematisch gegen verschiedene Krankheiten mit gutem Erfolg an. Weltbekannt wurde dann Sebastian Kneipp mit seinen Kuren.
Im nächsten Jahre wird in Brüssel eine große internatio nale Ausstellung stattfinden, die den Namen„ Brüsseler Weltausstellung 1935" trägt. Zur Zeit werden umfangreiche Vorarbeiten durchgeführt. Man arbeitet gerade an der Fertigstellung eines Stadions, in dem 75 000 Personen Plat finden werden. Auf dem Gelände werden große Messehallen, Gartenanlagen und ein Vergnügungspark gebaut. Zahl reiche europäische Länder haben bereits ihre Teilnahme zu gesagt.
Unsere Töchter, die Nazinen
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Roman von Hermynia 3ur Mühlen. Ueberhaupt gibt es trotz dem hehren Ernst dieser Tage tmmer wieder allerlei, das einen zum Lachen bringt. So neulich, als sie den sozialdemokratischen Bürgermeister zwangen, mit der Hakenkreuzfahne durch die Straße zu marschieren. Ich gönnte es ihm; seine Frau war nach dem Umsturz so unliebenswürdig zu mir. Der Bürgermeister schnitt ein Gesicht wie ein kranker Affe, und wenn er stehen blieb, erhielt er von unserer braven SA. einen gutmütigen kleinen Hieb. Dann lief er immer ein paar Schritte, und die Jungens bogen sich vor Lachen. Am folgenden Tag hieß es, man habe bei ihm hochverräterische Dokumente gefunden und er sollte verhaftet werden. Aber da war unser Bürgermeister mit einem Mal verschwunden. So sind diese Herrschaften: sie haben nicht für einen roten Groschen Mut. In der ganzen Stadt wurde herumgeredet, wo er wohl sein könne, denn die Schweizer Grenze war streng bewacht. Ich habe so meinen Verdacht: es gibt nur einen Menschen, der ihn versteckt haben kann. Und ich sagte zu meinem fünftigen Schwiegersohn, dem Baron Hellsdorf:
„ An eurer Stelle würde ich bei der Gräfin Agnes Saldern Haussuchung halten. Ich weiß genau, daß diese Frau eine wütende Feindin unserer Bewegung ist. Es geht bei ihr so weit, daß sie mich nicht einmal mehr grüßt. Außerdem habe ich den Verdacht, daß sie jüdische Ahnen hat."
Mein künftiger Schwiegersohn, der Baron Hellsdorf, war hocherfreut über meinen Rat. Er ging selbst mit vier SA.Leuten Haussuchung machen. Später schilderte er uns die ganze Begebenheit. Die Gräfin Agnes empfing selbst die Leute, sehr ruhig, sehr gelassen und furchtbar hochmütig. Sie saß in einem großen Lehnsessel und betrachtete alle durch ihr Lorgnon. Mein fünftiger Schwiegersohn, der Baron Hellsdorf, wollte sie überrumpeln und schrie sie an:
Sie haben den Bürgermeister bei sich versteckt. Geben Sie ihn sofort heraus."
Die alte Frau blickte ihn lange an, dann sagte sie gelassen: ,, Seit wann haben die Hellsdorf vergessen, wie man mit einer Dame umgeht? Dieser Ton ist hier nicht am Plazz." Ein junger, eifriger SA.- Mann drängte sich vor: Her mit dem Bürgermeister, sonst...!" Die alte Frau lächelte.
,, Ach, das ist ja der Hermann, der früher bei den Kommunisten war und wegen Trunksucht aus der Partei ausge= schlossen wurde. Trinken Sie noch immer so viel, mein Sohn?"
„ Werden Sie endlich unsere Frage beantworten?" brüllte mein fünftiger Schwiegersohn, der Baron Hellsdorf, die alte Frau an. Es war ja begreiflich, daß er diese Beleidigung çines braven SA.- Mannes nicht einfach durchgehen ließ. „ Sobald Sie die Frage in einem anständigen Ton an mich richten, werde ich sie beantworten."
Die alte Frau lächelte noch immer, nahm ruhig eine Zigarette aus der Silberdose und entzündete sie. ,, Wo ist der Bürgermeister?" schrie ein zweiter der SA.Leute.
„ Der Alfred," sagte das freche alte Weibsbild.„ Ja, der Alfred. Ihre Mutter hat mir oft vorgejammert, was für ein Tunichtgut Sie sind. Erinnern Sie sich noch, wie Sie als Junge bei mir im Garten Aepfel gestohlen haben und ich Sie losbitten mußte, damit Sie keine Prügel bekommen?" Mein künftiger Schwiegersohn, der Baron Hellsdorf, merkte, daß die Alte sich nicht einschüchtern lasse. Er fragte daher ganz höflich:
„ Haben Sie den Bürgermeister versteckt? Ich rate Ihnen im Guten, die Wahrheit zu sagen."
Die Alte zuckte die Achseln.
„ Wir Saldners pflegen nicht zu lügen, Baron Hellsdorf. Wir haben auch nie zu den Menschen gehört, die sich einem siegreichen Pöbel anschließen. Bis auf meine Tochter Claudia. Sie wissen ja, daß sie bei Ihrer Partei ist. Glauben Sie wirflich, ich würde die Verantwortung übernehmen, den Bürgermeister im gleichen Haus mit meiner Tochter zu verstecken?"
Und dann sagte das freche Weibsbild;
„ Sie können sich sehen, meine Herren, wenn Sie wollen. Sie sind zwar ungebetene Gäste, aber immerhin Gäste. Und wenn der Baron Hellsdorf seine Manieren vergessen hat, ich habe es nicht getan."
Mein fünftiger Schwiegersohn, der Baron Hellsdorf, der sich von den unverschämten Anwürfen der Alten peinlich berührt fühlte, schickte die SA.- Leute aus dem Zimmer und
blieb mit der Alten allein.
,, Sagen Sie jetzt endlich die Wahrheit," herrschte er sie ant. Sie betrachtete ihn durch ihr Lorgnon von oben bis unten. Dann sagte sie:
" Ihre Mutter war meine Freundin, ich bin froh, daß sie gestorben ist, ohne diese Schande zu erleben."
Wo ist der Bürgermeister?"
Mein fünftiger Schwiegersohn, der Baron Hellsdorf, konnte sich kaum mehr beherrschen. Er sagte uns, daß er der Alten am liebsten eine heruntergehauen hätte. Und weiß Gott , daß sie es verdiente.
Ich nehme an, daß Ihre Leute jetzt mein Haus durch suchen. Sie werden außer meiner Tochter Claudia und der Dienerschaft niemand finden. Uebrigens möchte ich Sie darauf aufmerksam machen, daß das, was Sie hier tun, Hausfriedensbruch ist."
„ Sie werden Ihre Haltung noch bereuen." Die Alte lachte.
,, Wollt Ihr mich einsperren? Mein Großvater hat auf dem Spielberg gesessen, es wird für mich eine Ehre sein, seinem Beispiel zu folgen. Was liegt an einer alten Frau?"
Mein fünftiger Schwiegersohn, der Baron Hellsdorf, wollte eben energisch gegen die Alte vorgehen, da flog die Tür auf und Claudia stürzte ins Zimmer.
" Was wollt Ihr von meiner Mutter?" schrie sie. „ Nichts, nichts. Wir wollen nur, daß sie den Bürgermeister, den sie versteckt hat, herausgibt!"
„ Er ist nicht hier!" schrie Claudia außer sich.„ Wie könnt Ihr wagen, eine alte Frau zu belästigen, ihr zu drohen? Ich bin in der Partei, ich werde mich beschweren."
Fortjehung folgt)