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Die größten Lumpen leben

Kube über Röhm am 30. Juni und am 8. Juli

Die Husumer Nachrichten" veröffentlichten am 30. Juni einen Artikel von Wilhelm Rube, Gau leiter der Kurmark, unter dem Titel: Die Partei formt den Staat." In diesem Artikel, in dem er sich mit den Bürokraten auseinandersetzt, die das Aufbauwerk der Nationalsozialisten zu sabotieren versuchten, verwe: st Rube auf die Stärke der Partei und fährt dann fort:

Erfreulich ist es, daß die revolutionären Männer im engsten Rate des Führers fizen: Rudolf Heß , Ernst Röhm , Hermann Göring , Joseph Goebbels , Walter Darre und Robert Ley . Dazu die Gauleiter, Ober­ gruppenführer und Gruppenführer. Diese Männer halten mit eiserner Treue dem geliebten Führer die Formationen der Partei intakt zur Verfügung. Das ist Deutschlands Kern, das Fundament des Dritten Reiches und seiner kommenden Vollkommenheit. Es wäre Frrsinn, in die Treue dieser Eisenreiter Hitlers Zweifel zu setzen.

So Kube am 30. Juni in den Husumer Nachrichten", die in der Kopfleiste noch stolz den Vermerk tragen:" Nicht

pordatiert". Als der Artikel an die Leser kam, hatte unter Deutschlands Kern" bereits Hitlers Mord kommando gewütet und der Eisenreiter Röhm war nicht mehr.

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Aber Kube blieb leben, und er zögerte nicht, den Kameradenmord Hitlers schnellstens öffentlich zu feiern. Am 8. Juli veröffentlichte die Westfälische Landes­zeitung" in Dortmund einen neuen Artikel von Kube: " Der Führer und seine SA ." Darin schwelgt er eine Spalte lang in Erinnerungen an die große Zeit" der SA. , als sie vor der Machtergreifung Hitlers mit der ,, roten Meute" und mit Severings Polizei kämpfte:

Das war, das ist Adolf Hitlers SA.".... Gerade weil wir den Führer lieben, achten und ehren wie seine SA., die nichts mit Pumpen wie Röhm, Ernst und Heines zu tun hat. Wehe dem, der jetzt glaubt, an der SA. Adolf Hitlers sein Mütchen fühlen zu dürfen! Oberster SA- Führer ist Adolf Hitler selbst. Und Adolf Hitler führt Ehrenmänner, du reaktionäres Ge­schmeiß, das da glaubt, der Führer ließe seine Kameraden im Stich, weil einige Zumpen die Ehre der SA. zu schänden suchten..

Der Führer hat am 30. Juni das Reich und den Nationalsozialismus gerettet. Ich bekam am Freitag, dem 29. Juni, gegen 8.45 Uhr aus Godesberg vom Führer den Befehl, am 30. Juni um 11 Uhr vormittags in Wiessee am Tegernsee zu sein, um zur Verfügung des Führers zu stehen. Mit dem Schlafwagenschnellzug erreichte ich Mün­ chen rechtzeitig. Ein Dußend hoher SA. - Führer und Verschwörer waren im Zuge und wunderten sich über die Mitfahrt eines der von ihnen gehaßten Gau­Ieiter. 25 Kilometer hinter München traf ich den von Wiessee kommenden Führer. Meldung: Gauleiter, SS.­Gruppenführer Kube zum Dienst beim Führer!" Kurzer Händedruck. Stahlhart der Blick des Führers. Zwei Obergruppenführer und mein persönlicher Referent Pg. Rühle( Mitgliedsnummer 694) waren in meinem Wagen. Alle durften passieren. Dann kamen die ersten Ver= schwörer wagen. Adolf Hitler griff sich die Lande 3-

Pariser Berichte

Mord in Paris Die ,, alte Geschichte"

Seitdem die 41jährige Frau Lemoine von ihrem Manne geschieden war, fühlte sie sich in der Einsamkeit ihrer ele­ganten Wohnung in Auteuil bei Paris nicht recht wohl, und sie war glücklich, als sie in dem zwei Jahre jüngeren Marcel Mailé einen Freund fand, der bereit war, Einsamkeit und Wohnung mit ihr zu teilen.

Eine Zeit reinsten Glückes folgte nun für das Paar, aber diese Zeit war leider nur sehr kurz. Zu verschieden waren ihre Charaktere. Es kam zu lauten und heftigen Aus­einandersetzungen zwischen den Liebenden, und den Nach­barn war es schon geraume Zeit klar, daß das Liebesspiel einen tragischen Ausgang nehmen würde.

Am Freitag abend trat denn auch die Katastrophe ein. Plötzlich vernahm man aus Lemoines Wohnung 5 Revolver­schüsse, und Nachbarn, die sofort herbeieilten, fanden Mailé tot auf dem Fußboden liegen. Als Polizeibeamte die Täterin, die vor Schluchzen kaum ein Wort sprechen konnte, ab­führten, rief sie nur immer wieder: Ich hatte ihn ja so lieb! Ich habe ihn nur getötet, weil er wieder zu seiner alten Freundin zurückwollte." Heinrich

Heine sagt: ,, Es ist eine alte Geschichte, doch ist sie ewig neu"

Rabeneltern

Ein Martyrium

und Hoch verräter sämtlich persönlich. Es wird uns allen ein unvergeßliches Erlebnis bleiben, den geliebten Führer als ersten, tapfersten und größten Af­tivisten handeln zu sehen.

Die alte SA.- nicht der Röhmsche Wechsel= balg mit seinen Konjunkturhyänen! bleibt ein Kern­stück der Bewegung. Stand die SA. zur Zeit des Severing­schen Gummifnüppels neben uns, so stehen wir von der PO. in Zeiten Röhmscher Gemeinheiten neben der SA. Kameradschaft wird in der Not gehärtet. Darum mit Joseph Goebbels:

Der Furcht so fern, dem Tod so nah! Heil dir, SA."

So Rube am 8. Juli über den Eisenreiter" Röhm vom 30. Juni. Und dieser Lump lebt weiter, eng verbündet mit dem Führer". Rube hat recht, Hitler führt Ehren­

männer".

Gibts noch Richter?

Streicher versteht die Welt nicht mehr

Die Streichersche" Fränkische Tageszeitung" vom 12. Juli jammert:

Geographisch liegt die Grafschaft GI at in Mittelschlesien, und damit auch im neuen Deutschland.

Wenn man aber folgendes hört, dann sollte man an­nehmen, die Stadt Landeck in dieser Grafschaft Glaz sei inzwischen nach außerhalb der deutschen Grenzen verlegt

worden.

Nach Anbruch des Dritten Reiches tam, mit vielen anderen Zeitgenossen, auch ein früherer Reichsbannermann in die SA. in Landeck. Er wurde sogar Scharführer, bzw. lief mit diesem Abzeichen umher, ohne daß sich feststellen ließ, wer ihn eigentlich zum Scharführer gemacht habe. Nach einiger Zeit wurde der Führer der betreffenden SA.- Einheit von einigen alten SA.- Kameraden auf diesen Zeitgenossen und seine bewegte reich 3 bannerliche Vergangenheit aufmerksam gemacht. Wie sich das gehört, flog der Knabe darauf aus der SA. in hohem Bogen heraus, nicht ohne daß ihm vorher sein Standartenführer, der inzwischen zum Gruppenstab nach Nürnberg versezt worden ist, einige notwendige Kleinigkeiten erzählte.

Der herausgeflogene Scharführer beschwerte sich darauf Lei der vorgesetzten Dienststelle seines Standartenführers, die

und glauben im übrigen, daß es nichts schaden würde, wenn die vorgesetzte Behörde den Herren Richtern in Landeck, die für diese unerhörte Geschichte verantwortlich sind, einmal nachdrücklichst einiges erzählen würde.

Vor einigen Tagen noch teilte die NSK.", die offizielle Korrespondenz der NSDAV., mit, daß Führer der Bes wegung Staatsfunktionäre seien und daß gegen deren polis tische Entscheidungen der Klageweg nicht beschritten werden fönnte.

Wenn nun ein SA.- Führer einen ehemaligen Marristen wegen zweifelhafter Gesinnung aus der SA. ent fernt, und ihm das in der notwendigen Form mitteilt, so hat er hier eine politische Entscheidung getroffen. Das ist allen klar, nur dem Gericht in Landeck nicht. Also schein Landeck doch nicht mehr aanz in Deutschland zu liegen--

Seltsamer Umbau

Für alle Fälle

Die braune Presse schreibt: Es fonnte nicht ausbleiben, daß die Errichtung eines großen Bauzaunes und das Vors fahren von Möbelwagen vor dem Gebäude der Vizekanzlei in der Voßstraße den Anlaß zu vielen Gerüchten gab, in deren Mittelpunkt die politische Stellung des Vizekanzlers von Papen stand. Dabei handelt es sich lediglich um einen Umzug, der durch einen völligen Umbau dieses Gebäudes notwendig geworden ist. Das Haus ist ein früheres Bank­gebäude und stößt mit seiner Rückfront an den großen Kom­pler der reichseigenen Gebäude an. Schon lange bestand der Plan einer engeren Verbindung mit der Reichskanzlei. Wie wir jetzt erfahren, soll der Umbau von der oberste n SA. Führung vollzogen werden, die dadurch in uns mittelbare Nähe des Wohnsitzes des Führer verlegt wird." So harmlos löst sich jede Sorge im dritten Reich". Viel­leicht gabs auch nur in Wiessee und in München Umbauten. Wenn man aber die Berichtigung genauer betrachtet, dann erfährt man aus ihr, daß der Osaf sich in Berlin scheinbar nicht mehr sicher fühlt, denn er baut sich eine Festung, das letzte ihm nicht unmittelbare Gebäude im ganzen Komplex der reichseigenen Gebäude soll nun von der obersten SA.­Führung umgebaut und besetzt werden. Vor kurzem ging durch die ausländische Presse die Nachricht, Hitler habe eine Million Dollar ins Ausland gebracht; wir selbst machten auf eine Veröffentlichung der Zeitschrift Die Polizei" aufmerf sam, aus der hervorging, daß die Naziminister für sich das Recht in Anspruch nehmen, auf ihren Automobilen die Kenn­ zeichen CD( Diplomatisches Korps) anzubringen und nun noch die Nachricht vom Umbau". Man scheint sich für alle Fälle vorzusehen.

selbstverständlich diese Beschwerde als nichtig abwies und es BRIEFKASTEN

bei dem Ausschluß aus der SA. beließ.

Und nun kommt die Sache, deretwegen wir anzunehmen bereit sind, Landeck liege nicht mehr in Deutschland:

Der frühere Marrist, der sich so in die SA. eingeschlichen hatte, ging nämlich her und verflagte seinen ehemaligen SA.­Führer wegen Beleidigung vor dem Gericht. Und das Gericht gab dieser Klage statt, und erließ in diesen Tagen gegen den, wie schon gesagt, jezt in Nürn­berg sitzenden SA.- Führer einen Vorführungsbefeh I. Wie wir diese Sache erfuhren, da haben wir zuerst an einen verspäteten Aprilscherz geglaubt. Leider mußten wir uns später davon überzeugen, daß es wirklich noch Richter in Deutschland gibt, die Verfahren gegen SA.- Führer anhängig werden lassen, wenn Margisten solchen Wunsch empfinden. Wir sind nun gespannt auf den Ausgang dieses Prozesses

Eine Untat

Ein unmenschlicher Roheitsakt ereignete sich in Chalons sur Marne. Dort drang ein Unbekannter in der Nacht zum Sonntag in ein städtisches Kinderheim ein und raubte ein sieben Monate altes Mädchen, nachdem er vorher zwei kleine Knaben ausgewickelt hatte, die er aber dann liegen ließ, so daß sie ruhig wieder einschliefen. Am Sonntag früh fand man in einem Getreidefeld den armen Säugilng, der so furchtbar zugerichtet war, daß er bald darauf starb. Es scheint sicher, daß es sich um eine Wahnsinnstat handelt. Bisher hat man von dem Täter noch keine Spur.

Seltsame Granaten

Nachdem kürzlich 8 Soldaten einer Granate zum Opfer gefallen waren, die auf dem Schießplatz von Maison Lafitte explodierte, hat man neuerdings in der gleichen Gegend wiederum andere Granaten gefunden. Man vermutet aller­dings, daß die Geschosse nicht mehr geladen sind. Auf jeden Fall ist eine militärische Untersuchung im Gange, um fest­zustellen, woher die geheimnisvollen Granaten stammen.

Steigende Arbeitslosigkeit

Das Arbeitsministerium gibt bekannt, daß am 14. Juli die Zahl der unterstützten Arbeitslosen 314 679 betrug, zu denen noch 207 Wohlfahrtserwerbslose kommen, so daß sich die Gesamtzahl auf 314 886, davon 244 028 Männer und 70 858 Frauen, erhöht. In der Vorwoche wurden in Frankreich 312 532 unterstützte Erwerbslose, also 2354 weniger, gezählt.

Eine entsetzliche Untat beging in Caen der 25jährige Meggergehilfe Jean Vaudelle, der seit einiger Zeit mit Suzanne Lafontaine verheiratet war, die ihm einen drei­jährigen Knaben mit in die Ehe gebracht hatte. Das Kind war zunächst in fremder Pflege, wurde aber dann in die Obhut seiner Mutter genommen. Schon oft hatten die Nach­barn gehört, wie der Stiefvater, der als besonders roh ver­schrien war, das Kind in Gegenwart seiner Mutter unmensch­lich mißhandelt hatte, ohne daß diese ihn daran hinderte. Am Samstag nun forderte der Unhold plötzlich das un­schuldige Kind auf, niederzuknieen. Dann nahm er einen schweren Liederriemen und schlug damit unaufhörlich auf das Kind ein, das furchtbar schrie. Mit entstelltem Gesicht, Die Deutsche Freiheitsbibliothek vom herablaufendem Blute geblendet, flüchtete das Kind auf den Schoß seiner Mutter. Das versetzte den Rohling erst recht in Wut, der nun von neuem so lange auf den Knaben einschlug, bis dieser sich nicht mehr rührte. Dann legte Vaudelle sich zu Bett. Als er am nächsten Morgen aufstand, stellte er in aller Seelenruhe fest, daß das Kind inzwischen gestorben war. Nachbarn, die von dem schrecklichen E. de des kleinen Eduard erfuhren, riefen die Polizei herbei, die beide Rabeneltern sofort verhafteten. Nur mit Mühe konnten die Beamten sie vor dem Schicksal bewahren, von der em­pörten Bevölkerung des Ortes gelyncht zu werden.

Die Wollkämmereien in Roubaix und Tourcoing werden von Montag, dem 23. Juli, an geschlossen werden. Der Arbeitgeberverband setzte die Arbeiter der von der Schließung betroffenen Fabriken von dieser Maßnahme am Ende der letzten Woche in Kenntnis. Dadurch werden 15 000 Arbeiter und Arbeiterinnen zum Feiern verurteilt. Der Arbeitgeberverband von Roubaix- Tourcoing hat nun an die Bürgermeister der beiden Städte das Ersuchen gerichtet, sie möchten beim Handelsministerium die Sicherung der Aus­fuhr ihrer Produkte nach Deutschland erreichen. Dann würde sich die Schließung der Fabriken vermeiden lassen.

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veranstaltet demnächst in ihren Räumen, 65, Boulevard Arago, Paris 13, eine Ausstellung von besonderer Aktualität: ,, Deutschland nach dem 30. Juni 1934". Die Eröffnung findet am Donnerstag, dem 27. Juli, statt.

Für den Gesamtfnhalt verantwortlich: Johann Pit in Dud. weiler; für Inserate: Otto Kuhn in Saarbrüden. Rotationsdruc und Verlag: Verlag der Volksstimme Gmbs., Saarbrüden& Schüpenstraße& Schließfach 776 Saarbrüden = Emigrant

Lothringen. Sie schreiben uns: A18 politischer Emi­grant habe ich auch das, was von meinen Möbeln und Büchern nach einer erfolgreichen Attacke schwarz- brauner Rollkommandos im März 1933 noch übrig war, endlich erhalten. Die Schilderung der Umwege werden Sie mir ersparen. Aber ich muß Ihnen ein Er­lebnis mitteilen. Tief unten in einer Bücherkiste fand ich ein bereits vergessenes Gästebuch wieder, in das mir in besseren Tagen furze Besucher ein paar freundliche Worte hineingeschrieben hatten. Beim Durchblättern aber entdeckte ich zu meiner nicht geringen Ueberraschung dicht hinter Grüßen von Hermann Müller und Konrad Haenisch die folgenden Eintragungen:

Beherrscht von Trauer und Wehmut, von innerer Wut erfült, sahen wir das Geschehen der letzten Tage. Würdig des Erlebten geben wir uns dem Hoffen hin, daß das Gufe im Menschen siegt und damit die Idee des Sozialismus, deren Träger wir sind und allezeit bleiben. Freiheit!"

Die Eintragung auf dem nächsten Blatte lautete:

Wenn die Sonne der Freiheit auch schamerfüllt ob der Gescheh nisse der letzten Tage ihr Angesicht verhüllt hat, so kann uns doch niemand die Gewißheit rauben, daß sie dereinst umso strahlender durch die dunklen Wolfen, welche augenblicklich über unserm armen Vaterlande lagern, hervorbrechen wird. März 1933. Frei­heit!"

Was war geschehen? Junge Menschen, mir durch ihre Gesinnung verbunden, hatten freiwillig beim Fortschaffen meines zertrüm­merten Hausrates geholfen. Sie fanden dabei das Buch. Daraufhin nahmen sie jene Eintragungen vor in der Erwartung, daß ich sie doch einmal finden würde. Nun las ich nach anderthalb Jahren ihren Gruß und ihr Bekenntnis, mit ungelenker, eiliger Hand geschrieben, mit vollem Namen unterzeichnet. Sie werden begreifen, daß mir dieses Buch nun unter allen meinen Büchern das liebste geworden ist."

A. 2., Luzern. Studienhalber wollen Sie von uns die Benennung von Büchern, die die kulturpolitischen Greueltaten des dritten Reiches" systematisch und möglichst vollständig wiedergeben. Wir empfehlen Ihnen: Konrad Heiden: Die Geburtdes Dritten Reiches"( in der D. F." bereits eingehend gewürdigt) und das soeben erschienene Buch Die braune Kultur", ein Doku mentenspiegel von Cassie Michaelis, Heinz Michaelis und W. O. Somin, das mehr bietet, als sein Titel besagt. Beide Bücher sind im Europa- Verlag Zürich erschienen und müssen Ihnen und andern dringend empfohlen werden.

Helene K. Sie schreiben uns: Jm Prozeß gegen den früheren Sentrumsminister Hirtsiefer wird dem Herrn schwer angefreidet, daß ihm einmal die Stadt Düsseldorf hundert Flaschen Rotwein spendiert hat. Ich finde so etwas auch nicht richtig, aber ich Tese doch immer von den vielen Geschenken, die der Führer" anläßlich seines Geburtstages oder zu Weihnachten erhält. Außerdem er innere ich mich, daß Bismarck sehr oft lukullische Geschenke mit Ver­gnügen entgegennahm In seinen Tischgesprächen hat er immer wieder Spender und Gaben gerühmt. Wo besteht da der Unter­schied?" Den könnte nur die nationalsozialistische Presse auf klären und die begnügt sich damit, den Durst und den Hunger von roten und schwarzen Systemlingen" pharisäerhaft zu untersuchen. Erich Weinert. Ein vielgereister Politiker, der jüngst zum ersten Male in Saarbrücken war, schrieb uns nachher:" Saarbrücken fommt mir vor wie eine Goldgräberstadt, allzuplößlich groß ges worden und noch ohne innere Kultur, augenblicklich statt vom Gold­rausch von politischer Fieberhige ergriffen." Das war eine bitterböse aber leider sehr zutreffende Bemerkung. Was die Kultur" betrifft, so möchten wir nicht verfehlen, auf eine kleine Oase hinzuweisen. Eie heißt Ka- Va- Ta und ist ein Rabarett im Saale der Arbeiter wohlfahrt. Hier erlebten wir einen Abend, der uns aufrichtete, und Ihnen, lieber kommunistischer Genosse Erich Weinert, verdanken wir das stärkste Erlebnis. Sie standen mit Ihrem guten Kopfe, in dem jede Linie bis hinauf zum blonden Haarschopf echt arisch ist, vor dem roten Vorhang und Sie sprachen einige Ihrer kämpferischen, bitteren und flammenden Gedichte mit solch verzehrender Leiden­schaft, daß wir Sie noch stundenlang hätten hören mögen. Sie waren an diesem Abend in einer waderen Kumpanei: mit dem jungen Schauspieler Leo Aschkenasy, den Hitler- Deutschland zu dessen Schaden vertrieb, mit Gerda Redlich, der frischen und frechen Sprecherin, mit Therese Bärwald, der unbegreiflich echten Paro­distin, und mit Julia Marcus, die den SS.- Standartenführer Gerhart Hauptmann mit olympischer Grazie vortanzte. Theo Maret gab geschickt die Konference dazu. Kurz, Ka- Va- Ta ist hinreißend ungleichgeschaltet. Schon Ihreswegen, Erich Weinert, fommen wi wieder

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