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sachen hat sich auch das Reichsgericht außerstande gesehen, die These aufzustellen, daß van der Lubbe allein gehandelt habe. Wie aber die Frage der Mittäterschaft, soweit es sich nicht um die lächerliche Behauptung handelte, Kommunisten seien die Komplicen van der Lubes gewesen, behandelt worden ist, geht aus folgendem hervor: Aus der Aussage des Reichsgerichtsrats Vogt vor Gericht wurde bekannt, daß van der Lubbe während der Voruntersuchung einmal auf eine Frage Bogts über den Brand im Plenarjaal geantwortet hat: „ Ja, das müssen die andern getan haben."
Diese Aussage van der Lubbes hat Vogt nicht protokol= lieren lassen. Zu vielen Aussagen van der Lubebs hat Vogt Randbemerkungen in den Aften gemacht. Das Geständ= nis van der Lubbes, daß er Mittäter gehabt hat, wurde von Vogt nicht einmal einer Randbemerfung gewürdigt.
Vor Gericht war van der Lubbe unter Einwirkungen, deren medizinische Untersuchung verhindert worden ist, bis auf gelegentliches unerklärliches Aufflackern apathisch. Aber am 23. November hat van der Lubbe vor Gericht ein ähn= Fiches Eingeständnis wie vor dem Untersuchungsrichter gemat. Als ihm der Vorsitzende sagte, es sei unmöglich, daß
Pogroms am Kurfürstendamm 1931 verteidigt, damals schlof
sen sie Freundschaft, so enge Freundschaft, daß Ernst kurz vor seinem Tode ein versiegeltes Kuvert bei Dr. Sack deponierte. welches die Aufschrift trug:„ Nach meinem Tode zu öffnen". Das Mißtrauen der nationalsozialistischen Führer untereinander ist so groß, daß jeder von ihnen sich durch die Niederlegung von Testamenten oder Erklärungen gegen die anderen zu schüßen sucht. In diesem versiegelten Kuvert befand sich eine Schilderung der Reichstagsbrandstiftung, an der Ernst aktiv teilgenommen hat. In einer Weinlaune, wie sie bei Dr. Sack nicht selten ist, hat er das Geheimnis, daß der Brief ven Ernst sich in seinem Besitz befinde, preisgegeben. Am nächsten Tage wußte Göring bereits davon und am 30. Juni erreichte seine Hand den Dr. Sack, der ihm vor Gericht mit so heißem Bemühen verteidigt hatte.
Immer länger wird die Liste
Neue Namen von Ermordeten
Düsseldorf, 25. Juli. ( Inpreß). Wir erfahren, daß am 30. Junt in Düsseldorf zwei bekannte Stahlhelmführer, Major a. D. v. Roskothen, der zugleich Leiter des Reichsluftschutzbundes der Rheinproving war, und v. Pasinsky, einer der ältesten Stahlhelmer des Rheinlandes, sowie der SA. - Führer Overhan, ein Sohn des Direktors der„ Viktoria" und Rhenania"-Versicherungsgesellschaft, erschossen worden sind.
Immer mehr bestätigt sich, daß die Angaben Hitlers über die Zahl der Ermordeten Lüge sind. Immer wieder muß der deutsche Reichskanzler gefragt werden: Wo bleibt die Mordliste?
Des„ Führers“ Sorge um„ scine" SA
van der Lubbe im Plenarjaal die vielen Brandherde allein Ve Verlegung des Hauptquartiers nach Berlin
gelegt habe, antwortete van der Lubbe
Dann müssen die anderen..."
Das Reichsgericht ist über diefe Aeußerung auffallend rasch hinweggeglitten. Wichtiger waren für die Reichsrichter all die Fantasien, die über die Bulgaren und Torgler zu= sammengeredet wurden, von denen nicht eine einzige einen Wahrheitskern gehabt hat.
Der unterirdische Gang
SA.- Mann Kruse schreibt: Wir nußten zweimal nachts Uebung abhalten und vom Präsidentenpalais durch den Kellereingang hinstürmen und wieder forteilen."
Der Nachtpförtner Odermann im Palais des Reichstagspräsidenten Göring hat ausgesagt, daß er einige Tage vor dem Brand Geräusche in dem unterirdischen Gang gehört hat. Eine Aufklärung dieser„ Geräusche" ist nicht erfolgt.
Die ersten Polizeibeamten, mit denen der Hausinspektor Scranowit Untersuchungen im brennenden Reichstag anstellte, waren Lateit und Losikeit. Lositeit hat ausgesagt, daß Scranowitz ihm gesagt habe:
Kommen Sie mit, ich höre Geräusche im Keller." Losigkeit wurde vom Oberreichsanwalt gefragt:
Haben Sie angenommen, daß Scranowiß damit zum Ausdruck bringen wollte, daß er etwas beobachtet hat. Losigkeit antwortete:
„ Er scheint geglaubt zu haben, daß sich unten etwas bewegt."
Troßzdem begab sich weder der Polizeibeamte noch Serano
wizz sofort in den unterirdischen Gang. Das ist um so auf= fallender, als der Nachtportier Ackermann furz vor dem Reichstagsbrande den Hausinspektor von den nächtlichen Geräuschen im unterirdischen Gang informiert hatte. Durch das Zögern des Scranowitz haben die Täter Zeit gehabt, etwaige Spuren ihres Tuns zu beseitigen.
Der geheimnisvolle Brandstoff
SA.- Mann Kruse berichtet: Jeder von uns hatte einen Zellulosansack mit einem leichten Pulver darin und eine Rolle Zelluloidstreifen." Der Chemiker Dr. Sch a zz hat vor Gericht ausgeführt, daß ein selbstentzündlicher Brandstoff" benutt worden. Er war aber am Brandabend nicht zugezogen. Vielmehr wurde am 28. Februar der Chemiker Lepsius, Fachmann für Brandbomben im Luftfahrtministerium, in den Reichstag beordert, um an Ort und Stelle Untersuchungen anzustellen. Diese Untersuchungen des Lepsius waren aber bezeichnenderweise viel weniger positiv als die Feststellung des Dr. Schatz, obwohl dieser erst später hinzugewogen wurde. Es fällt auf, daß der Chemifer Lepfius aus dem Luftfahrtministerium Görings die Untersuchung so wenig sorgfältig vorgenommen hat und viel mehr den van der Lubbe ausfragte, als den Spuren des geheimnisvollen Brandstoffes nachzugehen.
Der SA. - Mann Aruje weist in seinem Briefe auf„ ge= wiffe Militärstellen des Reiches hin", die über die Brandstiftung im Reichstage orientiert seien.
Der hochangesehene französische Schriftsteller Wladimir d'Ormesson hat im Figaro", ohne daß er den Brief Kruses tannte, behauptet, daß in den Geheimakten der Reichswehr Material liege, das die Naziführung der Brand: stiftung im Reichstage überführe.( Deutsche Freiheit", Nr. 164.)
Der SA. - Mann Kruse hat die Namen der an der Brand: stiftung unmittelbar Beteiligten genannt. Neben für die große Deffentlichkeit unbekannten SA. - Leuten auch Ernst Röhm und Edmund Heines .
Heines hat vor Gericht jede Beteiligung an der Brand: stiftung abgeschworen. Was von dem Eide eines Heines zn halten ist, braucht nicht mehr gesagt zu werden, nachdem sein Parteiführer, langjähriger Gönner und Freund Adolf Hitler vor aller Welt den Heines als einen verkommenen Burschen charakterisiert hat.
Röhm wurde weder in der Untersuchung noch im Prozeß vernommen. Bielleicht fürchtete man die Draufgängerei und die Burschifosität des Röhm.
Röhm und Ernst wurden erschossen. Nicht wegen ihres Komplotts, das nur eine legale Opposition gegen Abban: maßnahmen in der SA. war, sondern als die Mitwisser die Reichsregierung fompromittierender Verbrechen, von denen der Reichstagsbrand das größte ist.
SA - Mann Kruse beschuldigt vor aller Welt die Reichsminister Göring und Goebbels .
Die leben noch, und sie haben nunmehr das Wort.
Dr. Sack
Warum er verhaftet wurde
Berlin , 25. Juli. ( Inpreß): Aus eingeweihten Kreisen er halten wir folgenden Bericht:
Die Verhaftung des Dr. Sa c, des bekannten Verteidigers im Reichstagsbrandprozeß, erfolgte wegen zu enger Beziehungen zum ermordeten Gruppenfüh= rer Ernst. Sad hat Ernst im Prozeß wegen des Juden
Der Stellvertreter Hitlers , Heß , hat sich in einem neuerlichen Kommunique an die berufsmäßigen gewissenlosen Denunzianten gewandt, die„ verdienstvolle Nazichefs in den Dreck ziehen" und so das nationalsozialistische Prestige verlezen. Heß fordert bei dieser Gelegenheit gleichzeitig die Nationalsozialisten auf, sich so zu benehmen, daß jedermann ihnen vertrauen fönne. Dieser Aufruf des Herrn Heß be= weist aus Neue, wie groß die Unruhe innerhalb der Braun-.
hemden ist.
Das Hauptquartier der nationalsozialistischen Truppen ist
von Montag ab nach Berlin verlegt worden. Dabei handelt es sich nicht um eine einfache Verwaltungsmaßnahme, sondern um einen politischen Vorgang von großer Bedeutung. Da der Stabschef der SA. seinen Sitz in dem Gebäude haben wird, das bisher Vizekanzler von Papen für seine Amtsstelle zur Verfügung hatte, und da es sich um das an die Reichskanzlei angrenzende Haus handelte, so wird Hitler , der zur Zeit Röhms mehr theoretisch als wirklich der Oberste Chef der SA. war, nunmehr seinen neuen Stabschef Luße. sozusagen in der Hand haben. Dadurch fann er die Reorganisation der SA. besser überwachen. Und diese Reorganisation ist eines der schwierigsten Probleme der Innenpolitik, denen sich das dritte Reich" am 1. August gegenübersieht.
Kennzeichnend ist auch ein flehentlicher Aufruf Hitlers an die NSDAP., Sammlungen bis zum 31. Oktober zu unterlassen. Trotz dem Reichsgeseh, das Sammlungen verbietet, war nämlich vielfach doch gesammelt worden. Das Ergebnis war überall fläglich, auch am Tag der Rose". Der Stimmungsumschwung machte sich bemerkbar.
Nun soll der Bevölkerung Schonzeit bis zum 1. November gewährt werden, an dem das„ Hilfswerk für den Winter 1934/35 beginnen soll.
Stürzt Ley?
Seine Finanzmiẞwirtschaft
Berlin , 24. Juli. ( Privattel.) Die Verfügung des Reichsministers Rudolf Heß , daß das Schaamt der Deut schen Arbeitsfront insfünftig der Aufsicht des Reichsschah ministers der NEDAP. unterstellt ist, wird von informierter Seite als ein schwerer Affront gegen den Führer der Deutschen Arbeitsfront , Dr. Ley hingestellt, dem man übrigens seit langem ein allzu souveräne Finanzwirtschaft vorwirft. Das Kapital der Bank der deutschen Arbeit wird auf 600 Millionen geschätzt.
Schritt aller Mächte in Berlin
Es geht um Oesterreich
Der enttäuschte Duce
Berlin, 25. Juli. ( Eigener Bericht) Von unterrichteter Seite hören wir, daß die auffallende Schwenfung Italiens gegen das Hitlerregime nicht nur mit dem 30. Juni, sondern auch mit dem Besuche Hitlers in Venedig zusammenhängt. Der Duce hat einen außerordentlich schlechten Eindruck von seinem deutschen Kollegen gehabt und in den langen Unterredungen das schon vorher erschütterte Vertrauen in die staatsmännischen Fähigkeiten Hitlers vollkommen verloren. Mussolim glaubt nicht, daß ein Mensch von der Art Hitlers sich in schwierige internationale Verhandlungen mit dem notwendigen Taft und der falten Ueberlegung einfügen fann, die notwendig sind. Der 30. Juni hat in Mussolini nur die Ueberzeugung befestigt, daß er gegenüber Hitler nie vor den peinlichsten Ueberraschungen sicher sein kann. Der italienische Regierungschef hat in engerem Kreise recht drastische Aeußerungen von sich gegeben.
Dollfuß- Mussolini
Wien, 24. Juli. Das christlichsoziale„ Neuigkeits- Weltblatt" verweist auf die Tatsache, daß sich furz vor der neuerlichen Zusammenkunft des Bundeskanzlers Dollfuß mit dem italienischen Regierungschef Mussolini in Riccione eine Situation entwickelt hat, in der von einem Kollektivschritt der Mächte in Berlin gesprochen wird, und zwar unter Führung Italiens , das sich bisher den Pro= testen Englands und Frankreich s noch nie offiziell angeschlossen hat. Das Blatt weiß weiter zu melden, daß der österreichische Gesandte in Rom , Rintelen, in Wien eingetroffen ist.
Unfreundliches aus l'alien
Das Blatt der offiziellen italienischen Außenpolitik, „ Giornale d'Italia", veröffentlichte einen Angriff gegen Deutschland , das ganz offen der Mitschuld an den Terroraften in Oesterreich bezichtigt wird. Wenn das dritte Reich" die Attentate direkt unterstützt, so nehme es vor ganz Europa eine schwere Verantwortung auf sich. Aber auch wenn es sie nicht unterstütze, bewiesen die Attentate nur, daß die Autorität Hitlers , die den Terror nicht zu verhindern wisse, auf seine Anhänger gleich Null sei. Jedoch, so freibt das„ Giornale d'Italia" weiter, hat denn das dritte Reich" in seiner gegenwärtigen gefährlichen Lage feine Freunde nötig? Es ifoliere fich moralisch und politisch mit jedem Tage mehr. Die Beziehungen z vischen Italien und Deutschland drohten immer schwieriger zu werden. Alle nach Berlin gelangenden privaten Meldungen aus Italien nennen den 30. Juni einen Tag des Unheils für das deutsch - italienische Verhältnis. Jeder in Italien noch vorhandene Nimbus des neuen deutschen Staates sei dahin.
Zwei Todesurteile in Wien Gegen Schutzbündler- Einer wurde hingerichtet Wien , 24. Juli.
In dem Prozeß gegen die beiden wegen Sprengung der Donau - Uferbahn und Mordverfuchs an einem Wachbeamten vor dem Wiener Standgericht angeklagten Sozialdemokraten Gerl und Anzböck erfannte das Gericht gegen beide Beschuldigte auf Todesstrafe.
Gerl ist tschechoslowakischer Staatsbürger. Als Motiv haben die Verurteilten angegeben, daß sie der Regierung
und der Polizei einfach Schwierigkeiten bereiten wollten. Sie verteidigten sich ferner mit der Ueberlegung, daß es in Wien in Sufunft täglich statt sieben Selbstmorde sieben Attentäter geben werde. Josef Gerl ist am Dienstag um 20.45 Uhr hingerichtet worden. Um Rubestörungen zu vermeiden, wurde eine Kompanie Infanterie zur Absperrung des Geländes rund um das Gerüst eingesetzt. Rudolf Anzböck ist zu lebensläng lichem schweren Kerfer begnadigt worden.
Nachdem das Wiener Standgericht zuerst gegen die beiden Sozialisten verhandelt hat und das Verfahren gegen vier Nationalsozialisten verzögert wurde, ist die dreitägige Frist, die für eine Tagung des Standgerichts vorgeschrieben ist, verstrichen, und das Verfahren gegen die national sozialistischen Terroristen dürfte nun den ordentlichen Gerichten obliegen....
Der französische Ministerpräsident ist Dienstag früh in Paris angekommen. Am Dienstag nachmittag um 5 Uhr begann die Kabinettsfizung. Es wurde ein Ausgleich in dem Zwischenfall Tardieu- Chautemps erzielt. Sowohl die radikalsozialistischen Minister wie auch Tardieu werden auf ihren Posten verbleiben.
Aus den Berichten der Morgenpresse gewinnt man den Eindruck, daß bei dem Kabinettsrat am Dienstag nachmittag, der den Konflikt Tardieu beilegte, die Entscheidung auf des Messers Schneide stand. Der Ministerpräsident war entweder für unveränderte Beibehaltung des Ministeriums oder für Gesamtrücktritt mit endgültigem Charakter. Nachdem Ministerpräsident Doumergue das gesagt hatte, soll Staatsminister Herriot im Kabinettsrat erklärt haben, er müsse erst seine Parteifreunde befragen. Doumergue habe ihm darauf das Wort abgeschnitten und Anstalten gemacht, das Rücktrittsschreiben aufzusetzen. Diesen Augenblick benutzte Kolonialminister Laval, der schon im Februar die größten Anstrengungen gemacht hatte, damit das Kabinett Doumergue zustandekam, um vermittelnd einzugreifen. Es wurde eine Sigungspause eingelegt, und die fünf radikalsozialistischen Minister besprachen sich unter sich über eine Stunde lang und kamen dann mit einer furzen Erklärung zurück, die ein Weiterbestehen des Ministeriums in der bisherigen Gestalt erlaubte. Doumergue war dann so gerührt, daß er mit Tränen in den Augen Tardieu und Herriot umarmte. Die beiden Staatsmänner schüttelten sich dann herzlich die Hände. In der Presse ist man zufrieden, daß eine Regierungsfrise vermieden werden konnte. Es wird allgemein hervorgehoben, daß die persönliche Stellung Doumergues durch den Gana der Ereignisse verstärkt worden ist.
,, Unzulänglich"
Nach den Luftmanövern, die sich in London in der Sonntags nacht abspielten, hat sich herausgestellt, daß alle Maßnahmen, die zum Schutze Londons gegen Luftangriffe getroffen wor den find, vollkommen unzulänglich scheinen. England wird jeine Luftflotte bedeutend vermehren müssen, wenn es nicht Gefahr laufen will, bei einem feindlichen Angriff London in ganz furzer Frist zerstört zu sehen,