sozialisten, die nun die Totalität des Parteistaates von oben her vollenden möchten. Die Entscheidung über diese Fragen ift wichtiger als die Neuwahl des Reichspräsidenten  , die unter dem jeßigen terroristischen Regime nur in der Profla­mation eines einzigen Kandidaten zum Reichspräsi= denten bestehen kann.

*

So machtvoll der deutsche   Reichspräsident sein kann, fo nig haben bisher die nationalsozialistischen Führer fich ach diesem Poften gedrängt.

Die Kandidatur Hitlers   im Frühling 1982 erfolgte noch vor der Machtergreifung und galt einem Staatsstreich durch lebiszit. Seitdem sich in Hitler   die Machtfülle des Regie­rungschefs in einem Diftaturstaate vereint, ist nicht mehr be­fannt geworden, daß er Reichspräsident werden möchte. Wenigstens nicht, wenn es bei der jetzigen Machtverteilung bleibt. Dagegen ist oft behauptet worden, daß Männer wie Göring   ihren Führer" Hitler   im Reichspräsidentenpalais faltstellen möchten, um so selbst entscheidenden Einfluß auf die Reichspolitik zu gewinnen. Hitler   jedenfalls wird sich in diesem Augenblick von einem vielmaschigen Intrigenne umsponnen fühlen, an dem innerhalb und außerhalb seiner Partei fleißig gearbeitet wird.

Bis zum 30. Juni wäre Hitler   nicht nur der Reichswehr  , sondern auch wichtigen sozialen Machtgruppen als Reichs­präsident sehr genehm gewesen. Ob das nun noch zutrifft, darf man bezweifeln.

Auch die Bloßstellung des Reichskanzlers durch den national­sozialistischen Putsch die Mörder des Bundeskanzlers find soeben mit den Rufen Heil Hitler  " in den Tod gegangen in der ganzen Welt sprechen gegen seine Präsidentschafts­kandidatur. In der Reichswehr   stehen den hitlerischen Sympathien Blombergs, der nicht zuletzt im eigenen Intereffe handelt, die Strömungen um den Chef der Heeres­leitung General von Fritsch gegenüber, die aus den Freundeskreisen des Generals von Schleicher kommen.

Für diese Gruppen entwickelt sich die Präsidentschaftkrise, die sie erst für den Herbst gewünscht haben, zu rasch. Die Stellung der Nationalsozialisten ist im Augenblick noch günstiger und fester, als sie einige Monate später gewesen wäre, jedoch läßt sich möglicherweise die Krise durch die Zwischenlösung Bumfe einige Zeit hinschleppen. Wahrschein­lich ist das aber nicht.

Die Unruhe des Triumvirats Hitler- Göring- Goebbels wird vermehrt durch die Haltung der Schwerindustrie, die trotz der Blutaftion vom 30. Juni noch nicht ausreichend zufriedengestellt ist. Noch immer ist nicht geklärt, ob der Reichswirtschaftsminister Schmitt zurücktreten oder auf seinem Posten verbleiben wird. Bereits am 6. Juli begab sich der frühere Direktor des Kalisyndikats, Diehn, nach Neudeck, um mit Hindenburg   zu beraten. Bis heute ist die Entscheidung nicht gefallen.

Es ist nicht nur diese, es ist in den letzten Wochen keine politische Frage gelöst worden. Drängend steht die inner­politische Krise, die sich durch den Tod Hindenburgs zu. einer allgemeinen Staatskrise erweitert, drohend steht vor allem die außenpolitische Zuspigung vor den Machthabern des Reichs.

Man überschätze die Pläne dieser verschiedenen Gruppen nicht. In Wirklichkeit sind sie alle ratlos. Klar ist nur die Machtbesessenheit der Nationalsozialisten, von denen jeder vom Reichskanzler bis zum lokalen Bonzen weiß, daß er mit der Macht alles verlieren würde. Nur noch die Staatswaffe schützt diese Tyrannis vor dem Zorn der Volkserhebung, die in noch zu schwachen illegalen Zellen mehr und mehr über das Land sich ausbreitet.

Die Welt blickt mit angehaltenem Atem auf den Todes­fampf des 87jährigen Mannes in Neudeck. Längst sind ihm die Zügel der Regierung entglitten. Aber die Fiktion seines großen geschichtlichen Namens, die Autorität auch noch des Sterbenden im Volte hielten die Krise gebannt bis zu seinem lehten Hauch.

Mit der Todesstunde Hindenburgs   wird die seit Monaten latente rise der nationalsozialistischen Partei und des natio= nalsozialistischen Staates atut, und Deutschlands   Schicksal fordert unerbittliche Entscheidungen.

Paris   sieht auf die Reichswehr  

Paris  , 1. August.

Die heutigen Morgenblätter sind angefüllt mit Berliner  Telegrammen über den Gesundheitszustand des Reichs­ präsidenten  . Viele Zeitungen bringen Bilder, die Hinden­burg zeigen, wie er zum letzten Male die Parade des Wach­regiments vor dem Reichspräsidentenpalais abnahm. Alle Blätter sind sich darüber einig, daß Hindenburgs Ableben von ungeheurer Bedeutung sein und

für Deutschland   neue Wirren

nach sich ziehen könnte. Alle Zeitungen unterstreichen die Bedeutung des Reichspräsidenten als Chef der Reichswehr  . Mit dem Journal" bezweifeln sie, daß, falls Hitler  , unter Ausnüßung der ihm gegebenen Vollmachten, es jetzt zu einer Reichspräsidentenwahl nicht komme und sich selbst als Hindenburgs Nachfolger ausrufen lassen würde, die

gerade in einem solchen Fall nicht entbehren, und das Bolt, dann von einer Propaganda bearbeitet wie nie, würde an­gesichts der neuen Situation die enttäuschenden Ereignisse der letzten Wochen vorübergehend vergessen und mit über­wältigenden Zahlen nochmals für den Führer stimmen.

Entscheidender noch wird sein, wie sich die Reichswehr  zu ihrem neuen Oberbefehlshaber stellen wird. Die Frage stand vor einigen Wochen noch weit offen. Damals wurde behauptet, einen Adolf Hitler   als Oberbefehlshaber an der Spize der Wehrmacht, würde mindestens die Generalität und das Offiziersforps nicht ertragen, und dann erst werde die große Staatsfrise aufbrechen. Und endlich das von so viel Geringschäßung, Haß und Mißtrauen erfüllte Ausland? Vom englischen König wird hier in Berlin   der Aus­spruch erzählt, er, Georg V.  , werde Adolf Hitler  , falls dieser Reichspräsident würde, sicherlich kein Gratulationstelegramm schicken...

Reichswehr   bereit wäre, fich ihm zu unterſtellen: der Verbot der Deutschen Zeitung"

Reichswehr   werde wohl nur ein General als Reichspräsident genehm sein. Allenthalben wird unterstrichen, welche

bedeutende Rolle der Reichswehr  

gerade in den entscheidungsvollen Tagen zufallen dürfte, die einem etwaigen Ableben des Reichspräsidenten folgen müßten. Matin" meint, so wie Hitler   feinem die Präsi­dentenschaft überlasse, dessen er nicht sicher sei, so könne dieser Posten von keinem angenommen werden, der nicht das Vertrauen der Reichswehr   besize. Das Blatt er= innert daran, daß zunächst nach der Reichsverfassung Reichs­gerichtspräsident Bum fe die Präsidentschaftsgeschäfte füh­ren müsse, ein Mann, dem nationalsozialistische Gedanken fremd seien, aber es jei ja überhaupt die Frage, wie weit man sich an die Verfassuna halten würde. Der Kampf um Hindenburgs Nachfolger werde sich zweifellos in einem fleinen Kreise und außerhalb des öffent= lichen Blickfeldes abspielen. Dabei sei es nicht unwichtig daß gerade jetzt die Urlaubszeit der SA. zu Ende sei und diese ihren Dienst wieder aufgenommen habe.

" Journal" spricht von der Aufregung. in der der Ber­ liner   Korrespondent des Blattes die Beamten des Aus­wärtigen Amtes angetroffen habe, deren einer, ein alter Bekannter, ihm gesagt habe: Wir haben schreckliche Angst, man hat uns erklärt, daß Hindenburg   im Sterben liege." Journal" wirft die Frage auf, ob vielleicht jetzt der Augen­blick

einer Wiederherstellung der Monarchie

in Deutschland   gekommen sei. In diplomatischen Kreisen hält man das, wie der gutunterrichtete Sonderberichterstatter des Blattes, Georges Blun, berichtet, für möglich. Aber der Sohn des Erkronprinzen, der Prinz Louis Ferdinand  , den man schon lange als den ernsthaftesten Thronanwärter ansehe befinde sich in den Vereinigten Staaten  . Außerdem seien die Vorgänge vom 30. Juni den Hohenzollern   nicht sehr günstig. Man müsse auch daran denken, daß Prinz Auguſt Wilhelm  , der in den nationalsozialistischen Führer­freisen gute Beziehungen hat, seit langem hoffe, einmal eine Art Statthalterschaft in Deutschland   zu erhalten in Er­wartung eines Bessern".

Am häufigsten spreche man in Berliner   politischen Kreisen davon, daß Hitler die Absicht habe, eine Art Konsulat zu vereinigen, d. h. unter dem Titel Reichsführer", gleichzeitig Präsident und Reichskanzler zu sein.

Aber auch das Tournal" meint am Schlusse seiner aus­führlichen Betrachtungen, alles werde von der Reichswehr  abhängen. Die Reichswehr   betrachte man als die Sphing, die Deutschlands   Schicksal in den Händen hält.....

Frage aus der Schweiz  

99

Was dann?"

Die Basler National- Zeitung" schreibt: Wenn nun Reichspräsident von Hindenburg   tot ist: Was dann? Diese politische Frage überschattet jede andere. Lange Zeit wurde der Name des Nachfolgers genannt. Von General von Epp, des bayerischen Reichsstatthalters, war die Rede, von Gene­ ral Göring  , vom Prinzen Philipp von Hessen  ; aber diese Namen traten bald in den Hintergrund, als mit immer größerer Bestimmtheit verlautet, Hitler selbst wolle Reichsoberhaupt werden. Ein angeblicher Ausspruch des Führers wurde herumgeboten: als nun historische Persön= lichkeit könne er sich wohl einem Hindenburg, aber sonst feinem andern unterordnen. Es heißt, die Gesetze, wodurch Hitler   nach dem Ableben des Feldmarschalls automatisch so­fort zum Reichspräsidenten und Reichskanzler in einer Per­son würde, seien längst fertig. Von anderer Seite wird ver­mutet, die nationalsozialistische Führung werde den Reichs­präsidentenwechsel zu

einer neuen Voltsabstimmung benützen.

Die romantische Person werde des Eindrucks auf die Massen

Das war die ,, Taktlosigkeit"

Weil sie eine Taftlosigkeit geäußert habe, ist die Deutsche 3eitung" für acht Tage verboten worden, und die an dem inkriminierten Artikel über Hindenburg   betei­ligten Redakteure verlieren ihre Stelle und darüber hinaus die Ausweiskarte, von der die Zulassung zum journalistischen Beruf abhängt. Die Deutsche Zeitung" hatte erklärt, es sei müßig, Erwägungen über die eventuelle Nachfolge für den in unerwünscht greifbare Nähe gerückten Fall des Ablebens Hindenburgs anzustellen. Daran wurden die beiden folgen­den Säße geknüpft:" Der Parteienstaat von Weimar   mit seinem ränkevollen Wechselspiel egoistischer Interessenhaufent ist zerschlagen. Das Schicksal des deutschen   Volkes und da­mit jede Entscheidung ruht in einer einzigen Hand, in der des Führers." Das hat genügt, um der Deutschen Zei­tung" eine empfindliche Strafmaßnahme auf den Hals zu ziehen.

Auch Dr. Heim ermordet

Das Ende des achtzigjährigen Bauernführers

Wenige Tage nach dem großen Morden des 30. Junt tauchte das Gerücht auf, daß sich auch Dr. Heim, der fast achtzigjährige bayerische   Bauern führer, allgemein als Bauerndoktor" populär, unter den Er mordeten befinde.

Wir gestehen, daß wir der Nachricht zunächst keinen Glans ben schenkten. Jetzt aber ist der Pressestelle der Ostmärkischen Sturm- Scharen" aus Bayern   brieflich die Mitteilung übers bracht worden, daß sich Dr. Heim tatsächlich unter den Opfern der Hitler  - Banditen befindet.

Die letzten dreißig Jahre bayrische Geschichte sind mit der Gestalt Dr. Heims eng verbunden. Ein wilder Sozialisten hasser   und Partikularist, war er unbeschränkter Führer des reaktionären bayerischen   Bauerntums. Er führte eine derbe Sprache in den ihm naheftehenden Zeitungen und in Ber  sammlungen ein kräftiges Wort, auch im Reichstage, dem er einige Zeit angehörte.

-

Auch gegen die Nazis! Sie fonnten ihm nicht vergessen, daß er mit der Banerischen Volkspartei bis zuletzt erbittert gegen den braunen Terror gefämpft hatte, eigentlich schon jeit 1923. Seiner Popularität im Pande, aber zugleich dem nationalsozialistischen Haffe ist iekt der streitbare greise Katholik zum Opfer gefallen.

Mord und Raub

Dr. Voß

96 100%

Prag  , 1. Aug.( Inpreß): Die von Otto Straffer heraus­gegebene Deutsche Revolution" enthüllt einen Mordfall, der mit dem Raub von Partei dokumenten Gregor Strassers im Zusammenhang steht: Dr. Voß war seit langem der Rechtsberater Gregor Straffers und sein persön licher Freund. In dieser doppelten Eigenschaft übergab ihm Gregor Strasser   alle Dokumente, die sich auf seinen Konflikt mit Hitler und der Partei bezogen... Auf diese belastenden Dokumente hatten es Göring   und Goebbels   abgesehen! Ein von Göring   gesandtes Sonderkommando erschien in der Kanzlei des völlig überraschten Dr. Voß und forderte die Herausgabe dieser ihm beruflich zu treuen Händen über­gebenen Dokumente Gregor Straffers. Als der forrefte Jurist das gesetzwidrige Ansinnen zurückwies, wurde er furzerhand niedergeschossen, das Geheimsafe erbrochen und die Dokumente geraubt. Den Auftraggebern der Diebe, Eins brecher und Mörder mag ein Stein vom Herzen gefallen sein, als sie die belastenden Akten in Händen hielten.

Isolierung und Abscheu Oesterreich  

im Mittelpunkt des Interesses

O. G. London  , Ende Juli. Wieder stehen die österreichischen Ereignisse im Vorder­grund des Interesses, die Zeitungen füllen Spalten, ja Seiten mit Berichten. Alles andere tritt in den Hinter­grund. Die sonst nur auf Sport und Gerichtssensationen bedachten Abendzeitungen lassen Ausgabe auf Ausgabe mit Wiener   Berichten folgen. Die Beurteilung der Er­eignisse ist nach der politischen Einstellung der Blätter nati: rlich verschieden, vor allem die Beurteilung der Per­sönlichkeit von Dollfuß  . Dollfuß   war vor einem Jahr eine der populärsten Persönlichkeiten Englands, während der Weltwirtschaftskonferenz hat man ihm sogar auf der Straße zugejubelt. Diese Popularität hat er seit den Februarkämpfen gegen die Sozialisten eingebüßt, bei der Linken restlos, aber selbst bei verantwortlichen und denkenden Kreisen der Konservativen. Dollfuß   war nicht mehr unbedingt populär, nur als Gegner und Kämpfer gegen Hitler   schätte man ihn nach wie vor. Doch wenn auch überall die gesunkene Popularität des Bundes­kanzlers in den Pressekommentaren hervorgehoben wurde, die Art, wie man ihn langsam ohne ärztliche: und geistlichen Beistand hat verbluten lassen, hat die ge­famte englische   Deffentlichkeit ungeheuer empört. Nicht minder empört aber hat die Tatsache, daß das Hitler­regime jezt dazu übergegangen ist, auch außerhalb der deutschen   Reichsgrenzen zu morden. In diesem Punkte ist sich die gesamte englische   Deffentlichkeit einig: für das Morden in Desterreich ist das Hitlerregime voll verant­wortlich.

Die nachträglichen Versuche Hitlers  , von dem ge­scheiterten Butsch abzurücken, erwecken hier nur ein ironisches Lächeln. Man verweist auf die ersten deutschen  

Rundfunk- und Presseberichte, man verweist auf die dauernden Hetreden der Habicht und Frauenfeld   im Münchener   Radio, man verweist auf die Dynamittrans­porte über den Bodensee  . Nein, Versuche Hitlers  , seine Hände in Unschuld zu waschen, bleiben vergeblich, zumal man ja seit dem 30. Juni das Regime erkannt hat.

Am deutlichsten und zugleich am stärksten bringt wieder einmal die Times", das angesehene konservative Blatt, die englische Stimmung zum Ausdruck, das in einem von uns schon veröffentlichten Auffat sagt, der Name Nazi  stinkt in den Nasen der Welt.

Außenpolitisch tritt England kurz

-

Der Mord an dem österreichischen Kanzler weckte natüt lich überall die Erinnerung an den Mord an dem öster reichischen Thronfolger vor 20 Jahren. Die Aehnlichkeiten sind in der Tat verblüffend. Werden es auch die Folgen sein? Das war die Frage, die man sich überall in Eng land stellt. Freilich die Zeitungen suchten sofort abzu wiegeln. Wie auf Kommando waren sie optimistisch, mit Ausnahme der Beaverbrookpresse, die diese Gelegenheit einmal wieder benutzte, um Englands Ablösung von Europa   zu fordern, da es sonst doch unvermeidlich in einen Krieg verwickelt würde. Nirgendwo sigt wohl der Pazifis mus der oft freilich rein sentimental begründet ist- und der Abscheu vor dem Kriege so tief wie in England. Wenn jetzt die Regierung fich zu einer gewissen Aufrüstung in der Luft entschlossen hat, so hat sie es erst nach langem Zögern getan, und die Widerstände im Lande sind groß. Um den Frieden zu erhalten, wird England stets zu weit­gehender Nachgiebigkeit bereit sein. Nur eine kleine Gruppe sieht, daß eine klare Politik in festen Grenzen den Frieden eher zu sichern vermag, als ewiges Schwanken. Diese kleine Gruppe sigt leider nicht im Lager der Labour Party  , wo sentimentaler Pazifismus vor herrscht.

Mosley   ist still geworden

Sir Oswald Mosley   hat sich scheinbar noch nicht von dem schweren manche meinen sogar tödlichen- Schlag erholt, dem ihm sein faschistischer Bruder Hitler   am 30. Juni zugefügt hat. Er ist in der letzten Zeit auffällig still geworden. Für den August hatte er eine große Kund­gebung im Londoner   Stadion, das über 20 000 Menschen faßt, angesetzt. Der Direktor des Stadions bat ihn, den Termin zu verschieben, da sonst die Kundgebung gerade zwischen Sportveranstaltungen fallen würde.

Mosley  

benutzte die Gelegenheit, um gekränkt die ganze Kund­gebung abzusagen. Warum wohl? Ein Grund mag sein, daß für seine bisherigen Rundgebungen die Rothermeres Presse die Reklametrommel gerührt hat und sogar in Massen Freikarten ausgegeben hat. Das gibt es jetzt nicht mehr. Rothermere hat sich in freundschaftlichen Formen zwar, aber doch ganz eindeutig vom Faschismus getrennt. Die Rothermere- Zeitung Daily Mail" hat in großer Auf machung die Abschiedsbriefe veröffentlicht, die sich diese beiden Männer geschrieben haben. Interessant ist der Brief Rothermeres, der erklärt in folgenden vier Punkten Mosleys Programm abzulehnen: er lehne den korporas tiven Staat ab, er lehne den Faschismus ab, er lehne die Diktatur ab, er lehne den Antisemitismus ab. Nur in der Indienpolitik und in der Frage der Aufrüstung seien sie nach wie vor einig. Immerhin, es scheint reichlich seltsam, daß Rothermere nicht vorher gemerkt haben soll, daß die British Union of Fashists faschistisch sei, daß Mosley   tag ein, tagaus vom korporativen Staat rede, daß er das Parlament zugunsten seiner Parteidiktatur ausschalten will, daß er seit Monaten schon auf die Juden hetzt. Wenn Rothermere das plötzlich entdeckt hat, so wird wohl die Konjunktur, die vor allem seit dem 30. Juni eingesetzt hat, entscheidend gewesen sein. Und Mosley   weiß wohl auch, weshalb er für den Moment still ist.