Pariser   Berichte BRIEFKASTEN

E. B., Wien  . Sie machen uns auf die Wiener Politischen Blätter" aufmerksam, in denen Ernst Karl Winter  , der jezige Vize­

Eine Ausstellung der deutschen   bürgermeister von Wien  , schreibt: Als Siftorifer wird man feft­Emigranten in Paris  

Wie wir aus zuverlässiger Quelle erfahren, findet im Herbst in Paris   eine Ausstellung von Erzeugnissen und Waren der deutschen   Emigration aller Länder statt. Pro­minente französische und deutsche Schriftsteller und Gelehrte werden das Protektorat übernehmen. Nach 17 Monaten Emi­gration ist dieses der erste Weg, die gesamte Emigration wirtschaftlich zu erfassen und ihr in einem würdevollen Rahmen den Markt, der vielen durch Unkenntnis bisher verschlossen blieb, zu eröffnen. Es ist geplant, Teile der Aus­stellung in den großen Städten Frankreichs   und evtl. den anderen Emigationsländern als Wanderausstellung zu zeigen, die dann jeweils durch örtliche Aussteller ergänzt werden kann. Jedenfalls zeigt die französische   Presse großes Interesse für die gesamte Idee, so daß kein Emigrant auf der Ausstellung fehlen dürfte.

Für die Pariser   Herbstausstellung sind folgende Abtei­lungen vorgesehen:

1. Pro zenten aller Länder,

2. Ausstellung von Großisten, Verlagsanstalten, Künstlern, freien Berufen, sämtlichen deutschsprachigen Zeitungen. 3. Adressenmaterial in übersichtlicher Anordnung von Aerzten, Rechtsanwälten, Kliniken, Kurorten und Kur­anstalten, Restaurationsbetrieben, Gaststätten, Hotels

usw.

4. Verkaufsstände von Detaillisten und Händlern.

5. Eine ideelle statistische Uebersicht über den Verlauf der gesamten Emigration in ihren verschiedenen Stadien und Ländern unter Beteiligung aller bestehenden Verbände, Hilfskomitees, Ligen usw.

Nach dem großzügig angelegten Programm zu schließen, handelt es sich um ein Werk, das in allen Kreisen größte Beachtung finden muß, um so mehr, als die Gastländer den wirtschaftlichen Erfolg dieser Ausstellung ebenso wünschen als die Emigration selbst.

Die Ausstellungsleitung liegt in den Händen namhafter Fachleute.

Wir von uns aus wünschen der Ausstellung den allerbesten Erfolg und werden mit Interesse den weiteren Verlauf der­selben verfolgen.

Zwecks aller weiteren Auskünfte, die bereitwillig erteilt werden, wende man sich an die EPMA  "( Exposition des produits et des marchandises de la totalité de l'émigration allemande), 11, Place de Vaugirard, Paris XVe.  

Totenmesse für Dollfuß   in Paris  

Am Dienstagvormittag fand im Dom von Notre- Dame   in Paris   ein feierliches Requiem für den von den National­sozialisten ermordeten österreichischen Bundeskanzler Doll­ fuß   statt. Das gesamte diplomatische Korps nahm an der Trauerfeier teil, darunter auch neben dem italienischen Botschafter und belgischen Gesandten der deutsche Bot­schafter Dr. Köster. Der Präsident der französischen   Repu­blik hatte sich vertreten lassen, während für die französische  Regierung Außenminister Barthou   und Marineminister Piétri erschienen waren. Nachdem eine feierliche Messe zele­briert worden war, erteilte Kardinal Verdier, der Erzbischof von Paris  , dem toten Kanzler Absolution.

Deutscher   Klub

Am Samstag, dem 4. August, um 21 Uhr, veranstaltet der Deutsche lub in seinen neuen Räumen in der Rue de Vivienne ein geselliges Beisammensein( mit Tanz). Gäste sind sehr gerne willkommen. Für Mitglieder Eintritt frei. Gastbeitrag: 3 Franken.

Nazimärchen aus Paris  

Ein Nazi Dr. H. von Halden erzählt in der braunen Presse folgendes, Märchen aus Paris  . Titel: ,, In der Hochburg der Semigranten": ,, Gegen ein Uhr morgens suche ich mein Hotel

stellen müssen, daß die sozialdemokratische Führung längst bereit war, ihre Macht über die Massen für eine Verständigung selbst um ein Linsengericht einzusetzen. Man war bereit, alle faktische Macht und selbst alle Errungenschaften hinzugeben, um die formale Mög­lichkeit, diese Verzichte irgendwann einmal wieder aufzuholen, d. h. um die Anerkennung daß das Parlament des allgemeinen Wahl­rechts nach Ablauf einer weitgehenden Ermächtigung für die Bundesregierung wiederkehren würde... So nahe war die Ar­beiterbewegung dem österreichischen Staatsgedanken und selbst der christlichen Denkweise noch niemals als vor dem 12. Februar... Ich, der konservative Denker, habe in dieser Zeit mit Otto Bauer  kaum über ein Thema öfter diskutiert als über die konstitutio­nelle Monarchie. Die Sozialdemokraten wären sehr weit mit­gegangen, wenn man sie hätte mitgehen lassen." Auch wir haben selbstverständlich Zweifel, ob Winter, der die österreichische Arbeiter­klasse mit dem Regime Dollfuß   aussöhnen will, die Stimmungen und Absichten der Führer der österreichischen Sozialdemokratie völlig rich­tig wiedergibt. Aber daß die österreichische Sozialdemokratie alles versucht hat, um einer blutigen Auseinandersetzung aus dem Wege zu gehen, bezeugt kein Geringerer als Otto Bauer  . In seiner nach den Februarfämpfen erschienenen Broschüre Der Aufstand der österreichischen Arbeiter" schreibt er: Erstens haben wir uns ein Jahr lang bemüht, zu einem Kompromiß zu gelangen, um die Situation zu verhüten, die uns nur noch die Wahl zwischen Kapi­tulation und den Aufstand ließ. Die Versuche, zu einer Verstän digung mit den Herrschenden zu gelangen, seien ein Verrat" an den Arbeitern gewesen. In der Tat haben wir gewußt, daß, um mit Engels zu reden, ein wirklicher Sieg des Aufstandes zu den größten Seltenheiten gehört", haben gewußt, wie gering die Aus­sichten eines solchen Sieges unter den gegenwärtigen Umständen waren, wie furchtbar die Gefahren einer Niederlage. War es nicht Pflicht, alles Erdenkliche zu versuchen, um die Lage, die die Arbeiter zu einem Verzweiflungskampf unter ungünstigen Umständen zwänge, zu verhüten?"

Kamerad, Haifa  . Sie, einer der ältesten, treuesten und selbstlose= sten Mithaber, gehören nun auch zu den Akademikern, die drüben" Existenz und Lebensraum suchen. Sie schreiben uns: Ich hoffe, bald wieder etwas Zeit für die Mitarbeit zu haben, denn ich will auch weiterhin Ihr Mitarbeiter bleiben. Das ist mir nicht nur eine Freude, sondern ich betrachte es auch als meine Pflicht als deut­scher Sozialist, meine schwachen Kräfte nach wie vor in den Dienst des Befreiungskampfes für unser armes Vaterland zu stellen. Sie werden also hoffentlich bald wieder von mir hören. Einstweilen danke ich Ihnen herzlich für die prompte Zusendung Ihrer Zei­tung hierher. In diesem fernen Lande ist mir Ihre Zeitung noch in viel höherem Maße notwendig, ja unentbehrlich geworden, und ich stelle jedesmal mit freudiger Genugtuung fest, daß das Blatt sich in jeder Beziehung in aufsteigender Linie bewegt, so daß ihm der erste Platz in der gesamten Emigrantenprene gebührt. Es würde für mich ein unerseßlicher Verlust sein, die Deutsche Freiheit" entbehren zu müssen."

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Zum Ausbau eines blühenden Unternehmens wird von belg. Fabrikanten für Futtermittel

Teilhaber gesucht

Angebote unter Hecker an die Expd. d. Ztg.

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Gewandter

deutsch  - französischer

An mehrere. Wir haben gelesen, daß der frühere Kommandant des Konzentrationslagers in Oranienburg  , Schäfer, am 1. Juli geflohen sein soll. Es ist dies der Schuft, den Gerhart Seger   in seinem Buche Oranienburg  " gezeichnet hat. Wohin sich Schäfer ge­wendet hat, wissen wir nicht. In einigen Zeitungen stand, er sei in der Schweiz  . Er wird sich wahrscheinlich irgendwo unter falschem Namen aufhalten.

Steckelburg. Wir haben das Gedicht mit Interesse und Anteil­nahme gelesen. Abdrucken können wir es leider nicht. Aehnliche Gedichte haben wir in diesen hißigen Tagen bergehoch erhalten. Wir müßten täglich mindestens zwei Seiten verwenden dürfen, wenn wir nur die besten auswählen würden. Bitte bringen Sie das unserem gemeinschaftlichen Freunde schonend bei.

Mano Kopenhagen. Ihre Phantasie scheint uns doch etwas zu üppig zu sein, und Ihre Schlußfolgerungen gehen zu weit. Wir mögen tüchtige Kerle sein, aber Sie überschäzen uns doch sehr. Spectator Zürich Besten Dank für den aufmunternden Brief. E. B., Eupen  . Dieser Wig" ist nicht druckfähig. Für den Stall geeignet, aber nicht für die Zeitung.

Literatur

Was wird aus Desterreich?" Jm Verlag der Nordböhmischen Druck- und Verlagsanstalt Gärtner u. Co. GmbH., Bodenbach   a. d. E., ist unter dem vorstehenden Titel eine Broschüre von Wenzel Jaksch  erschienen. Der Verfasser ist Redakteur des Prager Sozialdemokrat" und Abgeordneter des Wahlkreises Pilsen  . Seine Broschüre ist ein wertvoller klärender Beitrag zu den Problemen des Befreiungss kampfes der österreichischen Arbeiterklasse.

Der braune Haß." Im Verlag der Buchhandlung Lipschutz, Paris  , 4, Place de l'Odeon, ist ein Buch aus nationalsozialistischen Führersprüchen und nationalsozialistischen Bildern erschienen, für das Cassie und Heinz Michaelis und W. O. Somin verantwortlich zeichnen. Außer dem Titel und einer kurzen Ein­leitung und einigen noch fürzeren Zwischensägen kommt hier nur das dritte Reich" selbst zu Wort. Es sind also ungefälschte Bilder. Wir sind überzeugt, man könnte das Buch Millionen Deutschen   in die Hände geben, ohne daß ihnen etwas auffiele. Diese Bolts­genoдen würden diese Bilder betrachten wie wöchentlich deutsche illustrierte Zeitschriften: mit tiefer Befriedigung, ja mit Stolz, ohne das geringste Gefühl dafür, daß aus diesen nationalsozialistischen Gesichtern, aus der Haltung und aus den Waffen die Brutalität in höchster Potenz, der ganze unfultivierte Stumpffinn, der rohe zerstörende Haß zur Welt spricht. Zu einer Welt, die im Gegensatz zu noch immer allzuviel Deutschen   in diesen Bildern zu lesen ver­steht. Das Buch ist dem Schweizer   Professor Ragaz   und seiner Frau gewidmet, bekannten religiös- sozialistischen Pazifisten. Man sollte es jedem in die Hand geben, der noch immer nicht begreift, daß im Faschismus eine haßerfüllte Weltgefahr aufgestanden ist. Wenn er überhaupt belehrbar ist, werden diese Bilder ihre Wirkung auf ihn tun.

Werbt für die Deutsche Freiheit"!

kommt er vielleicht selber dran. Inzwischen aber bewacht er die Sänger... Auf der ganzen Welt hören die Völker die Stenotypist Signale, sei es in USA.  , sei es in Holland  , verstehen tun sie aber die wenigsten. Und während ich im dahinbrausenden Zuge meine Pariser   Erlebnisse überdenke, bin ich in meinem Herzen froh und dankbar, dem Volke angehören zu dürfen, das diese Signale verstand und eisern durchgriff."

32 jahre, Anfänger für Englisch   und Italienisch; perfekt amerik. Buch­haltung, sucht neue Stel­lung. Angeb. an Erich G ese, 59 Bu. de Stras­ bourg  , Aulnay s/ Bois ( S& O)."

auf. Auf dem Wege dorthin höre ich Musik und Gesang. Wo Menschen singen..." Ich stoße die Tür zu der kleinen Bar auf. ,, Chez und Tel" heißt der Laden, sehr modern ein­gerichtet, Herren im Frack und im Smoking, Damen  - es waren auch richti, darunter im Abendkleid. Ich schäme mich meines dunklen Anzugs, drücke mich an die äußerste Ecke der Bar und bestelle ein eisgekühltes Getränk. Plötzlich schmettert die Musik wieder los. ,, La Madelon", das Kriegs­lied des französischen   Soldaten, ein kleiner Uebergang- und es ertönt die Marseillaise  , um endlich wieder in andere Me­lodie überzugehen. Ich horche auf. Dieses Lied habe ich doch schon irgendwo gehört? Während ich noch überlege, treffen deutsche Laute an mein Ohr. Ein farbloser Jüngling mit krausem Haar singt den Text auf deutsch   mit. Ach so natürlich., Völker, hört die Signale..." Bezahlen, raus! Der Bar gegenüber, auf der anderen Straßenseite steht ein Polizist, regungslos. Vor ein paar Tagen haben Leute, die dasselbe Lied sangen, seinen Hauptmann erschossen, morgen

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Großfeuer- Zwei Häuser eingeäschert

Aus noch unbekannten Gründen entstand am Dienstagfrüh in einem Landhaus in der Rue de Lille in Aulnay- sous- Bois  ein Brand, der sich sehr schnell in beängstigender Weise aus­breitete. Innerhalb weniger Minuten war das Haus, das nur aus Fachwerk bestand, in ein Flammenmeer eingehüllt. Der Sohn des Eigentümers Siccard konnte sich nur durch einen Sprung aus dem Fenster im ersten Stockwerk retten.

Als die Ortsfeuerwehr eintraf, hatte sie es bereits mit zwei Bränden zu tun. Das Feuer war nämlich inzwischen auf eine Nachbarvilla übergesprungen, die nun ebenfalls lichter­loh brannte. Nur mit Mühe konnte man einige Möbelstücke ins Freie schaffen. Unter großen Anstrengungen wurde man endlich des Feuers Herr, das zwei Familien, davon eine von fünf Personen, obdachlos gemacht hat.

Für den Gesamtinhalt verantwortlich: Johann Piz in Dud. meiler; für Inserate: Ctto Kuhn in Saarbrüden. Rotationsdruc und Verlag: Verlag der Volksstimme GmbH., Saarbrüden 3, Schüßenstraße 5. Schließfach 776 Eaarbrüden.

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Jane Legoff

Ein Schicksal

Vor zwei Jahren, am 2. Juli 1932, wollte eine junge sehr hübsche Pariserin ihren Verlobten besuchen, der in einem Pariser   Vororte wohnte. Jane Legoff war ein junges lebens­lustiges Mädchen, das gern tanzte, gern wanderte und da die Zukunft glückverheißend vor ihr lag, sollte sie doch binnen kurzem den Mann, den sie liebte, heiraten, so war sie stets vergnügt und guter Dinge. Lustig bestieg sie den Zug, der sie zu ihrem Verlobten bringen sollte. Wie eine Vorahnung kommenden Unheils beschlich es sie aber, als sie feststellte, daß in dem Wagen, in dem sie sich befand, nur noch ein sehr fragwürdiges, wenig vertrauenerweckendes Individuum ihr gegenüber Platz genommen hatte. Und ihre trüben Ahnungen sollten sich in grausamster Weise erfüllen. Eugène La­gaudrière war soeben aus dem Gefängnis entlassen worden. Auch er hatte das Alleinsein mit der Schönen festgestellt, er hatte aber, als das junge Mädchen ihre Puderquästchen hand­habte sich auch überzeugen können, daß in ihrer Handtasche Geld war. Und darum war es ihm zu tun. Er versuchte, Jane Legoff die Handtasche während der Durchfahrt durch einen Tunnel zu entreißen. Das Mädchen versuchte zu flüchten. Es entspann sich zwischen ihm und ihrem Angreifer ein erbitterter Kampf, im Verlauf dessen sich die Wagentür plötzlich öffnete. Jane Ledoff fiel auf die Schienen und die nachfolgenden Waggons zermalmten ihr beide Beine oberhalb des Knies. Der Verbrecher, der dieses Menschenleben zerstört hat, das doch nicht vollkommen ausgelöscht wurde, konnte, da Jane Legoff am Leben blieb, nur wegen tätlichen Angriffs und Verletzung seines Opfers mit Gefängnis bestraft werden. Viel grausamer bestraft als ihr Angreifer aber ist das un­schuldige Opfer, duren Körper nur noch ein Torso ist. Der einzige Trost in ihrem Unglück ist für Jane Legoff, daß ihr Verlobter sie jetzt geheiratet hat. Ob aber die junge Frau dadurch glücklich geworden ist, wird wohl kaum jemand erfahren.

Wenn man Geld und Zeit hat

Zwei amerikanische   Ehepaare Herr und Frau Johnson mit ihrem Piloten Carsterns und Herr und Frau Morsten sind in zwei Flugzeugen auf dem Flugplats Le Bourget bei Paris  angekomme. Die Pariser   hatten viel Vergnügen an der sonderbaren Bemalung der beiden Flugzeuge. Das John­sonsche hatte eine dem Giraffenfell täuschend ähnliche Be­malung, vährend das Morstensche sich als Zebra präsentierte. Die beiden Ehepaare haben einen Flug durch Afrika   hinter sich, bei dem sie 60 000 Kilometer insgesamt zurücklegten. Sie hatten die Flugreise unternommen, um einen Film zu schaffen, der nicht in irgend einem Atelier gestellt ist, son­dern der tatsächlich im dichtesten afrikanischen Busch auf­genommen, ein Bild des wirklichen Afrika   gibt. Sie haben die noch unerforschten Gebiete am Rudolfsee   längs der abessinischen Grenze überflogen. Im belgischen   Kongo   konn­ten sie die Bekanntschaft jenes sagenhaften Zwergvolkes machen, das unter dem Namen Pygmäen den Ethnologen bekannt ist. Es gelang ihnen, eine Herde von 400 Elefanten zu überfliegen, die aus der Höhe, in der sie sich befanden, wie kleine Hunde wirkten. Es gelang ihnen aber auch, Löwen­und Büffeltrupps mit der Kamera festzuhalten. Der Film soll noch vor Weihnachten   herausgebracht und dann in einem Wanderkino gezeigt werden.

Paris   macht Ferien

Paris   steht im Zeichen der beginnenden Sommerferien. Schon in den letzten Tagen sah man zahlreiche Pariser mit Sack und Pack ,, à la campagne" aufs Land hinaus eilen. Aber der richtige Ansturm auf die Bahnhöfe setzte erst am Dienstagabend ein. Kaum war der Monatsabschluß gemacht, da strömten auch schon die Massen, ein brodelndes Ge­wimmel, zu den Bahnhöfen. Die Autobusse waren überfüllt, die Straßenbahnen dicht besetzt und auch die Taxifahrer machten recht verg..ügte Gesichter. Die tote Saison" begann für sie mit einem guten Geschäftstag.

In den Bahnhofshallen, auf den Bahnsteigen staute sich das Gepäck, richtige Kofferparaden fanden statt; Vor- und Nach­züge bemühten sich in dichter Folge den Strom der Reisen­den in die Ferne zu entführen. Aber immer wieder füllten sich die Bahnsteige mit neuen Reserven", ein unaufhör­liches Kommen und Gehen, dabei ein geradezu markerschüt­ternder Lärm, der niemand aus der Ruhe brachte, weder die Beamten noch die Erholungsbedürftigen.

Wechselgesänge hörte man aus dem Lärm heraus: Kopf­kissen, Decken, wurden in melodischen Tönen vor der Ab­fahrt jedes Zuges angeboten.

Auffallend viele Pariser   traten Ferienreisen ins Ausland an, wobei allerdings zu bemerken ist, daß nur sehr wenige Fahrkarten nach deutschen Erholungsorten verlangt wurden.

Die Pariser   Polizei sorgt für die Großstadtkinder

Ungewohnte Gäste sah man am Dienstag bereits gegen 7 Uhr früh auf dem Hofe der Pariser Polizeipräfektur. Einige hundert Pariser   Junge und Mädels wurden dort in sechs elegante Reiseautos verfrachtet, mit denen sie nach der Ferienkolonie Ormay gebracht werden sollten. Diesen Ferien­aufenthalt verdanken sie der, Société amicale et de pré­voyance de la Préfecture de Police", deren rühriger Vor­sitzender Priolet auch die ,, Verladung" der Kinder leitete. Aber der Polizeipräfekt Langeron selbst hatte es sich mit den höchsten Beamten seiner Umgebung nicht nehmen lassen, die Feriengäste der Polizei zu begrüßen, und Frau Langeron, die Gattin des Präfekten  , hatte unermüdlich damit zu tun, mit Bonbons gefüllte Schachteln unter die kleinen Ferien­reisenden zu verteilen.

Zum Lohn dafür reichte ihr ein kleines Mädchen mit Dankesworten einen prächtigen Blumenstrauß, der beinahe noch größer war als die Spenderin. Vergnügt sprangen die Kinder auf die Wagen und winkten Herrn und Frau Lange ron, Herrn Priolet und all den anderen lieben Onkels und Tanten von der Polizei" herzlichste Abschiedsgrüße zu,