Paljaze
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Nr. 177 2. Jahrgang
Chefredakteur: M. Braun
Nationale Legende und
historische Tatsachen
Seite 3
Die Vollendung der deutschen Diktatur zum Gewaltapparat und Kriegsinstrument- Furcht vor der Volksbcfragung
Kurz nach 9 Uhr vormittags wurde der Tod des Reichspräsidenten von Hindenburg amtlich bekannt gegeben.
Kurz darnach wurde über alle deutschen Sender das Staatsstreichgesetz verkündet, das in der Nachtsitzung des Reichskabinetts beschlossen worden ist: Die Reichsregierung hat folgendes Gesetz verabschiedet:
§1 Das Amt des Reichspräsidenten wird mit dem des Reichskanzlers vereinigt. Infolgedessen gehen die bisherigen Befugnisse des Reichs: präsidenten auf den Führer und Reichskanzler Adolf Hitler über. Er bestimmt seinen Stellvertreter.
Blomberg für Hitler Der Erlaß an die Wehrmacht
Berlin , 2. Auguft. laß an die Wehrmacht gerichtet, dessen entscheidende Sätze Der Reichswehrminister von Blomberg hat einen Ers lauten:
Generalfeldmarschall von Hindenburg, der oberste Befehls= haber der Wehrmacht im großen Kriege, ist von uns gegangen. In tiefer Erschütterung stehen wir an seiner Bahre. Das
Seldenleben eines großen Soldaten hat damit ſeinen Abschluß fiets nur ein Ziel fannte: Unermüdlichen Dienst an Volk und Baterland. Sein Beispiel befiehlt uns, am Vaterland bis zum
gefunden. Es war ein Leben trenester Pilichterfüllung, das
letzten Atemzug zu hängen und auch unsere Kraft und unser Leben weiter einzusehen für das neue Deutschland . Seine Tore hat der Feldmarschall uns geöffnet und dadurch der gegeben, Eingedent dieser Heldengestalt schreiten wir den Weg in die deutsche Zukunft voller Vertrauen auf den Füh rer des deutschen Reiches und Volkes Adolf Hitler .
§ 2 Dieses Gesetz tritt mit Wirkung von dem Zeitpunkt des Ablebens Sehnsucht von Jahrhunderten deutscher Geschichte Erfüllung des Reichspräsidenten von Hindenburg in Kraft.
Dieses Gesetz ist die Vollendung der totalen deutschen Diktatur durch Adolf Hitler , wenn auch zur Stunde noch nicht klar sichtbar ist, welche Kräfte sich zur Durchsetzung des neuen Staatsstreiches und zum Schuße der Diktatur
Dieses Gesetz proklamiert den Willen eines einzelnen Mannes zum einzigen Staatsgeseh. Hitler als neuer Reichspräsident überträgt sich selbst alle Befugnisse. Alle Arabesken, die man Schein halber aus der demokratischen Periode noch übernommen hat, werden abgestreift. Die letzte Mitbestimmung des deutschen Volkes wird mit dem Tode Hindenburgs begraben.
Wie es seit dem Beginn der Kanzlerschaft Hitlers keine freien Wahlen mehr zu irgendeiner gesetzgebenden Körperschaft oder zu einer Gemeindevertretung gab.
Wenn man noch vor dem Ableben des Reichspräsidenten sich entschloß, die Nachfolge diktatorisch zu regeln, so deshalb, weil man fürchtete, daß schon die Berlin in Erwartung
wenigen Stunden eines Vakuums mit den unvermeidlichen Intrigen um die Nachfolge große Gefahren in sich barg.
Das Reichskabinett setzt den brutal diktatorischen Weg fort, der mit der Ernennung Hitlers beschritten worden ist. Seit dem 30. Januar 1933 wird Deutschland durch eine ununterbrochene Kette von Verfassungs- und Gesetzesbrüchen regiert. Seit dem Zusammentritt des ersten HitlerReichstags, der durch eine verfassungsbrüchige Niederknüpplung jeder Opposition zustande gekommen war, hat die deutsche Gesetzgebung jede Legalität verlassen.
Berlin , 2. Auguft.( Eig. Bericht.) Heute vor 20 Jahren war der erste Mobilmachungsfag. Die Erinnerung an den Kriegsbeginn friff aber in der Presse und in allen Gesprächen weit in den Hintergrund gegenüber der Aufregung, die der Tod des greisen
Reichspräsidenten verursacht. Bis diesen Morgen versuchte die offizielle Berichterstattung noch Hoffnungen auf das Wunder einer Genesung des alten Herrn zu erwecken, und einige nationalsozialistische Zeitungen be
richteten sogar, als beständen keine ernsten Sorgen um das Leben des Patienten in Neudeck . Die Krank
so ist dem deutschen Volke nun auch das Recht zur Wahl Reines der seitdem beschlossenen Gesetze ist verfassungs. heitsberichte seit der letzten Nacht brachten aber der
des Reichspräsidenten durch Volksabstimmung genommen worden.
Mit dem Beschluß des Reichskabinetts erledigen sich alle Kombinationen, die in der internationalen Presse noch diesen Vormittag reichlich angestellt worden sind. Nichts mehr vom Prinzen Philipp von Hessen als Reichsverweser, nichts mehr von General von Blomberg als Nachfolger Hindenburgs, nichts mehr von all den Fürsten und Generälen, die als Kandidaten für die Reichspräsidentschaft antraten. Ein Dußend eidbrüchige Reichsminiffer in Berlin , die um ihren Kopf bangen, erledigen den Fall.
Das Staatsstreichgesetz zeigt nicht die Kraft, sondern die Schwäche des Reichskabinetts, das nicht wagen kann, eine Volksbefragung über die Nachfolgeschaft Hindenburgs zu wagen. Hätte das Regime mit Adolf Hitler als Spitze die Autorität und die Sympathie im Volke, die es behauptet, so würde es die Gelegenheit benützt haben, um den Führer in einem großen Plebiszit zum Reichspräsidenten proklamieren zu lassen. Auch das wäre zwar bei dem Mangel eines freien Versammlungsrechtes und einer freien Presse und bei der Unmöglichkeit, Gegenkandidaten aufzustellen, ein großer Schwindel gewesen, aber immerhin häfte es den Schein der Mitbestimmung des Volkes gewahrt.
mäßig zustandegekommen. Die Ausschaltung der Volksrechte bei der Neubesetzung der Reichspräsidentenschaft wird der Welt deutlicher noch als alle bisherigen Vorgänge beweisen, daß in Deutschland unveranwortlich und unkontrolliert gefährliche Persönlichkeiten und Kräfte herrschen, die sich rücksichtslos über alles
Denken
und Empfinden moderner Staatsführung hinwegsehen.
Adolf Hitler hat sich zum Herrn über alle Deutschen ausrufen lassen. Wie ihn die Welt beurteilt, hat sie nach dem 30. Juni deutlich genug ausgesprochen. Mit blutiger Gewalt hat er sich seinen Weg zur Höhe gebahnt. Mit Gewalt und Blut wird er ihn behaupten nach innen und nach außen.
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Europa sieht sich einem Deutschen Reich gegenüber, das von gefährlicheren Mächten beherrscht wird, als irgendein absolutistisches Regime in der neueren Geschichte. Dieses beunruhigte Europa wird weder glauben, daß durch den legal verkleideten Staatsstreich in Berlin die Lösung der inneren Spannungen Deutschlands herbeigeführt wird noch daß dadurch die europäischen Völker die friedliche Lösung der außenpolitischen Probleme erwarten dürfen, die sie ersehnen,
gesamten Bevölkerung zum Bewußtsein, daß das große politische Ereignis seines Todes unmittelbar bevorsteht. Die Stadt ist in einer Spannung wie seit vielen Jahren nicht. Während die letzten politischen Katastrophen dieſes Sommers am 30. Juni mit den Massenerschießungen Kanzlermord in Wien ganz überraschend kamen, blieb
von Opponenten des Regimes und am 25. Juli mit dem
nun Zeit, sich auf große innerpolitische Sensationen vorzubereiten, und man fuf dies in privaten politischen Erörterungen reichlich. Zumal in den Ministerien des Reichs und Preußens, wo viele Beamte bei jedem Umschwung um ihre Eristenz ziffern, ist die Aufregung groß.
Journalisten, die nach Ostpreußen geeilt sind, um wenigstens bis zum Herrenhaus in Neudeck vorzudringen, kamen unverrichteter Sache zurück, da alle 3ugangswege in weitem Umkreis von Reichswehr abgesperrt sind. Es sind ähnliche Vorsichtsmaßnahmen getroffen wie beim Ableben des Kaisers Friedrich III., als der junge Kaiser aus Sorge um höfische Intrigen das Schloß mit seinem sterbenden Vater militärisch sichern ließ. Der Flug des Reichskanzlers nach Neudeck, und zwar in Begleitung des Staatssekretärs beim Reichspräsidenten , Meißner, hat großes Aufsehen erregt. Man glaubt nicht,