Paljaze

Frethei

Einzige unabhängige Tageszeitung Deutschlands  

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Nr. 177 2. Jahrgang

Saarbrücken  , Freitag, 3. August 1934

Chefredakteur: M. Braun

Hindenburg  

Nationale Legende und

historische Tatsachen

Seite 3

Reichspräsident Adolf Hitler  

Die Vollendung der deutschen   Diktatur zum Gewaltapparat und Kriegs­instrument- Furcht vor der Volksbcfragung

Berlin  , 2. August( Eigener Bericht).

Kurz nach 9 Uhr vormittags wurde der Tod des Reichspräsidenten von Hindenburg   amtlich bekannt gegeben.

Kurz darnach wurde über alle deutschen   Sender das Staatsstreichgesetz verkündet, das in der Nachtsitzung des Reichskabinetts beschlossen worden ist: Die Reichsregierung hat folgendes Gesetz verabschiedet:

§1 Das Amt des Reichspräsidenten wird mit dem des Reichskanzlers vereinigt. Infolgedessen gehen die bisherigen Befugnisse des Reichs: präsidenten auf den Führer und Reichskanzler Adolf Hitler   über. Er bestimmt seinen Stellvertreter.

Blomberg für Hitler Der Erlaß an die Wehrmacht

Berlin  , 2. Auguft. laß an die Wehrmacht gerichtet, dessen entscheidende Sätze Der Reichswehrminister von Blomberg hat einen Ers lauten:

Generalfeldmarschall von Hindenburg, der oberste Befehls= haber der Wehrmacht im großen Kriege, ist von uns gegangen. In tiefer Erschütterung stehen wir an seiner Bahre. Das

Seldenleben eines großen Soldaten hat damit ſeinen Abschluß fiets nur ein Ziel fannte: Unermüdlichen Dienst an Volk und Baterland. Sein Beispiel befiehlt uns, am Vaterland bis zum

gefunden. Es war ein Leben trenester Pilichterfüllung, das

letzten Atemzug zu hängen und auch unsere Kraft und unser Leben weiter einzusehen für das neue Deutschland  . Seine Tore hat der Feldmarschall uns geöffnet und dadurch der gegeben, Eingedent dieser Heldengestalt schreiten wir den Weg in die deutsche Zukunft voller Vertrauen auf den Füh rer des deutschen Reiches und Volkes Adolf Hitler  .

§ 2 Dieses Gesetz tritt mit Wirkung von dem Zeitpunkt des Ablebens Sehnsucht von Jahrhunderten deutscher Geschichte Erfüllung des Reichspräsidenten von Hindenburg   in Kraft.

Dieses Gesetz ist die Vollendung der totalen deutschen  Diktatur durch Adolf Hitler  , wenn auch zur Stunde noch nicht klar sichtbar ist, welche Kräfte sich zur Durchsetzung des neuen Staatsstreiches und zum Schuße der Diktatur

Hitler   vereint haben.

Dieses Gesetz proklamiert den Willen eines einzelnen Mannes zum einzigen Staatsgeseh. Hitler als neuer Reichspräsident überträgt sich selbst alle Befugnisse. Alle Arabesken, die man Schein halber aus der demo­kratischen Periode noch übernommen hat, werden ab­gestreift. Die letzte Mitbestimmung des deutschen   Volkes wird mit dem Tode Hindenburgs begraben.

Wie es seit dem Beginn der Kanzlerschaft Hitlers  keine freien Wahlen mehr zu irgendeiner gesetzgeben­den Körperschaft oder zu einer Gemeindevertretung gab.

Wenn man noch vor dem Ableben des Reichspräsidenten sich entschloß, die Nachfolge diktatorisch zu regeln, so deshalb, weil man fürchtete, daß schon die Berlin   in Erwartung

wenigen Stunden eines Vakuums mit den unvermeidlichen Intrigen um die Nachfolge große Gefahren in sich barg.

Das Reichskabinett setzt den brutal diktatorischen Weg fort, der mit der Ernennung Hitlers   beschritten worden ist. Seit dem 30. Januar 1933 wird Deutschland  durch eine ununterbrochene Kette von Verfassungs- und Gesetzesbrüchen re­giert. Seit dem Zusammentritt des ersten Hitler­Reichstags, der durch eine verfassungsbrüchige Nieder­knüpplung jeder Opposition zustande gekommen war, hat die deutsche   Gesetzgebung jede Legalität verlassen.

Berlin  , 2. Auguft.( Eig. Bericht.) Heute vor 20 Jahren war der erste Mobilmachungs­fag. Die Erinnerung an den Kriegsbeginn friff aber in der Presse und in allen Gesprächen weit in den Hinter­grund gegenüber der Aufregung, die der Tod des greisen

Reichspräsidenten verursacht. Bis diesen Morgen ver­suchte die offizielle Berichterstattung noch Hoffnungen auf das Wunder einer Genesung des alten Herrn zu er­wecken, und einige nationalsozialistische Zeitungen be­

richteten sogar, als beständen keine ernsten Sorgen um das Leben des Patienten in Neudeck  . Die Krank­

so ist dem deutschen   Volke nun auch das Recht zur Wahl Reines der seitdem beschlossenen Gesetze ist verfassungs. heitsberichte seit der letzten Nacht brachten aber der

des Reichspräsidenten durch Volksabstimmung genom­men worden.

Mit dem Beschluß des Reichskabinetts erledigen sich alle Kombinationen, die in der internationalen Presse noch diesen Vormittag reichlich angestellt worden sind. Nichts mehr vom Prinzen Philipp von Hessen   als Reichsverweser, nichts mehr von General von Blom­berg als Nachfolger Hindenburgs, nichts mehr von all den Fürsten   und Generälen, die als Kandidaten für die Reichspräsidentschaft antraten. Ein Dußend eidbrüchige Reichsminiffer in Berlin  , die um ihren Kopf bangen, er­ledigen den Fall.

Das Staatsstreichgesetz zeigt nicht die Kraft, sondern die Schwäche des Reichskabinetts, das nicht wagen kann, eine Volksbefragung über die Nachfolgeschaft Hindenburgs zu wagen. Hätte das Regime mit Adolf Hitler   als Spitze die Autorität und die Sympathie im Volke, die es behauptet, so würde es die Gelegenheit benützt haben, um den Führer in einem großen Plebiszit zum Reichspräsidenten proklamieren zu lassen. Auch das wäre zwar bei dem Mangel eines freien Versamm­lungsrechtes und einer freien Presse und bei der Un­möglichkeit, Gegenkandidaten aufzustellen, ein großer Schwindel gewesen, aber immerhin häfte es den Schein der Mitbestimmung des Volkes gewahrt.

mäßig zustandegekommen. Die Ausschaltung der Volks­rechte bei der Neubesetzung der Reichspräsidentenschaft wird der Welt deutlicher noch als alle bisherigen Vor­gänge beweisen, daß in Deutschland   unver­anwortlich und unkontrolliert gefähr­liche Persönlichkeiten und Kräfte herr­schen, die sich rücksichtslos über alles

Denken

und Empfinden moderner Staatsführung hinwegsehen.

Adolf Hitler   hat sich zum Herrn über alle Deutschen  ausrufen lassen. Wie ihn die Welt beurteilt, hat sie nach dem 30. Juni deutlich genug ausgesprochen. Mit blutiger Gewalt hat er sich seinen Weg zur Höhe gebahnt. Mit Gewalt und Blut wird er ihn behaupten nach innen und nach außen.

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Europa   sieht sich einem Deutschen Reich gegenüber, das von gefährlicheren Mächten beherrscht wird, als irgendein absolutistisches Regime in der neueren Ge­schichte. Dieses beunruhigte Europa   wird weder glauben, daß durch den legal verkleideten Staatsstreich in Berlin  die Lösung der inneren Spannungen Deutschlands   her­beigeführt wird noch daß dadurch die europäischen   Völ­ker die friedliche Lösung der außenpolitischen Probleme erwarten dürfen, die sie ersehnen,

gesamten Bevölkerung zum Bewußtsein, daß das große politische Ereignis seines Todes unmittelbar bevorsteht. Die Stadt ist in einer Spannung wie seit vielen Jahren nicht. Während die letzten politischen Katastrophen die­ſes Sommers am 30. Juni mit den Massenerschießungen Kanzlermord in Wien   ganz überraschend kamen, blieb

von Opponenten des Regimes und am 25. Juli mit dem

nun Zeit, sich auf große innerpolitische Sensationen vor­zubereiten, und man fuf dies in privaten politischen Er­örterungen reichlich. Zumal in den Ministerien des Reichs und Preußens, wo viele Beamte bei jedem Um­schwung um ihre Eristenz ziffern, ist die Aufregung groß.

Journalisten, die nach Ostpreußen   geeilt sind, um wenigstens bis zum Herrenhaus in Neudeck vorzu­dringen, kamen unverrichteter Sache zurück, da alle 3ugangswege in weitem Umkreis von Reichswehr   abgesperrt sind. Es sind ähn­liche Vorsichtsmaßnahmen getroffen wie beim Ableben des Kaisers Friedrich III., als der junge Kaiser aus Sorge um höfische Intrigen das Schloß mit seinem ster­benden Vater militärisch sichern ließ. Der Flug des Reichskanzlers nach Neudeck, und zwar in Begleitung des Staatssekretärs beim Reichspräsidenten  , Meiß­ner, hat großes Aufsehen erregt. Man glaubt nicht,