daß Hitlers letzter Besuch am Sterbelager Hindenburgs nur persönlicher Natur war, sondern meint, daß ver­sucht werden sollte, noch politische Entscheidungen von dem erlöschenden Greise zu erlangen. Indes konnte sich der Reichskanzler, da die Wendung zum Schlimmeren schon eingetreten war, nur kurze Zeit im Sterbezimmer aufhalten. Der Reichspräsident war nur noch zeitweise bei Bewußtsein und fiel noch in Gegenwart des Reichs­kanzlers wieder in Schlaf. Angeblich wurde auch der Vizekanzler von Papen in Neudeck erwartet.

Der Zusammentritt des Reichskabinetts am Mitt­woch zu später Abendstunde noch vor dem Ableben des Staatsoberhauptes zeigte, daß hochpolitische Entschei­dungen vorbereitet wurden, die man nicht bis zur Todesstunde aufschieben wollte. Darin äußert sich die große Unruhe und die mangelnde Sicherheit in den regierenden Kreisen, die sehr genau wissen, daß seit dem 30. Juni die Machtverhältnisse in Deutschland labil ge­worden sind. Zwar könnte Hitler natürlich in dem jetzigen Reichstag jedes ihm nützlich erscheinende Gesetz annehmen lassen, aber es ist doch noch leichter und für Hitler zweckmäßiger, wichtige gesetzliche Aenderungen durch Kabinettsbeschlüsse zu erwirken.(

Die allgemeine Aufregung und das Mißtrauen in die kommenden Dinge äußerte sich in den immer wieder auftretenden Gerüchten, der Reichspräsident sei schon tot, aber man halte die Meldung zurück, bis die not­wendigen innerpolitischen Entscheidungen getroffen seien.

Die Reichsregierung besch lo ß, sich in einem Aufruf an das Volk zu wenden. Auch eine feierliche Reichstagssigung wird vorbereitet, die das Schauspiel der Geschlossenheit Deutschlands auch gegenüber dem Auslande bieten und Beschlüsse des Reichskabinetts sanktionieren soll.

Wenn testamentarische Bestimmungen Hindenburgs, was man allerdings nicht annimmt, nicht ein beschei­denes Begräbnis anordnen, soll die Beisehung unter militärischen und zivilen Ehrungen vor sich gehen, wie sie seit dem Trauerzuge für Wilhelm I. im März 1888 keinem Deutschen mehr zuteil geworden sind. Die Trauerfeierlichkeiten sind zugleich als gewaltige Macht­entfaltung des nationalsozialistischen Staates gedacht.

,.Mehr als 50 v. H."

Siemensbetrieb anwortet Hitler

Berlin, 29. Juli. Die Abteilung des Siemenswertes, wo Hitler die erste Arbeitsschlacht" mit einer Rede eröffnete, hat jetzt die Wahl der Vertrauensräte" vorgenommen. Von der 1200 Mann starken Belegichaft dieser Abteilung stimmten für die Nazis lifte 962, me ane später wurde auf der Bekanntmachungs­tafel vermerkt, daß mehr als 50 Prozent" der Kollegen für die nationalsozialistische Liste gestimmt hätten. Die Lifte sei also angenommen. Inter diese Bekanntmachung schrieb ein Arbeiter: 262 50 Prozent stimmt denn das?"

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Neue Kürzung der Arbeitszeit

Berlin , 30. Juli. ( Inpreß.) Das statistische Reichsamt macht das Eingeständnis, daß im Monat Juni vielfach die Arbeitszeit gekürzt worden ist". Die Durchschnitts­arbeitszeit ging von 7.64 Stunden im Monat Mai auf 7,48 Stunden im Monat Juni zurück.

Eine Reminiszenz

Man schreibt uns aus Berlin :

In der Weimarer Verfassung war die Stellvertretung des Reichspräsidenten ursprünglich so geregelt, daß im Falle der Verhinderung des Reichspräsidenten zunächst der Reichskanzler sein Stellvertreter sein sollte. Bei voraussichtlich längerer Dauer der Verhinderung sollte der Reichstag durch ein Reichsgesetz die Ver­tretung regeln.

Als Ebert, der erste Reichspräsident, 1925 sfarb, ging deshalb das Amt des Stellvertreters zunächst auf den damaligen Reichskanzler Dr. Luther über. Von der Mitte und der Linken wurde befürchtet, daß Luther versuchen würde, die ihm zugefallene Machtfülle in reaktionärem Sinne auszunußen. Aber Luther war klug genug, darauf zu verzichten und es kam schnell eine Verständigung zustande, durch welche ein Reichsgesetz den damaligen Präsidenten des Reichsgerichts, Dr. Simons, den früheren Reichsaußenminister, zum stellvertretenden Reichspräsidenten ernannte, der bis zur Wahl Hindenburgs zum Reichspräsidenten im Amte blieb.

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Als 1932 Hitler zweimal im August und im No­vember- von Hindenburg mit seinem Anspruch auf die Kanzlerschaft abgewiesen worden war, ließen die Nationalsozialisten durch das Zentrum an die Sozial­demokratie den Gedanken heranbringen, gemäß Artikel 43 der Weimarer Verfassung im Reichstage den Antrag zu stellen, den Reichspräsidenten abzusetzen. Die erforderliche Zweidrittelmehrheit sollte aus den Sozialdemokraten, den Kommunisten und den National­sozialisten bestehen. Bei Annahme des Antrags hätte eine Volksabstimmung die endgültige Entscheidung über die Absetzung treffen müssen. Durch den Beschluß des Reichstages wäre der Reichspräsident an der fer­neren Ausübung des Amtes verhindert" gewesen. Die Sozialdemokratie lehnte das Anfinnen ab, das von den Nationalsozialisten gewünschte Chaos zu schaffen, aus

Paris in Hochspannung

Die deutsche Präsidentschaftskrise beherrschend im Vorder­grund- Kombinationen der französischen Zeitungen

Gallus meint im ,, Intransigeant"

Paris , 2. August.

der 87jährige Hindenburg , der seit Monaten bereits förperlich recht schwach sei, habe nur noch dem Namen nach eine Rolle gespielt. Aber seine Gegenwart habe den Wert eines Sym­bols gehabt. Wer werde ihn ersetzen? Wer werde Prestige genug besigen, um im Notfalle sich Hitlers unsinnigen Plänen zu widersetzen? Was werde Hitler selbst am Tage nach dem Tode des alten Soldaten beschließen? Der Reichspräsident, so sagt Gallus weiter, sei auch Chef der Reichswehr ; diese aber sei nicht hitlerisch gesonnen. Sie sei sogar vor einigen Wochen recht aufsässig geworden. Um sie zu beruhigen, habe man die SA. beurlaubt und Röhm und den anderen SA.­

Führern den Prozeß gemacht. Gerade jest trete die SA . wieder ihren Dienst an. Werde Hitler nun in seiner Hand die Führung der regulären und der irregulären Armee ver­einigen, ohne daß dagegen irgend ein Widerspruch laut werde?

Die deutschen Wirren, so schließt der Leitartikel des In­transigeant", sind nicht zu Ende, im Gegenteil, sie haben faum begonnen.

Der Berliner Sonderberichterstatter des Intransi= Berfassung vorgesehenen Wahl des Reichspräsidenten über­geant" ist der Auffassung, daß es zu der von der Weimarer haupt nicht kommen werde. Im Augenblick, wo die Frage der

Das Neueste

Dollfus hat der Reichsfanzler Herrn v. Papen mit seiner Bei dem feierlichen Requiem aus Anlaß des Todes Dr. Dollfuß hat der Reichskanzler Herrn v. Papen mit seiner Vertretung beauftragt.

Wie die Reichsbahndirektion Trier mitteilt, entgleifte auf der Strecke Trier - Hermeskeil am Mittwochabend die Loko­motive und der Packwagen eines Personenzuges. Bei dem Unfall wurde niemand verlegt. Die Untersuchung ergab, daß Kinder aus dem Orte Kell am Nachmittag in einer Surve schwere Steine auf die Geleiie gelegt hatten, die der Lofo­motivführer zu spät bemerkte An einer Stelle häuften sich die Steine derart, daß die Zugmaschine und der Packwagen aus den Geleisen sprangen. Die Anfaleilung wurde sofort in die Wege geleitet. Die Kinder, die den Zugunfall verur: fachten, find 9-11 Jahre alt.

Am Dienstagabend ist die Gegend des Galibier- Passes in den französischen Alpen von einer Wasserhose heim: gesucht worden, die ungebeuren, auf viele Millionen gefchäz= ten Schaden anrichtete. Auf einer Strecke von sechs Kilo: metern wurden sämtliche Verkehrsverbindungen unter: brochen. Die Ortschaft Balloire ist besonders start heimgesucht worden. Hier wurden zehn Gebäude vollständig zerstört und brei Prüfen fortgeriffen. An den Vergungsarbeiten wurden

Nachfolge auf den Reichspräsidentenstuhl afut werde, werde man den Reichstag zu einer feierlichen Sizung einberufen. Die Regierung werde die Abänderung der Bestimmungen für die Wahl des Reichspräsidenten beantragen, der Hitler­reichstag werde natürlich zustimmen und Hitler bevollmäch­tigen, selbst Hindenburgs Nachfolger zu bestimmen.

Man halte es für sehr gut möglich, daß Hitler der Form halber, um mit seiner Bescheidenheit Eindruck zu machen, irgend jemand als Präsidenten vorschlagen werde. Dann aber werde die gesamte Reichsregierung Einspruch erheben, um mit Unterstüßung des Reichstagspräsidenten Göring den Führer davon zu überzeugen, daß nur er den Posten über­nehmen könne, der allein ihm zukomme.

Diese Szene werde sich unter Heilrufen und allgemeiner Begeisterung abspielen und eine Wahl ersetzen, die an und für sich nur recht alltäglich wirken würde. In Deutschland branche man eben immer etwas, um die Leute zu begei­stern.

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Und nach der Wahl? schließt der Bericht. Werde Hitler ein­verstanden sein, Reichsführer" so heißt es, werde in Zukunft sich der Reichspräsident nennen zu sein und einen anderen mit der Kanzlerschaft zu betrauen? Nein. Hitler werde die Funktionen des Kanzlers mit de nen des Reichspräsidenten vereinen und sich durch einen Vizekanzler, vielleicht Göring - für Goebbels beständen nur geringe Chancen vertreten lassen.

Schüsse gegen Bischof Bares?

Aus Berlin wird berichtet, daß Bischof Dr. Bares plöglich die Reichshauptstadt verlassen und sich nach Süd­ deutschland begeben hat. Seit längerer Zeit fühlte er sich von Nationalsozialisten verfolgt, die vor einigen Tagen einen Ueberfall auf ihn inszenierten. Nur durch das Dazwischen: treien eines Geistlichen wurde das Attentat vereitelt und das Leben des Bischofs gerettet. Jedoch soll Bischof Bares leicht liche zwei Schüsse durch die Lunge davontrng. verwundet worden sein, während der ihn verteidigende Geist­

dune Allerdings feien die Bemühungen, mit den makaeben Auch die fatholische Neue Saar- Post" bestätigt die Mel­den Berliner Stellen in Verbindung zu treten, erfolglos ge blieben.

Bischof Dr. Bares war der Unterhändler der Kirche bei den jüngsten Berliner Besprechungen über die Auslegung des Konkordats. Obwohl er dem Nationalzialismus feines­wegs grundsätzlich feindlich gegenübersteht, hat er durch seine große Berliner Rede gegen das Neuheidentum eine Reihe von scharfen Angriffen auf sich gezogen. Er galt seither als einer der Ervonenten der katholischen Opposition gegen das ,, dritte Reich".

Mannschaften eines in der Nähe manövrierenden Artikerie: Die Grenzen fest geschlossen!

regiments hinzugezogen. Menschenleben sind anscheinend nicht zu bellagen.

Die französische Polizei hat den 30 Jahre alten Bergarbei ter Naotas in Stiering Wendel verhaftet, der früher Norarbeiter bei den Grenzbefestigungen war. Er soll für Deutschland Spionage getrieben haben.

Tokio . Die Sven- Hedin - Expedition ist in Urumtschi eingetroffen.

Angesichts der zunehmenden Unruhen ist in Renyorf die Aufstellung eines Spezial- Polizeiregiments angeordnet morden, das rund 1200 Polizisten umfaffen wird und das bet etwaigen Unruhen eingesetzt werden soll.

Werbi für die Deutsche Freiheir

dem sie als Retter Deutschlands zur Macht kommen wollten.

In dieser Situation griffen die Nazis einen Gedanken auf, den die Mitte und die Linke früber geäußert hatten, zu dessen Verwirklichung ihnen aber die er­forderliche Zweidrittelmehrheit fehlte. Sie wünschten die Verfassung dahingehend geändert, daß bei Ver­hinderung des Reichspräsidenten stets sofort der jeweilige Präsident des Reichsgerichts als Stellvertreter zu fungieren habe. Damals war v. Schleicher Reichskanzler und die Nationalsozia­listen fürchteten, daß bei einem eventuellen Ableben des hochbetanten Reid spräsidenten v. Sch'eicher aut­matisch zunächst Reichspräsident werden und dadurch die Reichswehr und die Konservativen alle Macht auf sich konzentrieren würden. Deshalb stellten die Nazis nun im Reichstage selber den Antrag, die Weimarer Verfassung dahin zu ändern, daß der jeweilige Präsi­dent des Reichsgerichts bei Verhinderung des Reichs­ präsidenten sofort als Stellvertreter zu fungieren habe. Das Gesetz wurde am 9. Dezember 1932 in 3. Lesung mit 404 gegen 127 deutschnationale und kommunistische Stimmen, also mit verfassungsändernder Mehrheit an­genommen. Es tritt beim Ableben Hindenburgs sofort

in Geltung. Stellvertretender Reichspräsident ist dann Herr Bumke, der jetzige Präsident des Reichs­gerichts.

»

Heute wünscht Hitler vielleicht, daß der ursprüngliche Wortlaut der Verfassung, wonach ihm als Reichs­kanzler zunächst die Stellvertretung zufallen würde, noch in Kraft wäre. Er könnte dann das zunächst beliebig lange dauern lassen, ohne zu einer Handlung greifen zu müssen, die den von ihm ersehnten Zustand, Reichsnräsident und Reichskanzler in einer Person zu sein, erst herbeiführen müßte; dieser Zustand wäre dann automatisch eingetreten. Jetzt kann er ihn nur durch einen eklatanten Verfassungs­bruch sofort wieder herstellen, wobei er nicht weiß, wie die Reichswehr , die Junker und, die Großzindustriellen darauf reagieren werden.

Gegen Schweizer Zeitungen

Aus Berlin meldet die Neue Züricher Zeitung":

Die Basler Nachrichten" sind, obwohl diese Zeitung nicht unter einem formellen Verbot stand, seit fünf Tagen in Deutschland verschwunden. Die Ausgaben vom Donnerstag und Freitag verfielen schon an der Grenze der Beschlagnahmung. Die am Samstagmorgen gedruckte Sonntagausgabe wurde von vornherein von der Beförderung ausgeschlossen, so daß die Spedition der Zeitungsballen sich erübrigte. Auch die Montagausgabe ist bisher noch nicht eins getroffen. Nachdem das Interesse des Publikums in Deutsch­ land sich in vermehrtem Maße der Thurgauer Zei tung" zugewedente hat, widmet die deutsche Polizei auch diesem Blatt eine verstärkte Aufmerksamkeit. Heute erfolgte seine Beschlagnahmung in Berlin . Die Thur gauer Zeitung" befand sich dabei in der illustren Gesellschaft des Temps ", der bei der gleichen Razzia an allen Ver faufsstellen eingesammelt wurde.

Mad kämpfe in Spanien Die Regierung und die Sozialisten

der ehemalige Minister Caballero, erklärte, die Regier Madrid, 2. Aug. Der Vorsitzende der sozialistischen Partei, rung erfinde die Verschörungen, um ihr Vorgehen gegen die marristischen Organisationen zu rechtfertigen und sich selbst an der Macht zu halten. Die Marristen dächten an feinen revolutionären Aufstand.

Die sozialistischen Gewerkschaften erlassen einen Aufruf. der Monarchie die Belange des arbeitenden Volfes niemal Darin wird behauptet, daß auch in den schlimmsten Zeiten so schlecht vertreten gewesen seien, wie durch die sogenanntes republikanischen Regierungen seit dem Herbst vorige Jahres. Fast ständig sei der Alarmzustand erklärt. Gege Proteste feinen 3wed mehr. Die Arbeiterschaft müsse zu ein solches System des weißen Terrors" hätten platonische höchster Krastanstrengung bereit sein, um damit das Aus. nahmeregime zu beenden. Geschlossene Einheit sei deshalb

empfohlen.

Wo bleibt die Totenliste? Ein Dementi ohne Wirkung

Die gleichgeschaltete Saarbrüder Landes- Zeitung" demen tiert die auch von der Deutschen Freiheit" übernommene Dr. Seim. Sie behauptet, daß der Totgefagte lebe und fich Meldung von der Ermordung des greisen Bauernführers befter Gesundheit erfrene.' Seltsamerweise begnügt sich das Blatt mit dieser Mitteilung zur Beschwichtigung seines fatho lischen Gewissens. Es unterläßt die Frage nach der Totenliste, auf der, von Dr. Klausener und Propst ganz abgesehen zahl reiche gute Katholiken aufgezählt werden müßten. Einer lebt- wieviele sind gemordet worden? E scheint, daß es die Pflicht eines fich fatholisch nennenden Blattes wäre, mit den Nufen und mit den Fragen nicht aufzuhören.

Bolt erfahren, welche Männer und Frauen den Mordbefchs

Darum nehmen wir sie wieder auf. Wann wird das deutsche

len der Führer" zum Opfer fielen?