Die europäische Unruhe
Widerhall der Rede Baldwins
A. Ph. Paris, den 2. August 1934.
( Von unserem Korrespondenten)
Baldwins am Montag im Unterhaus gehaltene Rede ist zu bedeutungsvoll, als daß sie nicht eine Zeitlang im Vordergrund des politischen Interesses in Frankreich stehen sollte, wenn dies auch durch die alarmierenden Meldungen über Hindenburgs Gesundheitszustand sehr stark in Anspruch ge= nommen ist. Dabei wird jetzt manches Wenn und Aber laut; die einen möchten, Baldwin hätte sich noch deutlicher ausdrücken müssen, andere wie Saint- Brice im„ Journal" bemängeln die geringe Begeisterung, mit der der stellvertretende englische Ministerpräsident über den Ost paft gesprochen habe. Man möchte eben lieber ein französisch- englisches Militärbündnis, dessen einzelne Artifel man schwarz auf weiß nach Hause tragen könnte, als das Versprechen eines Ministers, das leicht in Vergessenheit geraten könnte, wenn sich die Wolfen am europäischen Himmel erst einmal verzogen haben.
Dabei verschweigen die Blätter heute die Sorgen nicht, die ihnen das Verhalten Jugoslawiens macht, das seine Truppen zum Einmarsch in Italien bereit hält, falls Mussolini etwa zum Schutze der österreichischen Unab hängigkeit in Desterreich einrüden würde.
Leon Bailby meint im" our", England und Frank reich hätten sicherlich ein gemeinsames Interesse daran, sich mit Italien in Verbindung zu setzen, damit man keinen Fehler mache. Man habe zu oft die augenblickliche Lage mit der im Juli 1914 verglichen, als daß man nicht verpflichtet sei, Wache zu halten in der Nähe der Pulvermagazine, die leicht in Brand geraten könnten.
Im übrigen verweist im aleichen Blatte Georges Marcenay auf die ungeheure, heilsame und ernüchternde Wirfung, die Baldwins Rede in Deutschland auslöse. Dieser Hieb habe eben gesessen. Man fönne sicher sein, daß das jedesmal so sein werde, wo London feinen Zweifel an seinen Absichten lassen werde.
" Die Küste von Dover liegt an der Donau ", so variiert Wladimir D'Ormesson Baldwins Wort, Englands Grenze sei der Rhein . Er bedauert, daß Italiens Haltung in der österreichischen Frage die Belgrader Presse in Aufregung versetze. Es sei fein Grund zu Auseinandersetzungen zwischen Jugoslawien und Italien vorhanden.
Trotz aller Sympathien für Jugoslawien müsse man doch sagen, die wichtigste Frage sei für Europa im Augenblick Desterreichs Unabhängigkeit.
Für sie setzen sich mit aller Energie Frankreich , England und Italien vereint ein. Diese ruhige und feste Haltung sei die einzige und beste Garantie für Europas Frieden.
Im Journal" meint Saint- Brice, vor allem müsse man das Mißverständnis beseitigen, das sich zeige, weil die Kleine Entente Italien den einzigen wirksamen Schritt verbieten zu müssen glaube, durch den Desterreichs Unabhängigfeit zu retten sei.
„ Petit Parisien" stellt Englands Wandlung mit Genugtuung fest.
Frankreich ziehe jetzt Vorteile aus der Unruhe Europas , die Hitlerdeutschlands Werk sei.
Der geräuschvolle Austritt des Reiches aus dem Völkerbund und der Abrüstungskonferenz, die schweren Verletzungen der Militärklauseln des Versailler Vertrages, die ununterbrochene Einmischung der Nazis in Desterreichs Innenpolitif, die Mordtaten vom 30. Juni, der Kanzlermord am 25. Juli hätten England angewidert, das jetzt mehr und mehr das Bedürfnis, sein Gewicht auf die europäische Waagschale zu legen, zu erfennen gebe. Man könne sich in Frankreich zu diesem Streben nur beglückwünschen, das zu einer immer enger werdenden Annäherung zwischen England und Frank reich führen könne, zur Verteidigung des Rechts und der Gerechtigkeit wie zur Aufrechterhaltung und Organisation des Friedens.
Die französische Presse hält mit ihren Bedenken über die innerösterreichische Entwicklung auch heute nicht zurück. Man fennt hier genau die Schwächen, die Dollfuß während seiner Regierungszeit deutlich erkennen ließ, man erinnert hier und da daran, daß es alles andere als politisch flug von ihm war, die österreichische Sozialdemokratie zu vernichten, wodurch er in einen Zweifrontenfrieg hineingezwungen wurde, aber das hindert die Blätter nicht, anzuerkennen, daß Doll fuß , nicht zuletzt gestützt auf das internationale Ansehen, das er genoß, allein imstande war, das österreichische Staatsschiff zwischen Scylla und Charybdis einigermaßen heil hindurch zusteuern.
Diese Autorität, das ist in hiesigen politischen Kreisen ebenso wie in der Presse die einhellige Auffassung, fehlt dem neuen Bundeskanzler.
Man zweifelt nicht an Schuschniggs gutem Willen und ehrlichen Absichten. Aber man fürchtet, er werde sich gegenüber den Ansprüchen der Heimwehr nicht durchsetzen können. Leise erinnert man zuweilen auch daran, daß der neue Bundeskanzler früher ein begeisterter Anhänger des Anschlußgedankens war Einmütig ist man hier der Auffassung, daß für Desterreich mehr die schwarzen als die heiteren Lose in der Zeiten Schoße ruhen.
In diesem Zusammenhang meint Oeuvre", es handele sich im Augenblick in Desterreich um einen Burgfrieden zwischen Christlich- Sozialen und Heimwehr. Nie
mand könne sagen, ob dieser Burgfrieden von kurzer oder langer Dauer sein werde. Wie dem auch sei, von seiner Dauer hänge die Haltung der nationalsozialistischen Bewegung und auch die Politik ab, die Hitlers Sondergesandter von Papen in Deutschlands Namen in Wien treiben müsse.
Eines sei sicher, der jetzt beginnende Zeitabschnitt werde Desterreichs Schicksal entscheiden.
Im Figaro" betont James Donnadieu, daß Schusch nigg als Bundeskanzler neben sich den Vizekanzler Fürsten Starhemberg und den Major Fey habe, dem die gesamte Polizei unterstellt sei. Beide seien die bedeutendsten Heimwehrführer. Das gebe zu denkten. Wenn auch im Kabinett alle einig seien im Kampf gegen Hitler , so seien sie es aber durchaus nicht in der Behandlung wichtigster innen- und außenpolitischer Fragen.
Geheimabkommen?
In einer Meldung des Wiener Korrespondenten der " Daily Mail" heißt es, die scharfen militärischen Maßnahmen, die Mussolini zum tatsächlichen Schiedsrichter in Mitteleuropa machten, leiteten sich, wie der Berichterstatter in ausgezeichnet unterrichteten diplomatischen Kreisen erfah ren haben will, aus einem politischen Abkommen her, das bisher geheim gehalten worden sei.
Anscheinend habe Mussolini von den revolutionären Absichten der österreichischen Nationalsozialisten Kenntnis gehabt, aber der Putsch, der die Regierung Dollfuß have stürzen sollen, sei erst für den Monat September beabfichtigt gewesen. Der Duce hätte sicherlich Dollfuß bei der geplanten Zusammenkunft in Riccione davon unterrichtet. In jedem Falle habe er seine Vorbereitungen getroffen, um schleunigst einzugreifen.
Allerdings sei zu befürchten gewesen, daß die jugoslawische Regierung ein Eingreifen Italiens in Oesterreichs Anges legenheiten benutzt hätte, um in Italien einzudringen. Aber die französische Regierung habe, so erklärt„ Daily Mail", versprochen, ihren Einfluß zu verwenden, um von Jugo slawien , Rumänien und der Tschechoslowakei die Zusage zu erhalten, daß Italien , wenn es gezwungen sei. Desterreich zu Hilfe zu kommen, dies tun könne, ohne Gefahr zut Iaufen, von anderen beunruhigt zu werden.
*
Ernst der Lage in die deutschen Köpfe
London , 1. August. Der römische Korrespondent der„ Morning Post" meldet seinem Blatte, daß die versöhnlichen Worte, die Hitler in seinem offenen Briefe an Papen ausgesprochen habe, auf diplomatischem Wege Mussolini mitgeteilt worden seien. Jtas lien aber halte als Antwort zwei Flugzeugbrigaden, das heiße 200 Flugzeuge in Bereitschaft, die in den letzten Tagen zu Manövern in Venezien versammelt seien. Jtaliens amtliche Auffassung der Dinge sei kurz gesagt die, daß man seine Ansicht über Deutschland ändern müsse und die Kraftentfaltung nötig sei, um in die deutschen Köpfe die Erfenntnis von dem Ernst der Lage hineinzu trichtern".
Um 21 Uhr im ,, Péristyle " 31 bis, Rue de Vivienne ( Metro: Bourse) heute, Samstag: Geselliges Beisammensein mit Tanz, zu dem Gäste sehr gern willkommen sind. Gastbeitrag: 5 Fr.( Stellungslose: 3 Fr.)
Association des Emigrés Israélites d'Allemagne en France
Freitag, 3. August, abends 7 Uhr, Gottesdienst im Betsaal ,, Chez Cohn", 17 Rue Béranger( Metro Republique) in Paris . Deutsche Predigt. Jedermann ist willkommen.
20 Pariser Bankiers vor Gericht
20 Pariser Bankiers hatten sich kürzlich vor Gericht zu verantworten. Gegen sie war Anklage erhoben worden, weil sie die Lose für die Nationallotterie, deren Preis auf 100 Fr. je Stück festgesetzt ist, mit einem Aufgeld verkauft hatten. Sie hatten durchschnittlich 10 bis 20 Fr. mehr gefordert und erhalten.
Als Entschuldigung machten die Angeklagten geltend, daß sie zusammen mit dem Los jedesmal einen anderen Gegenstand verkauft hätten. Die einen hatten den Kauf eines Bleistiftes, die anderen den einer Brieftasche verlangt, andere wieder gaben die heißbegehrten Lose nur ab, wenn gleichzeitig ein Los für eine andere Lotterie, zum Beispiel die Luxemburger, erstand.
man
Aber das Gericht meinte, das seien alles nur, Mätzchen", mit denen man dem Lotteriegesets ein Schnippchen schlagen wolle. 17 Bankiers erhielten deshalb Geldstrafen von teils 16, teils 25 oder 50 oder 100 Fr., während die restlichen drei Angeklagten freigesprochen worden.
In Paris befinden sich auf den Straßenübergängen fast an allen Ecken große Nägel mit noch größeren Köpfen, die anzeigen, an welchen Stellen die Fußgänger die Straßen überqueren d'fen, ohne Gefahr zu laufen, dem Verkehr zum Opfer zu fallen. Diese ,, Sicherheitswege", die es oft gar nicht sind, führen die Bezeichnung ,, Passage Clouté".
Nun unterrichtete dieser Tage der Abgeordnete des Departements Haute- Saone Théo Valensi den Präsidenten der französischen Kammer davon, daß er beim Wiederzusammentritt des Parlaments nach den Ferien an den Minister des Innern folgende Anfrage richten werde: 1. Ueber die Sicherheit, die angeblich die Passages Cloutés gewähren, 2. über die oft tödlichen Unfälle, die sich täglich ereignen, 3. über die Art, wie Kraftwagenführer und Schaffner oft die Passages Cloudes miẞachten, 4. über die Gründe, aus denen heraus es der Polizei unmöglich sei, eine Verlangsamung des Verkehrs zu erreichen, 5. über die Notwendigkeit, allen Kraftwagenführern den Führerschein sofort zu entziehen, die Schuld an einem Unfall seien.
Herr Théo Valensi ist auf dem besten Wege, bei den Pariser Fußgangern sich beliebt zu machen
BRIEFKASTEN
Hans". Ihnen hat man aus dem Reiche geschrieben, man erzähle sich dort, daß Göring alle seine Hemden zu Oberhemden ernannt habe, um sie ebenfalls an seinem Aufstieg teilnehmen zu lassen.
Rumänischer Emigrant Schweiz . Sie haben die Tragik der Emigration in vielen Jahren und Ländern gekostet. Umso schöner, daß Sie so unverbittert geblieben sind und sich dankbar derer erinnern, die Ihnen in Deutschland geholfen haben. Einige davon sind, wie Sie uns schreiben, Opfer der braunen Mordbestien geworden. Besonders gefreut hat uns, daß Sie als alter Mitstreiter wie folgt über unser Blatt urteilen:" Ich gehöre zu denjenigen, die die " Deutsche Freiheit" von Anfang an jeden Tag fleißig lesen, und sie ist mir eine Lebensnotwendigkeit geworden. Ich habe wiederholt auf Grund meiner Personalfenntnisse in Deutschland feststellen können, daß Ihre Angaben auf Wahrheit beruhen. Man kann Ihnen volles Vertrauen schenken. Ich liebe Ihre Zeitung, und ich trage nach meinen Kräften bei, sie zu verbreiten. Ich bewundere sie. Der Kampf muß weiter gehen, bis die Freiheit kommt." Verlassen Sie sich darauf: es wird bis zum Ende gekämpft und Deutschlands Freiheit wird kommen.
C. H. W. In Ihrer Stadt erzählt man sich: Ein Betrunkener steht vor dem Schaufenster einer Kunsthandlung, wo die Bilder der Führer des Reichs ausgestellt sind. Wankend und mit geballter Faust schreit er immer wieder das Bild von Hitler an:„ Dich kauf' ich mir noch." Ein Schußmann, der in der Nähe stand, führte ihn ab. Als die Personalien festgestellt waren, teilte ein Schupo der Ehefrau mit, daß ihr Mann eingesperrt sei und warum. Die Frau fuhr hoch:" Ja, wenn der Kerl besoffen ist, kauft er jeden... Dreck." Mondorf. Ihnen haben deutsche Kurgäste erzählt: Im Himmel gibt es bekanntlich auch Tiere. Einige davon äußerten beim Petrus den Wunsch, einmal herunter gehen zu dürfen in das dritte Reich", weil sie sich überzeugen wollten, wie es den Tieren geht. Zuerst trabte das Pferd los. Es kam gleich wieder zurück und sagte:„ Da ist für mich nichts mehr zu tun. Es gibt nur noch Autos." Dann ging die Kuh hinunter. Auch sie kam sofort zurück; sie klagte:„ Die wollen mich ja alle melfen." Zulegt hoppelte die Ziege los und fam und kam nicht wieder. Endlich nach dreiviertel Jahren kam sie abgezehrt und am ganzen Körper geschunden zurück. Petrus fragte sie, ob es ihr denn im dritten Reich" so gefallen habe, weil fie so lange ausgeblieben sei.„ Gefallen? Im Gegenteil. Ich habe einmal nemeckert und bin dafür gleich ins Konzentrationslager getommen."
Wasserfante". Sie schreiben uns: In Hamburg ist neulich ein exotischer Baumstamm angekommen, den zwei SA.- Männer in die Gauleitung transportieren sollten. Da der Stamm sehr lang ist, macht der eine A.- Mann den Vorschlag, den Stamm auseinanderzusägen.„ Nein," erwidert der andere,„ das dürfen wir nicht, denn dann hat der Stamm nicht mehr das richtige Maß. Er soll zu einer Mundharmonika für Dr. Goebbels verarbeitet werden."
Brooklyn . Sie schreiben uns:„ Obgleich ich beträchtlich weiter links stche als Sie, möchte ich doch sagen, daß die Deutsche Freiheit" die einzige im Ausland erscheinende Tageszeitung ist, die ihrer Aufgabe im vollen Maße gerecht wird." Daß uns Anerkennungen von Lesern, zumal Journalisten, die weiter links" stehen, besonders freuen, werden Sie uns glauben. Wenn wir nun aber be= haupten, wir ständen weiter links" als Sie? Wer entscheidet dann den Streit?
Stockholm . Ihrem Briefe entnehmen wir: kürzlich verschwand aus Stockholm der ehemalige deutsche Flüchtling Kurt Martin Büttner alias Walter Dahlberg. Nach den getroffenen Feststellungen ist offensichtlich, daß B. seit einigen Monaten im Dienste der Gestapo steht. Der strupellose Verräter paarte seine Spigelarbeit mit gegemeinen Betrügereien. Neben Dokumenten entwendete er einen
größeren zur Emigrantenunterstützung bestimmten Geldbetrag und unterschlug Abonnementsgelder. Sicherlich beging er die kriminellen Handlungen in der Ueberzeugung, daß die Gestapo ihren Agenten unter allen Umständen decken würde. Bekanntlich sind solche ver brecherischen Subjekte für die schmuzige Arbeit der Gestapo gut ge nug. Büttner- Dahlberg, geboren in Dresden , ist 25 Jahre alt, zirka 1,70 Meter groß, dunkles gescheiteltes Haar, Hageres längliches Gesicht, spricht sächsischen Dialekt, Beruf Elektromechaniker."
Jurist. Die soeben erschienene Kriminalstatistik( Band 433 der vom Reichsamt für Statistik herausgegebenen Publikationen) stellt fest, daß die meisten Morde am Wochenende stattfinden. An dieses Gesetz hat sich auch der Führer" gehalten, bekanntlich war der 30. Juni ein Samstag!
H. W. Wir berichtigen gern, daß infolge eines Druckfehlers der Geburtsmonat von Negö falsch angegeben wurde. Nerö hatte am 26. Juli Geburtstag.
Literatur
Theodor Wolff : Der Krieg des Pontius Pilatus . 454 Seiten. Kart. Fr. 9,-. Leinen Fr. 11,-. Berlag Oprecht u. Helbing, Zürich . 3wanzig Jahre sind seit dem Ausbruch des Krieges vers gangen. Alle Völker können sagen, daß sie diesen Krieg nicht gewollt haben und von den Staatsmännern hat, welcher Art ihre Rolle auch gewesen ist, feiner die ungeheure Häufung der Opfer vorhergesehen. Fünfzehn Millionen Menschenleben vernichtet, auf den Schlachtfeldern oder hinter den kämpfenden Heeren, nein, so weit hat vor zwanzig Jahren auch die robusteste Vorstellungskraft nicht gereicht. Und keine Statistik spricht von dem getöteten Geist. Man fann in dem Buch Theodor Wolffs drei Abschnitte unterscheiden. Der erste Teil handelt von den Vorgängen und, genauer gesagt, von den politischen Fehlern Wilhelm II. und seines Kanzlers Beth mann- Hollweg in den letzten Jahren vor dem Kriege. Der zweite Teil gibt eine Darstellung der geistigen Strömungen, der inneren Verhältnisse und der Hauptsächlichen handelnden Persönlichkeiten in den wichtigsten Ländern, die dann in den Krieg eintraten. Der dritte Teil des Buches nähert sich dem Genre der Memoiren, denn er enthält, innerhalb der fortlaufenden Darstellungen der politischen Vorgänge, das, was der Verfasser als damaliger Chefredakteur des „ Berliner Tageblattes" in den Tagen vor dem Ausbruch des Krie ges selbst erlebt und gesehen hat. Das Buch ist nicht zu verwechseln mit der großen Menge von Werfen, die den Ausbruch des Krieges auf Grund eines gelehrten Aftenstudiums schildern. Die genaue Kenntnis der in den Akten dargelegten Tatsachen ist hier nur nebenbei, ohne jede Pedanterie verwertet und bildet nur die sichere Grundlage, auf der das eigene, sehr persönliche, neue Gesichtspunkte eröffnende Urteil und die farbige und plastische Schilderung des selber miterlebten sich aufbauten. Soll man das Buch, trotz seiner stilistischen Eigenart, in eine bestimmte Gattung einreihen, so ließe sich am ehesten sagen, daß eine gewisse Geistesverwandtschaft mit den Büchern zweier Künstler der historischen Darstellung besteht, die Theodor Wolff besonders liebt: mit den Büchern Andre Maurois ' und Lyton Stracheys.
„ Europäische Hefte" Nr. 16 soeben erschienen. Aus dem Inhalt: Willi Schlamm : Europas eiternde Wunde. Jo, ef Gerl. Engel bert Dollfuß . Ein K'riminalist: Der Fall Fey. Georg Steinbock: Sieger Tardieu. Notizen.
„ Die Sammlung". Diese ausgezeichnete Zeitschrift gibt soeben ihr August- Heft heraus. Damit schließt die„ Sammlung" zugleich ihren ersten Jahrgang ab, der alle Erwartungen erfüllt hat, die man an den Kreis ihrer Helfer stellen mußte. In diesen zwölf Heften hat das geistige Deutschland seinen Ausdruck gefunden, das heute außerhalb seiner Grenzen höchstes deutsches Wesen repräsentiert. Wir beglückwünschen den Herausgeber Klaus Mann und seine Mitarbeiter, dankbar für das Vergangene, das Kommende erwartend.