Die Räuberbande!

Als Hitler zur Macht fam, hofften ungezählte Mittel­standseristenzen auf eine durchgreifende Hilfsaktion für den notleidenden gewerblichen Mittelstand. Die Schuhgeschäfte hofften auf ein gutes Stiefellieferungsgeschäft, die Schneider auf Uniformlieferungsaufträge, die Textilbranche auf Liefe rung von Braunhemden und sonstigen Ausrüstungsgegen ständen usw.

Wie sah es aber dann in der Praxis aus? Das heißt, wie wird es auch im Saargebiet zugehen? Der Schuhmacher­meister Maier Frankfurt a. M., Zeil  , war alter Pg. und hatte jahrelang geopfert", die Führung der SA. poussiert und geschmiert( also Herrn Wehner und Herrn Beckerle). Er hoffte auf Grund seiner löblichen Vorbereitungen auf ein gutes Stiefelgeschäft. Und wirklich kamen auch die tapferen Kämpfer" in hellen Scharen heran, zahlten für die Stiefel 5 Mart an, zogen sie an und vergaßen zu 90 Prozent, die vereinbarten Ratenzahlungen einzuhalten, weil sie von ihrer jämmerlich geringen Wohlfahrtsunterstützung beim besten Willen nichts abbringen konnten. Alle Mahnungen bei den Sturmführern und selbst bei den höheren Dienststellen nüßten nichts, weil die SA.- Männer erklärten, daß sie Be­fehl" hätten, sich Stiefel zu beschaffen, aber von der geringen Unterstübung nichts hergeben könnten. Mit einem Satz: alle Schuhhändler im Reich lieferten so unzählige Stiefel gratis, Tonnten nichts unternehmen, mußten sogar strenge Sarüber schweigen und sich nur bei ihren Stiefellieferanten schadlos halten, indem sie bei den Fabriken einfach die Stiefel nicht bezahlten. So turbelten sie die Wirtschaft an. Die Schuh­fabriken aber erhöhten die Afforde der Schuharbeiter, und so fam es, daß die Lohnarbeiter die Stiefel der SA. zum großen Teil bezahlten mußten.

Die Schuhfabriken wurden, als die Schuhgeschäfte feine Stiefel mehr kreditierten mit Sammelaufträgen von der SA. direkt beehrt. So hat z. B. die Firma Benedum in Pirmasens   Stiefel auf Stiefel direkt an die SA. geliefert, u. a. auch nach Frankfurt  , und bis heute keinen Heller dafür erhalten. Alle sanften Mahnungen der Firma Benedum flogen in den Papierforb. Die Firma wagte es nicht, gegen die allmächtige SA. und PO. etwas direkt zu unternehmen. Statt dessen meldete sie ihrem Berufsverband diese un­erhörten Vorfälle und ersuchte um dahingehendes Einwirken auf die oberste SA.- Führung, daß die viel hundert Paar umfassende Stiefellieferung auch bezahlt würde. Umsonst. Der Bericht der Standarte 81 an die oberste SA.- Führung lautete nämlich:

,, Die Firma Benedum hat, entgegen dem nationalsozia­listischen Grundsaß, Stiefellieferungen nur durch den ein­heimischen Schuhhandel vornehmen zu lassen, einige hun­dert Paare Stiefel geliefert, die von der Standarte 81 dann beschlagnahmt und an bedürftige SA.- Männer verausgabt worden sind. gez. Wehner."

In Wirklichkeit hat der Standartenführer stillschweigend die Bestellung der Stiefel vornehmen lassen, die Stiefel dann beschlagnahmt und unter stillschweigender Duldung durch den Truppführer Ludin geeigneten Kreaturen verteilen, zum Teil verkaufen lassen. Auch der Führerstab dieser Formationen rüstete sich mit diesen billigen Stiefeln aus und bereicherte fich auf die niederträchtigste Weise an dem so herein­geschwindelten deutschen   Volksgut.

Was sich die Schuhlieferanten dachten, wenn sie bei den großen SA.- Aufmärschen die braunen Garanten eines neuen Deutschlands  " in ihren Stiefeln daherkommen sahen, das kann man sich denken. So ging mehr als ein Schuhwaren Händler, gezwungen von der Unterbilanz aus seinem ersten Geschäftsjahr unter Adolf, dem moralischen Erneuerer, zu den Kritikastern und Miesmachern. Dazu fam, daß durch das große Stiefelgeschäft der Umsatz in Zivilschuhen gewaltig nachließ, so daß der Schaden doppelt groß war. Vor allen Dingen erkannten die Geschäftsleute aus der nationalsozia= listischen Praris, daß alles ein ganz gemeiner Nepp war; daß die Garanten" der neuen sauberen Weltanschauung in Wirk­lichkeit niederträchtige Erpresser waren, die feine Ahnung von dem Grundsatz von Treu und Glauben hatten.

Der Sturmführer als Mätresse

Auch der Waffenhändler Weiß in Frankfurt  , Vilbeler­straße, fann ein Liedchen singen von dem neuen national­fozialistischen Ethos", d. h. von der Zerstörung jedweder Ehrenhaftigkeit, jeglicher anständiger Gesinnung. Der homo­sexuelle Sturmführer Buß, der sich von dem bekannten Walter Jensen, Bergerstraße 104, seinem Luftfnaben, zwei Jahre lang wie ein Zuhälter ernähren ließ. holte bei diesem Herrn Weiß mehrere Pistolen, die er an SA.- Männer gegen bar verkaufte. Der gute Herr Weiß hat bis heute noch keinen Pfennig von diesen Pistolen. Er bekam als Entschädigung Empfehlungen" von diesem Buß, und die so empfohlenen braunen Kämpfer kauften, zahlten an und blieben mit den Naten hängen. Eines Tages mußte Weiß einsehen, daß er sich in der moralischen Qualität der braunen Kämpfer ge= maltig geirrt hatte; daß er umsonst die Nazis vor der Macht­übernahme mit Waffen und Munition versorgt hatte. Seinen Dank hat er also reichlich erhalten.

Vierter Bericht von einem ehemaligen SA.  - Führer!

Der Sturmbannführer Otto Held war dagegen ein andrer Kerl. Er ließ sich eine Sammelliste ausfertigen, in der zu lesen war, daß der Sturm 30/81 für bedürftige SA.- Kame­raden forgen wolle und erwarte, daß sympathisierende Gönner Geldbeträge für diese armen SA.- Männer zeichneten, Der SA.- Mann Gerfoni wurde losgeschickt und sammelte etwa 70, Mt., die er dem Otto Held ablieferte, der mit 15,- Mark eine Pistole bei Weiß anzahlte und den Rest für sich wohl verbrauchte. Die später bis an die oberste SA.- Führung gemachte Beschwerde ist bei der Säuberungsaktion vom 30. Juni wohl auch von der Bildfläche verschwunden. Kein Wunder, daß auch diese Führer aufgeatmet haben und aus vollem Herzen ihrem Führer für die Aftion dankten.

Die Lieferanten der Braunhemden waren nicht minder un­zufrieden. Gin Jude Schwarz soll vor langen Jahren ein dreckiges" Verhältnis gehabt haben, dem ein Judenstämm­Iing" entsprossen sei. Da das Kind einen Vater haben mußte, Heiratete die Jungfrau einen Herrn Schneider, der seinen Namen gerne gab, als er erfuhr, daß er im Gegenzug ein Wäscheneschäft bekommen sollte. Von diesem Wäschegeschäft und seinen Inhabern ist nun die Rede:

Vor der Machtübernahme war dieses Geschäftchen pleite. Da fam Adolf in den Sattel und die Firma Schwarz­Schneider in Frankfurt  , Zeil  , obenauf, denn der Sohn, ob­

Betrügern gemacht wurden. Denn auf der einen Seite zwang sie der Befehl", sich auszurüsten; auf der andern Seite frug fein Mensch, wie es ihnen möglich war. Jedenfalls wurden die Zuschüsse oben verbraucht. So trug z. B. der Sturmführer ein unbezahltes seidenes. Braunhemd von dieser Firma Schwarz- Schneider.

Einer, der sich an Mitgliedsbeiträgen gesund machte

Es wäre unbillig, wenn man von Schneider sprechen wollte, ohne von Schweizer   zu sprechen, dem ehemaligen Orts­gruppenleiter der Ortsgruppe Ostend Frankfurt  . Der rauchte ständig dicke Schneiderzigarren, von Schneiders Silber­tellern in deiſen pomposer Villa am Röderbergweg, schlürfte Schneiders Weine. Wen soll es wundern, wenn dieser Schweizer   tat, was alle fast taten? Er überschrieb dem Schneider alle Lieferungsaufträge als Zeugwart der Kleider­kasse der Standarte 81. Wer will sich schon da aufregen, daß die Firma Neithardt feine Aufträge mehr befam, sondern die Firma Schwarz alles schluckte?

Die Firma Schneider hatte nämlich Schweizer   in der Hand, denn dieser hatte als Ortsgruppenleiter jahrelang Auf­nahmegelder und Beiträge zur NSDAP  . unterschlagen. Er machte das so, daß er grundsätzlich jede Neuaufnahme ein halbes Jahr zurückstellte und in diesem halben Jahr die Beiträge für sich tassieren ließ. Ihn störte es nicht, daß dadurch die rauhen Kämpfer viel spätere, d. h. höhere Mit­gliedsnummern der NSDAP  . bekamen als andere. Erst als Adolf   die Macht übernahm, galt die Höhe der Mitglieds­nummer als ein Zeichen besonders wertvoller national­sozialistischer Gesinnung. Da gabs natürlich Krach. Schweizer  wurde schwer angegriffen, aber sie konnten ihn nicht aus der uschla) ließen ihn gerne wieder gehen. Man ernannte ihn Partei werfen, er wußte zuviel, und seine Richter( die Kreis­zum Zeugwart, wo er ungestörter seine Privatgeschäfte er­Tedigen konnte. Der Mann ist Architekt und daher gewohnt, fich immer Provisiönchen auszubedingen. Auch sein Mate rial", das oben bei Röhm lag, ist am 30. Juni erledigt worden.

Ein Generaldirektor, der die Hose voll hat

Die Firma Bender und Gattmann A. G., Frankfurt   a. M., größte Herrenkleiderfabrik Deutschlands  , wird geführt von dem Generaldirektor Dr. Körner, der nebenbei Vorsitzender des Arbeitgeberverbandes für das Tertilgewerbe Südwest­deutschlands ist. Dieser Sachfenner verfügt über sehr reich­haltiges Material und wandte sich in unzähligen Eingaben über die unhaltbaren Zustände an die Regierung. Er betonte in all seinen Eingaben, daß der Niedergang jeglicher Käufer­moral viele Betriebe zugrunde richte. Er selbst lehnte konse= quent jede Lieferung von Uniformen ab, ja er aus der Praxis den Gang dieser Geschäfte fanhte.

Die Schneidermeister Frankfurts   fielen dagegen wie die Wölfe über die Uniformlieferungsgeschäfte der SA. her,

Der neue Bürgermeister

Von der Amtskette zur Handschelle

h. b. Die nationalsozialistischen Würdenträger plazen wie überreife Pflaumen. Die großen schießen sich gegenseitig tot und die halbgroßen bringen sich gegenseitig ins Zuchthaus, wohin sie ja auch von rechtswegen gehören.

Ganz besonders gehörte der nationalsozialistische Bürger­meister von Alfeld   an der Leine, der 30jährige Walter Georg Tidow dorthin. Schon vor anderthalb Jahren beschuldigte ihn das sozialdemokratische Hildesheimer Volksblatt" öffentlich gröblicher Verfehlungen, u. a. der Unterschlagung von Nazigeldern usw. Diese Veröffentlichungen führten da­zu, daß sich in den Reihen der Alfelder   NSDAP  . im Jahre 1932 ein Ausschuß wahrer Nationalsozialisten bildete, der einen öffentlichen Aufruf gegen seinen damaligen Kreisleiter Tidow verbreitete. Es wurden über hundert Unterschriften innerhalb der NSDAP  . gesammelt, die bei der Reichsleitung in München   die Entfernung Tidows verlangten. Der Erfolg war wie in allen diesen kriminellen Angelegenheiten, daß die Beschwerdeführer gemaßregelt wurden, während Tidow nach dem Siege Hitlers   zum Bürgermeister von Alfeld  avancierte. Gegen Ende des Jahres 1983 wurde Tidow dann, da seine Stellung in Alfeld   unhaltbar geworden war, zum Bürgermeister der Stadt Gronau   gewählt. Nach seiner Wahl zwang man ihn, gegen seine Widersacher innerhalb der NSDAP  . eine Beleidigungsflage anzustrengen.

Im Jahre 1934 wurden die von ihm Beschuldigten dann freigesprochen und der Hildesheimer   Staatsanwalt mußte notgedrungen ein Meineidsverfahren gegen den Gronauer Oberbürgermeister einleiten.

Das in diesen Tagen durchgeführte Schwurgerichts­verfahren deckte einen Korruptionssumpf auf, der zum Him­mel stinkt. Es wurde nachgewiesen, daß Tidow Ordens­schwindel getrieben, falsche Angaben über seinen Militär­dienst gemacht, eine Reihe junger Mädchen verführt und in bezug auf die früher gegen ihn erhobenen Anschuldigungen einen Meineid geleistet hat.

Während der fünftägigen Verhandlung vor dem Hildes­ heimer   Schwurgericht wurden mehr als 70 Zeugen vernom­men, die ihren Führer Tidow alle belasteten.

Tidow wurde zu vier Jahren Zuchthaus und Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte auf die Dauer von zehn Jahren verurteilt. In der Urteilsbegründung wurde hervorgehoben, daß Tidom eigentlich eine höhere Strafe verwirkt habe. Es sei aber als strafmildernd berücksichtigt worden, daß er sich in seiner Tätigkeit für Volk und Vaterland sehr verdient gemacht habe.

Bei der Lektüre des Gerichtsberichtes erinnerten wir uns, daß gegen den Verurteilten fast die gleichen Beschuldigungen erhoben wurden, wie sie seit Jahren gegen den national­sozialistischen Statthalter Kaufmann in Hamburg   bekannt sind. Warum wohl der Herr Reichsstatthalter   bisher noch niemanden wegen Beleidigung verklagt hat?

Nachspiel

wohl" Jubenilämmling", war ES- Mann, und der Vater zum Pogrom in Gunzenhausen  

hatte aute" Beziehungen zur Reichszeugmeisterei, an die er

in der Folge Tausende Braunhemden lieferte.

gründeten eine Genossenschaft, die nach zwei Monaten schon pleite war, weil kein einziger Schneidermeister bei der Gründung über einen Pfennig verfügte und auch hier alles faufte, anzahlte und dann das Ratenzahlen vergaß.

Der tragische Fall Winter

Ein Fall von besonderer Tragit sei hier mitgeteilt: Der Schneidermeister Winter in der Friedberger Landstraße, ein alter Pg., wollte sich an diesem großen Uniformmachen auch beteiligen, um die drohende Zwangsversteigerung seines Hauses zu verhindern und um seiner blinden Frau das Ge­wöhnen an eine neue Wohnung zu ersparen. Er zahlte seinen Tribut, d. h. entrichtete an die Reichszeugmeisterei München die vorgeschriebenen 10 RM. für die Erlaubnis, Uniformen herstellen zu dürfen. Dann fing er an, schaffte Tag und Nacht und fiel rein. Es wäre möglich gewesen, ihm zu helfen, aber ein Genossenschaftler" verhinderte es, daß er bezahlt wurde, nur um diesen lästigen Konkurrenten loszuwerden. Was dieser Winter innerlich erlebte und mit Kind und Kindeskind von dem nationalsozialistischen Führerprinzip hält, das kann sich jeder denken. Man ließ ihn buchstäblich verrecken, obwohl er ganz alter Parteigenosse war. Haus und Hof wurden ihm versteigert. Er lebt heute vom Wohlfahrts­amt, d. h. er wurde endgültig unter Hitler   ruiniert

Betrogener Mittelstand

Es ist unmöglich, alle Tatsachen hier zu bringen. Fest steht das eine, daß kein Warenhaus geschlossen worden ist, obwoh! Hitler es 14 Jahre lang dem Mittelstand versprochen hat, noch fein Konsumverein ist geschlossen worden: nein, dort sitzen die braunen Bonzen.

Dem Mittelstand muß gesagt werden, daß im dritten Reich" der ganze Mittelstand enttäuscht worden ist, daß Mil­lionen die Folgen der nationalsozialistischen Unmoral, die braune Erpressung, am eigenen Leibe zu spüren bekamen und sich ihr Teilchen denken, wenn sie in den Zeitunaen die großen Töne von der sittlichen Erneuerung Deutschlands  durch die braunen Schreckensmänner lesen.

Der saarländischen Geschäftswelt muß gesagt werden, daß sie umsonst auf eine Wirtschaftsbelebung hofft, sondern daß sie nur mit einer direkten und indirekten Erpressung rechnen fann.

Darüber hinaus soll feiner vergessen, daß der Umsatz in den zivilen" Bedürfnissen der Bevölkerung gewaltig zurüd geht. Hitler   hat feine zusätzliche Kauffraft geschaffen, also fönnen feine wesentlich höheren Ausgaben von der Bevöl ferung gemacht werden. Hitler   hat dagegen die Bevölkerung zu vielen neuen, zum Teil unnüßen Ausgaben gezwungen und so die breitesten Bevölkerungsmassen wider ihren Willen zu Betrügern gemacht.

Das ist die Bilanz des Mittelstandes von zwei Jahren Hitlerherrschaft im ganzen dritten Reich". Es sind Tatsachen, die sich jederzeit einwandfrei nachweisen lassen und die ich jederzeit auf Eid nehme.

hausen im Anschluß an einen Zwischenfall in dem Gasthaus des Juden Simon Strauß, wo von auswärts eingetroffene jüdische Gäste von Nationalsozialisten überfallen und hinaus­geprügelt wurden, sämtliche jüdische Einwohner von Gunt zenhausen, im ganzen 19 Familien, Männer, Frauen und Kinder, auch Greise und Greisinnen, durch den von Julius Streicher   und seiner Presse aufgehetzten Teil der Bevölkerung durch die Straßen ins Gemeindehaus geschleift, unterwegs. blutig mißhandelt und dann einige Tage lang eingesperrt gehalten. Zwei jüdische Einwohner Gunzenhausens, der 75­jährige Rosenberger und der etwa 20jährige Nosenau, wurden bestialisch ermordet.

Rosenberger wurde mit tödlichen Stichverletzungen auf der Straße, Rosenau an einem Gartenzaun erhängt aufgefunden. Am 18. Juni fand in Ansbach   ein Prozeß gegen die Ver­anstalter des Pogroms statt, in dessen Verfolg der Nazi­Sturmtruppführer Kurt Baer und 18 andere Teilnehmer am Pogrom zu Gefängnisstrafen von drei bis zehn Monaten verurteilt wurden. Baer   erhielt als der Anführer die Höchst strafe von zehn Monaten Gefängnis.

Der Prozeß wurde nur darum in Szene gefeßt, weil dei Pogrom in der ganzen Welt ein so starkes Aufsehen erregi hatte und nicht verschwiegen werden konnte. Die Strafe brauchten die Verurteilten nicht abzufigen. Das Gericht sprach in der Begründung des Urteils die alles Eingeweihten erstaunliche Meinung aus, daß die beider Todesopfer des Pogroms Selbstmord" begangen hätten. Am Sonntag, 15. Juli, nachts, geschah in Gunzenhausen  folgendes: Der ungeachtet der Verurteilung auf freie Fuß sich befindende Sturmtrupp- Führer Kurt Baer dreng in das Haus des jüdischen Gastwirts Simon Strauß, den er be schuldigte, daß seine Zeugenschaft am meisten zu seiner Ber urteilung beigetragen hat, ein und gab auf Simon Strauß und dessen zu seiner Hilfe herbeieilenden Sohn Julins Strauß mehrere Schüsse ab. Simon Strank#tarb nach kurzes Zeit, während Julius Strauß in das Hospital gebracht wurd wo er in lebensgefährlichem Zustande darniederliegt.

Baer. der von der Polizei in Haft genommen wurde, s hauptet, in volltrunkenem Zustande gehandelt zu haben. Ja der von der Polizei Nürnberg   zu diesem Fall herausgegebe nen Mitteilung heißt es, daß Baer   schon vor längerer Zeit wegen seiner Trunksucht aus der Partei ausgeschlossen wor den war. Eingeweihte wissen aber, daß dies nicht der Fall sei. Das Motiv zu der grauenvollen Tat Baers sieht man in dem Umstand, daß der Mörder

ein Protegé des Gauleiters Streicher, feine irgendwie ernstliche Strafe zu fürchte w braucht. Der übrigen Judenschaft von Gunzenhausen  ,

Und wieder wiederholte sich das alte Spiel: Aufträge, An- Sturmtrupp- Führer Baer   schießt zwei Juden, deren Mitglieder fast alle vor Gericht auszusagen hatten,

zahlungen, Raten zum Schluß fann der Verkäufer raten, wann er evtl. etwas bekommt. Auch hier die verfluchte Moral, diese verwünschte Charakterlosigkeit der Menschen, die tagtäg­lich als Elite und oberste Träger der nationalsozialistischen Weltanschauuna gefeiert und in Wirklichkeit wider Willen zu

Vater und Sohn, nieder

Prag  , 1. Auguft. Der Pogrom in der fränkischen Stadt Gunzenhausen  , Ende März d. J., hat jetzt ein tragisches Nachspiel gehabt. Wie damals berichtet, wurden in Gunzen­

bemächtigte sich nach dem neuerlichen Mordfall schwere Pantt; man nimmt an, daß Gunzenhausen   bald zu denjenigen frän fischen Gemeinden gehören wird, über die der Stürmer" triumphierend berichtet, daß sie judenrein" geworden seien.