Die Juden in Algerien  

Die blutigen Vorgänge in Constantine  

Paris  , 11. August 1934.

Von unserem Korrespondenten

Die blutigen Ereignisse von Constantine in Algerien  , bei denen die muselmanische Bevölkerung das jüdische Viertel in einen Trümmerhaufen verwandelte, und bei denen einige zwanzig Juden ums Leben gekommen sind, geben dem ,, Völkischen Beobachter" Gelegenheit zu erklären, daß unter den getöteten Juden sich stadtbekannte Geldverleiher" be­fanden, die wahrscheinlich persönlicher Rachsucht zum Opfer gefallen sind. Kein Europäer   sei zu Schaden gekommen. Sämtliche die Aufschrift christlich" tragende Häuser seien verschont geblieben.

Wenn man diese Mitteilungen aus dem Völfischen Be­cbachter" liest, so muß man sich fragen, ob nicht bei den

Auslandsagenten, denen es ja auf Geld nicht

Wie soll man diese Beobachtung mit der Ansicht des Groß­muphtis Si Ben Mouhoub vereinen, der die Heftigkeit und Grausamkeit des Angriffs wie überhaupt den ganzen Angriff auf die Juden lediglich auf die Erregung der Menge über den Zwischenfall in der Moschee von Sidi Lakdar zurückführt. Dort hatte bekanntlich ein trunkener jüdischer Seldat den Gottesdienst gestört, was den äußeren Anlaß zu den Unruhen gab.

Es wäre jedenfalls interessant, zu erfahren, ob nicht die französischen   Behörden bei ihren Recherchen ebenso flare Beweise für die Schuld der Hitler  - Regierung an diesem 3wischenfall finden werden, wie es gelungen ist, diese aus Anlaß des Wiener   Putsches beizubringen.

Russisches

traurigen Ereignissen von Constantine jene hitlerien anfommt, ihre Hand im Spiele haben. Die Luftgeschwader in Paris  

Propagandaanweisungen des Deutschen Auswärtigen Amtes, die seinerzeit im Petit Parisien" veröffentlicht wurden, machen ja bekanntlich den Hitleragenten zur Pflicht, wenn irgend möglich im fremden Lande Unruhe zu stiften.

Rein französisches Blatt hat bisher die tragischen Ereignisse von Constantine als aus persönlicher Rachsucht" geboren hinzustellen versucht. Vielmehr bemerkt Jour" ganz richtig, daß der tiefere Grund für die Unruhen vielleicht zu einem Teil seine Ursache überhaupt in dem ungelösten großen algerischen Problem hat. 1871, gelegentlich de Ab­femmens von Cremieur, wurde den in Algerien   lebenden Juden volles Bürgerrecht aegeben, während die eingeborenen Muselmannen nicht das Wahlrecht erhielten. Jour" meint,

Paris  . Die Anfunft eines russischen Luft geschwaders in Paris   ruft die Erinnerungen an den Besuch der russischen Flotte in Toulon   zu Beginn der russisch- französischen Allianz wach und wird dem Ostpakt ebenfalls neue Aktualität verleihen. Pertinax erklärt im Echo de Paris", daß die Zeit dränge und der Augenblick

zum Abschluß des Ostpaktes sehr günstig sei. Deutsch­lang suche Zeit zu gewinnen in der Hoffnung, daß ein Sturz der Regierung Doumergue- Barthou in Frankreich  das Projekt des Ostpaktes begraben würde, England warte auf den nahen Zusammenbruch des Hitlerregimes und würde einem von der Reichswehr   in die Hand genommenen Deutschland   neues Entgegenkommen zeigen. Der Einwand, daß man Rußlands   Eintritt in den Völkerbund abwarten müsse, damit der Ostpakt seinen juristischen Rahmen er­halte, miderlegt das Echo de Paris" mit dem Hinweis auf den Präzedenzfall des Locarno  - Vertrages, der ebenfalls ein Jahr vor dem Eintritt Deutschlands   in die Genfer   Insti tution abgeschlossen worden war." Neue Zürcher Zeitung  " Nazi- Propagandazentrum in Dublin  

London  , August. Die englische Polizei entdeckte in Dublin  das geheime Zentrum der nationalsozialistischen Propa­ganda in England. 30 Deutsche   verteilten von hier aus nationalsozialistisches Propagandamaterial in alle Bezirke des Landes.

Gandhi   fastet sieben Tage

London  ,

August. Trotz der Warnung der Aerzte, daß er sein Lebei in Gefahr bringe. hat Gandhi  , wie angekündigt, am Dienstag in Wardha  ( 3entralindien) sein siebentägiges Fasten begonnen. Um 4 Uhr früh nahm er seine letzte Mahl­zeit ein die aus Ziegenmilch Honia und Fruchtsaft bestand. Tagsüber ruhte er. Am Abend machte er noch einen recht frischen Eindruck. Der Beschluß des Mahatma ist bekanntlich dadurch veranlaßt worden, daß seine Anhänger einen ortho­doren Hindu mißhandelten, eine Tat, die er durch seine Selbstkasteiung sühnen will.

Die Verstaatlichung des Silbers in USA  .

daß nur das besonnene Eingreifen des Bürgermeisters Eine inflationistische Maßnahme

Morinaud, der seit dreißig Jahren seines Amtes waltet und von der ganzen Bevölkerung angebetet werde, verhütet habe, daß ganz Constantine in Flammen aufgegangen sei. Seine Devise sei: Alle Franzosen  , gleich welcher Religion und gleich welchen Ursprungs, müßten zusammenhalten."

Der christliche Präsident der Handelskammer von Con­stantine hat den Eindruck, daß große Mengen von außerhalb gekommene Araber, von jenen bewaffnet, die ein Interesse daran haben, Unruhe zu stiften, in die Stadt gekommen seien und jene gräßlichen Verwüstungen und Grausamkeiten be­gangen haben.

Diese dem Pariser Berichterstatter des Intransigeant" gegenüber geäußerte Meinung beweist flar, daß unsere Ansicht, daß hier Hitler   seine Hand im Spiele hatte, zutreffen dürfte.

Eines der bekanntesten Mitglieder der jüdischen Gemeinde von Constantine, ein Großkaufmann in Stoffen, drückte sein Erstaunen aus, wie planmäßig und kaltblütig die Araber vorgingen.

Pariser   Berichte

Die polnischen Bergleute Ihre Forderungen

Die polnischen Bergarbeiter der Grube Escarpelles, die ausgewiesen worden sind, verlangen freie Reise mit all ihren Habseligkeiten, freie Rückbeförderung ihrer Familien nach Polen   und für sich und jedes Familienmitglied einschließlich der Kinder eine Entschädigung von 300 Franken pro Person. Sie wollen ferner eine Arbeitslosenbescheinigung, damit sie in Polen   Unterstützung erhalten. Endlich fordern sie die Freilassung der sechs verhafteten Polen  .

Ob diese Forderungen bewilligt werden, läßt sich noch nicht sagen. Die Lage im Lenser Kohlengebiet ist jedenfalls noch weit davon entfernt, geklärt zu sein. Denn es gibt dort 70 000 Polen  , d. h. also 60 Prozent der arbeitenden Bevöl­kerung sind polnisch. Diese wollen sich mit allen Mitteln der Ausweisung ihrer 128 Kameraden widersetzen. Polizei zu Pferde hält daher nach wie vor die Straßen besetzt und weitere Polizisten sind an verschiedenen besonders gefähr deten Punkten massiert, um gegen alle Eventualitäten ge­

rüstet zu sein.

Der Abtransport der Polen  

Der Abtransport der ausgewiesenen Polen   aus dem Lenser Kohlengebiet vollzog sich in größter Ruhe. Etwa 50 Männer, an 70 Frauen und 22 Kinder unter drei Jahren und einige vierzig Kinder über 3 Jahren mußten Frankreich   verlassen. Es war ein Sonderzug gestellt worden, der die Familien mit ihren armseligen Habseligkeiten bis nach Lille   brachte. Dort wurden die Wagen an den Schnellzug Calais- Warschau an­gehängt. Todestraurigkeit lag auf allen Gesichtern, als die Leute den Zug bestiegen, der sie aus dem Lande, das ihnen viele Jahre eine zweite Heimat war, für immer fortführen sollte.

Aber die Befürchtungen, daß es zu unliebsamen Zwischen­fällen bei dieser Abreise kommen würde, waren umsonst. Die Leute waren resigniert und dachten nicht mehr an Widerstand. Nur ein junges Paar, das am Tage zuvor noch von dem Bürgermeister der kleinen Stadt Leforest getraut worden war, schien vergnügt diese unvorhergesehene Reise als Hochzeitsreise zu betrachten. In Lille   fand eine strenge Paẞkontrolle statt. Dabei stellte sich heraus, daß etwa vier­zehn Personen nicht das deutsche Durchreise visum hatten. Sie wurden in einem anderen Zuge nach Leforest zurück­transportiert und werden nach Erledigung dieser Formalität in etwa 2 Tagen ihren Landsleuten in die Heimat nach­folgen.

In Douai   wird eine große Protestkundgebung gegen die Ausweisung stattfinden, von einem Generalstreik will man aber absehen, da die Ausgewiesenen ihr Los ohne weiteren Protest auf sich genommen haben.

Eisenbahnunglück in Avignon  

Ein großes Eisenbahnunglück ereignete sich Sonntag. morgen im Bahnhof von Avignon  . Der Schnellzug, der die Schweiz   mit den Orten der Mittelmeerküste verbindet und der Genf   Samstagabend gegen 8 Uhr verließ, entgleiste aus bisher noch nicht bekannten Ursachen kurz vor der Einfahrt

Präsident Roosevelt hat soeben eine außerordentliche, in ihren Auswirkungen für den Welthandel bedeutsame Ver­fügung erlassen. Danach werden alle amerikanischen  Vorräte an ungemünztem Silber verstaat­licht. Diese Vorräte müssen binnen 90 Tagen an die zu­ständigen Stellen der Zentralbanken gegen Zahlung des offiziellen Silberpreises von 50,1 Gt. pro Unze abgeliefert werden. Ausgenommen von dieser Ablieferung sind ameri­kanische und ausländische Silbermünzen, silberne Gebrauchs­gegenstände und die in amerikanischen   Banken gelagerten ausländischen Silbervorräte.

Diefe neue Maßnahme des Präsidenten Roosevelt   hat eine politische und wirtschaftliche Seite. Durch die Verstaatlichung des Silbers erfüllt Präsident Roosevelt   die Wünsche der Bundesstaaten, die zu den größten Silbererzeugern der Welt gehören, ebenso auch die Wünsche der Farmer. Denn durch diese Verstaatlichung werden voraussichtlich die Getreide-, Baumwoll- und Kautschufpreise in die Höhe gehen, was

in den Bahnhof Avignon  . Unglücklicherweise waren die Nebengleise durch Güterzüge besetzt, so daß die entgleisten Wagen mit voller Gewalt auf die Güterzugswagen stießen. Ein entsetzliches Krachen ertönte, und innerhalb weniger Sekunden waren die ersten Wagen des ungewöhnlich gut besetzten Schnellzuges ein Trümmerhaufen. Durch, den Unfall wurden die elektrischen Drähte zerrissen, so daß der Bahnhof in tiefster Finsternis lag. Die alsbald herbei­geeilten Rettungsmannschaften zogen aus den Trümmern bisher 4 Tote und 37 Schwerverletzte hervor. Vier dieser Schwerverletzten werden wohl kaum mit dem Leben davon­kommen. Auch der Zugführer befindet sich unter den Ver­letzten. Der Weichensteller, der die Weiche vor der Einfahrt in den Bahnhof zu bedienen hat, behauptet, das Unglück sei auf eine zu große Geschwindigkeit des Zuges zurückzuführen, der, wie er angibt, die Weiche statt mit den vorgeschriebenen 20 Kilometer mit 40 Kilometer in der Stunde passiert hätte. Eine Nachprüfung dieser Angabe ist aber unmöglich, weil die Lokomotive bei dem Unfall Feuer gefangen hatte und alle Kontrollapparate durch das Feuer zerstört sind.

Ein rabiater französischer Abgeordneter

Der Abgeordnete Besson, der trotz seiner Eigenschaft als Volksvertreter und Parlamentarier bereits mehrfach mit den Hütern der Ordnung, den Gendarmen, zusammengestoßen ist, deren Uniform er anscheinend nicht sehen mag, ist am Freitag vom Gericht in Riow wegen Diebstahls einer Quit­tung, die er in einem Rechtsanwaltsbüro an sich riẞ, ohne den darauf quittierten Betrag bezahlt zu haben, zu drei Monaten Gefängnis mit Bewährungsfrist verurteilt worden. Das Gericht war aber mit seinem Verhalten in der Verhand­lung so zufrieden, daß es den Abg. Besson wegen eines ande­ren Prozesses( Widerstand gegen die Staatsgewalt und Beleidigung von Gendarmen) nicht bis zur Verhandlung in Haft behielt, sondern seine vorläufige Freilassung zulieẞ.

Russische   Leichtathleten

er­

DNB. Paris  , 11. Aug. Bei der Ankunft von 25 sowjet­russischen Leichtathleten in Paris   kam es am Nordbahnhof zu Zwischenfällen. Etwa 1500 Kommunisten hatten die zu einer kommunistischen   Sportveranstaltung in Paris  warteten Sowjetsportler am Bahnhof empfangen und stimm­ten zur Begrüßung die Internationale an. Die Polizei lieẞ diese Art Kundgebung nicht zu und drängte die 1500 Manifestanten ab. Es kam noch mehrfach zu Zusammen­stößen, bei denen ein Kellner verletzt und einige Bestand­teile des Geschirrs einiger Cafés am Nordbahnhof zertrüm­mert wurden.

Oratorienchor ,, Philharmonia"

Der vor einigen Monaten unter Leitung von Herrn Kapell­meister Franz Landé gegründete Oratorienchor ,, Philharmonia" hat den ehrenvollen Auftrag erhalten, für die bevorstehenden hohen jüdischen Feiertage den Synagogenchor in dem geplanten Sonder- Gottesdienst für die deutsche Emigration zu stellen. Die Chorproben, die wegen der Ferien für einige Wochen unterbrochen worden waren, werden daher zu diesem Zweck am Montag, 13. August, abends 8.45 Uhr, wieder aufgenommen werden. Die Chor­proben müssen zunächst im Lokal ,, Chez Cohn", 17 rue Béranger, Métro: République, abgehalten werden, sollen aber in allernächster Zeit in ein Studio mit Flügel im 16.

naturgemäß in Farmerkreisen mit Befriedigung aufgenom men wird. Da in drei Monaten die ersten Wahlen nach der Amtsübernahme des Präsidenten stattfinden, so bedeutet diese Maßnahme eine starke agitatorische Waffe in Händen des Präsidenten Roosevelt   und seiner Anhänger.

Die finanzielle Seite dieser Maßnahme ist wohl in erster Linie darin zu suchen, daß durch die Natio= nalisierung des Silbers die Deckungsbasis des Dollar ver­breitert wird. Dann wird gleichzeitig bis zu einem gewissen Grade mit einer weiteren Entwertung des Dollar zu rech­nen sein. Der amerikanische   Export wird deshalb in nächster Zufunft wohl in der Lage sein, seinen Handel auf den Welt­märften, insbesondere nach China   auszudehnen und in wirk­samerer Weise die japanische Konfurrenz, soweit möglich, be­kämpfen zu können.

Inwieweit es dem Präsidenten Roosevelt   gelingen wird, mit der Verstaatlichung des Silbers die gestellten Ziele am Weltmarkt zu erreichen, wird die nächste Zukunft zeigen.

Arrondissement verlegt werden. Da dem Chor für die Mit­wirkung beim Gottesdienst ein erheblicher Geldbetrag zur Verfügung steht, wird für die Chorproben, in denen die Einübung der gottesdienstlichen Gesänge erfolgt, ein Beitrag nicht erhoben. Auslagen werden ersetzt. Neuanmeldungen zur Mitgliedschaft und zur Mitwirkung im Synagogalchor können in der ersten Probe erfolgen.

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