Volksstimme" verboten!

Eine Verfügung der Regierungskommission

Auf Grund des Artikels 12 in Verbindung mit Artikel 1 Ziffer 4 und des Artikels 14 der Verordnung vom 20. Mai 1933 zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe und Sicher: heit wird in Erwägung, daß die Tageszeitung Volts: ftimme" vom 11. und 13. August 1934 in den Artikeln Ein Hitler- Bild und Hitler überführt" den Tatbestand des Artikels 12 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 Nummer 4 der Verordnung vom 20. Mai 1933 erfüllt, folgendes verfügt:

Artikel 1: Die Tageszeitung Volksstimme" sowie das in demselben Verlag erscheinende Kopfblatt Neunkircher Echo" sowie jede angeblich neue Druckschrift, die sich fachlich als die alte darstellt oder als deren Ersatz anzusehen ist. wird mit sofortiger Wirkung im Saargebiet auf die Dauer von fünf Tagen verboten.

Artikel 2: Der Direktor des Innern wird mit der Durchführung dieser Verfügung beauftragt. Saarbrüden, den 13. August 1984.

Das Mitglied der Regierungskommission für die Angelegenheiten des Innern: gez. G. G. Knor.

Wir werden zu diesem Verbot in der morgigen Nummer grundsätzlich Stellung nehmen!

,, Deutscher Kumpel" verboten

Auf 6 Monate

Die Regierungskommission des Saargebiets hat das Wochenblatt Der Deutsche Kumpel" auf sechs Monate verboten.

Damit verschwindet bis zur Abstimmungszeit ein wider­liches Schmutzblatt, das in der Art der Skandal- und Revolverpresse mit Stank aus der Goffe den ohnehin nicht sehr zahmen Kampf an der Saar verzierte. Die deutsche Front" sollte der Regierungskommission für dieses Verbot dankbar sein. Es hat zahlreiche anständige Saarländer von der Rückkehr ins Hitlerparadies abgeschreckt.

Eine moralische Zeitung

Die gleichgeschaltete Presse des Saargebiets strahlt vor Freude über das fünftägige Verbot der Volksstimme". Bisher hatte sie immer behauptet, das Blatt stehe im Frankensolde und sei das Sprachrohr der Regierungs­

kommission. Jetzt wird der überaus drastische Gegenbeweis

geliefert. Wir vermissen allerdings die Behauptung der ,, deutschen Front" und ihrer Zeitungen, die Volksstimme"

habe sich aus taktischen Gründen ihr eignes Verbot bestellt. Dafür richtet die braune Presse mit Einschluß ihrer an= geblich katholischen Abart wilde Angriffe gegen die Volks­stimme". Sie beziehen sich auf die deutschen Bildmatern, datiert vom 22. Juli, die Illustrationen zu den Ereignissen des 25. Juli in Wien verschickten. Infame Lügen der " Bolfsstimme"," Niedriges Niveau ihres Kampfes": so über­** schreibt die Saarbrücker Laudeszeitung" ihren Artikel, s dem sie behauptet, es habe sich einfach um einen Druckfehler gehandelt. Die Zeitungen hätten die Matern- entgegen der Behauptung des katholischen Elsässer" dort am 25. Juli erhalten.

Wir unterstellen einen solchen Fehler. Warum aber, so fragen wir, hat der Propagandadienst des Herrn Goebbels erst mit seiner Entrüstung eingesetzt, als die gesamte aus­ländische Presse und die österreichische Regierung diesen Fall eines seltsamen Versehens" behandelte?

Erst am Montagabend hat man durch den deutschen Rundfunk in einer Polemik gegen den österreichischen Rund­funksprecher Adam die These vom Druckfehler amtlich er= fahren. Seltsam, welche Anlässe sich die angeblich katholische Saarbrücker Landeszeitung" aussucht, um ihre Moral zu mobilisieren! Als sich in Hitler- Deutschland die Leichen türmten, als Klausener, Probst und viele andere Katholiken erschlagen, verbrannt und verscharrt wurden, als Priester in großer Zahl verhaftet wurden: mit gesitteten Worten und zahmer Geste wurde gefragt, ob solche Ereignisse nicht eine Kritik verdienten. Jetzt wird das Saarbrücker Blatt auf ein= mal zornig. Nicht gegen die Mörder, sondern gegen die Volksstimme".

Patriot und Kriegslieferant Röchling wird weltberühmt

Die Nationalsynode

Wie die ,, Times" berichtete

Die Tagung der Deutschen Evangelischen Nationalsynode, abgehalten im alten Preußischen Herrenhaus, das jetzt Preußenhaus" genannt wird, stand im Zeichen sehr großer Spannung. Die Synode setzte sich aus 44 Deutschen Christen und 15 Mitgliedern der Opposition zu= sammen.

Gegen Schluß der Synode verlas ein Konferenzteilnehmer im Auftrage der bayrischen und württem bergischen Kirche eine Erklärung, in welcher er gegen die Zusammensetzung der Synode protestierte und auf die Abwesenheit von prominenten Mitgliedern der Kirche hinwies. Er nannte in dieser Verbindung den Namen von Dr. Fezer, der selber anläßlich der ersten nationalen Synode Dr. Müller als Reichsbischof vorgeschlagen hatte. Es schade dem guten Namen und dem Sinn der natio= ralen Synode, wenn ihre Zusammensetzung vor jeder Tagung abgeändert werde.

Trotzdem die Tagesordnung der nationalen Synode, so sagte der Protestierende weiter, so außerordentlich wichtige und heiß umstrittene Dinge enthalte, sei sie noch 24 Stunden vor der Tagung den Delegierten nicht bekannt gewesen. Die Delegierten habe man vor die vollendete Tatsache gestellt. Die Delegierten müßten aber auch gegen die Festsetzung der Tagung vor Ablauf der Trauerperiode für den treuen Freund der Kirche, den Reichspräsidenten Hindenburg , protestieren. Die Annahme von Vorschlägen ohne vorherige Besprechung durch die Synode könne nur dann in Frage kommen, wenn man zur Führung der Evangelischen Kirche rückhaltloses Vertrauen besitze.

Der Gewissenskonflikt sei für die Delegierten, für die er spreche, deshalb so groß, weil sie auch im Interesse des Vaterlandes die geeinigte Evangelische Kirche erstrebten. Aber diese Kirche müsse auf der Kraft des Evangeliums, im Geiste der Gerechtigkeit und Bruderliebe aufgebaut werden und müsse ausgehen von der lebendigen Ge= meinde. Sie alle seien bereit, diese Kirche mit zu schaffen, aber sie müßten es ablehnen, Gesetze anzuerkennen, die

baus

ihnen den Glauben ihrer Väter rauben und das Vertrauen zerstören, auf das sie einen berechtigten Anspruch hätten.

Der neue Eid

Der neue Eid, den die Synode annahm, wurde von jedem Mitgliede der Opposition aufs schärfte abgelehnt. Aus begreiflichen Gründen hat der ausgegebene offizielle Bericht noch nichts über den Eid enthalten. Der Text soll wie folgt lauten: Ich schwöre vor Gott , als ein Prediger des Evangeliums in meinem jezigen und jedem anderen geistlichen Amte, daß ich dem Führer des deutschen Volkes und Staates, Adolf Hitler , tren und gehorsam sein will, wie es einem Diener der Evangelischen Kirche gebührt, und der deutschen Nation Opfer zu bringen und für sie alle Kraft einzusehen. Weiter will ich die Pflichten des mir anvertrauten heiligen Amtes gewissenhaft erfüllen im Sinne der Verordnung der Deutschen Evangelischen Kirche sowie gewissenhaft die in ihnen enthaltenen Befehle ausführen. Zum Schluß will ich als Prediger und Seelenhirt alle meine Kraft dem Dienst an der( Volks?)- Gemeinschaft widmen.

Nach der Meinung der Opposition ist der Eid vollkommen unannehmbar, weil in dieser Form der Eid weltliche und geistliche Dinge durcheinander bringt. Sie verlangte energisch die Trennung der geistlichen und politischen Fragen. Es wurde offen gesagt, daß hinter dem Namen Adolf Hitler der des Reichsbischofs sich verstecke, des Reichsbischofs, dessen Diktaturregime und Organisation von etwa 7000 Pastoren abgelehnt werde. Es wird ausgesprochen, daß als Hauptergebnis dieser Synode sein wird die Verweigerung der Leistung dieses Eides durch die Opposition, nicht weil sie gegen den Staat sind, sondern weil sie die Methoden des Reichsbischofs ablehnen. Es wird erkannt und auch von manchem echten Nationalsozialisten als Unrecht empfun­den, daß vom Kirchenregiment hier die Gelegenheit benuẞt werden kann, um aus einer Ablehnung geistlicher Dinge eine solche politischer zu machen.

Evangelischer Kirchenkampf schärfer als je

Die Bekenntnissynode läutet die Sturmglocke gegen die Nationalsynode Müller Offene Kriegserklärung

Die Nationalsynode hat Unrecht für Recht er­klärt" sagt die Bekenntnissynode

Die Beschlüsse der Nationalsynode der Deutschen Evange­ lischen Kirche haben zur weiteren Verschärfung des pro­testantischen Kirchenstreites in Deutschland geführt. Am

wieder die Grundlagen christlicher Lehre und christlichen Handelns verstößt,

stellt sich außerhalb der Kirche.

Darum erklären wir den Kirchen, den Gemeinden und ihren Gliedern in der Verantwortung vor Gott : Gehorsam gegen dieses Kirchenregiment ist Ungehorsam gegen Gott ! Der Bruderrat der Deutschen Bekenntnissynode."

Sonntag haben zahlreiche evangelische Geistliche, Mitglieder 20 Geistliche verhaftet

des oppositionellen Pfarrernotbundes, in allen Be­zirfen Deutschlands eine Kundgebung verlesen, durch die sich der Bruderrat der deutschen Bekenntnissynode gegen die letzten Beschlüsse der Nationalsynode wendet. Diese Kund­gebung enthält eine regelrechte Kriegserklärung der Oppo­sition. Die Kundgebung hat folgenden Wortlaut:

Am 9. August hat unter dem Namen einer National­synode eine unter Bruch der Kirchenverfassung gebildete Versammlung Beschlüsse gefaßt, Gesetze beschlossen, bis lang geübtes Unrecht für Recht erklärt.

Diese sogenannte Nationalsynode, ihre Verhandlungen und Beschlüsse sind nach firchlichem und nach weltlichem Recht un= gültig. Wer sie befolgt, bricht selbst Verfassung und Recht der Kirche.

Wir weigern uns dessen

und rufen die Gemeinden und Kirchen auf, sich auch ihrerseits nicht des Verfassungs- und Rechtsbruches mitschuldig zu machen. Verantwortlich dafür, daß es in unserer Deutschen Evangelischen Kirche hierhin hat fommen können, ist durch ihr fortgesettes unkirchliches Verhalten die Reichsfirchenregierung, besonders der zum Schuße der Verfassung berufene Reichsbischof.

Die Reichsfirchenregierung verachtet die einfachsten Grund­sätze von Recht und Gerechtigkeit. Sie unterstellt die Verkün­digung des Evangeliums dem Machtwillen fehlsamer Menschen. Sie ist bar der von der Heiligen Schrift geforderten Bruderliebe. Sie enthält damit die Grundlage der auf dem Evangelium erbauten reformatorischen Kirche.

Wer Recht und Verfassung, die er schützen soll, immer wieder selber bricht, hat den Anspruch verwirft, Gehorsam zu fordern. Wer, zur Leitung der Kirche berufen, immer

Ehrenamt"

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Die in Prag erscheinende führende Wochenzeitschrift Gin" ( Die Tat"), die den politischen Kreisen Masaryks nahe steht, bringt in ihrer letzten Nummer vom 2. August einen aus­führlichen Aufsatz von Mila Kolar über die europäische Be­deutung der Saarfrage. Der Verfasser verweist darin vor allem auf die Agitation Hermann Röchlings und teilt zur Charakteristik des bis jetzt in Prag nicht näher bekannten Industriellen mit, daß Röchling vom Gericht zu Amiens schwer verurteilt wurde; gleichzeitig aber sei Röchling und Renault und daher einer der Mit­begründer der Motorisierung der franzö= sischen Armee. - Bei den engen Beziehungen, die zwischen den französischen und tschechischen Kreisen der Politik bestehen, fann es keinem Zweifel unterliegen, daß der Verfasser des zitierten Artikels, Mila Kolar, sich der Tragweite seiner Aeußerungen wohl bewußt ist. Was sagt Hermann Röchling zu diesem Vorwurf, der ihn der direkten Mitarbeit an der Ausrüstung der französischen Armee be= schuldigt?

ein wichtiger Lieferant der Firmen Citroen Ley für Puritanismus der andern

Die Arierflut

Prag , 31. Juli. ( 3.T.A.) Wie die Standesämter durch Aus­fertigung von Urfunden für den Nachweis der arischen Ab­stammung beansprucht werden, geht aus einer Mitteilung des " Westdeutschen Beobachters" hervor. Danach wurden in Köln im letzten Vierteljahr rund 40 000 Abschriften aus Standes­amtsurkunden ausgefertigt, rund 19 000 Abschriften aus Ge­burtsregistern, 10 000 aus Sterberegistern und ebenso viele aus Heiratsregistern.

Standes- und Pfarrämter in den Deutschland benachbarten Ländern, wie Dänemark Schweden . Holland , Tschechoslowa­fei, flagen in Zuschriften an die Presse, daß sie mit Gesuchen um Stammesurkunden seitens reichsdeutscher Einwohner, deren Vorfahren aus den erwähnten Ländern stammen, ge= radezu überflutet werden.

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Das Sozialamt der DAF. hat eine Anordnung erlassen, derzufolge der Führer der DAF." ausdrücklich darauf hin­weist, daß das Amt des Vertrauensmannes eines Betriebes ein Ehrenamt ist, für dessen Wahrnehmung ein Entgelt nicht gewährt werden darf. Auch jede versteckte Entschädigung sei unstatthaft. Wer als Vertrauensmann sich Vorteile gewähren läßt, sei es in geldlicher Art oder durch Verseßung auf einen andern, besser bezahlten Arbeitsplatz, durch längere Ur­laubsgewährung oder Gewährung von Lohn- und Gehalts­zulage außer der Reihe oder dergleichen, verstößt gegen dieses Verbot. Das gleiche gilt für Unternehmer oder Be­triebsführer, die Vertrauensmännern solche Vorteile ver­schaffen, in der Absicht, sie in ihrer Amtstätigkeit zu be­einflussen. Ley hat angeordnet, daß Mitglieder der DAF. die gegen die obigen Bestimmungen verstoßen, dadurch ihre Mitgliedschaft zur DAF. verwirken und damit ohne weiteres ihr Amt als Vertrauensmann verlieren. Unberührt hiervon bleibt die etwaige Verantwortung vor dem sozialen Ehren­gericht.

Das vom Hitlerismus beseitigte Betriebsrätegesetz hat alle Probleme des Vertrauensmännerwesens klipp und klar ge­regelt. Es bedurfte da keiner Anordnungen" von soge­nannten Führern". Wie aber muß es heute unter jenem Teil der sogenannten Vertrauensmänner aussehen, die durch Lens Gnaden zu Vertretern der Arbeiter gemacht wurden. So sieht die nazische Sozialpolitik aus. Dreckig wie alles in diesem Reich Nummer drei.

London , 13. Auguft.

Nach einer Meldung der News and Chronicle" aus Berlin sind eine große Anzahl evangelischer Geistlicher, die der freien Bekenntnissynode angehören, auf Veranlassung des Reichsbischofs Müller verhaftet worden.

Der Grund für die Verhaftungen ist in der oben wieder: gegebenen Erklärung zu suchen, in der gegen die Beschlüsse der sogenannten Nationalfynode Stellung genommen wird und in der diese Beschlüsse als ungesetzlich und unchriftlich bezeichnet werden. Um diesen Widerstand zu brechen, hat der Reichsbischof fein anderes Mittel gefunden, als die Mobili­sierung der Polizei.

Gemaßregelter Theologieprofessor

Professor Dr. theol. Hans v. So den an der Marburger Universität wurde auf Grund von§ 6 des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums in den Ruhe­stand versetzt. Die Gründe für diese Amtsentsetzung liegen in der kirchlich- oppositionellen Haltung v. Sodens. Er hat das Marburger Gutachten zur Arierfrage und die be­kannte Erklärung von 35 Theologieprofessoren zur Frage von Bekenntnis und Kirche abgefaßt und sich für eine vom Reichsbischof unabhängige Bekenntniskirche eingesetzt.

v. Soden ist einer der führenden deutschent evangelischen Theologen. Er las über Neues Testa­ ment , christliche Archäologie, Kirchengeschichte und Kirchen­recht und war auch im Ausland sehr geschätzt. Der Gelehrte steht im Alter von 53 Jahren.

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Volksgericht"

Verurteilungen, Verhaftungen

Berlin , 13. August. ( Inpreß): Der zweite Senat des " Volksgerichts" verurteilte die Angeklagten Krause und Sackmann, die im Besitz der illegalen Zeitschrift Der Jung­prolet" betroffen wurden, zu einem Jahr und vier Monaten bzw. zu einem Jahr Gefängnis.

Zwölf Angeklagte, die der Wiederaufrichtung der kommu­ nistischen Partei beschuldigt waren, erhielten vom dritten Strassenat des Volksgerichts" Zuchthaus- und Gefängnis: strafen von acht Monaten bis zu zwei Jahren und drei Monaten.

Vom fünften Strafsenat des Volksgerichts" wurden drei Kommunisten zu Zuchthausstrafen von einem Jahr und sechs Monaten bis zu zwei Jahren und drei Monaten wegen Verbreitung illegaler Zeitungen verurteilt. Eine Frau er­hielt aus dem gleichen Anlaß sechs Monate Gefängnis, ein weiterer Kommunist wegen hochverräterischen Unterneh­mens" zwei Jahre Zuchthaus.

Der Ferienstrassenat des Oberlandgerichts Karlsruhe ver­urteilte den ehemaligen Leiter der Ortsgruppe Rastatt der KPD. , Emil Hochreiter, wegen Vorbereitung zum Hoch­verrat" zu einem Jahr und acht Monaten Gefängnis,