Deutsche Freiheit", Nr. 191
ARBEIT UND WIRTSCHAFT
Deutschlands Außenhandel
im 1. Halbjahr 1934
Wie sich der deutsche Außenhandel mit den einzelnen Bezugs- und Absatzgebieten im ersten Halbjahr 1934 im Vergleich zum entsprechenden vorjährigen Zeitraum gestaltet hat, darüber gibt die nachstehende Zusammenstellung Aufschluß.
Insgesamt
4
Der katastrophale Rückgang des Außenhandels der Solin ger Industrie ist gleichbedeutend mit dem Ruin der gesamten deutschen Schneidwarenindustrie, da Solingen 80 Prozent derselben umfaßt.
-
Was tut nun das ,, Dritte Reich ", um diese Entwicklung einzudämmen? Es veranstaltet eine braune Stahlwarenausstellung in Verbindung mit einem Kongreß unter dem Motto: ,, Hundert Jahre Solinger Stahlwaren". Dazu wurde ein ,, Werberat der Solinger Industrie" gegründet.
Wir zweifeln, daß diese Maßnahmen helfen werden. Mit der Propaganda allein ist nichts mehr zu machen. Dazu wurde diese Einrichtung von Hitler und seinen Paladinen zu sehr mißbraucht.
..Ehrengericht"
gegen die Wirtschaftskrise
Berlin , 15. August( Inpreß). Der Reichsverband des Deutschen Groß- und Ueberseehandels hat ein Rundschreiben an die ihm angeschlossenen Bezirksgruppen und Fachverbände gesandt, das der Korrespondenz ,, Inpreẞ" im Wortlaut vorliegt. In diesem Rundschreiben, das vom 11. Juli 1934 datiert ist, wird gesagt:
,, Betr.: Hinweise auf die Devisenlage( Seelemann, Aufrauhkratzen).
Es mußte festgestellt werden, daß eine Anzahl von Firmen die gegenwärtigen Einfuhrschwierigkeiten zu Werbezwecken benutzen. So hat eine Firma die nachstehende Offerte herausgesandt:
( in Mill. RM)
Einfuhr 1. Halbjahr 1934
1933
Ausfuhr 1. Halbjahr 1934 1933
2302,5
2086,9
2086 2
2377,8
1183,4 1090,4
1608,3
1860,1
Saargebiet
75,2
51,6
39.0
39,5
90,4
70,6
1226
140.0
Bulgarien
12,0
11,6
9,1
8,6
39,3
52,7
68 6
63,6
8,9
10,1
6,9
•
30,6
24,1
17,1
18.9 28,3
2,7
2,9
3,2
11,4
12,1
18,4
90,5
85,3
155,5
3,3 17,8 200,6
Griechenlan
28,7
23.6
Großbritanni
124,7
118,2
12,0 188,2
Irischer Freistaat
1,4
0,4
8,5
7,8 182,6 6.8
Ital en m. A.-B.
82,2
76,0
119,0
107,3
13,7
15,6
15,6
15,9
7,2
7,1
9,0
8,6
itauen
8,9
9,2
7,7
10,2
127.9
112,0
255,3
278,2
29.1
45,3
41,8
41,0
30,1
27,3
53,7
62,5
8,4
5,9
14.2
12,2
21,1
24,2
20,3
28.3
55,1
52,6
92,5
88,6
51,2
40,4
1524
169,5
56,4
55,1
43,1
42,3
Tschechoslowakei
71,7
56,9
76,9
80,9
21,0
14,1
17,6
19,5
80,4
83,1
36,0
173,5
95
bersee
1113,6
990,1
476,3
515,6
153 7
126,4
53,2
52.8
Aegypten
30.8
25,5
13,2
3,8
3,8
1,3
147 1,0
44 0
28,4
23,8
19,9
Britisch- Westafrika
34,3
32,2
1,9
3,0
Belgisch- Kongo
13,0
9,0
0,9
1,0
Asien
282,7
281,9
192,3
181,2
britisch- Indien
77,7
77,6
459
39,3
64,5
94,6
37,9
39,8
lapan
11,3
.
8,4
41,2
42,1
Niederländisch- Indien
62,3
52,6
14,6
17,7
Türket
19,3
16,1
25,6
18,3
Amerika
5536
513 8
218,8
268,6
Ver. Staaten..
244,9
253,4
84,8
112,7
42,0
32,9
9,7
12,1
95,3
80.6
44,3
47.6
32,8
34,2
33,3
39,5
Chile
23,7
9,5
4,3
10,5
13,8
0,8
12,3
103
11,7
14,3
21,4
14,7
58
7,5
123,6
68,0
12,0
13,0
90,6
48,0
10,1
5,5
6,4
1,6
9,4 2,1
Guatemala
Mexiko
Uruguay
3,3 1,2
Die Handelsbilanz schließt im ersten Halbjahr 1934 mit einem Einfuhrüberschuß von 216 Mill. RM. gegenüber einem Ausfuhrüberschuß von 291 Mill. RM. im Vorjahr ab. An dieser Verschlechterung der Handelsbilanz um insgesamt 507 Millionen RM. ist der Warenaustausch mit Rußland allein mit 134 Millionen RM. beteiligt.
Absturz!
Ein Beispiel in Zahlen
-
-
Wie hundeschlecht es der deutschen Ausfuhr geht, mag an dem Beispiel eines Spezialartikels Glühstrümpfe gezeigt werden. Im Jahre 1925 wurden wie aus folgender Tabelle ersichtlich ist, nahezu 38 Millionen Stück ausgeglühte und nicht ausgeglühte Glühstrümpfe exportiert, 1926 nur die Hälfte und 1933 nur noch acht Millionen Stück.
( in Mill. Stück) Ausgeglüht Nicht ausgegl. # 30,69
1925
1926
1927
B
1928
1929
1930
B
N
TR N
W
1931 1932 1933
1. Halbjahr 1933,
1. Halbjahr 1934.
N
zusammen
37,71 18,59 18,93 17,76 17,46 15,10
7,02
11,21
7,38
9,73
9,20
7,64
10,12
6,90
10,56
4,75
0,35
4,48
6,39
10,87
2,76
6,06
8,82
2,48
5,64
1,07 2,41 0,92 2,21
8,14 $ 3,48 3,13
h. b. Die ehemals blühende Solinger Stahlwarenindustrie steht vor ihrer völligen Pleite. Während der Jahresabsatz an Solinger Stahlwaren vor der Machtergreifung Hitlers noch rund 120 Millionen Mark pro Jahr betrug, ist er jetzt auf etwas über 50 Millionen Mark gesunken. Die Arbeitslosigkeit,
die
-
wenn man den amtlichen deutschen Statistiken Glau
ben schenken will im Reichsmaßstab 43,1 auf 1000 Ein
wohner beträgt, ist in Solingen im Zeichen der Arbeitsschlacht auf 104,2 pro 1000 gestiegen. Diese Entwicklung hält ununterbrochen an. Besonders in den letzten Monaten wurde ihr Tempo beträchtlich gesteigert.
Wurden im März dieses Jahre 3544 dz Stahlwaren ausgeführt, so sank diese Ziffer für die Solinger Industrie im April auf 2915 Doppelzentner. Der Wert der ausgeführten Gegenstände sank in der gleichen Zeit von 2,2 Millionen auf 1,9 Millionen Mark.
Die Abwärtsentwicklung nahm in den einzelnen Abnahmeländern folgenden Verlauf:
im April
im März
379 dz
367 dz
168 dz
289 dz 178 dz 55 dz
167 dz
Britisch- Indien
297 dz
85 dz 329 dz
Niederländisch- Indien
49 dz
57 dz
111 dz
89 dz
Schweden
102 dz
Dänemark
93 dz
94 dz
74 dz 67 dz 168 dz
32 dz
52 dz 88 dz
44 dz
Wir gestatten uns, Ihnen folgendes mitzuteilen:
Auch in unserer Branche dürfte sich in absehbarer Zeit ein Mangel an guten Rohstoffen bemerkbar machen, infolgedessen empfehlen wir Ihnen, wie es schon manche Einkaufsstelle getan hat, einen Abschluß in Aufrauhkratzen mit uns zu machen, um sich die heutige Ia. Qualität noch zu sichern. Mit ausführlichen Angeboten stehen wir jederzeit zur Verfügung."
Von dem Führer der Wirtschaft wird zu dieser Geschäftshandhabung wie folgt Stellung genommen:
,, Anliegende Abschrift eines Schreibens, in welchem eine Firma unter Hinweis auf die Rohstofflage geschäftliche Vorteile zu erreichen versucht, wird zur Kenntnis gegeben. Es wird gebeten, mit aller Entschiedenheit durch die Fachgruppen zu verhindern, daß durch derartige Briefe eine unnötige Beunruhigung um eigenen Vorteils willen verursacht wird. Es besteht kein Zweifel, daß sich die Schreiber solcher Briefe später ehrengerichtlich zu verantworten haben, und daß schon jetzt mit der Autorität der beteiligten Führer und der von ihnen zu verlangenden Disziplin durchzusetzen ist, daß derartiges unterbleibt, und daß solche Schädlinge sich schon heute darüber klar werden, daß sie von uns ausgemerzt werden."
Wir bitten daher dringend im Kreise der Ihnen angeschlossenen Firmen dafür Sorge tragen zu wollen, daß solche Vorkommnisse unterbleiben."
Das Hamstern
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Gefahren für Konjunktur
,, Ueberstürzte Vorratskäufe und Arbeitslage". Unter dieser Ueberschrift schreibt ,, Der Betrieb", die von der obersten Leitung der politischen Organisationen der NSDAP . herausgegebene Wochenschrift u. a. ( 1. August 1934): Während der letzten Wochen und Monate neigt man in vielen Wirtschaftszweigen dazu, Rohmaterial
Vergnügungssteuer- Einnahmen der Gemeinden mit mehr als 5 000 Einwohnern, Rechnungsjahr 1933/34, in Klammer Verminderung gegen das Vorjahr, in Millionen Reichsmark:
April- Juni Juli- September
7,6 6,6
(-9,37) 4,68)
Oktober- Dezember 7,7
(-21,48)
Januar- März
8,6
(-15,54)
zusammen 30,4
(-13,61)
Diese Zahlen sind geeignet, die ganze Situation der Wirtschaft im ,, dritten Reich" zu beleuchten. Darüber helfen die schönsten Fanfaren des Goebbels nicht hinweg.
Im Juni 1934 nahm die Reichshauptstadt Berlin als Lustbarkeitssteuer 408 156 RM. ein, im Juni 1933 481 870 RM. Im Juli 1934 371 217 RM., im gleichen Monat des Vorjahrs 431 309 RM. Es mindern sich natürlich immer von Juni auf Juli aus Saisongründen die LustbarkeitssteuerEinnahmen; wir haben daher die Erträgnisse beider Monate aus beiden Jahren nebeneinander gestellt. Daraus ergibt sich, daß der starke Rückgang im Juli 1934 weit über den Saisonrückgang hinausgeht.
Zahlungseinstellungen
Ueber die Handschuhfabrik Schneefuß in Stuttgart wurde der Konkurs, über die Likörfabrik Richard Adam in Halle das Vergleichsverfahren eröffnet.
Die 1863 gegründete Mechanische Band- und Litzenfabrik Neuhoff& Hardegen, eines der bekanntesten Häuser in Barmen, hat die Zahlungen eingestellt.
Die Bad- Pyrmont- AG. hat fast das gesamte Aktienkapital
verloren.
England liefert keine Garne mehr
In einer stark besuchten Versammlung der Spinner in Manchester wurde am 10. August das Abkommen über den künftigen Zahlungsverkehr im Handel mit Deutschland erörtert. Es wurde einmütig beschlossen, auch weiterhin von irgendwelchen Garnlieferungen nach Deutschland Abstand zu nehmen, bis die schwebenden Schulden bezahlt worden sind. Es wurde ferner eine Entschließung angenommen, die dem Board of Trade zugeleitet wurde und in der der Abschluß irgendwelcher Vereinbarungen mit Deutschland , durch die nicht die Begleichung der außenstehenden Schulden herbeigeführt würde, abgelehnt wird.
Schwierigkeiten der Textilindustrie
A. P. Wegen der Schwierigkeiten, feine englische Garne zu importieren, hat sich die Lage der Handschuhindustrie sehr verschlechtert. Auch die Beschaffung von Kunstseide stößt auf Hindernisse. Die Trikotageindustrie hat Aufträge, da die Kundschaft die Knappheit im Winter fürchtet. Die Strickwarenindustrie kann bereits zahlreiche Aufträge nicht mehr ausführen. Aehnlich steht es mit der Buntweberei. Die Vertagung der Vereidigung der Fachgruppenführer der Wirtschaft durch Schacht vom 10. August auf einen unbestimmten Termin hat großes Aufsehen erregt.
und auch Fertigwaren auf Vorrat zu kaufen und in größerem 80 V. H. Golddeckung
Umfange zu lagern. Es handelt sich dabei nicht nur um solche Waren, die Deutschland aus dem Auslande einführt. Ganz allgemein hat die Furcht, es könnte irgendwie eine Verknappung eintreten, zu einem übermäßigen Anbau der Lager geführt. In der Konfektion z. B. riß man zeitweise den Fabrikanten die kaum fertige Ware aus den Händen. Daß diese spekulative Bewegung hier und da in regelrechte Hamsterei ausgeartet ist, versteht sich von selbst... Für die Arbeitsbeschaffung, für den Beschäftigungsgrad und für die gesamte Arbeitslage entstehen aus überstürzten Warenkäufen ganz bestimmte Gefahren. Die Hamsterei ist ein Rückfall in die Anarchie liberalistischer Wirtschaft. Die aktive Konjunkturpolitik im nationalsozialistischen Staate ist schon mit Rücksicht auf die ständige Weiterentwicklung der Wirtschaft nach oben vor allem auch durch die Rücksicht auf die Arbeitsbeschaffung, verpflichtet, diese Zustände mit Stumpf und Stiel auszujäten. Gründe, die die Warenhamsterei rechtfertigen, sind nicht ersichtlich. Trot, unserer Devisenknappheit reicht die Bevorratung."
Verstärkte Arbeitslosigkeit in Sicht
Die Frankfurter Zeitung " stellt eine Untersuchung über die Gründe des beträchtlichen Rückschlags auf dem Baumarkt an und kommt zu dem bemerkenswerten Ergebnis, daß mit der Erschöpfung der öffentlichen Gelder für die Arbeitsbeschaffung die künstlich erzeugte Inlandskonjunktur in ein Gegenteil umschlagen mußte, und daß mit einem neuen Anwachsen der Arbeitslosigkeit in den kommenden Monaten gerechnet werden muß. Diese Feststellungen haben um so größere Bedeutung, als, wie das Blatt hervorhebt, der Baumarkt als maßgebender Konjunkturbarometer für die Inlandkonjunktur überhaupt gewertet werden muß.
Der Ruin der Gemeindefinanzen
Die Lage der Gemeinden über 5 000 Einwohner wird von Tag zu Tag schlimmer. Keine von ihnen ist mehr in der Lage ordnungsgemäß Wirtschaft zu führen. Am deutlichsten zeigt der Niedergang der Finanzen eine Aufstellung über die Einnahmen aus der Vergnügungssteuer. Wir setzen in Klammern zu jeder Zahl aus dem Jahr 1933/34 die Verminderung gegen das Vorjahr;
-
Der Goldbestand des französischen Noteninstituts erfuhr in der letzten Berichtswoche eine neue starke Zunahme um 327 Millionen Fr. gegen nur 234 Millionen Fr. in der Vorwoche. Diese Verstärkung der Goldzuflüsse stellt eine unmittelbare Auswirkung der jüngsten Bewegungen auf den Devisenmärkten dar, namentlich des neuerdings angewachsenen Pfund angebots, was den englischen Ausgleichsfonds gezwungen hat, im Zuge seiner Verteidigung der bestehenden Pfund- und Franken- Parität wachsende Goldabgaben vorzunehmen. Die letzten Goldverschiffungen aus den Vereinigten Staaten sind noch nicht in Paris eingetroffen, also nicht in dem vorliegenden Ausweis in Erscheinung getreten. Zu verzeichnen ist ferner, daß das Deckungsverhältnis zum ersten Male 80 Prozent erreicht, wobei es sich um die Deckung des gesamten Geldumlaufs, also auch der Giroguthaben durch Gold handelt. Der Notenumlauf allein ist fast 100 Prozent durch Gold gedeckt, da den 81 Milliarden Franken Noten 80,8 Milliarden Goldbestand gegenübersteht.
130prozentiger Wertanstieg der Sowjetaufträge Englands in some
Moskau , 13. August. Die im veränderten sowjet- englischen Abkommen vereinbarte 30prozentige Ermäßigung der Kreditkosten bei Rußlandlieferungen, hat bereits in den ersten fünf Monaten 1. J. eine beträchtliche Verstärkung der sowjetischen Auftragstätigkeit in England zur Folge gehabt. Die Sowjetaufträge erreichen laut einer Estrop- Information in diesem Zeitraum die Höhe von 3,45 Mill. Pfund, gegen nur 1,44 Millionen Pfund in der gleichen Vorjahrsspanne. An Eisen, Stahl und Nichteisenmetallen haben sich die englischen Lieferungen an USSR. mengenmäßig verdreifacht, wogegen allerdings die Maschinenkäufe im Vergleich zur analogen Vorjahrsspanne von 3,37 Millionen jäh auf 259 000 Pfund gesunken sind, was auf den raschen Ausbau der sow jetischen Maschinenindustrie zurückzuführen ist. Hand in Hand mit der Verstärkung der sowjetischen Kauftätigkeit hat England die eigenen Käufe an Agrarprodukten und industriellen Rohstoffen der USSR. 31prozentig vergrößert.
Werbt für die„ Dentiche Sreiheit"!