Nic zu Hitler !"- Der Schwur von Sulzbach

Die gewaltige Kundgebung der Freiheitsfront

Ein kleiner Ausschnitt aus der Kundgebung

Der Schwur von Sulzbach : ,, Nie zu Hitler !"

An den Hängen des Waldes

Wie ich Ehrenbreitstein sah...

( Von unserem nach Koblenz entsandten Sonderbericht erstatter)

Die geschenkte Rheinfahrt!

E3 mögen auch etwa 100 000 Saarländer in Koblenz ge­wesen sein. Warum nicht? So eine günstige Gelegenheit haben die Leute vom Lande wahrhaftig selten, um mal an den Rhein zu kommen. Und dann wie gesagt die vielen andern Gründe, die in Stadt und Land mitgesprochen haben, die nationale Gesinnung zu zeigen. Jedenfalls waren es nicht viel mehr, denn in Koblenz , wo man unter sich weniger aufschnitt, rechnete die Eisenbahn mit genau 90 Sonderzügen aus dem Saargebiet; das sind allein schon 37 Züge weniger, als die Deutsche Front" angab. Natürlich, die Autos! Ja, die zählen auch. Aber so ein paar hundert Kraftwagen sind schon eine hübsche Karawane. Und die fallen bei 100 000 nicht mehr groß ins Gewicht.

Weinstimmung!

Bier und billigen Wein haben die Saarländer reichlich ver­tilgt. Die Wirtschaften in der Innenstadt und in dem dunk­len Viertel an der Moselseite waren gut besetzt und die Fie­del jauchzte und die Betrunkenen gröhlten heiser das Saar­lied am laufenden Band. Es war wirklich eine fabelhaft nationale Stimmung.

Jemand anders lachte. Das waren die in der Wasserturms­mauer. Die Mädchen, die immer bei offenen Fensterläden auf jemand warten. Sonst ist es immer hell in der kleinen engen Straße; hell von den rosa und roten Lichtern in den Kabinettchen. Zwei Nächte lang aber war die ganze Straße dunkel; die Läden waren fest verschlossen und die neugierigen Saarjungens konnten auch nichts durch die Rißen sehen; so sehr sie sich bemühten. Aber Betrieb war in der Straße! In dicken Knäuel standen die jungen Burschen von der Saar und die Göringsche Feldpolizei. die mit den weißen Streifen an den Mützen, flapperte von Zeit zu Zeit mit ihren huf­eisenbewehrten Stiefeln durch die enge Gasse und rief: ,, Nicht stehen bleiben! Entweder rein oder weitergehen!" To sorgte die Garde Görings, daß auch die Mädchen etwas von dem Saarbesuch hatten. Ja, wie drollig machten sich die meißen , schwarzen und oten Federbüsche und die Galauni­form der Saarbergleute in diefer liebegeschwängerten Um gebung!

Wie Herden wurden sie getrieben!

Die den Reden lauschende Menge

Wie gut, daß man auf diese Weise wenigstens für kurze Zeit ein Dach über dem Kopfe hatte. Wer nämlich nicht recht zeitig eingetroffen war, mußte sehen, wie er die Nacht tot­schlug. Die ersten Transporte wurden gleich nach ihrer An­kunst in Schulen, Turniälen, Baraden und sonstige Unter­funftsräume geleitet, wo reihenweise Stroh lag und wo man sich sogleich reihenweise niederließ. Man schlief in den Klei dern; die Handtasche oder das Espaket unter dem Kopf. Aber um Mitternacht zogen viele Trupps durch die Straßen von Koblenz , die noch keine Quartiere hatten und auch keins mehr friegen fonnten. Verlassen von jeder Führung, ohne zu wissen, wohin sie sich wenden sollten, und sie waren müde von der Fahrt; und schleppten in gedrückter Stimmung ihre Baketchen. Die einen schickten sie dahin, die andern dorthin; schließlich landeten sie in irgendeiner Kneipe, in der sie den Morgen erwarteten. Noch schlimmer ging es anderen Trans­porten von der Saar , die in der tiefen Nacht anlangten. Irgendeiner nahm sie in Empfang und marschierte mit ihnen los, ohne daß die Herde wußte, wohin es ging; endlos durch die dunkle Nacht. Die Leute hatten ihre Hakenkreuzfahnen entrollt; genau so stolz, wie sie ihre Abzeichen trugen. Und hofften auf eine Bleibe für den Rest der Nacht, denn die Müdigkeit setzte ihnen doch zu, bei aller Begeisterung, die man mitgebracht hatte.

Mindestens eine Stunde marschierte man schon. SA.- ket­ten belebten die Straße noch; die SA. machte die ganze Nacht hindurch Dienst. Es ging über den Rhein . Hoch über Ehren­ breitstein leuchtete ein riesiges Hakenkreuz und die Worte Deutsch die Saar !" Ein glänzendes Feuerwerf war auch geplant gewesen, aber wegen der Kosten wieder abgeblasen worden. Man marschierte auf Serpentinenwege in die Höhe. Hinauf nach dem Ehrenbreitstein . Oben lag ein riesiges Stoppelfeld. Immer noch gab es kein Quartier. Mitten auf dem Feld machte man Halt. Der Boden war naß; es hatte ja für einige Zeit heftig geregnet. Die Luft feucht und kalt. Die begeisterten Saarleute schüttelten sich vor Kälte und Un­gemütlichkeit. So überließ man sie ihrem Schicksal! Kein Quartier, feine Strohunterlagen, fein Dach über dem Kopf, das einem vor der kalten Nacht geschüßt hätte! Mitten auf dem Feld, auf blanker, feuchter Erde mußten die Kolonnen Blak nehmen und leben, wie fie fertig wurden. Die wenig

sten hatten einen Mantel bei sich; einige besaßen Decken, andere Klappstühle. Diese Glücklichen! Nun hofften sie auf einen Schluck warmen Kaffee, der sie ein bißchen aufgefrischt haben würde. Nichts gab es. Tief enttäuscht und die Fahrt heftig bereuend, sah sich jeder nach einem Plätzchen um, auf dem er die vielen langen Stunden bis zum Morgen zu­bringen konnte.

Enttäuschung!

Um 2 Uhr in der Nacht wurden auf diese Weise bereits die ersten Transporte auf dem hochgelegenen Plateau ihrem Schicksal überlassen. Von da an riß es nicht wieder ab. Stündlich kamen neue Kolonnen an; stündlich wuchs die Ent­täuschung, die Ungemütlichkeit, die Reue, die Verärgerung. Zumal alle die Aussicht vor sich sahen, auch die nächste Nacht feinen Schlaf zu bekommen. Die nächste Nacht verging mit der Rückfahrt.

Am Sonntagmorgen setzte dann früh der Aufmarsch aus der Stadt ein. Ueber die Pontonbrücke und die Pfaffendorfer Brücke wälzten sich die Mengen. Tausende von SA.- Leuten und Polizeibeamten drängten die Menschen und schifani­nender Gluthize; alle Ordnung, aller willige Gehorsam löfte fierten sie mit kleinlichen Anordnungen. Man stand in bren: sich auf; die Menschen litten und standen nach kurzen Ab: schnitten Marsch wieder lange Zeit auf einem Fleck; immer in der Sonne. Menschen fielen um; Sanitäter setzten sich er= schöpft an den Straßenrand. Um zehn, elf Uhr war der Kundgebungsplatz besetzt von liegenden Gruppen; Erschöpfte, Trunkene, Schlafende lagen frenz und quer umher und boten einen jammerswerten Anblick. Auf dem Fels verteilt, stan= den die Eimer mit dem Essen aus dem Bayernzug. Gegen Gutscheine wurden Pappbehälter ausgegeben und jemand verteilte einen Schlag Reissuppe mit Tomaten. Die einen schimpften über die Wasserfuppe; die andern erwischten den unteren dicken Pamp. Viele erhielten überhaupt nichts, ob: gleich sie das Effen, das Eintopfgericht, bereits in Saar­ brücken bezahlt hatten. Sie sollten zu ihrer Stelle gehen. Aber wo war die auf dem weiten Feld. So bekamen sie nichts zu essen.

Hitler , der Gott !

Die Hitze wurde immer größer; die Enge schlimmer; das Gedränge fürchterlicher. Alle Organisation auf dem Plaze scheiterte an der aufgelösten Menschenmenge, die stundenlang herumſtand und dann verzweifelt ein schattiges Plätzchen fuchte. Ab ein Uhr fümerte man sich um einen Platz, um Adolf hitler au ieben. Niemand wußte, wo er berfommen