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Dic Hochspannung an der
sepp Vizekanzler von Papen warnt vor der Zügellosigkeit des„ Führers"
Saarputsch- Rüstungen Freie, geheime, unbeeinflußte Abstimmung
..Uebergeschnappt"
Die„ Saarbrüder Zeitung" antwortet auf unseren gestrigen Alarmruf mit der Feststellung, wir seien nun auch ,, übergeschnappt". Da wir uns lediglich auf Tatsachen- und Urfundenmaterial der Nationalsozialisten und auf Reden des Herrn Reichskanzlers und anderer pro= minenter Nationalsozialisten gestützt haben, finden wir das Urteil überraschend. In ausländischen Zeitungen ist eine solche Beurteilung gewisser Reden und gewisser Männer allerdings jetzt beinahe täglich zu finden. Wir haben solche Urteile über Deutschlands führende Partei und führende Männer mit Rücksicht auf eine bekannte Verordnung nicht mehr zitiert, fönnen aber gewiß nicht verhindern, daß die„ Saarbrüder Zeitung" von llebergeschnappten spricht. Wer sich ihrem Urteil über die nationalsozialistische Politif anschließt, muß um so mehr zur Vorsicht mahnen.
Putschgefahr ist immer vorhanden, wenn eraltierte ges walttätige Politiker über militärisch organisierte und mili tärisch ausgebildete Scharen verfügen und sie wissen, daß ihne nur eine schwache Erekutive gegenüber steht. Das erste wird durch die bei der Haussuchung in den Räumen der„ Deutschen Front" gefundenen Briefe der nationalsozialistischen Führung bewiesen, das zweite durch eingehende Berichte der Regierungskommission an den Völker
bund.
Die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe und Sicherheit im Saargebiet ist von höchster europäischer Bedeutung. Man müßte in der Tat„ übergeschnappt" sein, wenn man sich für die Ruhe und Ordnung im Saargebiet verlassen wollte auf die Zusagen einer Partei, deren Geschichte von ihren Anfängen aus Putschismus, Meineid, Fälschung, Terror, Tot
schlag und Mord besteht. Der 30. Juni und der 25. Juli haben diese Methoden auch den bis dahin Zweifelnden in der Welt sichtbar gemacht.
Ebenso wenig wie den Nazis wird man den Versicherungen einer Presse glauben, die alle Verbrechen dieser Partei verschweigt oder beschönigt und Gangsters als nationale Herven feiert.
Wer die freie Abstimmung im Saargebiet und den Frieden Europas will, muß immer wieder die eine Forderung erheben: eine Erefutive, die dem politischen Gangstertum Respeft einflößt. Das ist die einzige Methode, die hier angebracht ist. Gerade das Geschrei der deutschen Front" gegen diese Forderung beweist deren Bedeutung.
Papen
an die Regierungskommission
Seid auf der Hut!
Ganz im Sinne unserer Auffassung über den Nationalsozialismus urteilt Herr Fran on Papen, zur Zeit in Wallerfangen an der Saar :
„ Objektivität gilt in dieser Bewegung als Schimpf.
Zum Plebiszit im Saargebiet
Wenn man mit Saarländern unter vier Augen spricht, so fann man immer wieder von ihnen den Ausdruck einer Sorge vernehmen: wird die Abstimmung, zu der wir im Januar nächsten Jahres berufen sind, auch wirklich unbeeinflußt vonsfaften gehen? Werden wir tatsächlich unserer wah= ren Meinung Ausdruck geben können, ohne befürchten zu müssen, daß unsere Stimmabgabe bekannt wird und daß uns nachher daraus Schaden erwächst!
Es ist klar, hierauf allein kommt alles an: Wird die Abstimmung wirklich geheim sein?
Run, da muß man sagen, daß der Aloisi- Ausschuß ganz gute Vorarbeiten geleistet hat.
Das von ihm ausgearbeitete Abstimmungsreglement ist zugeeignet, manche Befürchtungen zu zerstreuen. Denn nicht nur, daß die von ihm als Vorsitzende der Wahlbüros eingesetzte Herren neutrale Ausländer sein sollen, auch der Unfug des Stimmzettelverteilens durch die Parteien ist beseitigt. Es gibt nur einen Einheitsstimmzettel; ihn nebst umschlag bekommt der durch Vorlage seines Passes mit Fotografie legitimierte Stimmberechtigte aus der Hand des Vorsitzenden, dem er nach Markierung seiner Abstimmung in der Zelle ihn wieder zurückgibt. Das bedeutet in der Tat schon sehr viel; wissen wir doch, wie andererseits vielen der„ richtige" Stimmzettel in die Hand gedrückt wurde und mit Argusaugen darüber gewacht, daß er nur gar nicht auch den Verteilern der anderen Parteien einen abnahm. Und wer beispielsweise dächte, er könnte das Stimmgeheimnis wahren, indem er die Stimmzettel aller Parteien nähme, der würde
endgültig entschieden; vielleicht ist es da angebracht, ihm für seine Erwägungen einige Fingerzeige zu geben.
Als wichtigstes erscheint da, die Prüfung des Ergebnisses nicht den örtlichen Büros oder den Gemeindeausschüssen zu überlassen, sondern die Urnen versiegelt nach Genf zu senden, wo sie durch an dem Ergebnis uninteressierte wahrhaft neutrale Beamte des Völkerbundes geleert und das Resultat festgestellt werden könnte.
Darüber hinaus erscheinen drei Vorschläge eines alten erfahrenen Saarländers, der damit der Meinung vieler Landsleute Ausdruck gibt, wohl beachtenswert.
1. Wäre es nicht möglich, für die Abstimmungsbüros die Beisißer nicht aus der Gemeinde selbst zu nehmen, sondern sie gegeneinander auszutauschen. So daß z. B. Völklingen in St. Wendel und Mettlacher in Völflingen amtierten? Dann wäre die Gewähr gegeben, daß die Beisitzer die meisten Wähler nicht kennen, und die Legitimationsfeststellung dem Vorsitzenden überlassen müssen.
2. Wäre es nicht möglich, dafür Sorge zu tragen, daß im Stimmlofal anwesenden Zuschauern denn die Abstimmung ist ja zwar geheim, aber die Wahlhandlung doch wohl, analog den sonstigen Wahlen, öffentlich entweder ein dauerndes Verbleiben im Stimmlofal verboten werde, oder sic doch wenigstens gehindert würden, sich Notizen zu machen? Der betreffende Saarländer erzählte mir dabei von der Erfahrung, die er z. B. als Wahlvorsteher bei Knappschaftswahlen gemacht hatte, wo Vertreter der beiden Gewerfschaften anwesend waren, und genau kontrollierten, ob ihre Mitglieder ihr Wahlrecht ausübten, um nachher an Hand der immer vorhanden.
sich von vornherein verdächtig machen, da die deutsche Wahlzahl Abtrünnige festzustellen. Und Verdächtige sind ja Front", schon ebenso wie früher in der Vorkriegszeit die liberalen Gewalthaber, eine entsprechende Parole ausgeben würde.
Das Reglement ist leider zu wenig bekannt. Aber die Hauptpunkte haben wir schon erwähnt. Troßdem befürchtet der Saarländer weiter noch, daß vielleicht nach Schluß der Abstimmungshandlung das Stimmgeheimnis gelüftet werde, indem Zettel gekennzeichnet, der Zettel gefälscht oder durch Stimmenmehrheit der Büromitglieder auch gegen die Stimme des Vorsitzenden für ungültig erklärt werden könnte usw. Diese Sorge ist, wie die Erfahrung früherer Jahre beweist, nicht grundlos. Der Aloisi- Ausschuß hat die Frage noch nicht
In einem ähnlichen Falle, der nicht so gravierend war wie dieser, ist jüngst die Regierungskommission sofort eingeschritten. Wir zweifeln nicht daran, daß sie sofort entspre= chende Schritte gegen die„ Deutsche Front" und eine Untersuchung über ihre Beziehungen zu amtlichen Stellen der Postverwaltung einleiten wird.
Solcher Berwilderung der politischen Moral entgegen: Ein würdiger Deutschfroniler
zutreten, ist die Pflicht der Staatsgewalt. Ich kenne fein Recht, das nur das Kampfmittel einer Klasse oder einer Partei ist. Die Zügellosigkeit, die aus dem Aufruf des Führers der nationalsozialistischen Bewegung spricht, paßt schlecht zu den Ansprüchen auf die Staatsführung. Ich gestehe ihm nicht das Recht zu, die Minderheit in Deutschland , die seinen Fahnen folgt, allein als die deutsche Nation anzusehen und alle übrigen Volksgenossen als Freiwild zu behandeln!"
Diese trefflichen Worte wurden zwar schon am 23. August 1932 gesprochen, aber sie sind heute Herr von Papen wird es aus eigener Erfahrung bestätigen noch richtiger als damals.
Der ,, Schwindel von Sulzbach" Dreiste Lüge und Bruch des Postgeheimnisses
Die„ Deutsche Front", das Hauptorgan der gleichnamigen Organisation des Saargebietes, bringt am Freitagmorgen an seiner Spitze eine Meldung, die in der Reihe des Lügenfeldzuges der Hitlertreuen bisher nicht erreicht worden ist.
Noch immer beschäftigt sich das Blatt mit der Sulzbacher Kundgebung. Es kann darüber nicht zur Ruhe kommen, daß viele Zehntausende von Saarländern dem braunen Terror zu troßen wagten und im Gegensatz zur Koblenzer Tagung unter größten Opfern und Entbehrungen ihre Unfosten selber bezahlten. Jetzt veröffentlicht die " Deutsche Front" ein Telegramm, das den„ Schwindel von Sulzbach" beweisen soll. Das Organisationsfomitee habe, so schreibt das Blatt, an alle Funktionäre Telegramme jolgenden Inhalts geschickt:
" Fahrkarten für Sulzbach werden Samstag durch Boten zugestellt."
An dieses angebliche Telegramm wird die Behauptung geknüpft, sei damit bewiesen, man habe zum Besuch der Sulzbacher Kundgebung Freifarten verteilt, In Wahrheit ist das Telegramm durch die Fortlaffung des entscheidenden Satzes frech gefälscht. Es lautete nämlich in vollem Wortlaut:
" Fahrkarten für Sulzbach werden Samstag durch Boten zugestellt. Fahrgeld bereithalten."
Die„ Deutsche Front" hat also dreist gelogen. Aber das ist nur die eine Seite. Die Kenntnis von diesem Telegramm
Vorbestraft
Die„ Saarbrücker Zeitung " schreibt in ihrer Polemik gegen uns:„ Ueber die Tränengasbombenattentäter weiß ja wohl jedermann heute Bescheid." Vielleicht trifft das doch nicht ganz zu. Deshalb haben wir festgestellt, wie das Vorleben des Nationalsozialisten Heidemann ist, der in Sulzbach Tränengasbomben geworfen hat. Er wurde zu eineinhalb Jahren Gefängnis verurteilt wegen Leistung eines Meineides und erhielt dann Strafaufschuh mit fünfjähriger Bewährungsfrist. Er ist ferner zu 500 Fr. Geldstrafe verurteilt worden wegen politischer Beleidigung eines Sozialdemokraten.
H. war niemals Kommunist oder Sozialdemokrat. Ganz Sulzbach weiß, daß er und seine Familie Nationalsozialisten sind und stets mit„ Heil Hitler" grüßte.
Berlin , 31. August. Das Deutsche Nachrichtenbüro schreibt zu der Frage der Entsendung von Schweizern als internationale Polizei nach dem Saargebiet, es sei völlig gleichgültig, ob eine offizielle Schweizertruppe nach dem Saargebiet entsendet werde, oder ob es sich um eine Polizeitruppe handle, die aus schweizerischen Freiwilligen zusammengesetzt sei. Im Saargebiet selbst würde die
3. Endlich wies uns der alte Saarländer noch auf einen sehr wichtigen Umstand hin, der namentlich in Vorkriegszeit gang und gäbe war: daß nämlich die Wähler vorher bei Freibier usw. entsprechend bearbeitet wurden. Er fragte, ob es nicht möglich sei, für die vorhergehenden und den Abstim= mungstag ein allgemeines Verbot des Alkoholausschankes zu erlassen, nicht nur für die Wirtschaften, sondern auch für Kasinos und private Gesellschaften.
Das sind Fragen, die zum Teil auch die Abstimmungskommission angehen. Man darf wohl hoffen, daß sie sie nicht ohne J. K. Beachtung bei Seite schiebe.
um seine Auffassung interpelliert werden, aber bis zur Stunde war dies noch nicht der Fall.
Dagegen verhehlt man sich zuständigen Ortes natürlich nicht, daß die Frage der Bildung einer Polizeitruppe durch Schweizer Milizen gewisse Rückwirkungen haben fönnte. Wenn, was durchaus im Bereich der Möglichkeit liegt, dieje Polizeitruppe gegen einzelne Teile der Saarbevölkerung eingesetzt werden müßte, so würde schon gefühlsmäßig nicht nur diese Truppe, sondern auch deren Heimatland verantwortlich gemacht werden, unbeschadet der Tatsache, daß sie ein Instrument der Saarregierung wäre. Nach der vor= liegenden Auffassung wird daher derjenige Standpunkt als der richtige erachtet, der in einzelnen Blättern vielleicht nicht mit der wünschenswerten Deutlichkeit, aber doch im gleichen Sinne zum Ausdruck gebracht wurde:
Die Schweiz wünscht weder eine Polizeifruppe gesamthaft als Detachement der Armee zu stellen, noch hält sie die Werbung von freiwilligen Schweizer Milizen für eine Polizeitruppe im Saargebiet für wünschenswert, Wenn auch diese Frage selbstverständlich mit dem Begriff der schweizerischen Neutralität nichts zu tun hat, so entspricht es doch der konstanten schweizerischen Auffassung, daß die Söhne des Landes weder einzeln noch in ganzen Detachementen für militärische oder polizeiliche Zwecke im Ausland Verwendung finden sollen.
Achtung, Abstimmungsberechtigte!
Wir machen darauf aufmerksam, daß aus Anlaß des Annahmeschlußtermins für die schriftlichen Anträge zur Aufnahme in die Abstimmungsliste betr. die Volfsabstimmung im Saargebiet im Rathaus, Zimmer 22, eine Annahmestelle eingerichtet ist, die die Anträge am 31. 8. 1934 bis 12 Uhr nachts entgegennimmt. Der Eingang zum Rathaus ist am 31. 8. 1934 nach den Dienststunden in der Kaltenbachstraße.
Emigrantenentführung
Bevölkerung gefühlsmäßig schwer einen Unterschied machen, in der Schweiz
ob Schweizerbürger, die der Bevölkerung mit Befehlsgewalt
und im Auftrag der Regierungskommission entgegentreten ,,, Es wimmelt von Spitzeln der Gestapo " freiwillig angeworben sind, oder ob es sich um eine geschlos jene Schweizertruppe handle, Fehlgriffe und Zusammenstöße würden in jedem Fall der Schweiz zur Last fallen. Die„ Basler National- Zeitung läßt sich dazu aus Bern melden:
Zur vorstehenden Wiedergabe der offenbar offiziösen Regierungsauffassung durch die deutsche Nachrichtenagentur ist zunächst festzustellen, daß im Bundeshaus weder offi ziell die Frage der Stellung einer schweizerischen Polizeitruppe für das Saargebiet anhängig gemacht wurde, no ch etwa eine Sondierung über die Auffassung der schweizerischen Landesregierung seitens der Saarbehörden oder einer fremden Macht vorgenommen worden ist. Möglicherweise wird in irgendeiner Form der Bundesrat noch
und die Liste der Funktionäre, die mit Namen als Gmp Weitergeben!
fänger des Telegramms genannt werden, konnte in den Bez siz der Redaktion nur durch einen Bruch des Postgeheimniffes gelangt sein. Es ist nicht der erste Fall, daß ein solch schwerer Verstoß nachgewiesen werden konnte. In der saarländischen Postverwaltung sizzen Spione und Spitzel, die ihre Kenntnis von amtlichen Vorgängen, von Briefen und Telegrammen den Behörden" der braunen Front des Saargebietes prompt ausliefern.
Weitergeben!
Werfen Sie die ,, Deutsche Freiheit" nach dem Lesen nicht fort. Geben Sie das Blatt an Leute weiter, die der Aufklärung und Belehrung bedürfen!
Zürch , 31. Aug. In der gesamten Schweiz erregi führung eines deutschen Emigranten nach Hitlerbertschland großes Aufsehen und führt zu heftigen Protesten. Es handelt sich um den Heizer Rudolf Wilhelm Sprenger. Am vergangenen Sonntag erschien vor dem Hause in Zürich , wo Sprenger wohnte, der Inhaber eines Tariunternehmens. Er forderte Sprenger auf, mit ihm zu einem bekannten Restaurant zu fahren. Die Fahrt ging jedoch in Richtung Schaffhausen - Jestetten . Hier wurde Sprenger festgehalten. Ein Brief informierte die Züricher Polizei. die nach dem unbekannten Begleiter des Tarinnternehmers fahndet. Vermutlich handelt es sich um einen Spizel. Jener Begleiter, der sich gleichfalls als Emigrant ausgegeben hatte, war bereits durch reichliche Geldausgaben aufgefallen. Die Gründe, warum sich der Entführer gerade den einfachen Arbeiter aus Duisburg ausgesucht hat, sind urbekannt. Vielleicht wollte der Mann seine Tüchtigkeit gegenüber den Auftraggebern in Hitlerdeutschland beweisen. Der Bundesanwaltschaft sind bereits die Aften über diesen Menschenraub zugestellt worden. Die„ Bailer Nationalzeitung" bemerkt dazu:„ Wie large noch wird dieses schädliche Treiben geduldet? Wir wissen genau, daß unsere Großstädte von Spizeln der deutschen Geheimpolizei wimmeln. Auch den Spizzeln der Gestapo gegenüber muß der Bundesrat für die Unverleglichkeit des schweizerischen Hoheitsgebietes sorgen."