erheben. Man hofft, auf diese Weise das Pfund Obst­

musum nahezu 8 Pfg. verbilligen zu können.

Dieses Obstmus, das aus reinem Obst und Zucker bestehen soll, wird unter der Bezeichnung Obstmus" in Eineinhalb und Ein- Kilo- Dosen in einheitlicher Verpackung beim Einzelhändler zu haben sein, um es auch in kleineren Mengen in die Volkskreise mit geringerer Raufkraft zu bringen.

Das sieht nach etwas aus. Jn Wahrheit handelt es sich nur um eine zweckmäßige Verwendung der Obstmassen, die zur Marmeladeschlacht angesetzt werden sollen. Aber mit Obst und Marmelade kann man nicht kochen. Die Heldenbutter, wie man dereinst die Kriegs­marmelade nannte, ersetzt nicht die fehlende billige Margarine STO

Der Fettmangel bedroht das deutsche Volk bereits mit Seifenmangel. Soeben wird im Reichsanzeiger" vom Reichsbeauftragten für industrielle Fettversorgung" die Seifenherstellung der Genehmigungspflicht unterstellt. Danach bedürfen alle im Zollinland befind lichen Unternehmungen, die gewerbsmäßig im Haupt- und Nebenbetrieb Seifen, Seifenpulver und andere fetthaltige Waschmittel herstellen, der Genehmigung der Ueber­

wachungsstelle für induſtrielle Fettversorgung, um Dele und Fette inländischer oder ausländischer Herkunft zu

Seifen, Seifenpulver und anderen fetthaltigen Wasch­mitteln verarbeiten zu können. Es gab während des Krieges zahlreiche solcher Versuche, die Fett- und Seifen­versorgung sicherzustellen. Sie gelang nicht

wegen

des Mangels an Rohstoffen und der Unzulänglichkeit des Ersatzes.

.

Ersatz: das ist die Parole des Tages. Ein Konsortium der chemischen Industrie beschäftigt sich mit Versuchen, ein künstliches Seidenprodukt aus Holz an amin. dem tausend Meter 0,11 0,17 Gramm wiegen. Ein zweites Produkt ist aus dieser Kunzeide vurch bel mischung mit Wolle hergestellt worden. Drittens sind Versuche gemacht worden, künstliche Wolle zu produzieren. Auch eine Ueberwachungsstelle für Tabak", unheilvoll

offenbar durch gutes Zureden bis zur Stunde nicht

gleichzuschalten waren. Sie sollen burch alte Rämpfe

ersetzt werden. Freilich: die Unternehmer haben einen gewissen Schrecken vor ihnen. Es wird nämlich gleich zeitig verfügt, daß

,, auch die betriebstechnischen und wirtschaftlichen Forde­rungen des Betriebes berücksichtigt werden müssen. Das gilt insbesondere für jene Fälle, wo die Weitereristenz eines Betriebes oder seine Wettbewerbsfähigkeit gegenüber der ausländischen Konkurrenz durch einen zu weitgehenden Austausch der Arbeitsplätze in Frage gestellt wäre."

Hier zeigen sich die Schwierigkeiten des dritten Reichs" an einem eklatanten Beispiel. Es schwankt zwischen dem Willen, sich in den Betrieben fester in den Sattel zu setzen, und den wirtschaftlichen Notwendigkeiten, die mit den Wünschen der alten Kämpfer" keinesweg konform gehen. Aber alle Verordnungen sind nur geeignet, die Ohnmacht der braunen Machthaber zu offenbaren und zu zeigen, welchen Stümpern das deutsche Volk in seiner Not aus­geliefert ist.

Weitere Zuzugsverbote

Ueberall Sorge vor der Hochflut von Erwerbslosen

Berlin, 1. Sept. Aus Hamburg wurde bereits berichtet, daß für Hamburg die Verhängung einer Zuzugssperre zu er­warten set, wie sie für Berlin bereits seit Mitte Mai besteht. Diese Ankündigung hat sich nunmehr bestätigt. Die Anwen­dung dieser im Gesetz zur Reglung des Arbeitseinsatzes vor­gesehenen Maßnahme beschränkt sich aber nicht auf Hamburg allein, sondern gilt, wie sich aus der Ver ¡ fentlichung zweier Anordnungen des Präsidenten der Reichsanstalt im Reichs­anzeiger" ergibt, auch für Bremen , sowie außerdem für fol= gende Städte: Altona , Wandsbek, Harburg- Wilhelmsburg , Telmenhorst, Nordenham ( Oldenburg ) und Wesermünde so­wie für eine Anzahl kleinerer Orte in der Nachbarschaft der Plätze.

Deutscher Wald"

Flaue Messe in Leipzig Leipzig

, 31. Auguft. Die große sächsische Stadt bietet bei der diesmaligen Meise fein außergewöhnlich belebtes Bild. Die Züge kommen faum voll an. Im Gegensatz zu vergangenen Messezeiten kann man in den Hotels Zimmer, so viel man will, haben und auch in den Restaurants findet man beliebig viel Platz. Die Zahl der Aussteller ist ziemlich beträchtlich, denn das Reich hat auf die Fabrikanten und Kaufleute einen gewissen Druck ausgeübt, damit sie Stände beziehen. Im Gegensatz dazu ist die Besucherzahl nicht sehr groß und die ausländischen Käu­fer sind äußerst gering. Man sieht einige Japaner, Türken und Holländer. In dem großen Meßgebäude sind aber ganze Etagen leer.

Die Besucher werden durch große Schilder daran erinnert, daß sie in Hitlerdeutschland sind, denn es heißt auf diesen Transparenten: Hier grüßt man mit dem deutschen Gruß: Heil Hitler!"

Auf den Textilständen fehlen zahlreiche Baumwollstoffe; die Kaufleute können Ordres auf diese Stoffe nur unter Vorbehalt annehmen, da es noch nicht sicher ist, ob sie herein­tommen. Im Gegensatz dazu, oder vielmehr als Folge davon sind die Preise bis zu 25 Prozent erhöht.

i bie Frage der Ersaßwaren", ihrer Preisgestaltung wir Eine Frage beherrscht die diesjährige Leipziger Messe. Das ihrer Aufnahme beim Publikum. Deutschland wird sich mehr und mehr mit dem Vistra"-Faden befreunden müssen. Aus Bellstoff wird die matteähnliche Stavelfafer aewonnen und aus dieser Faser fabriziert die JG.- Farben- AG. den glanz lo, en und geichmeidigen Vistrafaden, der außergewöhnlich leicht ist und mit Naturbaumwolle zusammengesponnen und gewebt wird. Leider wird der Vistrafaden recht teuer sein. Die deutsche chemische Industrie will den Vistrafaden auch mit Wolle mischen und dieses Gemisch wird Wollstra" benannt und mit Naturseide gemischt heißt es Silefitra".

Auch der Humor fommt trotz des Ernstes dieser Ersatz­zeiten" nicht zu kurz. Diese Eriaßmittel heißen im Volfs munde Deutscher Wald" und sie stammen ja auch tatsächlich von den Birken aus den garantiert germanischen und nor­

im Bremer Gebiet liegenden Plage der barchaft derbischen Wäldern.

die deutschen Raucher mit dem gefürchteten Ersatz be Wie anno 17 moling

drohend, ist schon da. Das Reichswirtschaftsministerium teilt mit, daß für Reglung und Ueberwachung des Ver: kehrs mit Tabak und Tabakerzeugnissen auf Grund des Gesetzes über den Verkehr mit industriellen Rohstoffen und Halbfabrikaten vom 22. März eine Ueber­wachungsstelle für Tabak mit dem Sitz in Bremen er­richtet wurde. Um den Aufbau der Stelle zu sichern, ist für die Zeit bis zur Aufnahme ihrer Tätigkeit der Einkauf von ausländischem Tabak und ausländischen Tabak­erzeugnissen insoweit verboten worden, als aus dem Geschäft Verpflichtungen entstehen, deren Erfüllung nach den devisenrechtlichen Vorschriften einer Genehmigung der Devisenstellen bedarf.

Die reichsdeutschen Raucher sind bereits von einer Panikstimmung erfaßt. Sie beginnen sich einzudecken, be­sonders die Aelteren, die den Geruch des Buchenlaubes aus der Kriegszeit noch in der Nase haben...

*

Die weitenscheidende Maßregel zur Belebung der deutschen Wirtschaftsnot aber liegt auf anderm Gebiet. Es ist eine einschneidende Verordnung über den ,, Austausch der Arbeitspläße", die tief in die Betriebe und ihre gegenwärtige Dr­ganisation eingreift. Der Präsident der Reichs­anstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversiche­rung hat unter dem 18. August eine Verordnung erlassen, die der altersmäßigen Gliederung der in den Betrieben und Verwaltungen Beschäftigten unter Berück sichtigung betriebstechnischer und wirtschaftlicher Er­fordernissen so gestalten soll, daß sie den staatspolitischen Erfordernissen nach bevorzugter Beschäftigung arbeitsloser älterer Arbeiter und Angestellter, insbesondere kinder­reicher Familienväter, Rechnung trägt".

Die Verordnung trifft alle privaten und öffentlichen Betriebe und Verwaltungen, die Arbeiter und Angestellte beschäftigen, mit Ausnahme der Land-, Forst- und Haus wirtschaft und der Schiffe der See, Binnen- und Luft­schiffahrt:

Die Führer der Betriebe und Verwaltungen find ver­pflichtet, bis zum 1. Oftober 1934 dem zuständigen Arbeits­amt zu melden, wieviel Arbeiter und Angestellte über und unter 25 Jahren bei ihnen tätig sind und in welchem Um= fang und Zeitraum die Auswechslung jüngerer mit älteren Arbeitsträffen vorgenommen werden soll. Zu dem Personenkreis der jüngeren Arbeiter und Angestellten, die von einem solchen Austausch aus­zunehmen sind, gehören verheiratete Männer, Unter­haltsverpflichtete, Lehrlinge, ehemalige Wehrmachtsange­hörige, alte Kampfer" der Wehrverbände und der NSDA P., ferner Personen, die im Arbeitsdienst oder in der Landhilfe mindestens ein Jahr tätig gewesen find."

Aber die Verordnung geht noch weiter. Abgesehen von diesem Arbeitsplataustausch dürfen in Zukunft Personen unter 25 Jahren nur noch mit Zustimmung der Arbeits­ämter in den von der Anordnung betroffenen Betrieben und Verwaltungen neu eingestellt werden. Nach welchen Grundsäßen diese Neueinstellung erfolgen soll, ist nicht schwer zu erraten. Zu allem Ueberfluß wird darüber noch ausgeführt:

Bei der Anforderung von Arbeitskräften unter 25 Jahren hat der Führer des Betriebes verantwortlich zu prüfen und darzulegen, daß dies den Notwendigkeiten des Betriebes und den staatspolitischen Erforder­niffen entspricht. Zu bevorzugter Vermittlung ist hierbei im wesentlichen der gleiche Personenkreis zugelassen, der auch von einem Arbeitsplaßaustausch ausgenommen ist, das heißt jene Personengruppe, die sich im national= fozialistischen Staat besonders verdient gemacht haben. Für ältere Angestellte über 40 Jahre, die nach längerer Arbeitslosigkeit infolge Austausches ein gestellt werden, können zum Ausgleich von Minder­leistungen Leistungszuschüsse bis zur Höhe von 50 RM. und Kinderzulagen aus Mitteln der Reichsanstalt gewährt werden, wenn die Neuangestellten in den letzten drei Jahren vor der Einstellung länger als zwei Jahre Arbeitslosenunterstützung aus öffentlichen Mitteln er­halten haben."

Diese Verfügung bedroht Sundert tausende von älteren deutschen Arbeitern mit Arbeitslosigkeit vor allem diejenigen, die vor allem diejenigen, die

Sammelt Kräuter und Wurzeln

Weimar , 1. September. Der thüringische Volksbildungs­Minister Wächtler weist in einem Erlaß darauf hin, daß dem Bestreben, der Volkswirtschaft soweit wie möglich Not der Bevölkerung­heimische Stoffe zuzuführen und gleichzeitig auch die vor allem der Bewohner des Thüringer Waldes - zu lindern, u. a. auch die Pflege des Anbaues und Sammelns von Heil- und Gewürzkräutern dienen müsse.

Da die australischen und anderen Wollieferanten sich wei­gern, mit Hitlerdeutschland Geschäfte zu machen, so wird man auch hier zum Erjaß greifen und ein Gewebe aus Wolle, Faser und aus Lumpen gewonnenen Ersatzgarnen herstellen. All das aber flößt den Fabrikanten nicht viel Vertrauen ein, denn dazu find fostspielige Maschineneinrichtungen notwendig. Und die Fabrikanten meinen, daß künftig Stoffe, die aus Deutschland kommen, vom Auslande mißtrauisch als Ersatz" angesehen würden.,

Die chemische Industrie hofft die Preise für diesen Ersat noch ermäßigen zu können, indem sie eigentlich die Arbeiter dieser Ersatzstoffe nicht bezahlt. Denn zur Herstellung dieser Waren sollen Arbeitslose herangezogen werden, deren Be­züge von denen der übrigen Arbeiter etwas verschieden sein werden.

Deutsche Lehrer unter Terror

Der Verband Deutscher Lehrer Emi: granten legt allen Freunden und Gleichgesinnten eine umfangreiche Denkschrift vor. Sie enthält wichtiges Ma terial über die pädagogische Verwüstung im dritten Reich", über die Zerstörung der Kinderseelen und den Terror gegen fozialistische Lehrer. Wir entnehmen der Denkschrift über die Verfolgung und Mißhandlung miß­liebiger Lehrpersonen:

Darmstadt : Nossar, Lehrer, Vorsitzender des Reichs­banners, wurde am Tage der Nationalen Erhebung" ge­zwungen, die Hakenkreuzfahne durch die Stadt zu tragen. In gewissen Abständen wurde er aufgefordert, Heil Hitler" zu rufen. Bei jeder Weigerung schlug man ihm den Gummi­fnüppel über den Kopf. Er wurde in das Irrenhaus ein­geliefert.

Harburg : Rudolf, Gewerbelehrer, wurden die Zähne eingeschlagen, weil er nicht beil Hitler" rufen wollte. Un­mittelbar danach wurde er telefonisch ohne Pension entlassen.

Braunschweig : Schmidt, Gustav, Lehrer, Mitglied der & PD., wurde mit 9 anderen Kommunisten von einem SA.­

Kommando am 4. Juli 1933 in Rieseberg bei Braunschweig erschossen, weil einige Tag zuvor ein SA.- Mann von einem unbekannten Tater cischossen worden war. Daß unter den zehn Ermordeten auch nur der wahrscheinliche Täter sei, ist nicht einmal von den Nationalsozialisten behauptet worden. Neddermeier, Schöningen , Reftor, Kriegsverlegter, Leiter der Kinderfreunde"-Bewegung im Lande Braun=

schullehrer beträgt nach unserer Schätzung etwa 3000. Die Entlassungsbestimmungen wurden sehr willkürlich gehand­habt. Es gibt Großstädte, in denen nur vereinzelt Ent­laffungen vorgenommen wurden. In anderen wurden die Kollegen in Scharen brotlos. So find in München bisher 16 Entlassungen ausgesprochen, in dem ungleich kleineren Nürnberg ( Julius Streichers Residenz!) 182! In Ham burg wurden nur einige Kollegen entlassen, in dem bei weitem nicht so volfreichen Ländchen Braunschweig 64! Dabei waren dort schon Ostern 1931 nicht weniger als 26 dissidentische Junglehrer von dem faschistischen Minister Franzen entlassen worden!

Die gleiche Willkür ist bei der Begründung der Ent­lassungen und der Reglung der Pensionsansprüche zu beobachten. Auch das Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums " hat keinerlei tragfähigen Rechtsboden gebildet, da niemand es ohne schwerste Gefährdung seines Lebens und seiner Gesundheit wagen darf, gegen diesen Staat etwa die Gerichte anzurufen. So ist der tatsächliche Rechtsboden eines Kollegen im heutigen Deutschland in Wirklichkeit löcheriger, als man aus den geschriebenen Gesetzen ablesen kann.

Als Kuriosum sei erwähnt, daß z. B. die Entlassungs urfunde einiger dissidentischer Kollegen im Regierungsbezirf Lüneburg mit den Worten beginnt: Da dieser Staat ein christlicher ist..."

schweig, wurde im März 1933 während des Unterrichtes im Die Hitlerjuden

Beisein der Kinder überfallen, blutig geschlagen und eine hohe Steintreppe hinuntergeworfen. Dann wurde auf ihm herumgetrampelt, bis er besinnungslos war. Wochenlanges Krankenlager war die Folge. Noch nicht wieder genesen, wurde er in eine berüchtigte SA- Kaserne in Braunschweig geschleppt, aufs neue unbeschreiblich mißhandelt und ge= zwungen, ein freiwilliges" Entlassungsgesuch zu unter­schreiben.

Schulz, Julius, sozialdemokratischer Landtagsabgeord= neter, Lehrer, wurde von einer mit Reitpeitschen bewaffneten SA.- Bande, die nachts in seine Wohnung drang, gezwungen, , freiwillig" sein Mandat niederzulegen.

Sievers, Hans, Lehrer, Kultusminister a. D., wurde wochenlang von der SA. gesucht. Mehrfach drangen Kom mandos nachts in das Schlafzimmer der hochbetagten Mutter. Sievers verließ Braunschweig .

Hedermann, Hans, Lehrer, technischer Leiter des Reichsbanners, wurde wochenlang ohne Urteilsspruch im Landeszuchthaus zu Wolfenbütetl gefangen gehalten.

Rieke, Kuno, Lehrer, Kreisdirektor a. D., floh aus Braunschweig , weil in seiner Wohnung ständig Ueberfälle auf ihn erfolgten.

Edler, Heini, Lehrer, wurde in Blankenburg ( Harz ) grausam mißhandelt, weil er nicht ,, Heil Hitler " rufen wollte.

Seiger, Robert, Lehrer, Kriegsbeschädigter, wird seit Januar 1983 bis heute gefangen gehalten, ohne daß Anklage oder auch nur eine Beschuldigung gegen ihn erhoben worden wäre. Er war Mitalied der KPD .

Winschewski, Bernhard, Lehrer, im August 1933 ver­bastet, schwer mißhandelt und zu neun Monaten Gefängnis verurteilt, weil er nach eigenem Geständnis" eine verbotene Zeitung angenommen haben soll.

Mehrere Braunschweiger Lehrer entgingen mit knapper Not der Verhaftung durch die A. und sind aus Braun­ schweig geflohen. Sie sind in der obigen Aufstellung nicht enthalten.

Entlassungen

66

,, Da dieser Staat ein christlicher ist..."

Die Gesamtzahl der von der Hitlerregierung aus politischen oder völkischen Gründen gemaßregelten Volks­

Eine einzigartige Kuriosität

Berlin , 19. Aug. Der Verband nationaldeutscher Juden " hat anläßlich des" Plebiszit" folgenden Aufruf verbreitet: Die Mitglieder des im Jahre 1921 gegründeten Verbandes nationaldeutscher Juden haben stets im Krieg und im Frie den das Wohl des deutschen Volkes und Vaterlandes, mit dem wir uns unauflöslich verbunden fühlen, über unser eigenes Wohl gestellt. Deshalb haben wir die nationale Er­hebung vom Januar 1933 begrüßt, trotzdem sie gegen uns selbst Härten brachte(!), denn wir sehen in ihr das einzige Mittel, den in vierzehn Unglücksjahren von undeutschen(!) Elementen angerichteten Schaden zu be seitigen. Wir befinden uns in voller Uebereinstimmung mit dem politischen Vermächtnis des ehrwürdigen Reichspräsi denten und Schlachtenfenfers Hindenburg, der die Taten des Reichsführers Adolf Hitler und seine Bewegung einen ent scheidenden Schritt von historischer Tragweite neunt und gleichzeitig ausspricht, daß viel noch zu tun bleibt und daß dem Aft der nationalen Erhebung und des völkischen Zusammenschlusses ein Aft der Versöhnung folgen muß, der das ganze deutsche Volf umfaßt. Dem deutschen Vaterland gehört mit Leib und Seele auch derjenige Teil der deutschen Juden an, der fein anderes Vaterland als Deutschland kennt. Im Geiste des Vermächtnisses des ver­ewigten Reichspräsidenten bejahen auch wir die Vereinigung der Aemter des Reichspräsidenten und des Reichskanalers. Wir fordern alle deutschfühlenden Juden uf, am 19. August mit Ja su stimmen.

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Es ist traurig, aber es darf nicht verschwiegen werden. Die Würdelosigkeit und Selbsterniedrigung, die das dritte Reich" in unendlicher Vielfalt begleitet haben, kennt kein Dokument, das seine Urheber so erniedrigt wie dies. Es fehlt nur noch, daß diese Juden sich herzhaft für Mord und Existenzvernichtung bei ihrem Reichsführer" bedanken.

Eine Kuriosität? Auch das. Aber in der Hauptsache ein Zeichen efliger Kriecherei, einzig dastehend in der neueren politischen Geschichte, der schlimmste Schlag gegen das An­sehen der deutschen Juden, der sie zu treffen vermochte.