Upton Sinclairs Stimme

Nenyort, 1. September. Upton Sinclair  , der bekanntlich als Kandidat der demokra tischen Partei für den Posten des Gouverneurs von Kali  : fornien bei den Vorwahlen in der Partei nominiert wurde, hat Mittwoch im Radio eine Rede gehalten, die über alle falifornischen Sender verbreitet wurde und in der er auf Hitler   anspielte. " Es ist außerordentlich bedanerlich," so erflärte Dinclair, ,, daß ein.. ... Demagoge die Macht in Deutschland  

an sich gerissen habe und daß ein großes zivilisiertes Land in die Hände von Gangsters gefallen ist."

Austro- Faschismus Seitz  

weiter in Haft!

Wien  , 31. August. Bürgermeister Seit wird auch seit seiner Ueberführung in ein. Sanatorium als Häftling behandelt. Er darf sich nicht frei bewegen, darf keine Besuche empfangen. Vor seinem Krankenzimmer halten ständig zwei Kriminalpolizisten Wache. Es ist also nicht wahr, daß Bür­germeister Seiß, der seit einem halben Jahr in Unter­juchunghaft" gehalten wird. ohne daß jemals ein Prozeß gegen ihn stattfinden wird, von der Regierung Schuschn.gg freigelassen wurde. Seit ist weiter Untersuchungshäftling, nur mit dem Unterschied, daß er seinen Aufenthalt in der Heilanstalt selbst bezahlen muß. Ueberdies muß er der Po­lizei die Kosten der Kriminalpolizei ersetzen, die ihn be­wachen. Geändert hat sich also nur die Bezahlung.

Auch die andern sozialdemokratischen Funktionäre find weiter in Haft, obwohl auch gegen sie niemals ein Prozeß stattfinden wird. Stadtrat Dr. Danneberg ist vorüber­gehend wegen einer schweren Stirnhöhleneiterung im Spi­tal, soll aber wieder ins Gefängnis zurückgebracht werden. General Körner sist seit mehr als einem halben Jahr im Untersuchungsgefängnis. Selbst die Gesundheit dieses alten Soldaten hat schwer gelitten. Trozdem wird er weder ent­haftet, noch vor den Richter gestellt. General Schneller, der niemals eine Funktion in der sozialdemokratischen Par­tei oder im Schutzbund bekleidete, wird weiter im Konzen­trationslager gehalten. Die Brutalitäten des Austrofaschis­mus sind also durchaus nicht gemildert.

Das ökumenische Konzil Die Hitler- Kirche in bedrängter Lage

Kopenhagen  , 31. August.( Havas.) Wie die Berlinske Tidende" aus Fanö   berichtet, hat die Ankunft des deutschen Oberkirchenrates Birnbaum am ökumenischen Kongreß der christlichen Kirchen großes Aufsehen erregt. Es ist noch nicht bekannt, welche Saltung Birnbaum einnehmen wird. Man weiß nur, daß der Sonderbeobachter des deutschen   Kul­tusministers Jaeger, Prof. Eisenhut, nach Berlin& urid

gerufen wurde, um Bericht zu erstatten. Bischof Heckel sei von einem Beamten der deutschen   Geheim­polizei überwacht worden und Berlin   habe' Heckel zu verstehen gegeben, daß man dort wisse, was er in seinen pri­roten Besprechungen sage. Bischof Heckel habe sein Mög­lichstes getan, zu verhindern, daß eine zu heftige Resolution gegen seine Kirche angenommen werde. Das alles zetge, daß die deutsche offizielle Kirche noch lange nicht einig sei und es fönne gesagt werden, daß die deutschen   Delegierten in Fanö unter der ständigen Furcht vor Berlin   lebten.

Blitzschlag ins Flugzeug

London  , 1. Sept. Wie Daily Mail" meldet, wurde am Freitag ein Palagierflugzeug auf dem Wege von Paris   nach London   mitten über dem Aermelkanal während eines plöß­lich ausgebrochenen Gewitters vom Blis getroffen. Das Ge­sicht des Flugzeugführers, sein linfer Arm und die linfe Hälfte seiner Kleidung wurden versengt, aber der elektrische Schlag war nicht start genug, um ihn dienstunfähig zu machen. Er brachte das Flugzeug glücklich. bis an seinen Bestim­mungsort. Der Funfapparat wurde zerstört. Die Ursache des

Straßburger Wochenschau

Die Stadt der Fremden

Straßburg, den 31. August 1934.

Der Ferienmonat August war erfüllt von einem unablässig drängenden Fremdenstrom. Wer in diesen Tagen die Stadt durchwanderte, der begegnete überall den mächtigen Frem­denverkehrsautobussen, die voll besetzt den Straßburger Sehenswürdigkeiten zustreben. In größeren und kleineren Gruppen pilgerten die aus aller Herren Länder kommenden Reisenden durch die viel gepriesene Stadt, bestaunten das ehrwürdige Münster   und die astrologische Uhr, ließen sich von dem Zauber der stillen Gassen gefangen nehmen und vergaßen auch nicht den weltbekannten Gaststätten ihren Besuch abzustatten, sich an den elsässischen Weinen und Spezialitäten sonstiger Art labend. Am alten Fischmarkt gabs sogar schon neuen Wein, der alkoholfrei und ,, ungefährlich" trefflich mundete.

Die

neunte Straßburger Mustermesse

Auf dem ausgedehnten Gelände am Wacken   wird am heutigen Samstag die neunte Straßburger Mustermesse er­öffnet. Die Messe wird wieder wie in den vergangenen Jah­ren das Interesse des kaufenden Publikums in hohen Maße auf sich lenken. Sie ist mit einer großzügigen Kochkunstaus­stellung verbunden. Die gesamte Ausstellung nimmt einen Raum von 64 000 Quadratmeter ein. Zur Unterbringung eines Salon d'Automobile wurde eine neue Halle von 80 Meter Länge und 32 Meter Breite erstellt. Von besonderen Ver­anstaltungen während der Messetage seien erwähnt: Luxem­ burger   und Schweizer   Tage sowie der Tag des Franche Comté  , eine Rallye Automobile, die am zweiten Ausstellungssonntag zur Austragung kommt, internationaler Pressetag, Rallye Aérien, internationales Fechtturnier, Musik wettstreit, Blu­menkorso, Nachtfest, außerdem Kinderfeste und einige Mili tärkonzerte. Der Ausstellung, die vom 1. bis 16 September Lage sind, die Taxe zu tragen. Die Wirte hielten schon meh Streit um die Biertaxe

Zwischen den Brauereien und den Restaurateuren ist ein heftiger Streit um die Frage entbrannt. wer die neue Bier­

merkwürdigen Unfalls wird darin erblickt, daß die Plötzlich feit des Gewitters dem Fahrpersonal feine Zeit gelassen hatte, den Regeln entsprechend den Funkaufnahmeavparat außer Betrieb zu setzen.

,, Kraft durch Unterschlagung"

Der nationalsozialistische Betriebsobmann Gustav Alberts in Duisburg- Laar ist wegen Unterschlagung von 1200 Mark,

die ihm für Urlaubsreisen von Bergarbeitern anvertraut worden waren, zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt worden.

,, Greuelmärchen" im Gefängnis

Das Berliner   Sondergericht verurteilte den Angeklagten Falf, der im Gefängnis, Greuelmärchen" verbreitet hatte, zu. einem halben Jahre Gefängnis.

Stimmenmebrheit für Rußland  ?

Um den Ein.rit der Sowjetunion   in den Völkerbund Paris  , den 1. September. Polnische Einwände

Die französischen   Morgenblätter fündigen die Aufnahme Rußlands   in den Völkerbund als die Hauptschwierigkeit der Völkerbundssizung an.

Echo de Paris" sagt, Frankreich   und Großbritannien  müßten alles tun, um die Zweidrittel- Mehrheit, die notwen= dig für den Eintritt sei, zu vereinigen.

Intransigeant" meint, daß Rußland   ja bereits seine Bedingung, es wolle seinen Beitritt nur bei einheit­lichem Votum vollziehen, fallen gelassen habe, und daß daber die vorgeschriebene Zweidrittel- Mehrheit für seine Zulassung wohl vorhanden sein werde. Denn es ist nicht anzunehmen, daß die Opposition die notwendigen 18 Stimmen wird ver­einigen fönnen. Der Beitritt Rußlands  , so sagt das Blatt, sei von ungeheurer Wichtigkeit für Genf  , denn ein Land, das 180 Millionenn Wonschen vertrete, sei für das Gle.ch= gewicht der Welt ein nicht zu unterschäßender Faktor. Daher solle Rußland   in den Völkerbund eintreten.

Warschan, 1. Sept. Der polnische Kurier Polifi", das Blatt der regierungsfreundlichen Industriellen, erinnert har­an, daß Polen   auf der nächsten Völkerbundsversammlung die Verallgemeinerung der Verträge zum Schuße der Minder­heiten verlangen wolle. Rußland   sollte nur, wenn es sich in dieser Richtung binden würde, zum Völkerbund zugelassen

merden.

Auch Kurier Porany" stellt sich auf diesen Stand­punkt. Im übrigen meint das Blatt, es müßten an Rußland  die gleichen Forderungen gestellt werden, die man seinerzeit an Polen  , als dieses dem Völkerbunde beitrat, gestellt habe. Außerdem wenden sich die polnischen Blätter dagegen, daß Nußland einen ständigen Sis in Genf   erhalten solle, während Polen   noch immer nur einen nichtständigen Ratssitz habe.

Nach dem Petit Paristen" dürfte die Aufnahme Ablehnung in der Schweiz  

Sowjetrußlands in den Völkerbund wohl die Regierung start beschäftigen. Für die Aufnahme seien, soweit bis t bekannt, Frankreich  , Großbritannien  , Italien  , dagegen seien die Schweiz  , Holland  , einige südamerikanische Staaten, Ga­nada und vielleicht noch andere Länder. Trotzdem würde Rußland   die Stimmenmehrheit zur Aufnahme erhalten. Aber es sei eine andere Frage, ob die zur Erlangung eines ständigen Ratssiges erforderliche Einstimmigkeit erzielt werde.

Nach dem Petit Journal" sei die Entscheidung über die Frage eines ständigen oder nichtständigen Ratssizes für Rußland   vorläufig zurückgestellt worden. Sie werde auf die Einstellung des Völkerbundes Einfluß haben.

Die Neue Zürcher Zeitung  " fordert eine Prüfung Ruß­ lands   vor Aufnahme in den Völkerbund, die analog der= jenigen sein solle, der man seinerzeit Deutschland   unter= zogen habe. Geschehe dies nicht, so würde die Schweiz   nach dem Eintritt Rußlands   in den Bölkerbund ans wohls erwogenen Gründen ausscheiden.

Die Schweizer Liga für Gristentum" polemisiert in einer längeren Auslassung im Namen der Menschlichfeit gegen die in Rußland   geübte Unterdrückung der religiösen Freiheit. Aus diesem Grunde müsse die Liga für Christentum auch gegen die Zulassung Rußlands   zum Völferbund pro­testieren.

Räuberbande gegen Chorbin Expreß

Hundert Banditen

verüben e Ren folgenschweren Anschlag auf d'e Ostchines's the Bahn

Sfingfing, 1. Sept. Ein neuer schwerer Zwischenfall, der in Verbindung mit dem russisch- japanischen Konflikt um die ost= chinesische Bahn sehr ernste Folgen haben kann, hat sich im Fernen Osten ereignet. Banditen überfielen in der Nacht den Expreßzug Singfing Charbin. Dem Eisenbahnattentat fielen fünf Reisende zum Opfer, über hundert Personen wurden zum Teil lebensgefährlich verletzt Unter den Toten befinden sich drei japanische Professoren, Mitglieder der taiserlichen Universität in Tokio  , achtzig Passagiere des Nachtexpreß wurden von den Attentätern entführt, unter den gefangenen Geiseln befinden sich zwei japanische Offiziere und eine japanische Staatsangehörige.

Der Anschlag wurde in der Nähe der Stadt Hsuang chen Pao verübt. Eine mehr als hunderttöpfige Räuberbande hatte die Laschen der Schienen gelöst, die Schwellen beseitigt und cie Gleise auf einer Strecke von über 200 Meter aufgerissen. Der Charbin- Expreß fonnte von dem Lokomotivführer nicht mehr rechtzeitig zum Halten gebracht werden und entgleiste. Die Waggons schoben sich ineinander und stürzten die Böschung hinab. Kurz nach dem Unfall stürzten sich die Ban­diten, die im Hinterhalt verborgen gelegen hatten, auf den

taxe von 3,50 Fr. pro Hektoliter tragen soll. Die Brauereien möchten diese Taxe gerne auf die Wirte abwälzen, diese hin­wiederum sind der Meinung, daß die Brauer leichter in der Lage sind, die Taxe zu tragen. Die Wirte hielten schon meh­rere Versammlungen ab. In einer der letzten beschlossen sie, sich mit aller Gewalt der Absicht der Brauer zu widersetzen, die Taxe auf keinen Fall zu übernehmen und es eventuell sogar auf einen Bierstreik ankommen zu lassen. Wer die wich­tige Rolle kennt, die das Bier im Leben der Straßburger spielt, der begreift auch die Leidenschaftlichkeit, mit der die Interessenten in dieser Streitfrage gegeneinander antreten. Schwarzhemden im Straßenbild

Seit einigen Tagen sind hier die ersten französischen  Faschisten in Uniform zu beobachten. Sie tragen schwarze Hemden und treten an verschiedenen öffentlichen Plätzen der Stadt als Verkäufer ihrer Zeitung auf. Ihr Auftreten ver­ursachte schon öfters zu Raufereien, in deren Verf die Polizei eingreifen mußte.

Die Trikolore über dem Hakenkreuz

Eine besondere Ueberraschung erlebte der Besitzer eines deutschen   Wagens, der die Hakenkreuzfahne mit sich führte. Als er seinen Wagen, der am Kleberplatz stand, abfahren wollte, stellte er fest, daß die Hakenkreuzfahne mit einer Trikolore überklebt war. Die Ursache war folgende: eine empörte Menge versuchte zuerst die Hakenkreuzfahne zu entfernen. Als sie ein Schutzmann darauf aufmerksam machte, daß dies nicht gestattet sei, griff die Menge zur List und über­klebte das verhaßte Abzeichen mit einer Trikolore. Daraufhin entfernte der Besitzer aus eigenem Antrieb die Aergernis er­regende Flagge.

Einem Verkäufer unserer Zeitung passierte vor einigen Tagen ein interessantes Erlebnis. Er traf vor dem Hauptbahn­hof einen großen Ausflugsomnibus mit deutschem Kenn­zeichen. Weil er wußte, daß Deutsche  , die in größeren Men­gen hier auftauchen, aus bekannten Gründen die..Freiheit" nur selten kaufen, wollte er, ohne eine Zeitung anzubieten, an dem Autobus vorübergehen. Der Chauffeur hatte ihn je­doch entdeckt und winkte ihm, näher heranzukommen. Nach

Dreißig kaufen die Deutsche Freiheit"

Zug zu und plünderten den Postwagen und die Reisenden aus, ohne sich durch die Schmerzensschreie der unter den Trümmern Liegenden stören zu lassen. 80 Passagiere, die sich in den letzten Wagen belanden und mit heiler Haut da­vongefommen waren, wurden von den Banditen mit Waffen­gewalt gezwungen, sich zu ergeben und ihnen als Geiseln zu folgen. Die Polizeibehörden haben die Verfolgung der Land­piraten" sofort aufnehmen lassen. Von der Polizei in Hsing­fing wird noch mitgeteilt, daß sich keine Europäer oder Amerikaner im Zug befunden hätten.

Immer neue Schreckensmeldungen laufen über das Eisens bahnunglück ein. Während im Anfang die Toten mit fünf angegeben wurden, scheint bereits festzustehen, daß nicht weniger als achtzehn Personen bei der Entgleisung ums Leben gekommen sind Vier Waggons sind gänzlich zer= trümmert. Die Banditen scheuten nicht davor zurück, Passa­gieren die Finger und Ohren abzuschneiden, um sich in den Besitz von Ringen und Ohrringen zu setzen. Sie taten dies auch bei Schwerverletzten, die in den Trümmern des Zuges eingeklemmt waren.

einigem Zögern kam das Verkaufsgeschäft in Gang. Alle dreißig Insassen des Autobus kauften sich je eine Freiheit", in deren Lektüre sie sich sofort vertieften. Dadurch, daß jeder dieses ,, hochverräterische" Blatt kaufte, schützten sie sich vor späterer Denunziation. Die Goebbelschen Schimpfkanonaden gegen unsere Zeitung erhöhen ihre Beliebtheit, wie Beispiel zeigt. Wir danken dem Herrn Propagandaminister!

Achtung Fotoamateure

Es ist wichtig, einen Erlaß in Erinnerung zu bringen, der den Fotografen" erbietet, ohne besondere Erlaubnis in einem Umkreis von weniger als zehn Kilometer von einem mili­tärischen Werk oder Gebäude zu fotografieren. Fremde sollten diese Anordnung besonders gut beachten, sie behren sich dadurch vor mancherlei Unannehmlichkeiten.

Unwetter über dem Mittelelsaß

Schwere Unwetter suchten in den vergangenen Tagen das fruchtbare Mittelelsaß heim und richteten vieler Orts ver­heerende Verwüstungenn an. Beschädigt wurden meistens Tabakkulturen und Weinberge. Der Gesamtschaden in der Schlettstadter und Benfelder Gegend beläuft sich auf mehrere Millionen Franken.

Wieder ein Straßburger   in Kehl   verhaftet

Ein Straßburger   Bürger, Herr Max Fuger der ch mit dem Fahrrad öfters nach Kehl   zu Bekannten begab, wurde anfangs August, als er wieder einmal eine Fahrt nach Kehl  unternahm, an der Rheinbrücke von deutschen   Polizeibeamten verhaftet. Er wurde einem peinlichen Verhör unterzogen, indem er Auskunft über den Zweck seiner Besuche geben sollte. Diese Auskunft genügte aber den Beamten nicht. Sie lieferten Fuger ins Gefängnis ein. Dort wurde er noch mehrmals vernommen, wobei man ihm vorwarf, verbotene

konnten die Nazis jedoch nicht erbringen. Nach vierzehn­Zeitungen nach Kehl   gebracht zu haben. Einen Beweis dafür tägiger Haft wurde der Mann wieder auf freien Fuß gesetzt. seine Grenzkarte nahm man ihm aber ab Herr Fuger teilt weiter mit, daß noch 17 Straßburger   im Kehler   Bezirksgefäng­nis sitzen, davon der größte Teil wegen Devisenschmuggels.

E, D.