Der Reichsbankrott und die Saar  

Die Gefahr für die ,, deutsche Front"

Die Bankrotterklärung Schachts in Bad Eilsen   und die Ver­öffentlichung der französischen   Saardenkschrift sind beides Ereignisse von außerordentlicher Tragweite für die Saarwirt schaft, ja, sie sind voneinander nicht zu trennen, will man sich ein klares Bild über die verheerenden Folgen machen, die für die Saarwirtschaft im Falle eines Sieges der braunen Front entstehen werden.

Die Denkschrift Borthous befaßte sich bekanntlich mit den drei Möglichkeiten, die für das Saargebiet nach der Ab­stimmung in Frage kommen. Wir wollen uns an dieser Stelle speziell mit dem Teil der französischen   Denkschrift beschäf tigen, der sich in wirtschaftlicher Beziehung auf den Eventualfall einer Rückgliederung bezieht. Es heißt dort

11. a.:

,, Im Falle einer Rückgliederung der Saar   hat Deutsch­ land   die Verpflichtung, die Gruben zu einem in Gold   zahl­baren Preise zurückzukaufen. Die französische   Regierung kann diese Forderung nicht aufgeben und auf den Gruben­besitz nicht verzichten, bevor eine befriedigende Regelung zustandegekommen ist."

Am Schluß der Erörterung der Saargrubenfrage heißt es dann noch: ,, Die französische   Regierung will keinen Zweifel an ihrem Willen aufkommen lassen, den Wert der Gruben zurückerstattet zu erhalten."

Ferner weist die Denkschrift darauf hin, daß im Falle der Rückgliederung auch den privaten Schuldforderungen Rech­nung getragen werden müßte, die an der Saar  . Personen verschiedener Nationalität besitzen. Außerdem wird in der Denkschrift verlangt, daß die notwendigen Anordnungen getroffen werden, damit die französischen   Banknoten, die im Saargebiet im Umlauf sind, für die Abtragungen der Schul­den verwendet werden. Begründet wird diese Forderung da­mit, daß bei der katastrophalen finanziellen Lage des Reichs die Interessen der Gläubiger gewahrt werden müßten,

da es

unstatthaft sei, daß die im Saargebiet umlaufenden Franken von der Reichsbank zur Auffüllung ihres Devisen­bestandes eingezogen werden.

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Diese drei Punkte der Rückkauf der Saargruben, die Wahrnehmung der Interessen der privaten Gläubiger und die zeigen, wie ernst Rückgabe der französischen   Banknoten

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die Lage für das Saargebiet sein könnte, wenn es der brau­nen Front gelingen würde, eine Mehrheit an der Saar   zu bekommen. Zunächst einmal sei daran erinnert, daß der Wert der Gruben auf 300 Millionen Goldmark, das heißt auf etwa I Milliarde 800 Millionen französische Franken geschätzt wird. Ferner werden die französischen   Kapitalien, die seiner Zeit in den großen saarländischen Unternehmungen investiert wurden, unter Hinzuziehung aller französischen   Besitzungen im Saargebiet auf über 350 Millionen Goldfranken, also auf ebenfalls 1 Milliarde 800 Millionen Papierfranken be­ziffert. Aus der französischen   Denkschrift geht klar hervor, daß Frankreich   sowohl die Bezahlung der 300 Millionen Goldmark für den Rückkauf der Kohlengruben verlangt, als auch auf der Rückzahlung der im Saargebiet gemachten In­vestitionen in Höhe von ebenfalls 300 Millionen Goldmark auf dem Umwege über die Rückgabe der im Saargebiet sich im Umla..f befindlichen Frankennoten besteht.

In den verruchten Zeiten marxistischer Mißwirtschaft" wäre es bei einem Gold- und Devisenbestand der Reichsbank von 3 Milliarden Mark durchaus möglich gewesen, diesen

Fritz Brügel  :

Gedenktag der Emigration

Vor hundert Jahren traf sich eine seltsame Gesellschaft in Paris  , Rue Montmorency 16, wo der Buchdrucker J. Smith seine Offizin hatte; deutsche   Emigranten, die vom Polizei­besen Metternichs aus Deutschland   und Oesterreich gefegt worden waren oder die nach den Aufständen von Göttingen  ( Jänner 1831) und Frankfurt  ( April 1834) hatten flüchten müssen. Nun saßen sie in Paris  , sie hatten sich zu einem Ver­ein zusammengeschlossen, der die oppositionelle Presse da­heim unterstützen sollte. Das war den tätigsten unter ihnen eine zu kleine Aufgabe. So löste sich denn aus dem, Deut­schen Vaterlands- Verein zur Unterstützung der freien Presse" eine Gruppe von Emigranten los, um noch mit anderen Mit­teln den Kampf gegen den deutschen   Absolutismus zu

führen.

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Die Bedeutendsten in dieser Gruppe waren Jakob Venedey  und Theodor Schuster  , einst Privatdozent der Juriprudenz an der Universität Göttingen  , nun Student der Medizin in Paris  . Von den meisten andern, die der neuen Emigranten­organisation angehörten wissen wir nichts oder nur sehr wenig. Hätte nicht ein sorgfältiger Spitzel Metternichs genau Bericht erstattet, wüßten wir kaum die Namen; seltsam kraftmeierisch- sentimentale Leute waren es, etwa der Lobauer aus Mainz  , ehemals Redakteur des ,, Hochwächter", dessen Bücher und Aufsätze nur sehr bibliophile Sammler kennen, oder Franz Schlund, ehemaliger Besitzer des Wächters am Rhein  "; ein Aufsatz ,, An das deutsche   Volk" hatte ihm einen Prozeß wegen Aufruhrstiftung, Hochverrat, Majestätsbelei­digung und ähnlichen Delikten" eingetragen, der mit einer Verurteilung mit einem halben Jahr Zuchthaus endete, was ja neben so manchem heutigen Urteil mild aussieht. Wer aber weiß noch etwas von Eduard Müller aus Mainz  , genannt der deutsche   Robespierre  ? Oder vom ehemaligen Professor der Philosophie Johann Müller? Oder von Rust  , ehemals Leutnant in der belgischen Armee? Diese Namen sind leer geworden, kein Bild ihrer Träger steht mehr vor den Augen des Historikers, wenn er diese Namen liest.

Aber aus der Arbeit und den Gedanken dieser Me schen erwuchs ein starke Verbindung: der Bund der Geächteten. Er mußte ein Geheimbund sein, wenn er nach Deutschland  wirken wollte, denn die Metternichsche Polizei war jedem Mitglied des Bundes auf den Fersen. Venedey   und Schuster waren die Träger des Bundes, der eine Demokrat durch und durch, pathetisch, rhetorisch, stark national; der andere, gierig auf der Suche nach neuen Gedanken, Saint- Simon   und Fourier studierend und verarbeitend. Das erste Lebenszei­chen, das der Bund von sich gab, war ein Manifest, das im

teten". Ein zwiespältiges Dokument, in dem die Gedanken der deutschen   Demokratie, die sich ihrer noch gar nicht be­wußt ist, mit den Gedanken der französischen   Sozialisten

französischen

die

Aber Forderungen nachzukommen. bankrotte Hitler- Regierung ist dazu nicht imstande. Auf der internationalen Konferenz für Agrarwissenschaft in Bad Eilsen   erklärte Ende vergangener Woche Hitlers Wirtschaftsdiktator   folgendes:

,, Es wird nicht anderes übrig bleiben, als Deutschland  ein mehrjähriges Vollmoratorium zu gewähren. Gleich­zeitig wird man die Lasten der Auslandsverschuldung auf ein Maß zurückführen müssen, das nach Ablauf des Mora­toriums auf die Dauer getragen werden kann."

Schacht verlangt also, daß man dem Dritten Reich   bei der Abtragung der Schulden eine Atempause für mehrere Jahre und darüber hinaus eine Herabsetzung der bisherigen Schul­denforderung gewährt. Das Dritte Reich ist im Gegensatz zu der Weimarer Republik   von Reparationslasten befreit. Es war außerdem in der glücklichen Lage, durch Entwertung ausländischer Währungen seine Schuldenlast um 4 Milliarden Reichsmark zu verringern. Und dennoch mußte Reichsbank­präsident Schacht infolge der Mißwirtschaft des Hitlerregimes öffentlich den Bankrott des Dritten Reichs anmelden. Wie kann er unter diesen Umständen einer neuen Forderung in Höhe von 600 Millionen Goldmark nachkommen? Das ist ein Ding der Unmöglichkeit.

Damit ist aber darüber müssen sich auch die irre­geführten Anhänger der braunen Front in klaren sein die ganze Rückgliederungsbewegung in Gefahr. Selbst wenn sich die Mehrheit der Saarbevölkerung für die Rückgliede­rung aussprechen sollte, so ist die praktische Durchführung des Anschlusses zweifelhaft, da das Dritte Reich nicht im­stande sein wird, weder die Gruben in Gold zurückzukaufen, noch den privaten Auslandschuldforderungen Rechnung zu tragen. Eine solche Entwicklung würde aber zwangsläufig zu einer Verschärfung der politischen Situation führen, bei der die Saar   nichts profitieren, aber sehr viel verlieren wird. Wir erinnern bei dieser Gelegenheit an die Bemerkung der

französischen   Denkschrift, die bei Nichtzahlung die völlige oder teilweise Liquidation der Gruben" vorsieht. Die kata­strophalen Auswirkungen dieser Drohung würden für das Saargebiet unabsehbar sein.

Im Falle eines Status quo würden alle diese Komplikatio­nen von selbst wegfallen. Die Saarbevölkerung würde dar­über hinaus von den Folgen einer Markentwertung und den Folgen des bereits jetzt beginnenden wirtschaftlichen Zu­sammenbruchs des Hitlerreichs bewahrt sein. Auch das Schreckensgespenst des Rentenraubes, mit dem die braune Front die Renten- und Pensionsempfänger an der Saar   für sich gefügig machen will, ist rasch verscheucht worden. Die Denkschrift Barthous sagt klar und deutlich, daß im Falle des Status quo natürlich auch die bereits erworbenen oder zu erwerbenden Rechte auf dem Gebiete der Sozialversiche. rung und der Pensionen, welcher Art sie auch sein mögen," unter allen Umständen für die Saarbevölkerung gesichert bleiben müssen.

Bei der braunen Front herrscht bereits eine Katzenjammer­Stimmung. So sehr sich auch die gleichgeschalteten Schreiber­linge an der Saar   bemühen, das Saarvolk durch eine ver­logene Schilderung der Lage im Reich zu verdummen, so sehr kann bereits die Presse im Reich selbst die Wahrheit, wenig. stens bis zu einem gewissen Grade, nicht mehr vertuschen. So schreibt beispielsweise die Deutsche Bergwerkszeitung" in ihrer Ausgabe vom 2. September in ihrem Leitartikel folgendes:

..Auch die Deutschen   an der Saar   wissen, wenn sie am 13. Januar 1935 ihre Stimme für die Heimkehr ins Reich abgeben, daß sie nicht in ein reiches, mit Glücksgütern ge­segnetes Land zurückkehren. Trotzdem werden sie aber für nach Deutschland  die Rückgliederung ihrer Heimat stimmen. Die Stimme ihres Blutes treibt sie dazu." ,, Die Stimme des Blutes", das ist jetzt der letzte Strohhalm, an den sich die braune Front in ihrer Verzweiflung klam­mert. Das ist das einzige Argument, das ihr noch geblieben ist. Aber sie sollte lieber von der Stimme des Blutes" nicht sprechen. Denn das Volk an das Saar wird dabei nur an das Blut tausender deutscher   Volksgenossen erinnert, die die braune Mordbestie vergossen hat.

Völkerbund  , werde hart!

Energische Sprache der französischen   Presse zur Saarirage

A. Ph. Paris, 7. September.

( Von unserem Korrespondenten)

Man betrachtet hier die Saarfrage mehr und mehr als das dringendste Problem des Tages. Und wenn die franzö­ sische   Presse auch keine Hypothesen über das Abstimmungs­ergebnis aufstellt, so fordert sie doch energisch, daß angesichts der Berichte der Regierungskommission und der franzö­ sischen   Denkschrift, aus denen die Unterdrückung der Saar­bevölkerung erfolge, der Naziterror hervorgeht, der Völker­bund rasche und schnelle Entscheidungen über die notwen­digen Abwehrmaßnahmen treffe. Auch in den Kreisen des Völkerbundes, der am Freitag zu seiner ersten Sizung zu sammentritt, sieht man diese Notwendigkeit ein. Man weiß dort, so schreibt Paris Soir", daß Zuvorkommen das beste Mittel sei, um zu vermeiden, daß die Abstimmungs­ergebnisse gefälscht würden. Mehr aber noch müsse ver­mieden werden, daß es zu ernsten Unruhen im Saargebiet

streiten. Der Anteil Venedeys an diesem Dokument dürfte größer gewesen sein als der Schusters. Es ist von einer Glut und von einem Pathos erfüllt, so stark, daß einzelne Stellen einen noch heute mitzureißen vermögen; aller Zwiespalt des Dokuments wird übertönt von der Gewißheit: Die Men­schen gehen unter, aber das gesprochene Wort der Wahrheit lebt ewig."

Im Juli 1834 nun muß es gewesen sein, daß die Offizin J. Smith, Paris, Rue Montmorency 16, das erste Heft der Zeitschrift des Bundes herausbrachte: ,, Der Geächtete." Als Motto steht auf den rotbraunen Heften: ,, Erlöse uns vom Uebel! Amen!" und später der Zusatz: Ein Bundesbeschluß verbietet den Geächteten in Deutschland  . Es ist ihm sein Recht widerfahren. Wer denselben in Hessen- Darmstadt   ver­kauft, muß 10 Gulden zahlen, wer in Sachsen  , 20 Taler Strafe zahlen. Dies zur Nachachtung." Börne und Heine arbeiteten im Geächteten" mit, aber die Hauptarbeit lei­steten Venedey   und Schuster. Wieviel Hefte insgesamt er­schienen sind, ist nicht mit Sicherheit festzustellen. Länger als bis 1836 ist das Blatt wohl nicht erschienen. Auch über die Verbreitung des Blattes in Deutschland   läßt sich schwer Genaues sagen, aber immerhin konnte sich das Blatt, von Spitzeln sorgfältig beobachtet, etliche Monate lang halten; die deutschen   Arbeitervereine in der Schweiz   unterstützten es, aber diese Summen waren wohl sehr klein. Nach einem Spitzelbericht geschah die Finanzierung durch einen von Börne verwalteten Fonds, der auch..kleinere Liederbücher und kleine Dialoge in der Art eines republikanischen Kate­chismus" vertrieb.

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Vom Stil des Blattes gebe ein Zitat aus dem im ersten Heft erschienenen Vorwort an die deutschen   Vaterlands­freunde" eine Vorstellung: ,, Es ist so Brauch und Herkom­men, auf dem ersten Blatt einer neuen Zeitschrift ein Glaubensbekenntnis abzulegen. Unseres steht auf dem Titel und es heißt: ,, Erlöse uns vom Uebel! Amen!" Es ist die letzte Bitte des Vaterunsers, wir könnten noch manche aus demselben mit anführen, aber wir denken, diese wird aus­reichen.. ... in den Thronsälen, in den Fürstenzimmern, in den Ministerstuben und in den Ständekammern Deutsch­ lands   wird dieser Spruch, den der Lehrer des Christentums den Armen an Geist vererbte, dereinst die Stolzen erbleichen, die Mutigen erzittern, er wird die Throne wanken und Mauern einstürzen machen... Er sei unser Wahlspruch. Alle, die ihn mit warmem Ernst beten, die ihn in der stillen Hütte des Bauern, die ihn in der engen Stube des Handwerkers, die ihn an dem Altar ihres Gottes, die ihn in den Kerkermauern ihrer Tyrannen in Wahrheit und mit zerrissenem Herzen zum Himmel hinaufsenden, sind unsere. Freunde, sie soll unsere Zeitschrift vertreten; für sie soll ihre Stimme sich erheben; und mit ihnen wollen wir rufen: ,, Erlöse uns vom Uebel! Amen!"

Zwischen Theodor Schuster   und Jakob Venedey   kams bald zum Konflikt, der die erste Auseinandersetzung zwischen bür­

in Gestalt eines Hitlerputsches" fomme, der vielleicht plötz­lich der Kontrolle des Völkerbundes an der Saar   ein Ende machen könnte.

Auch Georges Marcenay beschäftigt sich unter der Ueberschrift Herr Knox, ein interessanter Beauftragter, der seine Schiedsrichterrolle loyal erfüllt" mit diesem Problem. Knox, so heißt es in dem Artikel, kümmere sich weder um die öffentliche Meinung des Saarlandes, noch um die offi­zielle Ansicht seines Heimatlandes England. Er berichte un­ermüdlich nach Genf  , welcher illegalen Handlungen sich die Nazis schuldig machen. Er tue seine Pflicht. Und auf dem mit zerschossenen Tauen hin- und herschwankenden Schiff des Völkerbundes stehe dieser signalgebende Beamte viel sicherer als die Stabsoffiziere.

Henry de Korab äußert sich ini Leitartikel des ,, Matin"( Nr. 18: 431 6. September) zur Saarfrage. Auch er meint, sie sei diejenige Frage, mit der sich der Völkerbund vor allem zu befassen habe. Wenn der Völker­

gerlicher und sozialistischer Demokratie in der deutschen  Geschichte darstellt. Der Bund der Geächteten spaltete sich schließlich, und unter Schusters Leitung schlossen sich die Sozialisten zum Bund der Gerechten zusammen, der der erste in einer Reihe von Bünden ist, die zum Kommunisten­bund führt, für den Marx und Engels das ,, Kommunistische Manifest" schrieben.

Im Juli 1834, vor hundert Jahren, erschien die bedeu­tendste Emigrantenzeitschrift der ersten deutschen   Emigra­tion. Gleichzeitig aber, und das ist ein symbolhaftes Zu­sammentreffen, erschien in Deutschland   die erste illegale Zeitschrift, die es allerdings über das erste Heft nicht hinaus­brachte: Georg Büchner   und Ludwig Weidig   ließen die erste Botschaft" des ,, Hessischen Landboten  " in Darmstadt   er­scheinen, die so beginnt:

,, Dieses Blatt soll dem hessischen Lande die Wahrheit melden, aber wer die Wahrheit sagt, wird gehenkt, ja sogar der, welcher die Wahrheit liest, wird durch meineidige Richter vielleicht gestraft. Darum haben die, welchen dies Blatt zu­kommt, folgendes zu beachten: 1. Sie müssen das Blatt sorg­fältig außerhalb ihres Hauses vor der Polizei verwahren; 2. sie dürfen es nur an treue Freunde mitteilen; 3. denen, welchen sie nicht trauen, wie sich selbst, dürfen sie es nur heimlich hinlegen; 4. würde das Blatt dennoch bei einem ge­funden, der es gelesen hat, so muß er gestehen, daß er es eben dem Kreisrat habe bringen wollen: 5. wer das Blatt nicht gelesen hat, wenn man es bei ihm findet, ist natürlich ohne Schuld."

Auch im Hessischen Landboten  " steckt der gleiche Zwie­spalt wie im, Geächteten". Er konnte aber nicht zu festen Formulierungen führen, denn die Verfolgungen machten ihm ein schnelles Ende, Büchner   mußte ins Exil, Weidig in den Kerker, wo er ermordet wurde; 1837 starben beide Ver­fasser des ,, Landboten  ".

Der Landbote" liest sich als wäre er heute geschrieben: ..Friede den Hütten! Krieg den Palästen! Im Jahre 1834 sieht es aus, als würde die Bibel Lügen gestraft. Es sieht aus, als hätte Gott   die Bauern und Handwerker am fünften Tage und die Fürsten   und Vornehmen am sechsten gemacht, und als hätte der Herr zu diesen gesagt: Herrschet über alles Getier, das auf Erden kriecht, und hätte die Bauern und Bürger zum Gewürm gezählt." Man muß nur die Jahreszahl ändern, man muß nur die Fürsten   und Vornehmen" durch das Wort ,, Nazifunktionär" ersetzen und man hat den heu­tigen Zustand Deutschlands   geschildert.

Das war 1834, daß die besten Deutschen   in die Illegalität und die Emigration gehen mußten. Das war 1834, daß der ,, Hessische Landbote" das Wort des Mutes und des Trostes fand:

,, Bis der Herr euch ruft durch seine Boten und Zeichen. wachet und rüstet euch im Geiste und betet ihr selbst und lehrt eure Kinder beten: Herr, zerbrich den Stecken unserer Treiber und laß dein Reich zu uns kommen das Reich der Gerechtigkeit. Amen."