Völker in Sturmzeiten Nr. 16

Völker in Sturmzeiten

Im Spiegel der Erinnerung- im Geiste des Sehers

Die letzten Märtyrer

( Schluß)

,, Schwestern und Brüder!" sagte er, ,, für uns beginnt der Tag der Freude. Unser Glauben kann nicht sterben, denn er ist die ewige Wahrheit des Seins, und selbst unsere Denker tragen dies, wenn auch verborgen, wenn auch unbewußt, in sich. Unser Glaube ist das letzte Geheimnis der Welt, das man in allen Jahrhunderten gleich verehrt, auf allen Planeten. Für uns aber ist jetzt der Tag gekommen, unsern Glauben zu bekennen vor allen Zeiten und der Ewigkeit. Wir dürfen uns der höchsten Leidenschaft angeloben: jener vor dem Tode. Erinnert euch, wie oft wir in sinnloser Verzückung unsere Körper geißelten und wie der Schmerz die Süßigkeit des Verlöbnisses verdoppelte. Der Tod aber wird den Jubel verdreifachen, verzehnfachen. Der Tod wird weit öffnen die Pforten zur Ruhe, die ihr noch nicht wißt, zum blendenden Lichte, das ihr noch nicht kennt. Schwestern! Brüder! Der Augenblick letzter Vereinigung wird wie ein Blitz unser gan­zes Sein durchdringen und noch unser letter Atem wird ein Schrei sein unsagbaren Glückes. O ihr letzten Gläubigen, o ihr letzten Märtyrer des Glaubens, ich sehe, o ich sehe Kränze des Ruhmes auf euren Häuptern!"

Ich bin fest davon überzeugt, daß in der Stimme des Theo­dosius sowohl wie in seinem Blicke eine hypnotische Kraft ist. Unter seinem Einfluß wurden alle im Dome wie um­gewandelt. Ich sah ekstatische Gesichter. Ich hörte heroische Ausrufe.

Theodosius befahl, die Hymne zu singen. Jemand setzte sich an die Orgel. Die Luft wogte. Die Melodie erfüllte den dumpfen Raum, strömte zwischen uns hin, verflocht uns alle mit ihrem unüberwindlichen Netz in ein vielgesichtiges Wesen. Die Verse unseres großen Poeten rissen sich unwillkürlich von unseren Lippen los, so wie unwillkürlich der Ozean tönt im Rufe des Windes. Wir waren wie singende Saiten eines großen Orchesters, Stimmen gewaltiger Orgel, rühmend das ewige Rätsel, preisend schöpferische Leidenschaft.

Etwas später rief man mich in den Rat der Ausführenden. Beim Schein der Kerzen versammelten wir uns im gewöhn­lichen Zimmer des Rates. Kaum erkennbar waren die gött­lichen Fresken an den Wänden. Theodosius war Vorsitzender.

Er sammelte alle Daten über den Lauf des Aufstandes. Die Lage war hoffnungslos. Die ganze Armee ging zu den Revolutionären über. Alle Generäle und höheren Offiziere waren arretiert und größtenteils schon verurteilt. Die Zen­tralfestung erlag dem Sturmangriff. Sämtliche Regierungs­gebäude das Palais, das Parlament, die Polizeipräfektur nahm die Miliz ein. Die aus der Provinz kommenden Nach­richten meldeten betreff der anderen Städte einen ähnlichen Erfolg des Aufstandes.

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Die Frage wurde aufgeworfen, was zu tun sei. Die Mehr­zahl schlug vor, sich zu ergeben und der Gewalt zu unter­werfen.

Theodosius schwieg zu all diesem. Dann nahm er aus einem Täschchen ein Papier und legte es uns zur Durchsicht vor. Das war eine der Proskriptionslisten des Zentralstabes. In ihr waren alle jene aufgezählt, die in unserem Ausführenden Rate saßen, darunter auch ich. Uns alle hatte das Geheime Gericht zum Tode verurteilt.

Ein bedrücktes Schweigen begann. Theodosius sagte: ,, Brüder! Lasset uns die Schwächeren nicht in Versuchung führen. Zeigen wir diese Liste allen Gläubigen, so werden viele schwankend werden. Werden hoffen, durch Verrat und Abtrünnigkeit sich das Leben zu kaufen. Aber die Liste ver­heimlichend, lassen wir sie an der großen Ehre teilnehmen, durch die Tat des Todes die Reinheit ihres Glaubens zu be­siegeln. Erlauben wir ihnen denn mit uns zu teilen unser dreifach beneidetes Schicksal."

Jemand wollte erwidern, doch zaghaft. Theodosius näherte ruhig das Papier mit den Namen dem Licht und verbrannte es. Wir sahen, wie die kleine Rolle sich langsam in Asche ver­wandelte.

Plötzlich klopfte eine Diakonissin. Ein Vertreter des Stabes begehrte uns zu sprechen.

Ein junger, entschlossener, zuversichtlicher Mensch trat ein. Im Namen der zeitweiligen Regierung verlangte er, daß ein jeder von uns sich in seine Wohnung verfüge. Ein be­sonderes Komitee würde, dies waren seine Worte, das Statut unseres religiösen Bundes durchsehen und feststellen, ob er dem gesellschaftlichen Leben unschädlich sei.

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Wir wußten, daß diese Worte nur Betrug seien, da wir schon verurteilt waren. Einige Augenblicke schwiegen alle. Die alsdann gesprochenen zwei Reden die des Theodosius und jene des Abgesandten kann ich auswendig. In kurzen Worten sprachen sich in ihnen zwei Weltanschauungen aus. Dieses sprach Theodosius :

,, Die neue Regierung spricht umsonst mit uns diese lüg. nerische Sprache. Uns ist es schon bekannt, daß wir alle vom Geheimen Gericht zur Hinrichtung verurteilt sind. Wir wissen, daß unser heiliger Glauben von euch schon von vorn­herein als unsittliche Sekte gebrandmarkt ist. Aber wir er­kennen eure Gewalt und euer Gericht nicht an. Wir stehen auf jenen Höhen der Erkenntnis, die ihr niemals erreichtet, und darum ist es nicht an euch, uns zu richten. Wenn ihr nur ein wenig bekannt seid mit dem Kulturleben eurer Hei­mat, so seht die hier Versammelten an. Wer sind diese? Die Blüte unserer Zeit: eure Poeten, Künstler, Denker. Wir sind der Ausdruck, wir, die Stimme jenes Lautlosen, Ewigstum­men, das sich aus Einsen gleich euch zusammensetzt. Ihr seid die Finsternis; wir, das aus ihr sich gebärende Licht. Ihr, die Möglichkeit des Lebens; wir das Leben. Ihr seid der Boden, der not und nützlich ist nur dazu, daß aus ihm wachsen könnten Stengel und Blüten also wir. Ihr verlangt, wir sollen uns in unsere Häuser begeben und dort eure Dekrete erwarten. Wir verlangen, daß ihr auf den Händen uns zum Palais traget und auf den Knien liegend unseren Willen ent­gegennehmet."

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Du kennst ja den Theodosius . Kennst alle seine Fehler: seine Heuchelei und Kleinmütigkeit, seine kleinliche Ruhm­sucht. Doch dieses Mal, seine letzte Predigt sprechend, war er wirklich groß und schön. Er war wie ein biblischer Pro­phet, sprechend zu aufrüherischem Volke, oder wie ein

Apostel erster Christenzeit, irgendwo in den Katakomben des Kolosseums, inmitten Scharen von Märtyrern, die gleich in die Arena hinausgeführt werden, den Raubtieren zum Zer­fleischen.

Und dieses antwortete der Abgesandte dem Theodosius : ,, Um so besser, wenn ihr euer Los schon kennt. Tausend­jährige Versuche zeigten uns, daß morschen Seelen kein Platz im neuen Leben sei. Sie waren eine tote Kraft, die bisher all unsere Siege verhinderte. Nun, am Tage der großen Um­gestaltung der Welt, entschlossen wir uns zu einem unum­gänglichen Opfer. Wir wollen all die Toten, all die zur Neu­geburt Unfähigen von unserem Körper abhauen, wenn auch mit gleichem Schmerze, so doch auch mit gleicher Unerbitt­lichkeit, mit der man einen kranken Körperteil abschneidet. Und warum rühmt ihr euch, daß ihr Poeten und Denker wäret! In uns ist genug Kraft, um ein ganzes Geschlecht von Weisen und Künstlern zu gebären, wie sie die Erde noch nie gesehen, wie ihr sie auch nicht einmal zu ahnen vermöget. Nur der fürchtet, zu verlieren, in dem keine Kraft ist, zu schaffen. Wir sind die schöpferische Kraft. Wir brauchen nichts Altes. Wir sagen uns von jedem Erbe los, weil wir uns unsere Schätze selbst schmieden wollen. Ihr seid das Ver­gangene, wir das Künftige; aber das Gegenwärtige, das ist das Schwert in unseren Händen!"

Lärm erhob sich. Alle sprachen gleichzeitig. Ich mußte schreien:

..Ja! Barbaren seid ihr, die keine Vorfahren haben. Ihr verachtet die Kultur der Jahrhunderte, weil ihr sie nicht be­greift. Ihr rühmt eure Zukunft, weil ihr geistig arm seid. Ihr seid eine Kugel, die schamlos den Marmor des Altertums zerschlägt."

Der Abgesandte des Milizstabes sagte zuletzt in offiziellem Tone:

,, Im Namen der zeitweiligen Regierung geb' ich euch Zeit bis zum heutigen Mittag. In dieser Zeit habt ihr die Pforten eures Domes zu öffnen und euch in unsere Hände zu geben. Nur so werdet ihr Hunderte von Leuten, die ihr durch Trug und Verführung an euch zogt, vor unnützigem Tode be­wahren. Das ist alles."

,, Und wenn wir nicht gehorchen?" fragte Lycius.

ララ

Werden unsere Geschütze dieses Gebäude dem Erdboden gleichmachen, und euch alle werden die Trümmer begraben." Der Abgesandte entfernte sich.

,, Den Dom zerstören!" wiederholte Lyzius ,,, unseren Dom, die wundervollste Schöpfung Leanders! Mit Statuen und Bil­dern der größten Meister! Mit unserer Bibliothek, der fünft­größten in der Welt!"

,, Mein Freund," entgegente Adamant ,,, für jene ist unsere Kunst schon Archäologie. Ob nun in ihren Museen zehn un­nüge Altertümer mehr sind oder nicht, ist ihnen un­wichtig."

Jemand sprach sein Bedauern darüber aus, daß man den Abgesandten lebend hinausgelassen. Theodosius hieß ihn schweigen.

,, Wir sind hier," sagte er, um unser Blut zu vergießen, nicht fremdes. Wir sind hier für eine Tat des Glaubens, nicht des Mordes. Lasset uns die purpurne Blässe unseres Mar­tyriums nicht verdüstern durch die schwarzen Flügel des Zor­nes und der Rache."

Durch die schweren Stores drang kaum ein Strahl des flimmernden Wintertages.

Unser Dom war völlig von Kerzen erleuchtet. Zum ersten­mal sah ich solch eine Feier des Lichtes. Es waren vielleicht an tausend Stimmen.

Theodosius befahl die Liturgie abzuhalten.

Noch nie war er so gewaltig. Noch nie erklangen die

Stimmen des Chores so feierlich. Noch nie war die Schön­heit der nackten Hero so flammend und so verzückend.

Der berauschende Rauch der Weihbecken liebkoste unsere Gesichter als wie mit schlanken flaumigen Fingern. Im schattenhaft bläulichen Weihrauch geschahen die großen Handlungen vor dem Symbole. Ihrer Rangstufe folgend, nahmen die nackten Jünglinge die Hüllen vom Heiligtum.

Der Krieg

Von Rainer Maria Rilke

Zum erstenmal seh ich dich aufstehn, hörengesagter, fernster, unglaublicher Kriegs- Gott. Wie so dicht zwischen die friedliche Frucht furchtbares Handeln gesät war, plötzlich erwachsenes. Gestern war es noch klein, bedurfte der Nahrung, mannshoch steht es schon da: morgen

überwächst es den Mann. Denn der glühende Gott reißt mit Einem das Wachstum

aus dem wurzelnden Volk, und die Ernte beginnt. Menschlich hebt sich das Feld ins Menschengewitter. Der Sommer bleibt überholt zurück unter den Spielen der Flur. Kinder bleiben, die spielenden. Greise, gedenkende, und die vertrauenden Frauen. Blühender Linden rührender Ruch durchtränkt den gemeinsamen Abschied. und für Jahre hinaus behält es Bedeutung, diesen zu atmen, diesen erfüllten Geruch. Bräute gehen erwählter: als hätte nicht Einer sich zu ihnen entschlossen, sondern das ganze Volk sie zu fühlen bestimmt. Mit langsam ermessendem Blick umfangen die Knaben den Jüngling, der schon hineinreicht in die gewagtere Zukunft: ihn, der noch eben hundert Stimmen vernahm, unwissend, welche im Recht sei, wie erleichtert ihn jetzt der einige Ruf: denn was wäre nicht Willkür neben der frohen, neben der sicheren Not? Endlich ein Gott. Da wir den friedlichen oft nicht mehr ergriffen, ergreift uns plötzlich der Schlacht- Gott, schleudert den Brand: und über dem Herzen voll Heimat schreit, den er donnernd bewohnt, sein rötlicher Himmel,

Sonntag- Montag, 9. u. 10. Sept.

Von Valerius Brjussoff

Der unsichtbare Chor der Diakonissinnen lobpries das Blinde Rätsel.

Fast gar nicht berauschend, erregte ein aromatischer süß­glühender Wein jedes Beben des Leibes, jedes Verlangen der Seele. Beflügelte jeden durch die Erkenntnis, daß dieser Augenblick einzig und nicht zu wiederholen sei.

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Hero in den goldenen Sandalen, mit einer goldenen Schlange als Gürtel anstatt jeder anderen Gewandung, und sie ihre zwölf Schwestern, die gleich ihr angetan waren, gingen in einem leisen wiegenden Rundtanz durch den Dom. Die magischen Orgeltöne und das harmonisch- geheime Sin­gen zogen jeden hinter ihr her, lenkte alle Blicke auf ihr gemessenes Wiegen.

Unmerklich, unfühlbar, unwillkürlich, folgten wir alle ihrem leisen Tanz. Und dieses Kreisen berauschte mehr als Wein, und diese Bewegung war trunkener als Liebkosungen, und dieser Gottesdienst übertraf jedes Gebet. Der Rhyth­mus der Musik wurde schneller, und schneller wurde auch der Rhythmus des Tanzes, und mit ausgestreckten Armen strebten wir vorwärts, im Kreise, ihr nach, der einzigen, der göttlichen- Hero. Und schon entrückte uns die Ekstase, und schon keuchten wir, durchglüht von geheimem Feuer, und schon zitterten wir, beschattet von der Gottheit. Da ertönte die Stimme des Theodosius . ,, Kommet, ihr Gläubigen, das Opfer zu vollziehen." Alle hielten ein, erstarben, wurden unregbar. Hero, die wieder nahe dem Altar stand, erstieg die Stufen. Ein Zei­chen des Theodosius rief einen Jüngling herbei, den ich bis dahin noch nicht gesehen. Errötend warf er sein Gewand ab und stellte sich neben Hero, nackt wie ein Gott, jung wie Ganymed, licht wie Balder .

Die Pforten öffneten sich und verschlangen das Paar. Der Vorhang wurde vorgezogen.

Auf den Knien liegend, stimmten wir die Hymne an. Und Theodosius verkündete uns:

..Es ist vollbracht."

Er erhob den Kelch und segnete uns.

Es strömten die betörten Töne der Orgel und keiner hatte mehr die Kraft, seine Leidenschaft zu verbergen. Wir um schlangen einander, und im plötzlichen Düster des aufstei­genden Weihrauches suchten sich die Lippen, die Hände, die Leiber. Dies waren Näherungen, Verbindungen, Ver­einigungen, waren Schreie, Stöhnen, Schmerz und Jubel. War die Trunkenheit tausendsichtiger Leidenschaft, wenn ringsum alle Bilder, alle Formen, alle Möglichkeiten, alle Biegungen weiblicher, männlicher und kindlicher Körper und alle Verzerrtheit und Verzücktheit der verwandelten Gesich­ter sind.

O noch nie, noch nie, fühlte ich solche Flamme, solche Unersättlichkeit des Verlangens, das vom Leibe zum Leibe eilen hieß in zweifache, dreifache, vielfache Umarmungen. Und nutzlos waren uns die Flagellanten, die an diesem Tage gleich allen von der Ekstase der Leidenschaft ergriffen

waren.

Plötzlich, ich weiß nicht auf wessen Geheiß, schoben sich die dichten Hüllen der Vorhänge von den Fenstern und das ganze Innere des Domes ward den Blicken der Außenstehen­den enthüllt: das Bildnis des Symbols, die rätselhaften Fresken an den Wänden und die Menschen, die in seltsamen Umschlingungen auf den weichen Teppichen lagen. Ein wü­tender Schrei drang von der Straße her bis zu uns.

Und schon bohrte sich der erste Schuß mit Getöse in das Spiegelglas der Fenster. Und dem ersten folgten weitere. Die pfeifenden Kugeln durchschnitten die Wände. Die Miliztruppen konnten das Schauspiel uicht ertragen, das sich hier ihren Blicken enthüllte, und hielten daher die ange gebene Zeit nicht ein.

Doch es war, als höre keiner die Schüsse. Die von un­sichtbarer Hand gespielte Orgel setzte ihr betörendes Lied fort. Des Weihrauchs Aroma wogte in der erregten Luft. Und auch im klaren Tageslichte, wie früher beim Scheine der heiligen Kerzen, wurde der Kultus der Leidenschaft nicht geringer.

Hero, die in den Pforten des Altares stand, schwankte als erste und fiel, während ihre Lippen der Schmerz ver­zerrte. Hier und dort sanken Arme; einige Körper fielen wie in endgültiger Ermattung zusammen.

Es begann ein furchtbares Blutvergießen. Die Kugeln fielen zwischen uns wie Regen, als würde eine gigantische Hand sie schockweise auf uns streuen. Doch von den Ge­treuen wollte keiner fliehen oder freiwillig die Umarmung lösen.

Alle, alle, auch die Verzagten, auch die Kleingläubigen, wurden Helden, wurden Märtyrer, wurden Heilige. Das Todesgrauen floh unsere Seelen, als würde es einem ma­gischen Worte gehorchen. Mit unserem Blut besiegelten wir die Wahrheit unseres Glaubens.

Einige, die getroffen waren, stürzten. Andere, in der Nähe der Gestürzten, drückten ihre Leiber fester anein ander. Und noch die Sterbenden suchten im letzten wütenden Kusse die begonnene Liebkosung zu vollenden. Ersterbende Hände streckten sich noch mit einer sinnlichen Geste. Im Haufen verkrümmter Körper war es schon unmöglich erkennen, wer noch liebkoste und wer schon starb. Inmitten der Schreie konnte man unmöglich das Stöhnen der Leiden schaft von dem des Todes unterschieden.

Zu

Irgendwelche Lippen preßten sich auf die meinen und ich fühlte den Schmerz verzückten Bisses. der vielleicht nur der letzte Krampf eines Sterbenden war. In meinen Händen hielt ich einen Körper, der entweder von gesättigter Lust oder in letzter Agonie erkaltete. Dann warf auch mich ein dumpfer Schlag auf den Kopf in den Haufen der Körper, zu den Brüdern, zu den Schwestern.

Allein das letzte, was ich sah, war das Bildnis unseres Symboles. Allein das letzte, was ich hörte, war der Ausruf des Theodosius, den tausendjähriges Echo nicht unter den Gewölben des Domes, aber in den unendlichen, von Finster. nis beschatteten Gängen meiner Seele wiederholte: ,, In deine Hände befehle ich meinen Geist!"