Zur Frage der Einheitsfront

Diskussionsbeitrag eines jungen deutschen Arbeiters

Als eifriger Leser der ,, D. F." und emigriertes Mit­glied der Sozialistischen Arbeiter- Jugend( der ich auch in meinen Bekanntenkreisen eifrig Propaganda für ihre wirklich gute Zeitung treibe) habe ich mir erlaubt, zu den Ausführungen Aufhäusers Stellung zu nehmen, da ich positiv weiß, daß meine in dem Aufsatz zum Ausdruck gebrachten Gedanken, die eines großen Teiles der Mitglieder der früheren S. A. J. sind.

Ich hoffe und bitte Sie gleichzeitig diesen ziemlich kurz gefaßten Artikel zum Abdruck zu bringen, wenn er auch stilistisch und sprachlich nicht immer vollkom­men sein mag und Sie auch in dieser oder jener Frage anderer Anschauung sein mögen.

Mit der Versicherung, daß ich weiter mit allen meinen Kräften zur Verbreitung der ,, D. F." mit beitragen werde und mit sozialistischem Gruß...

Nach genauer Lektüre des Artikels: Hauptfeind Faschis­mus", von Aufhäuser, wird man kaum eine Antwort auf die doch sehr natürliche und begreifliche Frage finden, warum das Problem der Einheitsfront so reichlich spät von den­jenigen behandelt wird, in deren Hände das Schicksal der deutschen Arbeiterbewegung gelegt war. Damals in den Tagen vor dem 30. Januar und noch in den Tagen nach der Machtergreifung durch den Faschismus, als noch eine große und stolze Massen" bewegung der Arbeiterschaft mit zwei ebenso großen und stolzen Massen" parteien bestand, damals als die Frage der Einheitsfront mit nicht zu übertreffender Deutlichkeit auf der Tagesordnung stand und ihrer Lösung harrte, wurde das Einheitsproblem wohlweislich ignoriert

bis Hitler es auf seine Art löste". Wenn S. Aufhäuser fagt, daß die Sozialdemokratische Partei und die Kommu­ nistische Partei des Saargebietes mit fühner Entschlossenheit eine einheitliche antifaschistische Front gegen die Unterwer­fung des Saargebietes unter Hitler- Deutschland gebildet haben", so zeigt uns dies Beispiel, daß die deutschen Ereig­nisse seit dem 30. Januar 1933 nicht nur den Untergang der deutschen proletarischen Bewegung nach sich zogen, sondern daß sie auf der anderen Seite dem Proletariat der ganzen Welt, und besonders dem des Saargebietes, zeigten, daß eine der Hauptursachen dieser Niederlage in dem Fehlen einer einheitlichen Kampffront, lag. Diefe Methode der Ein­heitsfront, die früher das einzig Mögliche zur Verhinderung einer Niederlage war, hat, nachdem die so große und stolze Massen" bewegung der Arbeiterschaft mit den zwei ebenso großen und stolzen Massen" parteien in sich selbst zusammen­gefallen ist, für das deutsche Proletariat ihre ehemalige Be­deutung fast völlig verloren.

Da die organisatorischen Umfassungsmauern der alten Arbeiterparteien gefallen sind", wie Aufhäuser sagt, doch im Dunkel des illegalen Kampfes zahlreiche revolutionäre Grup pen emporwuchsen... die um Ziel und Inhalt einer neuen Bewegung ringen", fann man von den in der legalen Zeit Hauptsächlich zur Bildung der Einheitsfront in Betracht fommenden alten Arbeiterparteien" überhaupt nicht mehr sprechen. Sind doch auch die beiden genannten als verant­wortlich angesehenen Parteien für ein Neuansleben, gleich wie in welcher Form, zu sehr kompromittiert. Wenn nun Aufhäuser behauptet, die deutsche Arbeiterbewegung sei nur an der Spaltung zerbrochen", so spricht er nicht nur sich und seiner Politik und die der anderen verantwortlichen Ar­beiterführer ein vernichtendes Urteil aus, sondern zeigt gleichzeitig, daß das für einen siegreichen sozialistischen Vor­marsch unbedingt notwendige: Lernen aus der Geschichte", bei ihm völlig abhanden gekommen ist. Hat er doch vollstän­

Wahlschwindel überall

Aus der ausisz wird uns geschrieben:

Zu den bemerkenswertesten Ergebnissen der Abstimmung vom 19. August gehört zweifellos das von Forst i. Lausitz . Nach Angabe des amtlichen Büros waren stimmberechtigt: 27 728 Personen, davon gehen ab: 2571 ausgegebene Stimm­scheine, bleiben 25 157 Wähler. Dazu kommen 1036 Wähler, die auf Stimmscheine in Forst abgestimmt haben, das sind 26 193 Stimmberechtigte.

Es haben aber abgestimmt 26 684 Personen, also 441 Wäh ler mehr überhaupt stimmberechtigt waren, und das bei 96 Prozent Wahlbeteiligung. Woher sind also die 441, plus 4 Prozent Nichtbeteiligung, find 1108, in Summa 1549 Stimmen gehe: er Herkunft? Das find die jungen noch nicht wahlberechtigten Arbeitsdienstpflichtigen, die nicht in der Wählerliste standen, aber zur Abstimmung fommandiert

wurden.

Vor der Abstimmung wurden in Forst massenhaft Zettel mit folgendem Text verbreitet:

Katholiken!

Hitler ließ unseren Klausener und Probst ermorden! Hitler ließ ihre Leichen verbrennen!

Hitler schickt unsere Geistlichen in die Gefängnisse!

Hitler vergewaltigt unsere Jugend!

Hitler ist der Feind der Katholiken!

Rein Ratholif fann Hitler wählen!

Darüber furchtbare Aufregung bei den Nazis. Bei allen namhaften Ratholiken erfolgte Haussuchung und strenges Verhör, auch wurde ein katholischer Pfarrer ver­haftet. Dann wurde das katholische Pfarramt gezwungen, nachstehende Erklärung in sämtlichen Forster Zeitungen ab­zugeben:

Der Katholik stimmt mit Ja!

Wie mtr soeben von der Redaktion des Forster Tage­blattes mitgeteilt wurde, sind Zettel verbreitet worden, die die Katholiken auffordern, am morgigen Wahlsonntag von der Wahlurne fortzubleiben. Ich bin ganz überrascht von dieser Bekanntmachung und versichere auf das bestimmteste, daß das katholische Pfarramt davon keine Kenntnis bisher hatte und sich den Ursprung dieser Hebzzettel überhaupt nicht erklären fann. Das Pfarramt fordert im Gegenteil alle Katholiken auf, am morgiaen Sonntaa ihre Staats­pflicht zu erfüllen und zu beweisen, daß wir Katho­lifen gute Deutsche sind.

Forst( Lausitz), den 18. August 1984.

Das fatholische Pfarramt Forst: i. A.: Günter Polozif, Kaplan.

dig die marristische Lehre von der Rolle der Partei inner­halb der Arbeiterbewegung vergessen". Die Verzweiflung über die vielen und schweren Niederlagen möchte Genosse Aushäuser mit der Schaustellung einer papiernen Einheit" verdecken, das Versagen der Massen" parteien( und-Führer) lehrt" ihn das Rufen und Verlangen nach noch größeren" Massen- und Einheitsparteien.

Greifen wir doch nur ein Beispiel von den vielen heraus, um zu beweisen, daß ihm die noch größeren" Parteien wohl kaum vor weiteren Niederlagen und Enttäuschungen bewah­ren werden: War die österreichische Arbeiterschaft auch nur an der Spaltung zerbrochen" oder war sie in einer einzigen " Massenpartei" unter einer einzigen Führung organisiert, in einer großen revolutionären sozialistischen Einheitspartei", die heute trotz der wirklich bitteren und schmerzlichen Er= fahrung( es ist nicht die einzige) wieder gefordert wird? Dieses eine blutige Beispiel der österreichischen Arbeiter lehrt uns, daß wir nicht krampshaft nach Einheits- und Nur- Massenparteien" rufen können, die nur bestehen wür­den im Geiste der gegenseitigen Amnestie", des Kompro­misse- Schließens und des gegenseitigen Verstehens". Der= artige Parteien werden gewöhnlich propagiert von politischen Bankrotteuren, verzweifelten Halb- und Hohlheiten nach­jagenden Elementen und den immer Unentschlossenen, von denen Karl Mary 1848 sagte:

Sie predigen dem Proletariat im allgemeinen Einigung und Versöhnung, sie bieten ihm die Hand und streben nach der Herstellung einer großen Oppositionspartei, sie streben danach, die Arbeiter in eine Parteiorganisation zu ver= wickeln, in der die allgemeinen sozialdemokratischen Phra­sen vorherrschend sind, und in der die bestimmten Forde­rungen des Proletariats um des lieben Friedens willen nicht vorgebracht werden dürfen. Eine solche Vereinigung würde allein zum Nachteil des Proletariats ausfallen." Es würde im großen und ganzen eine Partei entstehen chne flares marristisches Banner und klare Prinzipien, eine Partei, die daher wie ihre Vorläufer den Keim der Nieder­lage in sich trägt. Wird man die enttäuschten Anhänger", von denen Aufhäuser spricht, und die von der SPD. und KPD . und von der KPD. zur SPD. überlaufen" wirklich befriedigen und sammeln können, in dem man die in beiden Parteien verfolgte fehlerhafte und verderbliche Politik auf ein und dieselbe Formel vereinigt? Nein, ein wenig schwie­riger liegt doch das Problem der Einheitspartei", und ein wenig fühler und kritischer muß man es betrachten.

Sagt uns Aufhäuser doch selbst, daß die beiden früheren Arbeiterparteien ihre Aufgabe als Führer der Massen gänz lich ignoriert und verfehlt hatten: Das Vertrauen der Mas­sen zu ihrer eigenen Kraft ist das Vertrauen in die unüber­windliche Macht ihrer Einheit und Geschlossenheit". Hatten nicht die deutschen Massen bis zuletzt Vertrauen zu ihrer eignen Kraft", und trotzdem war das Vertrauen in ihre Einheit und Geschlossenheit"( denn die Massen waren einig) feine unüberwindbare Macht". Fühlten sie nicht im Gegen­feine unüberwindbare Macht". Fühlten sie nicht im Gegen­teil in dem Augenblick, wo der Faschismus sich anschickte die Macht zu ergreifen, daß es nun die Aufgabe der Partei wäre, sie zu führen? Zeigt uns doch nichts besser, daß vor dem Sammeln und Organisieren" der Arbeiterschaft, das nicht weniger wichtige Aufbauen und Stählen einer auf dem marristischen Fundament fest und unerschütterlich stehen­den Raderpartei", die wirklich fähig ist der Führer der Maj­sen zu werden, vergessen" wurde. Sehr richtig sagt dann Aufhäuser, daß am Anfang der Einheit die Einheit der Tat" stehe, aber hatten dies nicht gerade, wie wir gesehen haben, diejenigen, die dazu die Möglichkeit und Gelegenheit hatten cus reiner Unfähigkeit unterlassen"? Wenn die Frage der

Fartei eine der Bauptfragen der tes

Partei eine der Hauptfragen der Tegalen demokratischen Bett nar, so ist sie es mehr noch in der Finsternis der Illegalität, mo endgültig jede Nur- Massen" illusion auf das Unbarm herzigste zerstört wird.

Die Avantgarde des deutschen Proletariats wird, im Ge­gensatz zu den Propagandisten der Einheits- und Massen­parteien", die mit der tatsächlichen Wirklichkeit nichts gemein haben und gegenüber den blutigen Terrormaßnahmen nur ein Hohn sein können, ihre Aufgabe in dem Aufbau einer neuen Partei sehen. Dieser fortgeschrittenste, flarſte und geschlossenste Teil der Arbeiterbewegung wird sein Haupt­augenmerf nicht richten auf ein Vermengen und Vermischen der verschiedensten Theorien", um möglichst viel" Anhänger zu sammeln, sondern auf ein Erhalten der Reinheit und Klarheit des marxistischen Banners, das allein den Sieg verbürgt. Weil der Faschismus bereit ist, die Herrschaft des Großkapitalismus um jeden Preis zu stabilisieren und sich mit den Mitteln blutiger Gewalt nach innen und nach außen zu behaupten, weil die Elastizität der Hitler- Diftatur unbegrenzt zur Ueberwindung von Schwierigkeiten sind", und er fest, hart und unerbittlich in seiner tödlichen Feindschaft gegenüber der sozialistischen Arbeiterschaft bleibt", hat der revolutionäre Vortrupp der Arbeiterklasse eine allzu leichtsinnige, nur von sich reden" machende, Konzentrations­lager und Gefängnisse anfüllende Phrasen( Massen-) Politik, azulehnen und zu befämpfen. Wo hätte eine Einsatzbereit­schaft in den einzelnen Etappen der faschistischen Entwicklung" geendet, die Aushäuser fordert? Doch höchst wahrscheinlich mit der radikalen Zerstörung der revolutionären Gruppen und mit der Unmöglichmachung jeder illegalen Arbeit auf längere Zeit. Eine straff und eisern organisierte Kaders portei", die sich von allen demokratischen Illusionen befreit hat und die eine Politit der langen Sicht"( die einzig und, allein richtig ist) betreibt, wird nicht nur der Gestapo = rings siegreich standhalten, sondern die einmal verankerten Kader" weiteransbanen.

Möge auch diese Kader" partei für eine gewisse Zeit quan­titativ schwächer sein, doch qualitativ wird sie über allen Massen" parteien stehen. Eine derartige marristische Partei ist dann fähig den Massen ein Ziel zu geben, ihr wahrer Führer zu sein, die Triebfraft der Revolution zu werden, und sie wird die Aufhäuser auf so gänzlich falschen Wege ongestrebte Resonanz und Massenbasis" finden. Genau so wenig wie die Massenpartei" in Betracht kommen fann für die politische Wiedergeburt der deutschen Arbeiterklasse, fann es die Massengewerkschaft" für die Belegschaft und den Betrieb. Auch hier muß sich die revolutionäre Avantgarde, will sie fruchtbare und erfolgreiche Arbeit leisten, von dem Prinzip der Kader", und von der Politik der langen Sicht" leiten lassen.

Aufhäuser sagt weiter: Alle parteitaktischen Erwägungen haben zurückzutreten." Handelt es sich denn wirklich nur um nebensächliche, untergeordnete parteitaktische Erwägungen" oder ist es nicht eine der wichtigsten, hauptsächlichsten und schwierigsten Probleme unserer Epoche mit der das Schicksal der deutschen Arbeiterbewegung, das Schicksal des gesamten internationalen wissenschaftlichen Sozialismus" unlösbar verbunden ist: an dem richtigen Erkennen der Partei, ihres Wesens, ihrer Rolle und ihrer Aufgabe? Führt dann die Gründung und der Aufbau einer neuen wahren marxistischen Partei wirklich zur Bertiefung der Spaltung" oder wird sie nicht durch das Organisieren der Widerstandskraft der Ar­beiterschaft die Ehre des internationalen Sozialismus" ret­ten und dem Proletariat die wirkliche, dauernde Einheit, die Einheit der Tat erfämpfen? Die revolutionäre Avantgarde wird daher der Ansicht sein, daß die Bildung der Einheits­front unter den in der Illegalität verbliebenen Gruppen, obwohl diese Frage ihre natürliche entscheidende Bedeutung verloren hat, die Bildung einer neuen Partei nicht aus= schließt, die allein das Schicksal der Revolution bestimmt und die affein die Arbeiterschaft zum Weg zur Macht be­fähigt"! Schoba.

In Groß- Jammo, Kreis Sorau , wurden die Stimmzetter Des Führers" Freund

gleich am Vorstandstisch abgenommen, erst nach Protest eini­ger Wähler wurden die Leute in die Wahlzelle gelassen. Der Protesteinleger wurde von einem 20jährigen SA.- Mann zum Volksverräter erklärt.

Berliner Einzelrefultate: bis 50 Prozent Nein!

In Berlin- Neukölln wurden in verschiedenen Bezirfen 30 bis 35 Prozent Neinstimmen abgegeben, in Mahlsdorf - Süd 40 Prozent. Am Wedding brachte es ein Bezirk auf 590 Nein­und ungültige Stimmen gegen 600 Ja- Stimmen, in einem anderen Bezirf auf 676 Nein- Stimmen gegen 746 Ja. In Lichtenberg wurden 26 bis 27 Prozent Nein- Stimmen abge= geben. Auch in dem rein bürgerlichen Stimmbezirk Lüßow­plak hat sich die Opposition mit 225 gegen 109 vom 25. No­

vember mehr als verdoppelt.

Aehnliche Resultate wurden auch in Leipzig erzielt, wo in manchen Gegenden die Nein- Stimmen bis auf 40 Prozent stiegen. Aehnlich war es in Bielefeld und anderen Indu= striestädten des Westens.

Neue Judenpogrome Streichers Von der Hitlerpresse unter antisemitischen Ver­leumdungen zugegeben

Die in Würzburg erscheinende Mainfränkische Zei­tung" meldet qus Laudenbach bei Karlstadt :

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Die Schande von Kamen "

Dortmund , 9, Sept.( Inpreß.) Der Stürmer des Ehrengruppenführers Streicher hatte in seiner August­ausgabe( Nr. 34) einen Artikel Die Schande von Kamen " veröffentlicht, in dem er den nationalsozialistischen Bürger­meister von Kamen bei Dortmund , Brüning, und den Bau­rat Reich beschuldigte, durch einen erwerbslosen SA.- Mann den Judenfriedhof in Kamen in Ordnung bringen zu lassen". Dieser Artikel führte zu einer dringenden Gemeinderats­sizung" in Kamen , die so stürmisch verlief, daß sie unter­brochen werden mußte und eine Anzahl Gemeinderatsmit­glieder sich an den weiteren Beratungen nicht mehr beteiligte. Die Sibung verdient besonderes Interesse, weil hier einmal in Deutschland selbst zu den Methoden Stellung genommen worden ist, mit denen Streicher sein Schandblatt fabriziert. Der Bürgermeister Brüning erklärte, daß schon in der Ueberschrift des Stürmer" eine Lüge enthalten sei". Er gab sodann eine Darstellung aller in dem Bericht enthal­tenen Lügen und erklärte zum Schluß, daß er von der Ab­sicht des Stürmer", den Artikel zu veröffentlichen, vor er=

folatem rud Kenntnis erhalten und das Blatt gewarnt habe, ihn aufzunehmen. Der Stürmer" aber", sagte Brüning, hat meine Angaben bzw. Richtigstellung nicht abgewartet, sondern den tendenziös entſtellten Bericht ver­öffentlicht."

Zu unerlaubter Selbsthilfe gegriffen haben in den Wer nicht parlert, kreplert!

frühen Morgenstunden hiesige Einwohner, die, wie uns berichtet wurde, durch übermäßiges Geschrei jüdischer Vieh­händler aus dem Schlaf geweckt wurden. Es wird weiterhin erzählt, die Juden hätten sich auch schwere Tierquälerei zu­schulden kommen lassen. Der Viehhändler Josef Hirsch mußte seine Rücksichtslosigkeit und seine Tierquälereien büßen. Er begab sich in die Behandlung eines Naturheil­kundigen. Ueber dieses Vorkommnis kursieren die tollsten Gerüchte, und man muß sich nur wundern, daß die Juden noch so viele mitfühlende Freunde ihr eigen nennen können. Wenn wir auch die Ge­mütsaufwallung der aus dem besten Schlafe geweckten und durch Tierquälereien empörten Volksgenossen nur zu gut verstehen können, so können wir jedoch die Ausschreitungen im Intereffe der öffentlichen Ruhe und Sicherheit nicht für gut heißen. Fie Gendarmerie Karlstadt hat sich des Bor falles bereits angenommen und wird in objektiver Weise dazu Stellung nehmen."

Die Gendarmerie des Hitler- Streichers verhaftet nicht etwa die Banditen, sondern nimmt in objektiver Weise Stellung".

Das Wiesbadener Tageblatt veröffentlicht folgende Notiz aus der Gemeinde Kirchen( Sieg):

Nörgler und Kritikaster stellen sich außerhalb der großen Volksgemeinschaft. Zu ihnen gehört auch der Nach­falkulator aus Betzdorf , der sich in letzter Zeit wiederholt in höchst abfälliger Weise über die Regierung geäußert hat. Er wurde von der Polizei von seiner Arbeitsstelle in der Lokomotivfabrik Arnold Jung zur polizeilichen Vernehmung geholt und dann vorläufig(!) wieder auf freiem Fuß ge­lassen. Die Gefolgschaft seiner Arbeitsstelle weigerte fich(?) weiter mit dem Stänferer zufammen zu arbeiten, so daß er von der Werfsgemeinschaft ausgeschlossen wurde. Die Folgen der Arbeitslosigkeit und vielleicht auch den Verlust der Erwerbslosenunterstüßung hat er sich selbst zut­Auschreiben."

Tragischer Tod

Der frühere Sekretär des Buchdrudervereins in Magde­Busdruckerverbandshaus in Magdeburg einen Herzschlag. An burg , Pietschner, 62 Jahre alt, erlitt infolge Beschimpfung im seiner Beerdigung nahmen über 700 sozialdemokratische Par­teigenossen teil