Das Hilfswerk für die deutschen Flüchtlinge
Genf , 6. Sept. Nach Mitteilungen, die der Kommissar für das Hilfswerk zugunsten der deutschen Flüchtlinge( Ifraeliten und anderer), James G. Macdonald, bei einem Presseempfang im Genfer Hotel Bellevue machte, fonnten bisher ungefähr 25 000 Flüchtlinge untergebracht werden, deren Mehrzahl ist nach Palästina gegangen. Die anderen haben sich nach überseeischen Ländern begeben oder fonnten ständige Beschäftigungen in den Ländern finden, wohin sie zuerst geflohen waren. Gegenwärtig stellen fast alle Regierungen der Deutschland benachbarten Ländern gleichartige Reisepapiere zugunsten der Flüchtlinge aus. Diese
Identitäts- und Reiseausweise"
sind hinsichtlich der Visierung durch die Einwanderungsländer den nationalen Reisepässen gleichgestellt. Anderseits fonnten im Hinblick auf die Ausdehnung der Arbeitslosigfeit in allen Ländern für die Arbeitsbewilligungen zugunsten solcher Flüchtlinge, die für eine selbständige Niederlassung keine genügenden Mittel haben und einen Broterwerb suchen müssen, viel weniger günstigere Resultate erzielt werden. Das Hilfswerk für die Flüchtlinge sollte daher durch konstruktive Maßnahmen ergänzt werden, welche die definitive Niederlassung der Betreffenden in neuen Beschäftigungsfreisen zum Ziel haben. Derartige Maßnahmen werden zurzeit in London und besonders in Neuyork getroffen, um besondere Organisationen zu schaf=
fen behufs Beschleunigung der Auswanderung und der Ansiedlung. Diese lettere soll den Flüchtlingen eine wirtschaftliche Grundlage bieten, um sie vor dem beschämenden Gefühl zu bewahren, dauernd der öffentlichen Wohltätigkeit anheim zu fallen. Da im ganzen
mehr als 60 000 Flüchtlinge Deutschland verlassen haben, sind ganz bedeutende Mittel erforderlich, damit die verschiedenen Organisationen, die in der angegebenen Rich tung arbeiten, ihre Tätigkeit fortsetzen fönnen. Bereits haben die jüdischen Gemeinschaften der ganzen Welt in weitem Maße zu dem Zweck der unmittelbaren Hilfe an solche Flüchtlinge beigetragen, deren Lage sich als besonders verzweifelt darstellte. Die Gelder aus christlichen Kreisen ihrerseits waren bisher äußerst beschränkt, und da sich unter den Flüchtlingen weniger Christen als Juden befinden, haben viele jüdischen Gemeinschaften auch die ersteren, die sich unter den israelitischen Schicksalsgenossen befanden, unterstützt.
Man hofft jedoch, daß sowohl in den Vereinigten Staaten als in Großbritannien , mit Unterstüßung hoher kirchlicher Behörden, es möglich sein werde, für die christlichen Flücht= linge größere Mittel aufzutreiben, um damit jene jüdischen Gruppen zu entlasten, die bisher ihre Unterstüßung ohne Rücksicht auf Rasse oder Bekenntnis der Flüchtlinge gewährt haben.
Wladimir D'Ormesson beschäftigt sich im„ Fi garo" mit den französisch italienischen Beziehungen. Der befannte Publizist stellt mit Befrie: digung eine Besserung dieser Beziehung als Folge der deutschen Ereignisse fest. Er sagt, die Italiener seien wie die Engländer, sie fühlen nicht instinktmäßig die deutsche Gefahr, denn sie seien ja nicht direkt Nachbarn Deutschlands . Aber jetzt, wo die deutsche Gefahr auch sie direkt bedrohe,
reagieren sie genau wie Frankreich .
Auch England beginne ja, sich zu fragen, ob nicht seine Sicherheit illusorisch sei. Zwischen Frankreich und Italien gebe es heute eine Gemeinsamkeit der Auffassungen. Diese Gemeinsamfeit richte sich nicht gegen Deutschland , denn Italien sei ja nicht antideutsch, es wünsche genau wie Frank reich, in Frieden mit seinen Nachbarn zu leben. Aber Frankreich und Italien seien sich einig, daß das deutsche Getümmel eben auf Deutschland beschränkt bleiben müsse.
Es gebe aber, so meint D'Ormesson , zwischen Frankreich und Italien noch viel stärkere Bindungen. Diese Bindungen seien in der gleichen Kultur und in der gleichen Lebensauffassung zu suchen. Und wenn auch Italien eine Diktatur, England ein Königreich und Frankreich eine Demokratie sei, so schlinge sich doch um alle drei das gleiche Band der Zivilisation.
Zwischen Frankreich und Italien , so heißt es weiter, gebe es feine Prestigefragen mehr. Die beiden Länder, die eines wie das andere die gleiche Denfart haben, streiten sich nicht mehr um Schatten, sondern verständigen sich über
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Straßburg
Faschisten ohne Hemd
In
dem Arbeitervorort staden holten sich einige Schwarzhemden, die dort mit dem Verkauf ihrer Zeitung ihre Heilslehren an den Mann bringen wollten, eine böse Abfuhr, die rasch entschlossenen Arbeiter, die in größerer Zahl die Faschisten umringten, nötigten die recht verblüfft dreinschauenden Vertreter der Straßburger Faschistenortsgruppe, sich möglichst rasch ihrer Hemden zu entledigen. Nach einigen Ausflüchten kamen die Herren dieser Aufforderung nach, ließen sich noch fotografieren und marschierten dann in trauigem Zug nach Straß burg zurück. Die Bevölkerung scheint nicht gesonnen zu sein, den Faschismus und seine Vertreter mit überströmender Liebe zu empfangen. Seit einigen Tagen sind auch im Straß burger Stadtbild die uniformierten Vertreter der Faschisten verschwunden.
Keine Einreiseerlaubnis für ,, schöne Frauen"
Im erst vor kurzem wiedereröffneten Union- Theater sollte vor einigen Tagen zum Beginn der Exposition eine Revue ,, 8 chöner Frauen" steigen. Alle Vorbereitungen waren getroffen und der Kartenverkauf hatte bereits begonnen. Doch als die Vorstellung beginnen sollte, waren die schönen Frauen nicht gekommen. Sie erhielten keine Einreiseerlaubnis. Die zuständigen Stellen scheinen der Meinung gewesen zu sein, daß die vielen, vielen schönen Frauen viel besser im ,, dritten Reich" bleiben könnten und die Straßburger diesen Verlust nicht allzu schmerzhaft empfinden würden. Vielleicht hat der ,, Führer" Erbarmen mit den arbeitslosen Schönen und holt sie in letter Stunde nach Nürnberg . Die
Tatsachen. Sie haben hinsichtlich des Donaupaftes ein großes Aufbauwerf gemeinsam zu vollenden. Und was diesem Werf seine Bedeutung verleiht, ist, daß es nichts Besseres für Europa und für die Sache des Weltfriedens gibt."
Neuyork, 9. September.
Die französisch- amerikanische Gesellschaft in Neuyork hat ein großes Abschiedseffen gegeben zu Ehren der franzö fischen Delegation, die aus Anlaß der Gedächtnisfeiern für Jacques Cartier , des Entdeckers von Kanada , nach Amerifa gefommen war. Bei dieser Gelegenheit hat der französische Minister der öffentlichen Arbeiten eine längere Rede gehalten, in der er sich auch mit der Frage des Franken beschäftigte. Zur französischen Geldpolitik erklärte der Minister sehr energisch, daß Frankreich den Franken halten werde, genauso wie die fran zösischen Soldaten Verdun gehalten hätten, nicht aus wirtschaftstechnischen Gründen allein, sondern vor allem auch aus moralischen Gründen. Denn die Regierung wisse sehr wohl, daß die wirtschaftliche Unordnung ernste soziale Wirren entfesseln würde.„ Wir wissen," so schloß der Minister seine Ausführungen, daß der Mittelstand durch die Geldentwertung bereits große Opfer ge-. bracht hat, und wir wollen nicht, daß auch noch die Arbeiterschaft zugunsten spefulativer Berechnungen ihres Lohnes beraubt wird, besonders da wir darin feine Besserung der Lebensumstände sehen."
SA. sieht ,, sowas" auch ganz gern und Adolf selbst findet unter diesen ausgesuchten Geschöpfen der Anmut und Schönheit" vielleicht doch eine, mit der er vereint dem deut schen Volke seine Vorschläge auf Volksvermehrung und rassische Ertüchtigung einmal vorlebt. Wer kanns wissen?
Anhaltende Goldzuflüsse von England nach Paris
Der Ausweis der Bank von Frankreich zeigt eine neue bedeutende Zunahme des Goldbestandes um 442 Millionen Fr., die wiederum vornehmlich auf Verkäufe des englischen Ausgleichsfonds, die dieser zur Verteidigung des Pfundkurses. vornimmt, zurückgeht. In der Vorwoche erhielt das Noteninstitut einen Goldzugang von 504 Millionen Fr. Das Tempo der Goldzuflüsse hat sich also kaum vermindert. Die Zunahme des Goldbestandes, die ja ein Ausdruck für die Kapitalabwanderung von London nach Paris ist, trägt zur Verflüssigung des Pariser Goldmarktes bei.
Am Dienstag, dem 11. September, um 21 Uhr, spricht im Deutschen Klub( Salons Le Peristyle , 31 bis, Rue VivienneMétro: Bourse) W. Walder über Deutsche Emigration hier, drittes Reich dort, eine Auseinandersetzung und eine Kritik".- Gäste sehr gerne willkommen. Eintritt für Mitglieder frei. Gastbeitrag: 2,- Franken.
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2. Auflage soeben erschienen!
BRIEFKASTEN
H. Marburg . Sie schreiben uns:„ In dem kleinen Ort Geinsheim bei Mainz gab es jüngst eine freudige Sensation für die Nationalfozialisten und die Hitler- Jugend des Ortes. Man machte sich eine Strohpuppe zurecht und zog sie an einem Laternenpfahl in die Höhe. Darunter stand in großer Schrift: Hier hängt der letzte Jude." Das sollte ein Zeichen dafür sein, daß es mit vereinten Kräften des Boykotts und des Terrors gelungen war, die letzte der sechs jüdischen Familien des Dorfes auszutreiben. Das gab ein Lachen und Schmunzeln. Es versteht sich von selbst, daß die gelungene Judenaustreibung höheren Ortes gemeldet wurde und der hessische Gauleiter mit seinem Lob für seine tüchtigen Amtswalter nicht fargte."
An mehrere, Wir sind leider ganz außerstande, Ihnen die Adresse von Dr. Kurt Tucholsky anzugeben. Wir würden es auch dann nicht tun, wenn sie in unserem Besitz wäre. Warum er schweigt? Es gibt viele Pseudonyme, an denen Tucholsky auch früher nicht arm gewesen ist, und wenn er wirklich nichts schriebe, so haben wir Grund zu der Annahme, daß es Vorbereitung für kommende Dinge sei. Wir können uns vorstellen, daß ihn das Schicksal Karl v. Ossiezztys besonders tief berührt.
St. Gallen. Sie sind sehr neugierig. Sie wollen wissen, warum man von dem Brecher der Zinsknechtschaft, Gottfried Feder , nichts mehr hört. Bitte, schreiben Sie einige Zeilen an Herrn Dr. Schacht, und Sie werden prompt Auskunft erhalten. Ferner erkundigen Sie sich nach Herrn Hindel, der in den ersten Monaten des„ dritten Reiches" preußischer Staatskommissar für die Theater war und, beschützt von seinem Gönner Göring, pompöse Reden über die Erneuerung der deutschen Bühne und ihre Befreiung von nichtarischen Giften hielt, von unzähligen Auffäßen ganz abgesehen. Wir vers muten, daß er in derselben Versenkung verschwunden ist, iv die aud Schlageter- Jobst geräuschlos fiel.
Dr. Stadtler. Also Sie leben noch! Wie wir elsässischen Zeis tungen entnehmen, haben Sie sich bei einem Freunde in Straßburg gemeldet, mit der Mitteilung, daß Ihnen am 30. Juni nichts geschehen sei, und daß Sie sich auf Urlaub" befänden. Man möge das allen Verwandten und Freunden mitteilen, damit sie sich keine Sorgen machten. Wir freuen uns über jeden, der der Bartholo mäusnacht, entronnen ist. Sie, mit Ihren alten Beziehungen zu Stahlhelmkreisen, haben sich trop redlichsten Bemühens als Direk for der entschlummerten„ Vonischen Zeitung" nach der Machts ergreifung durch Hitler nicht in die Herzen der braunen Machthaber schmeicheln können. Vielleicht war es nur ein„ Versehen" oder ein„ Mißverständnis", durch das Ihr Glaubensfreund, Dr. Klausener, vom Leben zum Tode kam, dem Sie das Wiedersehen mit Ihrer Heimat Elsaß- Lothringen verdanken. Können Sie noch zurück? Wenn nicht, so begrüßen wir auch Sie im Kollegium der Emigranten.
„ Rosch Haschanah." Man schreibt uns:„ Einem althergebrachten Brauche folgend, haben auch in diesem Jahre der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika , Franklin D. Roosevelt , und eine Reihe anderer amerikanischer und auswärtiger Staatsmänner anläßlich des Rosch Haschanah- Festes durch die JTA. Glückwünsche und Grußbotschaften an die jüdische Bevölkerung gerichtet."- Wie tief doch ein Führer" sinken kann, wenn er nicht rassisch erleuchtet ist wie Adolf Hitler .
Jüdischer Staatsbürger. Cie teilen uns mit:„ Das parteiamtliche Blatt„ Die Kurhessische Landeszeitung" veröffentlicht eine Warnung an jüdische Firmen, in der es heißt, daß zwei jüdische Firmen durch die Unachtsamkeit eines Akquisiteurs je ein Inserat in der„ KurHessischen Landeszeitung" untergebracht hätten. Nach Feststellung der Sachlage sei der Akquisiteurs entlassen und die Forderungen des Verlages an die jüdischen Firmen seien dem Winterhilfswerk überwiesen worden. Zum Schluß der Erklärung heißt es:„ Wir warnen hiermit nichtarische Firmen jeder Art, Inserate in unserer Zeitung auf Umwegen aufzugeben zu versuchen, da wir sonst gegebenenfalls gegen die betreffenden Firmen auf dem Gerichtswege vorgehen werden." Der Streit ist sofort geschlichtet, wenn alle Juden soviel Selbstachtung haben, daß sie die antisemitische Presse nicht durch Inserate unterstützen.
Literatur
Das Internationale Antifaschistische Archiv, Paris ( 13e) 65. Boul. Arago, teilt uns mit: Einem vielfach geäußerten Wunsch von Jour nalisten, Schriftstellern und Organisationen entsprechend stellt das Internationale Antifaschistische Archiv seine gesamten umfangreichen Materialien, neugeordnet und vielfach erweitert, der allgemeinen kostenlosen Benuzung bereit. Die etwa 500 Mappen enthalten Material über die verschiedensten Gebiete: Sozialpolitik, Faschistische Organisationen, illegale Parteien, Reden der faschistischen Führer, Wirtschaft, Arbeit, Kirche, Landwirtschaft, Judenfrage, Terror, faschistische Propaganda, Wahlen usw. usw. Im antifaschistischen Archiv liegen aus: antifaschistische Zeit- und Wochenschriften des In- und Auslandes. Antifaschistische Zeitungen( unausgeschnitten), Zeitungen des Faschismus( unausgeschnitten), darunter auch wichfige Provinzblätter.„ Vierteljahrshefte des Instituts für Konjunkturforschung",„ Statistik und Wirtschaft"," The Economist ". Zeitungskorrespondenzen und Bulletins. Dem Archiv ist die Deutsche Freiheitsbibliothek angeschlossen, die, außer den in Deutschland ver brannten Romanschriftstellern, eine große Anzahl Bücher über den Faschismus und die verschiedensten Wissensgebiete besitzt. Das Antifaschistische Archiv lieferte zahlreiche Materialien und Unterlagen zu den weltbekannten Braunbüchern I und II, zu Broschüren, Artikeln und Aufsäzen. Geöffnet: täglich, außer Sonntags, von 10 bis 12 und von 3 bis 6 Uhr.
Für den Gesamtinhalt verantwortlich: Johann Pis in Dud weiler ; für Jnferate: Ctto Kuhn in Saarbrüden. Rotationsdrud und Verlag: Verlag der Volksstimme GmbH., Saarbrüden 8, Schüßenstraße 5. Schließfach 776 Saarbrüden.
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Hitler cast
Von KLAUS BREDOW
Fragen Sie in den Kiosken und Buchhandlungen nach. Falls die Broschüre am Ort nicht zu haben ist, liefert die Buchhandlung der ,, Volksstimme", Saarbrücken , Bahnhofstraße 32, gegen Voreinsendung von 3,90 französischen Franken auf das Postscheckkonto Saarbrücken Nr. 619 Verlag der ,, Volksstimme", Saarbrücken