Sandler- Präsident in Genf  

Die verbrannten Leichen

Der sozialistische Außenminister Schwedens   führt den Vorsitz Strande entfernt gegenüber Asbury Park  . Es war nicht Eine deutliche Ansprache Beneschs

Genf, 10. Sept. 1934.( Eig. Drahtb.)

Durch den Präsidenten Benesch wurde heute vormittag die Völkerbundssizung eröffnet. Zum Präsidenten der Völker­bundsversammlung wurde der sozialistische Außenminister Schwedens  , Sandler, gewählt. Er überraschte den Völker­bund mit der ganz unformellen und lafonischen Erklärung, daß er nicht daran denke, nunmehr ein wohlvorbereitetes Manuskript hervorzuziehen und der Versammlung einen mehr oder weniger langen Text vorzulesen, sondern er danke der Versammlung für das ihm bewiesene Vertrauen und hoffe auf ersprießliche Zusammenarbeit!

Die Eröffnungsrede Beneschs war eine Sensation. Mit absoluter Offenheit ging der Redner auf die Schwächen des Völkerbundes ein, wies auf sein Versagen im südamerika­ nischen   Chaco- Konflikt hin wie im Konflift im Fernen Often, führte aber als Positivum an, daß es ihm gelungen sei, den Frieden in Europa   selbst zu erhalten. Obwohl Deutschland   und Japan   leider aus dem Völkerbund ausgetreten seien, werde durch den Beitritt des größten

europäischen   Staates, nämlich Sowjetrußlands, ein mehr als guter Ausgleich geschaffen. Dieser Eintritt Sowjetruß­lands in den Völkerbund sei für den europäischen   Frieden von größter Wichtigkeit.

Die Rede Benesche war ein ernstes Bekenntnis zum Gedanken des Völkerbundes. Benesch prägte im Laufe seiner Rede u. a. den Saß, daß sich einige Völfer in ihrer mora­lischen Haltlosigkeit dem Absolutismus verschrieben hätten, heute aber noch ratloser seien als vorher. Dieser Satz war sehr deutlich an die Adresse Hitler- Deutschlands gerichtet.

In Genf   lächelt man allgemein über die Delegation der braunen Front. Röchling   hat in ungewohnter Freigebigkeit

( United Preß.) Das noch immer brennende Wrack der Morro Castle" liegt nunmehr etwa 70 Meter vom möglich, das Wrack ins Dock zu schleppen, bevor der Brand endgültig gelöscht worden war. Die Feuerwehrleute, die das Feuer zu bekämpfen suchen, müssen Gasmasken tragen. Auch die Bemannung des Kutters, der den Betriebskom­missar der Küstenwache an das Wrack der Morro Castle" brachte, ist mit Gasmasken versehen. Der Kommandant gab einem Vertreter der United Preß eine Schilderung seines Instruktionsganges durch das Unglücksschiff: Das Ded war jo heiß, daß meine dicken Schuhsohlen völlig durch brannten. Als wir durch die enge Gänge über verbogene Stahlträger und verkohlte Balfen unseren Weg suchten, boten die an vielen Stellen haufenweise liegenden verbrannten Leichen einen fürchter­lichen Anblick. Bis zur Kommandobrücke war es kaum mög­lich zu gelangen, da die Hitze geradezu wahnsinnig wurde. Unter der Brücke wütet immer noch das Feuer."

eine große Anzahl seines Buches: Deutsch   ist die aar" Fünf Bergsteiger abgestürzt

unter die anwesenden Journalisten verteilt. Man hat zwar aus Gründen der Höflichkeit das Buchgeschenk angenommen, aber schon überlegt man sich, wo man es still ablegen kann, denn keiner der Journalisten beabsichtigt, dieses einseitig^ e= schriebene Buch zu lesen, damit seine Zeit zu vergeuden

Wie ein Franzose uns sicht

Er vergißt die vielen Millionen Friedensfreunde auch in Deutschland  

Paris  , 11. September 1934. ( Von unserem Korrespondenten)

Im Intransigeant" zeigt Gallus   die Verschiedenheit der französischen   und deutschen   Lebensauffassung auf; so wie er es begreift:

Der Krieg ist an sich fein Gut!" Wer spricht so? Einer unserer berühmtesten Kriegsführer, Marschall Petain! Die Franzosen hassen nach ihrer ganzen Veranlagung den Krieg. Wenn sie ihn führen müssen, verstehen sie es so gut, wie nur irgend einer. Das haben sie bewiesen. Sie sind im­flande, vier Jahre lang einen Heldenmut zu entfalten, wie sie darin zu keiner Zeit und von feinem Lande übertroffen wurden. Aber selbst in dem Augenblick, wo sie zu den Waffen greifen, denken sie nur an die glücklichen Stunden, wo sie wieder in Frieden diese Waffen niederlegen können. Und die Generäle teilen dieses Gefühl mit dem einfachsten Soldaten. Aber was denft ihnen gegenüber das andere Volf, das von Anbeginn ihrer Geschichte sie unaufhörlich angreift? Marschall Petain sagt es auch:

" Deutschland   besitzt ganz besonders als Merkmal seiner Rasse nicht nur diese kriegerische Tugend, die ihm auf den Schlachtfeldern Erfolge brachte, sondern es findet noch dazu Gefallen an der Gewalt, ebenso wie es dauernd die Neigung hat, seine Waffen zu schwingen, um damit seine Politik zu stützen."

Und er fügt hinzu: Möge der Gedanke an seine Toten es erinnern, daß die Menschheit nach so viel erlittenen Prü­fungen nur noch den Wunsch hat, ihre Wunden zu verbinden, nur noch arbeiten will, um wieder zu einigem Wohlbefinden zu gelangen und nur noch versucht, dauernde und friedliche Harmonie in ihrem Innern zu schaffen." Ja, aber in dem Augenblick, da unser Kriegsminister diese großen Worte äußerte," so sagt Gallus weiter, nahm Hitler   am anderen Ufer des Rheines Paraden ab, bei denen selbst Frauen und Kinder im Taft marschierten. Er verherrlichte seine SA., die sich aus Kriegsfreiwilligen zusammenseßt. Er erflärte, sie sei die Kraft, auf der seine Autorität beruht. Der Gedanke an den Tod weckt in Deutschland   nur die Erinnerung daran, daß es eine Schande ist, im Bett zu sterben. Wenn Deutsch­ land   fönnte, mit welch freudiger Begeisterung würde es sich auf uns stürzen. Aber, Gott sei dant, fann es das nicht!"

*

Der Vergleich, den Gallus zieht, ist recht interessant. Nur vergißt er, daß auch die Franzosen  , wie jedes andere Volk, unrühmliche Perioden in ihrer Staatsführung hatten. So die zwei Jahrzehnte Napoleons   III, mit seinen Prestigefriegen und der. Unterdrückung und Korruption im Innern.

Die französische   Emigration hat diesen Napoleon damals etwa genau so eingeschäßt wie wir jetzt Hitler  , und das mit Recht.

..Morro Castle"

Die Untersuchung führte bisher zu keinen sicheren Resultaten

DNB. Neuyorf, 10. Sept. Im gedrängt vollen Sizungs­saal der Neuyorker Zollbehörde begann unter dem Vorsiz des Hilfsdirektors der Inspektionsbehörde für die Handels­marine Dickerson Hooves die Untersuchung der Bundes­behörde über die Katastrophe der Morro Castle". Als erster Zeuge wurde der Stellvertreter des Kapitäns Warms ver­nommen. Als man ihm den Tod seines Freundes, des Kapitäns schilderte, brach Warms zusammen. Er erflärte, daß der Kapitän am Freitagabend ganz plötzlich infolge einer afuten Verdauungsstörung gestorben sei. Bei der Ausreise sei der Kapitän ganz gesund gewesen. Warms sagte ferner aus, daß er als Brandursache Brandstiftung vermute. Diese Vermutung begründe er durch die Tatsache, daß bereits auf der vorigen Reise ein Brandstiftungs­versuch unternommen worden sei. Von dem Ausbruch des Feuers habe er um 2.45 Uhr früh Nachricht erhalten. 311 dieser Zeit meldete die Deckwache das Auftreten von Feuer und Rauch in den Ventilatoren an der Backbordseite mitt= schiffs. Er, Warms, habe darauf sofort den zweiten Offizier angewiesen, sofort die nötigen Maßahmen zu treffen. Kurz darauf habe die im Salon befindliche Nachtwache Feuer in der Bibliothek gemeldet. Der Brand war hier in einem Schrank ausgebrochen, dessen Türen aufsprangen. Im Innern wurde Gasolin festgestellt. Gegen 3 Uhr habe er Generalalarm gegeben. Die Mannschaft sei heraufgerufen. worden und die Stewards und die Salonwache hätten An­weisung erhalten, die Passagiere zu wecken. Ein Blitzschlag tomme als Brandursache nicht in Frage.

77 Tote festgestellt 60 Vermiẞte

dub. Neuyork, 10. Sept. Nach den neuesten Meldungen find 77 Tote der Morro Castle" festgestellt, vermißt werden 60 Personen, und zwar 29 Fahrgäste und 31 Mitalieder der Bejagung.

Bericht eines Augenzeugen

,, Die meisten lebendig verbrannt"

Einer der geretteten weiblichen Passagiere, die Tochter des Generals Domingo Mendez Capote, des Führers der revolutionären Bewegung gegen Machado, Senorita Rennee, berichtete über ihre Erlebnisse in dieser Schreckensnacht wie folgt: Ich bin sicher, daß

die meisten lebendig verbrannt sind, während sie in ihren Betten schliefen. Ein Warnungssignal wurde nicht gleich gegeben. Ich verdanke mein Leben nur einem Zufall. Ich wurde durch ein knatterndes Geräusch, das sich anhörte, als ob Holz zersplitterte, aus dem Schlaf geweckt. Ich sprang aus dem Bett, stürzte zur Kabinentür und riß sie auf. Eine hohe Flammenlohe schlug mir ent­gegen. Es gelang mir gerade noch, die Tür wieder zuzu­schlagen. Dann suchte ich nach einem Ausweg. Der einzige war das Kabinenfenster, das auf Deck hinausführte. Ich öffnete es und versuchte

durch die Luke ins Freie zu kriechen.

Troß meiner Todesangst wollte ich diesen Versuch schon auf­geben, weil die Luke viel zu eng war. Da rief mich ein Ma­trose an: Kommen Sie nur heraus, ich helfe Ihnen, wir werden es schon schaffen." Schließlich stand ich an Deck. 15 Minuten beobachtete ich die heldenhaften Anstrengungen der Matrosen, die den Brand zu löschen versuchten. Mit anderen

Baffagieren zusammen stieg ich dann in das einzige brauch­bare Rettungsbopt an Steuerbord. Den Matrosen gelang es auch, das Boot aus der Hellinge zu schwingen und herabzu­lassen. Wir befürchteten jedoch alle, daß im nächsten Augen= blick die Seile von den Flammen ergriffen werden könnten, und daß das Boot in die hochgehende See abstürzen könnte. Nachdem das Boot jedoch glücklich aufs Wasser aufsetzte, warfen wir schnell los und ruderten aus Leibeskräften, um von dem brennenden Schiff fortzukommen. Wir jahen Furchtbares,

aus vielen Luken steckten vom Brande eingeschlossene Passa­giere die Köpfe heraus, andere sahen wir in dem Flammen­meer auf Ded herumlaufen. Wir schrien ihnen zu, über Bord zu springen. Sie sprangen jedoch nicht ins Wasser. Warum, weiß ich nicht. Es ist möglich, daß einige von ihnen es taten. Wir suchten auf jeden Fall die Oberfläche des Wassers nach schwimmenden Menschen ab, fanden jedoch niemand. Dann ruderten wir an Land..."

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Am Sonntagmorgen stürzten fünf Basler Touri sten am Galenstock ab, alles Mitglieder der Basler S. A. C., Seftion Angenstein. Drei von ihnen sind tot, nämlich der Abwart des Dewetteschulhauses Vögeli, Abwart Leonhard Diehm bei Goth und Kaufmann Leh= mann. Schwer verwundet wurde Emil Eberhardt, wohnhaft an der Thanner Straße. Karl Gürtler, wohn haft Wanderstraße, wurde weniger schwer verletzt.

Das Neueste

Die amerikanische   Bundesbehörde hat die Untersuchung über die Katastrophe der Morro Castle" eingeleitet. Der Sapitän sagte aus, daß er Brandstiftung vermute.

Im Staatsdepartement wurde erklärt, daß Amerika   in allen humanitären und ähnlichen Fragen, nies mals aber in den politischen Fragen mit dem Völkerbund zu­sammenarbeiten werde.

Für den Gesamtinhalt verantwortlich: Johann Biz in Dud. weiler; für Inserate: Ctto Kuhn in Saarbrüden. Rotationsdrud und Verlag: Verlag der Volksstimme GmbH., Saarbrüden 3, Schüßenstraße 5. Echließfach 776 Saarbrüden.

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Hitler cast

Von KLAUS BREDOW  

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