Pentjake
-
Nr. 215 2. Jahrgang
Fretheil
Einzige unabhängige Tageszeitung Deutschlands
Saarbrücken, Sonntag Montag, 16./17. Sept. 1934 Chefredakteur: M. Bra un
Reichskirchenkrach
Eine Korruptions
Der württembergische Landesbischof gemaßregelt sache wird ihm angehängt Wachsender protestantischer Widerstand aus Bayern gegen Berlin " Reichsbischof Mullers Einführung am 27. September steht im Zeichen des Sturms
Ein Gewaltaft hat die angekündigte Unterwerfung der evangelischen Landeskirchen von Württemberg und Bayern eingeleitet. Der Reichsbischof hat soeben den Landesbischof Wurm von Württemberg„ bis auf weiteres beurlaubt". Begründet wird die Maßnahme in der üblichen Weise. Wurm soll versucht haben, Gelder der Landeskirche den ordentlichen firchlichen Zwecken zu entziehen. Mit der Wahrnehmung der Geschäfte des Landesbischofs wurde der Stadtpfarrer Krauß in Ebingen beauftragt. Verantwortlich für diese Aktion ist
Befennern der evangelischen Freiheit entbrannt, die nach der grundsätzlichen Auffassung Luthers auf der Souveränität der Gemeinden beruht. Die Berliner Kirchendiktatoren haben ihr Ziel der Einheit und Einigkeit der deutschen evangelischen Kirche nicht erreicht. Gegen sie stehen Millionen von Gläubigen, die überwiegend nicht aus politischer Opposition, sondern aus religiösen Gewissensgründen den Reichsbischof von Hitlers Gnaden ablehnen.
der jetzt in der Reichsfirchenregierung tonangebende Stirchen Höhepunkte!
fommissar Jäger. Er hat die Aufgabe, die Landeskirche Württembergs in ein Korruptionsverfahren zu verwickeln, um auf diese Weise den Angriff gegen die protestantischen Freiheitsrechte in Württemberg als Säuberungsaftion" anpreisen zu fönnen.
Gegen die bayerische Landessynode sind ähnliche Maßnahmen geplant. Aber sie sind viel schwieriger durchzuführen. Die einstimmigen Beschlüsse der Landessynode gegen die Eingliederung in die Reichsfirche war ein Mißtrauensvotum gegen die Reichskirchenregierung von beispielloser Schärfe.
Unter den Angen der bayerischen nationalsozialistischen Machthabern fonnte sich eine Opposition gegen„ Berlin " entfalten, die durch ein einstimmiges Vertrauensvotum für den bayerischen Landesbischof Meiier scharf unterstrichen wurde. Man sagt dem bayerischen Landesbischof gute Bes ziehungen zum Reichsstatthalter von Epp, zu dem bane: rischen Ministerpräsidenten Siebert, einem Protestans ten, und zu zahlreichen anderen bayerischen Regierungsstellen nach.
Mit Meiser stehen auch langjährige Nationalsozialisten in der Kirche im Kampf gegen die Nationalsynode und gegen den Reichsbischof. Der Völkische Beobachter" hat es sogar gewagt, die bayerische Protesterflärung gegen die Berliner Beschlüsse abzudrucken. Meiser hat jetzt in einer firchenamtlichen Erklärung alle Maßnahmen zur Eingliederung der bayerischen Landeskirche in die Reichskirche als ungültig er: flärt. Aus allem geht hervor, daß Meisers Position äußerst starf ist, und daß mit seiner Absetzung nach württembergischem Muster nicht zu rechnen ist. Im Gegenteil! Der banes rische Protestantensturm gegen die Berliner Beschlüsse erhält dauernden neuen Zuzug und bringt die Berliner Kircheats diftatoren in eine peinliche Lage.
Sie haben jetzt den Arierparagrafen auf dem Gebiete der Landeskirchen, der im vorigen Jahre durch die firchlichen Ansprüche vorübergehend aufgehoben war, wieder hergestellt. Auch auf dem Gebiete der Kirche wird die Rassengefeßgebung zwangsweise mit allen Konsequenzen durchgeführt. Gleichzeitig dauern die Maßreglungen und Disziplinarverfahren weiter fort. Gegen den Landesbischof Marahren von Hanover ist eine Strafaktion mit dem Ziele der Absetzung eingeleitet worden.
Marahren gilt als Führer der Protestler gegen die den Geistlichen vorgelegte Eides formel. Die Geistlichen find be reit den Huldigungseid für das Staatsoberhaupt zu leisten, wehren sich jedoch, gegen seine Verfopplung mit dem kirch lichen Diensteid, weil sie die Pflicht zum Gehorsam gegenüber der Reichsfirchenregierung und der Nationalfynode nicht anerkennen.
Die Einspruchfundgebung wurde außer von den Hannoverschen, bayerischen und württembergischen Landesbischöfen, von dem Bischof 3 än fer von Breslau , dem Generalsuperintendenten 3öllner aus Düsseldorf , Profeffor Althaus von der Universität Erlangen und zahlreichen Pfarrern aus allen Teilen des Reiches unterzeichnet. Der erste Gegenschlag der Reichsfirchenregierung gegen Marahren besteht in der gegen ihn gerichteten Entziehung der kirchlichen Verwaltung.
Aus der langen Reihe der neuen Maßreglungen bekenntnistreuer Geistlicher nennen wir die folgenden: Den früheren Direktor der Spandauer Apologetischen Zentrale, D. Karl Sumeiber, juspendierten Superintendent in Wustermart, wurde die Abhaltung von Gottesdiensten in seiner Wohnung verboten. Superintendent Krause in Grimmen wurde zwangsweise in den einstweiligen Ruhestand versetzt. Pastor Harms in Guelzow wurde ohne Angabe ven Gründen benzlaubt. Paſt or Maerker in Rostok wurde im Interesse des Dienstes strafverfeßt. Und so weiter. Auf der ganzen Linie ist in Deutschland der Kampf zwi= schen dem nationalsozialistischen Staatskirchenſyſtem und den
Die drohende Verlustliste
Berlin , 15. Sept. Für den 27. September war die feierliche Einführung Dr. Ludwig Müllers im Berliner Dom als Reichsbischof vorgesehen. Sie soll mit größtem Pomp statt finden, aber das Wesentliche wird zu diesem Termin nicht crreicht sein: die Verwirklichung der evangelischen Kirchen einbeit. Die süddeutschen Landesbischöfe werden fehlen. Sie fordern nach wie vor Beseitigung der ebenso ungefeßlichen wie dem protestantischen Geist zuwiderlaufenden Zentralbehörde. Der Treueid auf Adolf Hitler , der von den deut schen Pfarrern gefordert wird, wird von tausenden Pfarrern verweigert werden, wobei es sich weniger um ein politisches Bekenntnis, als um ein Zeichen des Gewissenskonfliktes handelt, in dem sich die opponierenden Pfarrer befinden. Die „ Basler Nationalzeitung" bemerkt zu diesen Kämpfen: „ Basler Nationalzeitung" bemerkt zu diesen Kämpfen: Wenn die nationalsozialistische Staatsführung, die von blindem Glauben an die Allmacht der primitiven Brachialgewalt besessen scheint, nicht im letzten Augenblick zur Besinnung fommt, so wird sie die Kirche genau so verlieren, wie sie schon Oesterreich verlor, wie sie im Frühjahr möglicherweise auch das Saargebiet und später noch vieles andere dazu verlieren kann."
Nach einer Mitteilung des„ Berliner Tageblatts" kam es in der Ortsgruppe Berlin- Zehlendorf von Deutschen Christen zu stürmischen Auseinandersetzungen. Die Ortsgruppenleitung legte schließlich ihr Amt nieder, nachdem die gehaltenen Referate einen Gegensatz zur Reichsfirchenführung proflamiert hatten,
Ersatz Oberheid
Statt Stabschef jetzt Vikar
Berlin , 15. Sept. Am Mittwoch wurde Pastor Engelfe in das Amt des Vifars der Deutschen Evangelischen Kirche berufen. Der Auftrag dieses Amtes liegt in der Stellvertretung und besonderen Hilfeleistung des Reichsbischofs; auch das Sekretariat des Reichsbischofs ist ihm unterstellt. Das Amt des reichsbischöflichen Vitars hatte bis zu seinem Ausscheiden aus der Kirchenregierung Bischof Oberheid befleidet, der überhaupt der erste reichsbischöfliche Vifar war, nachdem dieser Posten ursprünglich die Bezeichnung Chef des Stabe 3" gehabt hatte.
Briei eines Geistlichen
Saacpräsident Knox gegen
Lügen der ,, Deutschen Front"
Seite 3
Die Wirtschaftssiege
und der Parteitag
Seite 4
Die Theorie vom Krebserreger
Görres- Gesellschaft
Seite 7
Yabu Seite?
gratuliect Hitler
Die Hundspeitsche
Verluderter Journalismus
Seite 7
Diese Worte entstammen einer Sammlung von Schimpf worten, die der Chefredakteur der ,, Saarbrücker Zeitung " Dr. August Hellbrück, sozusagen geistiger Kopf der sogenannten„ deutschen Front" gegen uns schleudert. Er keift gegen uns und meint die saarländische Regierungskommission des Völkerbundes.
In der Form einer Anfrage hat er vor einigen Tagen
an bie Regierungskommission den Auftrag erteilt, un
verzüglich die Deutsche Freiheit" zu verbieten und für ihre Redakteure sofort ein Konzentrationslager zu er richten. Denn wir hätten den Herrn Adolf Hitler bes leidigt, weil wir ihn wahrheitswidrig verdächtigten, der Führer einer Räuberbande von Leuten wie Röhm, Heines, Ernst und Konsorten gewesen zu sein. Weiter sollten wir den toten Reichspräsidenten von Hindenburg in Walhall geschmäht haben, weil wir ihm nachsagten, er hätte den erwähnten bekanntlich sehr ehrenwerten Herren den Staat ausgeliefert.
Wir haben uns erlaubt, für unseren guten Glauben so gewichtige Zeugnisse wie Kundmachungen und Reden des Herrn deutschen„ Führers" und Reichskanzlers Adolf Hitler beizubringen und leise an Schenkungs-, Steuerund Subventionsgeschichten der Familie Hindenburg zu erinnern.
Dagegen weiß Herr Dr. August Hellbrück nichts zu sagen. Er wundert sich nur, daß die saarländische Regierungskommission nicht zu seinem Schuße eingreift, wenn er, wie stets, auf von uns vorgebrachte Tatsachen nichts zu erwidern hat. Anscheinend ist aber die Regierungskommission über die Grenzen der Pressefreiheit anderer Meinung als Dr. August Hellbrück. Das will ihm nicht in den Kopf.
Darum schreit er gegen uns nach der Hundspeitsche, deren Handhabung leichter ist als die Verteidigung der von uns charakterisierten politischen Persönlichkeiten. Herr Chefredakteur August Hellbrück glaubt bei den Mitglieder, der Regierungskommission dadurch Eindruck zu machen, daß er deren Staatsoberhäupter mit Herrn Adolf Hitler in Vergleich zieht. Er merkt gar nicht, daß er unsere Kritik dick unterstreicht. Man stelle sich vor, daß ein Präsident der französischen Republik oder ein König von England öffentlich einen Ritualmordgreuelerzähler, einen Pornographen und Pogromhetzer seinen Freund nenne und sich mit ihm in jeder Beziehung solidarisiere. Wie würde Herr Dr. August Hellbrück als Federheld der sittenstrengen germanischen„ deutschen Front" eine solche Bloßstellung eines fremden Staatsoberhauptes beurteilen?
Daß aber in Nürnberg soeben die herzlichste Verbrüderung zwischen dem in der ganzen Welt eindeutig ein. geschäßten Ritualmord- Streicher und Herrn Adolf Hitler stattgefunden hat, ist nicht gut zu bestreiten. Wir ver weisen auf verzückte Berichte in Streichers„ Fränkischer Tageszeitung" vom 13. September. Wenn das für das deutsche Staatsoberhaupt beleidigend sein sollte, tragen wahrhaftig nicht wir die Schuld daran.
Herr Dr. August Hellbrück fühlt sich von der faarlän dischen Regierungskommission fürchterlich verlassen. Er jammert, daß er Gemeinheiten, Unverschämtheiten, Beleidigungen hinnehmen müsse. Der arme Kerl fühlt sich in der Situation eines Menschen,„ der an Händen und Füßen geknebelt ist und sich noch anspucken lassen muß".
Wir finden, das sind in Verbindung mit Hundspeitsche geradezu masochistische Fantasien. Sie passen in das Milieu der von ihm und seinem geliebten Parteiführer so lange verhimmelten Röhm, Heines und ähnlicher neu deutscher Heroen.
Wir wollen Herrn Chefredakteur Dr. August Hellbrück auf einen Gedanken bringen, der ihm entfallen zu sein
Ein katholischer Priester schreibt einem Freunde scheint: Es gibt im Saargebiet nicht nur fremde Regieunferes Blattes:
... Du kennst gewiß aus Deiner Studienzeit das Dörfchen Niederbieber bei Fulda .
Dort hat sich eine furchtbare Tragödie zugetragen. Ein etwas schwachsinniger, aber durchaus nicht geisteskranker, harmloser, braver Bauernknecht, namens Bläuel, sollte sterilisiert werden. Der Arme, der, als das Verfahren eingeleitet war, zum Hohn und Spott der Kinder des Dorfes wurde, die ihm nachliefen und schrien:„ Du bekommst die Hoden ab
ofs
geschnitten!", versteckte sich. Er wurde gefunden, wehrte sich verzweifelt, in der Randjäger einfing und nach Fulda transportierte. Unter dem Messer des Chirurgen ist er verschieden.
Wie hätte sich der Arme träumen lassen, daß ihm nach Tode Ehrungen
rungsmänner, sondern auch deutsche Richter. Wir fordern ihn auf, die Ehre der von uns hart angegriffenen deutschen Politiker durch ein Für und wider vor deutschen Gerichten zu wahren. Das scheint uns würdiger zu sein als das Verbotsgewinsel vor Aus. ländern.
Also:
Wir behaupten, daß Herr Chefredakteur Dr. August
Hellbrück sich zum Mitwisser und Mitschuldigen non Räuberbanden, von Terroristen, Totschlägern, Mördern
und notorischen Sittlichkeitsverbrechern gemacht hat, indem er deren Taten jahrelang verschwiegen und ehrlos verlogen die Zeitungen der Verbreitung von„ Greuel
den verd Katholiten en auteil werden würden, leber märchen" beschuldigte, die der Wahrheit und der Ehre