Einst Milliardenzahlungen- jetzt Bettelsack Pariser Berichte

Der Almosen-.. Sozialismus" des, dritten Reiches"

Berlin , 18. Sept. Der Reichspropagandaminister hat auf dem Tempelhofer Feld eine Rede vor ver­fammelten SA.- Leuten gehalten, die wohl den großen Winterbettel einleiten sollte. Uns zeichnete er dabei mit

der in seinem Munde lobenden Erwähnung einer ge­wiffenlosen Emigrantenpresse" aus. Es ist sein Schmerz, daß er uns noch nie der Lüge überführen konnte, wie wir ihn immer wieder. Daß der 30. Juni in der SA. noch lange nicht überwunden ist, wird dadurch bewiesen, daß er auch diesmal auf die blutigen Ereignisse von damals zurückgriff. Die 10 v. 5. am 19. August zugegebenen " Saboteure" mill er durch sanftes Zureden gewinnen, wo­bei er wohl mehr an Wahlfälschung und Wahlterror denkt als an Ueberzeugung. Zunächst ist die Hauptsorge von Goebbels der kommende Winter:

Aber diese Tage einer späten Sommerherrlichkeit find gezählt, und ein grauer, kalter Winter steht vor der Tür. Wir sind nicht von der Art jener früheren Staatsmänner", die, wenn ein schwerer Winter zu erwarten stand, nichts anders zu sagen mußten, als daß dieser Winter eben schwer würde. Wir bereiten uns auf Gefahren und Schwierigkeiten vor, und wenn der Winter hart wird, so soll er uns ge wappnet finden. Schon ist die ganze Bewegung in fieberhafter Tätigkeit, um das Winterhilfswerk vorzus bereiten. Wieder wie im vergangenen Jahre werden wir vor die Nation hintreten mit dem kategorischen Imperativ: Auch im kommenden Winter wird keiner hungern, keiner frieren und keiner Not zu leiden brauchen.

So redet man, wenn man sich den Titel eines Reichs lügenministers verdient. Stellen wir dem Gewäsch des Goebbels einige Zahlen gegenüber:

Jm vorigen Jahre wurden durch das Winterhilfswerk Das Drama auf dem Schlosse

gesammelt 320 millionen Reichsmark, zum großen Teil in minderwertigen Naturalien.

Demgegenüber hat unter den so geschmähten früheren Staatsmännern die Gesamtleistung in der Sozialvert sicherung und in der Sozial fürsorge betragen

im Jahre 1930/31: Sozialrente 4,450 Milliarden Reichsmark Arbeitslosenfürsorge 3,075 Milliarden Reichsmark Krisenfürsorge 2,778 Milliarden Reichsmark

Insgesamt: 10,303 Milliarden Reichsmark Die Arbeitslosigkeit war damals kaum höher, als sie heute amtlich in Deutschland zugegeben wird.

Im laufenden Reichshaushalt sind die gesamten Reichszuschüsse für Sozialausgaben auf 823 Millionen Reichsmark beziffert. Seien wir groß­zügig und versechsfachen wir diese Summe, um zu den Ausgaben zu kommen, die heute vielleicht noch in den Ländern und Gemeinden und den öffentlichen Versiche­rungsträgern für Sozialpolitik ausgegeben werden. Dann haben wir rund 5 Milliarden Reichsmark.

Jtem: 5000 Millionen Reichsmark werden den arbeitenden Massen gestohlen, und dann gibt man ihnen 320 Millionen Reichsmark zurück, die sie zum großen Teil selbst mit aufgebrocht oder doch zusammengebettelt haben und noch dazu vielfach in halbverdorbenen Nahrungs­mitteln. Das nennt dieser Goebbels Sozialismus.

Unberücksichtigt lassen wir dabei, daß die künstlich hoch gehaltenen Agrarpreise den industriellen Massen weitere Milliarden Reichsmark kosten und auch die Zwangsab­gaben aller Art das Einkommen kürzen.

Mussolini und Barthou

Paris, 18. September 1934.

Von unserem Korrespondenten

In der Reihe der Probleme, die sich auf die Aufrechterhals

fung des Friedens beziehen, gibt es eins, das die Diplomatie der Mächte unbedingt einander näher bringt, und das die Staaten veranlaßt, Freundschafts- und Bündnisverträge ab­zuschließen. Und dieses Problem heißt: Man muß die deutsche Gefahr bannen!

Als Mussolini nach der Ermordung des österreichischen Bundeskanzlers Dollfuß voller Energie seine Truppen am Brenner zusammenzog, da hat nicht nur, wie sich die Leser der Deutschen Freiheit" sicherlich erinnern werden, die französische Bresse dieser festen Haltung Italiens Beifall ge­zollt. Vielmehr war sich die Mehrzahl der Mächte darüber einig, daß die militärische Operation von Bozen den Ein­druck der Begegnung von Venedig verwischte und die Be­unruhigung beseitigte, die die Zusammenfunft Hitler­Mussolini hervorgerufen hatte.

Diese Auffassung vertritt auch der Figaro" in einem langen Artikel, der sich mit der Vorgeschichte der französisch­italienischen Annäherung beschäftigt. Das Blatt erinnert daran, daß die italienisch- deutschen Beziehungen bereits vor etwa Jahresfrist, nämlich im Oftober 1933, die erste Trübung erfahren hätten, als Hitler plötzlich Genf verlassen habe. In Romt habe man die Empörung Mussolinis über die Perfidie Deutschlands noch nicht vergessen, das durch sein hinter­hältiges Spiel und seine ohne vorherige Mitteilung erfolgte plötzliche Abreise aus Genf alle Hoffnungen zerstört habe, die Italien an den Viererpakt gefnüpft habe. Und man wisse dort, daß Mussolini Hitler nicht vergeben habe. Mussolini stände überhaupt dem Nationalsozialismus in seiner Gesamt­heit mit ironischer Kritif gegenüber, wie die von ihm inspirierten Artikel im Popolo d'Italia" bewiesen, in denen er unter anderem die Rassentheorie Hitlers ironisierte oder sich über die hilterischen Wirtschafts- und Arbeitsorganisa­tion lustig machte. Aehnlich scharf lehne Mussolini Hitlers Buch Mein Kampf " ab, von dem er gesagt habe, daß zwar jedermann davon spreche, aber niemand es lefe.

Wie stark aber vor allen Dingen Mussolini die Hitlerschen Theorien verwerfe, so schreibt Figaro" weiter, gehe doch aus seiner vor wenigen Tagen bei der Eröffnung der Messe von Bari gehaltenen Rede hervor, in der er unter anderem aus­geführt habe, man fönne nur mitleidig eine Lehre betrachten, die die Nachkommen von Leuten aufgestellt hätten, die noch

Deutschen Waffen gegen Frankreich

Ein authentisches Dokument

Das Ostschweizerische Tagblatt" berichtet aus St. Gallen : Der 1897 geborene Landwehrmann I/ 133 3., in Eriswil zu= ständig. in La Chaux- de- Fonds geboren und im St. Gal­lischen Goßau aufgewachsen, schriftstellerisch veranlagt, war im Jahre 1921 unter dem Drucke von in Kreuzlingen er­littener verschmähter Liebe zum zweiten Male in die fran­ zösische Fremdenlegion eingetreten, brannte dann aber nach einem halben Jahre wieder durch und gelangte zu den maroffanischen Berbern. Von hier trieb es ihn ins Lager des Blauen Sultans", der ihn, nachdem er sich afklimatisiert hatte, aus tiefster Ueberzeugung zum Islam übergetreten war und sich eine Muselmännin als Gattin genommen hatte ,. während einem vollen Dußend Jahren unter ständiger Lebensdrohung bei allfälligen Fluchtverfuchen als Ueber­setzer, Dolmetscher, fremdsprachigen Unterhändler bei regu­lären und andern Geschäften festhielt und erst wieder frei gab, als er mit dem verräterischen Uebergang seines Stammes zu den Franzosen gezwungen war, sich selbst nach Spanisch- Maroffo zu flüchten. Dieser Mann, stolz seiner mohamedanischen Ueberzeugung, hatte sich nun vor Divi­sionsgericht 6a, weil er nicht zum Landwehr- Wiederholungs­furs 1930 eingerückt war und das den Handel bereits früher schon in Abwesenheit des Angeklagten erledigt hatte, der Dienstversäumnis wegen zu verantworten und das Gericht verurteilte ihn zu vier Wochen Gefängnis, bedingt erlassen auf die Dauer von zwei Jahren.

Im Verlaufe der Verhandlungen rückte nun der Ange­klagte zur größten und allseitigen Ueberraschung mit einem authentischen Dokumente heraus, in welchem er von einer deutschen Großfirma neuestens als landes, sprachen, schrift- und geschäftskundiger Unter­händler für die Lieferung deutscher Waffen und Munition an die franzosenfeindlichen Berberstämme Maroffos zu gewinnen versucht wird!

nicht einmal hätten schreiben können, als in Rom Cäjar, Weitergeben!

Virgil und Augustus lebten.

Dies sei die Atmosphäre, so folgert Figaro", die wohl ge= eignet sei, die Zusammenarbeit zwischen Mussolini und Barthou vorzubereiten. Barthou gehe in einem besonders ernsten geschichtlichen Augenblick nach Rom . Es gelte, den Frieden der Welt aufrecht zu erhalten. Und darum müsse die Besprechung Barthou - Mussolini als Endergebnis den Freundschaftsvertrag zwischen Frankreich und Italien auf­weisen, der von beiden Staaten aufrichtig gewünscht werde.

2. Auflage soeben erschienen!

Wird man jemals die Wahrheit und die Einzelheiten des grausigen Dramas kennen lernen, das sich auf dem Chateau d'Aynac abspielte? Diese Frage stellen die Mittagsblätter Paris- Midi und Intransigeant" bei der Schilderung des traurigen Ereignisses, das sich auf dem romantisch gelegenen

Schlosse entrollte. Die junge Baronin von Sevin ist entkleidet auf ihrem Bette mit durchschossener Stirn auf­gefunden worden, während ihr Mörder, der Elektrotechniker Raoul Magnac, den rauchenden Revolver noch in der Hand gleichfalls tot vor ihrem Bette gefunden wurde. Und die einzigen Zeugen der Tat ein kleiner Knabe, der, als er seiner Mutter ,, Guten Morgen" sagen wollte, diese aus einer Kopfwunde blutend tot auffand, und ein vierjähriges kleines Mädchen, das der Schreckensszene von ihrem Bettchen aus zusah können nichts aussagen. Das kleine Mädchen weint ständig und schreit: Magnac hat Mutti getötet! Magnac hat Mutt getötet! Mehr aber weiß es, betäubt durch das Ent­setzen, nicht zu sagen.

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Die junge Baronin von Sevin war vor einigen Jahren Krankenschwester im Krankenhause ihrer Tante in Tarn. Dort hatte sie unter anderen auch den Elektrotechniker Magnac zu betreuen, dessen sie sich auch nach seiner Entlas­sung aus dem Krankenhause annahm. Die junge Frau wird als sehr gutherzig geschildert. Und so war es nur natürlich, daß, als im Schlosse ein Elektrotechniker gebraucht wurde, Magnac geholt wurde, der seit einiger Zeit im Schlosse lebte. Magnac scheint sich nun in die junge hübsche Frau ver­liebt zu haben. Dies scheint die einzige Erklärung für die Tragödie zu sein, die zwei Kinder ihrer Mutter und einem Mann, während er eine kurze Reise machte, jäh die ge­liebte Lebensgefährtin beraubt hat.

Charles Dietz

Duell Paris - Versailles

Im allgemeinen dauert ein Duell nur kurze Zeit. Inner­halb weniger Minuten bleibt gewöhnlich der eine oder der andere der Kämpfenden auf dem Kampfplatz zurück. In der pittoresken Stadt der tausend Wunder, Paris genannt, wo so vieles so anders ist, als wir es kennen, findet schon seit hundert Jahren ein Duell statt, dessen Ausgang immer noch nicht entschieden ist. Es handelt sich dabei um ein Duell à la Max Eyth , der in seinem Buche ,, Hinter Pflug und Schraubstock" erzählt, wie die Einführung des Dampfpfluges in Amerika nur durch einen Wettlauf zwischen zwei Dampf­pflügen ermöglicht wurde. Aehnlich ist es auch bei dem Pariser Duell. Die beiden Gegner heißen: Schienenstrang und Landstraße. Und der Schauplatz ist die Strecke Paris - Ver­ sailles

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Wie viele andere, so liebte auch der verwegene Erfinder Charles Dietz die Eisenbahn nicht, ihm war die Romantik der Landstraße stets lieber als das glitzernde Band der Stahl­schiene. Andererseits aber ging ihm die Fahrt per Post­kutsche nicht nur nicht schnell genug, es konnten auch nach seiner Ansicht nicht genug Personen auf einmal befördert wer den. Und so ist er denn als Erfinder des Traktors anzu­sehen. Denn die von ihm erfundene fahrbare Maschine sollte die alten ein mit Kohlen geheizter Dampfkessel massiven Postkutschen ziehn. Man kann sich vorstellen, wie vorsintflutlich ein solcher Schleppzug ausgesehen haben mag. Die leicht enthusiasmierten Pariser aber waren von seiner

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Erfindung begeistert. Und als Dietz am 16. September 1834 mit seinem Traktor und den beiden schwerfälligen Anhängern von der Place de la Concorde , damals noch Place Louis XV. abfuhr, bewunderte eine vielköpfige Menschenmenge sein Gefährt. Dietz fuhr den bekannten Weg am rechten Ufer der Seine entlang, über den Pont de Sèvres, durch Sèvres , Cha­ ville und Viroflay durch bis vor die Pferdeställe am Ver.. sailler Schlosse. Ganz so glatt, wie sich diese Beschreibung liest, ging aber, wie der ,, Jour" schildert, die Fahrt nicht von­statten. Im Dampfkessel hatten sich kleine Spalten gebildet, durch die der Dampf entwich und dadurch wiederum wurde die Dampfkraft vermindert: Mehrmals mußte daher Halt gemacht werden, um diese Löcher zu flicken und das not­wendige Wasser zur Dampferzeugung herbeizuschaffen. Trotzdem kam Dietz nach mehr als zwei Stunden gut in Ver­ sailles an, wo er von der schon lange auf der Place des Armes harrenden Menge begeistert begrüßt wurde. Dann aber streikte seine Maschine, und um sein Gefährt in eine Remise zu bringen, mußte er erst zwei kräftige Zugochsen auftreiben, die das Dampfroß nebst Anhängern abschleppten. Und das Wagen- ,, Führer" ist froh, wenn er bei einer Panne Ochsen findet, die seine Karre in die Garage ziehen!

Weitergeben! wiederum ist nichts Außergewöhnliches, denn so mancher

Werfen Sie die ,, Deutsche Freiheit" nach dem Lesen nicht fort. Geben Sie das Blatt an Leute weiter, die der Auf­klärung und Belehrung bedürfen!

Hitler cast

Von KLAUS BREDOW

Fragen Sie in den Kiosken und Buchhandlungen nach. Falls die Broschüre am Ort nicht za haben ist, liefert die Buchhandlung der ,, Volksstimme", Saarbrücken , Bahnhofstraße 32, gegen Voreinsendung von 3,90 tranzösischen Franken aut das Postscheckkonto Saarbrücken Nr. 619 Verlag der ,, Volksstimme", Saarbrücken

Eine politische Fabel

Paris , 17. September.

Von unserem Korrespondenten Eines Tages beschlossen die Tiere eine Entwaffnungsfon­ferenz. Der erste Redner war der Stier. Er sagte: Ich for dere die vollkommene Abschaffung der Klauen und Zähne. Die Hörner können bleiben!"

Nein," erwiderte der Löwe. Die Klauen und Zähne kön­nen bleiben. Aber man muß die Hörner abschaffen."

Man soll die Hörner abschaffen, man soll die Klanen und Zähne beseitigen," fügte der Elefant hinzu, aber man kann die Rüssel behalten."

Da richtete der russische Bär feinen mächtigen Körper auf und sagte: Wir werden alles abschaffen. Wir werden nur unsere Arme behalten, damit wir uns umarmen fönnen." Diese Fabel erzählte einst der spanische Botschafter Mas dariaga auf der Entwaffnungsfonferenz, als Rußland für die vollkommene, bedingungslose Entwaffnung eintrat. " Heute aber", so meint Intransigeant", wohnen wir einem noch viel seltsameren Schauspiel bei. Rußland tritt in die bürgerliche Institution des Völkerbundes ein. Das sei nur möglich durch die beiden großen Staatsmänner Adolf Hitler und Mayim Litwinow."

Für den Gesamtinhalt verantwortlich: Johann Pig in Dub weiler; für Inferate: Otto Kuhn in Saarbrücken . Rotationsbrud und Verlag: Verlag der Volksstimme GmbH, Saarbrüden& Sükenstrake 5. Sliesfa 770 Saarbrüden,