Max Braun in Paris

Am Dienstag, dem 2. Oktober, um 21 Uhr, findet die große Versammlung im Deutschen Klub zu Paris statt, auf der Max Braun ( Saarbrücken ), Führer der Deutschen Frei­heitsfront, über die Zukunft des Saargebietes spricht. Max Braun kommt aus Genf und wird sich auf der Durchreise zwei Tage in Paris aufhalten. Die Versammlung vom 2. Oktober findet statt in dem großen Saal der Mutualité, 24, Rue Saint- Victor( Métro: Maubert- Mutualité). Eintritt für Mitglieder des Klubs frei, Gastkarten zu 12, 10, 8 und 5 Franken am Saaleingang.( Stellungslose 3 Franken.) Im Vor­verkauf sind Karten erhältlich im Büro Heppenheimer , 45, Rue d'Hauteville, täglich von 9 bis 12 und von 14 bis 18 Uhr, sowie bei den Kolporteuren der ,, Deutschen Freiheit".

Pariser Berichte Ein Drama im Schnellzug Sensationelle Aufklärung

DNB. Paris, 28. Sept. Das rätselhafte Drama im Schnell­zug Ventimiglia - Paris , in dem in der vergangenen Nacht die Leichen zweier angeblich aus Nizza stammender Kauf­leute gefunden wurden, hat jetzt zu einer sensationellen Ent­deckung geführt. Bei dem einen der beiden Toten, dessen Papiere auf den Namen Alibert lauteten, und in dem man den Mörder des anderen vermutete, handelt es sich nach den Ermittlungen der Polizei um einen aus Polen gebürtigen Joseph Ziffer, der vor Jahresfrist die Kriminalpolizei aller Länder beschäftigt hat.

Man muß ziemlich weit zurückgreifen, um die Zusammen­hänge darzulegen, die Ziffer zu einem gehetzten Wild der Polizei machten. Im Juli 1923 wurde am Strande von Tre­port bei Dieppe die Leiche einer Frau gefunden, die vier Schußwunden aufwies. Alle Nachforschungen der Polizei, den Namen der Unbekannten feitzustellen, blieben erfolglos, so daß man sich entschloß, die Angelegenheit ad acta zu legen. Fait 10 Jahre später, genau 19 Tage vor der Verjährung des Verbrechens, erhielt die Polizei einen anonymen Brief der sowohl die Identifizierung des Opfers, als auch die Feſt­stellung des Mörders erlaubte. Es handelt sich bei der Toten um eine 24jährige polnische Sängerin Helene Zawuska, die mit einem Bruder Ziffers verheiratet war.

Die Untersuchung ergab meiter, daß die Unglückliche auf Beschluz eines Familienrates von ihrem Schwager ermordet worden war, um ihrem Mann die Möglichkeit zu geben, eine reiche Heirat abzuschließen. Die polnische Polizei verhaftete den Ehemann und dessen Schwester, die beide zu mehreren Jahren Zuchthaus verurteilt wurden. Gegen den Mörder 3iffer erließ die französische Polizei cinen Steckbrief, der aber ohne Erfolg blieb, weil Ziffer es verstand, sich allen Nachforschungen zu entziehen. Erst vor ganz furzer Zeit war es der Pariser Kriminalpolizei gelungen, festzustellen, daß Alibert und Ziffer ein und dieselbe Person waren. Seine Verhaftung stand unmittelbar Bevor. Man vermutet nun, das die Bluttat im Schnellzug ebenfalls in Zusammenhang mit der 10 Jahre zurückliegenden Mordangelegenheit steht und daß Ziffer seinen Reisegenossen und Freund ermordete, um einen unbequemen Zeugen zu beseitigen, es dann aber vorzog, sich selbst das Leben zu nehmen.

Die jüdische Emigration

Ein Vortrag Georg Bernhards

Die Association des Emigres Israelites d'Allemagne en France hatte am Mittwoch zu einem Begrüßungsabend in Paris eingeladen, an dem hunderte von jüdischen Emi­granten aus allen Kreisen und Ständen sich beteiligten. Pro­fessor Georg Bernhard sprach über das Thema Die jüdische Emigration". In einundeinhalbstündigen Ausführungen wußte der Redner die Aufmerksamkeit seiner Zuhörer zu fesseln. Bernhard wandte sich dagegen, daß man etwa die Ereignisse, die sich in Deutschland abspielten, unter einem jüdischen Gesichtspunkte sehe. Das deutsche Problem sei keineswegs ein jüdisches Problem. Dennoch aber seien die jüdischen Emigranten nicht in gleicher Weise wie die Gesamtemigranten zu betrachten. Während die nichtjüdischen Flüchtlinge nun wegen ihrer Weltanschauung verfolgt seien, mache man den Juden ihre Abstammung und ihre Vorfahren zum Vorwurf. Wenn man kein Freund demokratischer Grundsätze sei, fönne man es verstehen, daß der politische Gegner rücksichtlos verfolgt werde. Anders sei es mit der Methode, jemand nur wegen seiner Abstammung zu schänden. Sehr energisch wandte sich der Redner gegen Ausfüh­rungen, die Prinz Hohenlohe Langenberg fürz­lich im Deutschen Klub" gemacht hatte und die sich dagegen aussprachen, daß Juden im Vordergrunde der Emigration ständen. Der jüdische Emigrant sei gegenüber dem anderen dadurch benachteiligt, daß diesem nach dem Sturz des Hit­lerismus ohne weiteres die deutschen Grenzen wieder offen ständen, während das für die Juden Jahrelang noch nicht der Fall sein würde. Denn das Gift des Antisemitismus, mit dem man jetzt in Deutschland schon die Kinder ver­seuche, werde sich wohl erst in Jahrzehnten wieder unwirksam machen lassen.

Bernhard dankte der Familie Rothschild für ihre Opferwilligkeit, die sie der Emigration gegenüber an den Tag gelegt habe. Er geißelte es aber, daß der bedeutendste Teil der französischen Judenheit keinen Centime für die Glaubensgenossen aus Deutschland geopfert habe in dem Irrwahn, daß es sich nur um eine Sache der deutschen Juden handele, wenn man gegen den Hitlerantisemitismus kämpfe. Man könne von der französischen Regierung nicht verlangen, daß sie den jüdischen Emigranten helfe. Sie tue genug, wenn sie ihnen das Asylrecht einräume. Jetzt müßten die französischen Juden ihre Pflicht tun.

Laute Zustimmung erntete der Redner, als er mit den nationalsozialistischen Juden des Herrn Naumann abrechnete, die er verhinderte Nazis" nannte. Aber er fügte hinzu, daß auch unter den Juden in der Emi­gration solche verhinderten Nazis seien, die für die an­ständigen Emigranten eine unerhörte Belastung bildeten. Sie sollten so schnell wie möglich aus Frankreich ver­schwinden.

Bernhards Ausführungen, die lebhaften Beifall auslösten, ging eine Ansprache des Vorsitzenden Adolf Philippsborn vorauf, der auf die Ziele der Association hinwies, deren höchster Grundsatz es sei, durch die Emigration für die Emi­gration zu arbeiten. Eingeleitet wurde der Abend von Herrn Oberkantor Gronich, der das Gebet" in der Vertonung von Hiller, begleitet von Herrn Kapellmeister Dr. Kainz, in ge­sanglicher Vollendung zu Gehör brachte.

BRIEFKASTEN

Saarländer. Ihnen ist folgende Notiz in der Nazipresse aufge= fallen: Mit der Schweizer Saurpolizei hat es bekanntlich auch nicht geklappt. Nun hat Musolini erklärt, der Anwerbung in Italien alle Erleichterungen angedeihen zu lanen. Die Separatistenprene schweigt verlegen über dieses Entgegenkommen", denn es ließe die Möglichkeit offen, daß wir an die Saar verfluchte Faschistenhunde" ols Polizei befämen. Wenn es auch nur Italiener " sind. Aber es sind Faschisten". Die verfluchte Separatistenpresse" hat keines­negs verlegen geschwiegen, sondern auch die Meldungen über die Möglichkeit italienischer Saarpolizei registriert. Auf die Verbrüde­rung zwischen Hitler- und Musolinifaschisten sind wir sehr gesponnt nach den Koseworten, die sich Braunhemdenträger und Schwarz­hemdenträger gegenseitig über die Alpen hinweg zubrüllen. Schweizer . Saarbrüden hat 132 906 Einwohner( männliche 63 731, weibliche 69 175).

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Papen- Mooney- Billings." Ihr Aufsatz ist recht interessant. Wir möchten ihn aber einstweilen nicht veröffentlichen.

E. E. London . Besten Danf! Wird verwendet.

Th. Sch. Bern. Ihnen und den Mitunterzeichneten vielen Dank für den Brief und die freundliche Sorge um unser kostbares Leben. Daß wir nicht desertieren, winen Sie. Wo unsere Aufgabe uns hinstellt, halten war aus. Darauf fönnen Sie sich verlassen.

An mehrere. Da die Redaktion der Saarbrücker Zeitung ", die nur aus Existenzrücksichten dem Nationalsozialismus sich hingibt, moralisch noch tief unter den überzeugt nationalsozialistischen Re­dakteuren steht, hat sie das angebliche Interview des Reichskanzlers a. d. Wirth nur sehr retuschiert wiedergegeben. Wieviel von dem Interview überhaupt echt ist, lassen wir dahingestellt. Die Nazi­prene gibt Herrn Wirth jedenfalls folgenden Rat: Heute sollte er sich hübsch bescheiden im Hintergrund halten und alles vermeiden, was die Welt an seinen schlechten Abgang von der politischen Bühne erinnern fönnte."

Protestant". Es ist richtig, daß die bayrische Regierung die Schriften des weltbekannten protestantischen Theologen Karl Barth verboten hat und die in den Buchhandlungen vorhandenen Exemplare hat beschlagnahmen lanen. Barth ließ seinen wissen­schaftlichen Werken seit dem letzten Jahr eine Schriftenreihe über firchliche Gegenwartsprobleme folgen. Eine nachhaltige Wirkung hatte vor allem die im Sommer 1933 erschienene Schrift Ich sage nein", in der Barth erklärt, daß das Ende der evangelischen Kirche gekommen wäre, wenn die Lehre der Deutschen Christen in ihr zur Alleinherrschaft kommen würde. Lieber möge die evangelische Kirche zu einem kleinen Häuslein werden und in die Katakomben gehen, als mit jener Lehre auch nur von ferne Frieden schließen. Die­jenigen, die sich dieser Lehre angeschlossen haben, betrachtet Barth entweder als Verführer oder als Verführte, und er behauptet, die Kirche in dieser Glaubensbewegung" nur so wiedererkennen zu Tönnen, wie er sie auch am römischen Papittum wieder erkennen müsse. Barth , denen Schriften im übrigen in Deutschland frei ab= gesetzt werden dürfen, bekleidet heute noch seinen Lehrstuhl an der Universität Bonn . Wenig bekannt ist, daß der sehr positiv gerichtete bedeutende Theologe politisch zu den demokratischen Sozialisten gehört.

Bern . Für unbesetzte Pfarrstellen im Kanton Bern haben sich 30 aus Deutschland emigrierte Pastoren gemeldet? Bis­her fonnten jedoch nur 2 Anstellung finden? Sie werden mit noch mehr emigrierten Pfarrern rechnen müssen. Die regierende Roheit fann keinen aufrechten Charakter dulden, es sei auf einem Gebiete wie immer.

Frankfurter . Ihre Mitteilung, daß der Pfarrer Veidt an der Paulskirche strafversetzt wurde, ist recht interessant. Das hätte er sich auch nicht träumen lanen, als er in der Nationalversammlung zu Weimar so heftig gegen die bösen Sozialdemokraten loszog.

Für den Gesamtinhalt verantwortlich: Johann Biz in Dud­metler; für Inferate: Ctto Kuhn in Caerbrücken. Rotationsdrud und Verlag: Verlag der Rolfäftimme GmbH., Saarbrüden 3, Schüßenstraße 5. Schließfach 776 Saarbrüden.

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Die Gründung der Arbeiter- Internationale

Ein Gedenkblatt zum 28. September 1864

zu

( J. J.) Es war der 28. September 1864. Der heldenmütige Freiheitskampf Polens war vom russischen Zarismus blutig niedergeworfen. In Warschau herrschte wieder Ordnung". Da traten in der St. Martins Hall in London englische, französische, deutsche Arbeiter, Gewerkschafter und Emi­granten, polnische und italienische Revolutionäre zusammen. Was sie erfüllte, war der Protest gegen die Bluttaten des Zarismus, der Wunsch für das Selbstbestimmungsrecht der Völker zu demonstrieren, die Einsicht, daß es nur erkämpft werden kann durch den internationalen Freiheitskampf der Arbeiter. So entstand aus dem Blut der polnischen Frei-. heitskämpfer, aus dem Haß gegen die Vormacht der Welt­reaktion, den russischen Zarismus, der erste Keim der welt­umspannenden Organisation der kämpfenden Arbeiter. Die Versammlung in St. Martins Hall beschloß die Einsetzung eines Komitees, um das Statut der zu gründenden Organi­sation auszuarbeiten. Bei der zweiten Sitzung des Komitees, die am 12. Oktober 1864 stattfand, wurde beschlossen, die neue Organisation Internationale Arbeiter- Association" rennen. Bei der vierten Sizung, am 1. November, wurde der von Marr ausgearbeitete Text der Inauguraladresse der Internationale angenommen. Sie schloß mit den gleichen Worten, mit denen der glühende Kampfruf des Kommu= nistischen Manifestes endete: Proletarier aller Länder ver­einigt Euch!- Die erste Internationale war gegründet. Ihre Gründung fiel in die Zeit schwärzeiter Reaftion. In England regierten zwar die Liberalen, aber die Arbeiter, nach dem Ende der Chartistenbewegung entmutigt, genossen in ihrer überwiegenden Mehrzahl feinerlei politischen Rechte. In Frankreich hatte Napoleon III. , der Vorfahr des mo­dernen Faschismus, auf dem vom Arbeiterblut der Juni­schlacht gedüngten Boden mit List und Terror seine Herr­schaft aufgerichtet. In Preußen und Oesterreich war auf die Freiheitsbewegung von 1848 eine neue Periode des Absolu­tismus gefolgt, die noch kaum auf Wiederstand bei Bürgern und Arbeitern stieß. Und fern im Osten lagerte der gewaltige Block des zaristischen Rußland , des Todfeindes jeder Frei­heits- und Emanzipationsbewegung der Massen. Und dennoch rief die Inauguraladresse die Arbeiter zum ent= scheidenden Kampf auf: Die politische Macht zu erobern ist jetzt die große Pflicht der Arbeiterklasse."

In den Kabinetten der Großstaaten Europas reisten die Entscheidungen heran, aus denen der deutsch - französische Krieg hervorgehen sollte. Das zaristische Rußland erstickte die Freiheitsregungen der von ihm unterjochten Völker im Blut. Die Uebergriffe dieser barbarischen Macht, deren Haupt in St. Petersburg ist und deren Hände in jedem Kabinett Europas sind, haben die Arbeiterklasse die Pflicht gelehrt, sich der Geheimnisse der internationalen Politik zu bemächtigen, die diplomatischen Aktionen ihrer Regierungen zu überwachen, ihnen wenn nötig mit allen ihnen zu Gebote

stehenden Mitteln entgegenzuwirken," erklärte die Inaugu­valadresse. Und die 1. Internationale proklamierte die Pflicht zu fämpfen für eine neue Gesellschaft, die nach innen feine andere Politik fennt als die Arbeit, weil sie nach außen feine andere Politif hat als den Frieden".

Siebzig Jahre sind seit der denkwürdigen Versammlung in St. Martins Hall vergangen. Die erste Internationale ist zwölf Jahre später den Kämpfen zwischen Marrismus und Bakuninismus, dem Gegensaß zwischen der Wissenschaft der Arbeiterbewegung und der Romantik der Revolte, erlegen. Die neue, die Zweite Internationale, erwuchs 1889 über die Gräben hinweg, die der deutsch - französische Krieg aufge= worfen hatte. Die Stürme des Weltkrieges haben die Inter­nationale aufs neue zerstört. Eine Periode schlimmster Zer­rissenheit, der Spaltung in drei internationale Grup­pierungen war seine Folge. 1923 gelang ein entscheidender Schritt zum internationalen Wiederaufbau, die Gründung der Sozialistischen Arbeiter- Internationale. Sieben Jahr zehnte gewaltigen politischen, wirtschaftlichen und sozialen Geschehens sind vorübergerauscht. Aber die Aufgaben, die die Inauguraladresse der Internationalen Arbeiter- Association den Arbeitern aller Länder stellte, sind wahr wie je zuvor, ihre Worte lebendig und unverblaßt.

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Was vor siebzig Jahren ein fühler Traum war die Eroberung der politischen Macht ist heute zur unmittel­baren Pflicht des Sozialismus geworden. Was 1864 die toll­tühne, abenteuerliche Idee einer kleinen handvoll Revolu= tionäre schien wer wollte leugnen, daß es heute auf der Tagesordnung der europäischen Politik steht! Gewiß, in Mitteleuropa , in Italien , in großen Teilen Osteuropas hat der Faschismus die Demokratie zerstört, die Arbeiterklasse entrechtet. Aber wer wagte zu behaupten, daß damit mehr unterging als die bloße einer unsterblichen Idee, die morgen schon stärker, selbstbewußter, auferstehen wird? Dort aber, wo die Demokratie unversehrt blieb, wo die Arbeiter, wie es die Inauguraladresse nannte, ein Element des Er­folges, ihre große Zahl" täglich einzusetzen vermögen, wo statt der Idee der Gewalt die Gewalt der Idee offen zu wirfen vermag, dort schreitet trotz aller Niederlagen die Arbeiterbewegung fiegreich fort. Mag der Faschismus, diese letzte Stütze einer untergehenden Gesellschaft, mit Mord und Brand sich der Entwicklung entgegenstellen so lange der Kapitalismus besteht, sammelt er täglich in den Betrieben und Fabriken die Kämpfer des Sozialismus, prägt er ihnen täglich in Not und Entbehrung, in lebendigstem An­id; auungsunterricht die Lehre von den Klassengegenfäßen ein, die nur der Sozialismus zu überwinden vermag, schafft er täglich aufs neue seine Totengräber.

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Der russische Zarismus ist gefallen. Aber gefährlicher als er, hat der Faschismus, der aufs höchste getriebene Nationa­

lismus, Europa in ständige Unruhe versetzt, aus der immer wieder der Kriegsbrand emporzulodern droht. Wieder wer­den in den Geheimberatungen der Kabinette Intrigen ge­sponnen, die die neuen Fronten eines neuen Krieges vor­zeichnen sollen. Kann es irgendeine größere Aufgabe für die Arbeiterklasse aller Länder geben als die, die diploma­tischen Aktionen ihrer Regierungen zu überwachen", die ge= heimen Kriegsvorbereitungen aus dem Dunfel ans Tages­licht zu zerren und sich der Katastrophe entgegenzustemmen. Der Appell, den die Inauguraladresse an die Arbeiter aller Länder richtete, war ein Aufruf zur Einheit. Sie hat damit, ebenso wie das Kommunistische Manifest, der großen und unerfüllten Sehnsucht der Arbeiter Ausdruck verliehen. Jener Sehnsucht, der die geeinte Sozialistische Arbeiter­Internationale auf ihrem Gründungsfongreß in Hamburg 1923 in ihrem Statut neuerdings Kraft verlieh, indem sie erflärfe:

Die SAJ. ruft alle Arbeiter zur Einigkeit der sozia listischen Bewegung in den einzelnen Ländern und in der Internationale auf. Sie ist entschlossen, mit allem Nachdruck für die Verwirklichung dieser Einigung zu arbeiten. Sie fordert die Sozialisten aller Länder auf, ihre Bemühungen zu unterstützen, indem sie sich in tatkräftiger Weise um die Herstellung einer proletarischen Einheitsfront gegen den Kapitalismus und Imperialismus, sowohl in ihrem eigenen Pande, als auch im Schoße der internationalen proletarischen Klassenorganisationen bemühen."

Auch diese Aufgabe, die die Inauguraladresse vor sieben Jahrzehnten verfündete, ist heute lebendig. Immer stärfer erfüllt die Erkenntnis die Arbeiter aller Länder, die auf dem Brüsseler Kongreß der SAJ. ausgesprochen wurde: Die Welt wird zur Welt der Arbeiter werden, wenn nur die Arbeiter geeint sein werden, sich sie zu erobern!"

Es war ein Häuslein von Arbeitern, das 1864 in London zusammentrat; wenige von ihnen waren Vertreter größerer, tätiger Organisationen. Viele waren Heimatlose, die die triumphierende Reaktion, die den Stürmen von 1848 gefolgt war, vertrieben hatte. Es gehörte mehr als ein Glauben, der Berge versetzen konnte, dazu, wenn diese wenigen Männer es wagten, den regierenden Mächten den Kampf anzusagen.

Wiederum hat die Reaktion in einer neuen Gestalt, in der Gestalt des Faschismus, in großen Teilen der Welt gesiegt. Wiederum muß wie 1864 die sozialistische Bewegung in vielen Ländern illegal, unterirdisch ihren Freiheitskampf führen. Wiederum sind es, wenn die Erekutive der Internationale zu ihren Beratungen zusammentritt, nicht wenige Emi­granten, die für die Arbeiter sprechen. Wiederum glaubt die Reaktion diese Emigranten verhöhnen und schmähen zu können. Sie hat die gewaltige Kraft vergessen, mit der sich die Emigranten, das Häuslein von 1864, zur weltbewegenden Macht erhoben, die einem Jahrhundert ihren Stempel auf­drückte. Sie ist taub den Zeichen der Zeit, die den Unter­drückten von heute in den unsterblichen Worten des Liedes von der Internationale" unzerstörbaren Mut einflößen.