Von unserem Korrespondenten Die Kantonalwahlen, die am Sonntag in aller Ruhe in Frankreich vor sich gegangen sind, haben keinerleinennenswerte Verschiebung der politischen Kräfte gebracht. Während die Blätter der Rechten etwas übertrieben von einem Sieg der bürgerlichen Parteien über die Einheitsfront sprechen und hier und da sogar glauben machen wollen, daß Sozialisten und Kommunisten vernichtend geschlagen worden seien, versichert der sozialistische Populaire", daß die Sozialdemokraten ihre Stim menzahl um 30 Pro3. vermehren fonnten, während die kommunistische Humanite" sogar von einer Ver= doppelung der kommunistischen Stimmen spricht.
Dabei müssen Rechts- und Linkspolitiker zugeben, daß von einer Entscheidung überhaupt noch nicht die Rede sein kann, da diese erst im zweiten Wahlgang, der vielfach erforderlich ist, am nächsten Sonntag fallen wird. Dieser zweite Wahl= gang wird auch klar zu erkennen geben, wie weit die Radikalsozialisten dort, wo ihre Stimmten den Ausschlag für einen Kandidaten der Linken oder Rechten gegeben haben, bereit sind, der Parole ihres Parteiführers Herriot zu folgen, d. h. sich überall gegen die sozialdemokratischen oder kommunistischen Kandidaten zu entscheiden. In 308 Fällen ist ein zweiter Wahlgang erforderlich. Der Kampf geht unter anderem um 3 Kommunisten und 48 Sozialdemokraten. Es wird nicht nur interessant sein, zu beobachten, wie sich die Radikalsozialisten diesen Kandidaten gegenüber verhalten; nicht minder lehrreich wird die Haltung der von der Sozialdemokratischen Partei abgesplitterten Marquet- Gruppe ( socialistes de France) sein, die selbst noch mit 11 Kandidaten den zweiten Wahlgang zu bestreiten haben, im übrigen aber sich jetzt entscheiden müssen, ob sie ihre Wähler der Rechten zuführen und damit ihre einstigen Genossen offen bekämpfen
wollen.
Wir lassen nun einige Pressestimmen über die Wahl am Tetzten Sonntag folgen:
" Petit Parifien"
meint. der erste Eindruck gehe dahin, daß die Kandidaten, die sich für die Politik der Regierung ausgesprochen hätten, im Vorteil seien. Es scheine wohl, daß Doumergues und Herriots Reden von den Wählermassen verstanden worden seien.
Der„ Matin"
glaubt zu der Feststellung berechtigt zu sein, daß Dou= mergue der Sieger set. Doumerque und die Idee des Burgfriedens und der Einigkeit hätten am Sonntag triumphiert. Henry de Kerillis glaubt im
,, Echo de Paris",
wenn der zweite Wahlgang das Ergebnis des letzten Sonntags bestätige, dann könne man von einem wirklichen Erfolg des Ministerpräsidenten Doumergue sprechen. Allerdings
gobot olb
beA molste müsse man feststellen, daß das Land noch eine Sorglosigkeit gegenüber den inneren und äußeren Gefahren an den Tag lege, die einen zur Verzweiflung treiben könne.
„ Ami du Peuple"
macht sich über Leon Blum luftig, der den Sieg der Einheitsfront prophezeit habe. Der Bürger Leon Blum und die Horden der Einheitsfront hätten Pech gehabt. Denn der gefunde Sinn der Wähler habe sich gegen sie entschieden.
„ Ordre"
ist der Auffassung, daß sich keine große Aenderung feststellen lasse; die Wahl sei ja auch von örtlichen Fragen beherrscht gewesen. Andre Guerin erklärt im
„ Denvre",
der Kampf beginne erst. Im zweiten Wahlgang müssen sich die Neusozialisten für oder wider entscheiden. Auch die Radikalsozialisten müßten jetzt Farbe bekennen. Paul Faure spricht im
" Populaire"
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von einem Siege der Linken. Der Sozialismus habe in Bewunderung erregender Weise dem gewaltigen Sturm standgehalten. Bei den letzten Kantonalwahlen hätte die Partei 40 000 Stimmen erhalten, am Sonntag 54 500, d. h. 14 500 neue Wähler, was einem Gewinn von 30 Prozent entspreche.
Schließlich bemerkt Vaillant Couturier in der „ Humanite",
die Kommunistische Partei habe ihre Stimmenzahl gegenüber den Wahlen von 1928 zumindest verdoppelt. Ihre Situation sei im zweiten Wahlgang recht günstig. Es bestehe fein Zweifel daran, daß in sehr vielen Bezirken die Antifaschisten gemeinsam die Kandidaten der Wienalen nion schlagen werden.
Die Einheitsfront Vor den Stichwahlen
Paris , 9. Oft. Im Laufe der Woche wird der erweiterte Vorstand der radikalsozialistischen Partei in Paris die Taktik für den zweiten Wahlgang der Kantonalwahlen festzulegen haben. Von Interesse ist zu erfahren, daß die Kommunistische Partei beschlossen hat, bereits in neun Stadtund fünf Landfantonen ihren Kandidaten zugunsten des in besserer Stichwahl stehenden marristischen Kandidaten zurückzuziehen. Dagegen beabsichtigen die Kommunisten in einem Stadt- und einem Landfanton von Lyon , im Einvernehmen mit den Marristen dem radikalsozialistischen Kandidaten das Angebot zu machen, ihren Kandidaten zu ihren Gunsten zurückzuziehen, wenn die Radikalsozialisten auf ein Mindest= programm gegenüber den Kommunisten festzulegen sich bereit erklären wollen.
In der Nacht zum Dienstaa hat ein städtischer Angeßellter in Marseille im Eifer einer politischen Debatte seinen Gegner schließlich durch fünf Revolverschüsse niedergeftredt. Der Mörder hat sich daraufhin selbst der Polizei gestellt.
der in einer Ansprache die Traube als der menschlichen Gesundheit besonders zuträglich rühmte. Nachdem dieser unter dem Jubel der Anwesenden vorgenommene festliche Empfang
Französischer Unterricht des Deutschen Klubs vorbei war, fuhren die mit Trauben beladenen Wagen durch
Der Unterricht für Anfänger, den eine deutschsprechende französische Lehrerin erteilt, ist von Donnerstag auf Mittwoch, 21-23 Uhr, verlegt worden. Der Unterricht hat in der vorigen Woche begonnen, doch können am Mittwoch vor Beginn des Unterrichts noch Neuanmeldungen stattfinden. Der Kursus ist für Mitglieder des Klubs frei, für Gäste kostet er 2 Franken pro Stunde. Er findet statt im Deutschen Klub ( Salons Le Péristyle . 31 bis, Rue Vivienne).
Lotterie
Die letzte 5- Millionen- Chance
Die Ziehung der zweiten Klasse der Lotted
det Dienstag abend um 8.30 Uhr im Trocadero statt. Die Ziehung selbst geht in gewohnter Weise vor sich; aber diese Ziehung wird deshalb von besonderem Interesse sein, weil zum letztenmal ein Hauptgewinn von 5 Millionen Franken zur Verteilung kommt.
In Zukunft wird nämlich dafl große Los ,, nur" noch zweieinhalb Millionen dem glücklichen Gewinner einbringen. Diesmal kommen 20 Gewinne von je einer Million Franken zur Verteilung; außerdem zahlreiche Gewinne von 300 000, 100 000, 50 000, 25 000, 10 000, 1000 und 200 Franken. Trostpreise in Höhe von je 100.000 beziehungsweise 50 000 Franken werden diejenigen Losinhaber erhalten, die die Nummern spielen, die in der nächsten ,, Nachbarschaft" der Siegernummern stehen, auf die 5 Millionen oder nur eine einzige dieser Millionen fallen.
92 Jahre
Der langlebige Bürmeister
Der älteste französische Bürgermeister ist dieser Tage gestorben. Es ist dies Arsène Mignen, der Bürgermeister von La Chapelle- Pallusu in der Vendée , der kürzlich bei seinem Spaziergang stürzte und sich dabei ein Bein brach. Er wurde 92 Jahre alt.
Mignen gehörte dem Stadtrat seiner Gemeinde seit 64 Jahren an und war länger als 30 Jahre Bürgermeister; als solcher war er der Doyen unter sämtlichen Bürgermeistern der fran zösischen Republik.
Im letzten Jahre starb seine Frau im Alter von 90 Jahren. Der Ehe entstammten 11 Kinder, von denen 9 noch am Leben sind. Eins von ihnen ist der Erzbischof Mignen von Rennes .
Montmartres Weinerntefest
Die freie Gemeinde von Montmartre feierte am Sonntag ihr traditionelles Weinerntefest. Zehn Karren hochbeladen mit 30 000 Kilogramm Weintrauben zogen die Butte Montmarte herauf zum Plats du Tertre, wo sie vom ,, Bürgermeister der freien Gemeinde von Montmartre " empfangen wurden,
die malerische Rue Lepic hinunter zur Stadt und von dort zum Palais des Präsidenten, dem ein mit köstlichsten Goldwein gefüllter Korb überreicht wurde. Ab 10 Uhr vormittags verteilten dann die nach allen Stadtgegenden fahrenden Weinwagen gratis an die Bevölkerung Weintrauben.
Nachmittags erhielten zweitausend Schulkinder auf dem Platz du Carroussel ebenfalls gratis die köstliche Frucht aus den Händen der Schönheitskönigin, des Fräulein ,, Paris ".
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Durch's Guckloch
In der Kölnischen Zeitung " selbst war jüngst zu lesen, daß ihr früherer Chefredakteur Dr. Hans Pinkow
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durch Freitod geendet ist. Bis zum 1. Oktober 1933, also bis zu jenem Zeitpunkt, an dem der schmutzige Konkurrenzkampf, den das Nazi- Skandalblatt Westdeutscher Beobachter" mit allen Mitteln des SS. - Terrors gegen den Verlag Dumont- Schauburg führte, um sich dessen blühende Inseratenfarm, den Kölner Stadtanzeiger ", zu sichern( den zäheren und lederneren Bissen des Weltblattes ,, Kölnische Zeitung " wollte man dem geduldigen Opfer freundwilligst zur eigenen Agung belassen), war Dr. Pinkow in dem Verlag tätig. In dem Nachruf, den die ,, Kölnische Zeitung " dieser Tage ihrem toten Kollegen widmete, heißt es, daß er nicht mehr die körperliche und seelische Kraft besessen habe ,,, sein tragisches Leiden zu überwinden"
Welch ,, tragisches Leiden" mag wohl über diesen bekanntunbekannten deutschen Journalisten gekommen sein?. Nun, er war Sohn eines Ministerialbeamten, der noch unter Bis marck in der Reichskanzlei gedient hatte. Der junge Pinkow hatte seit über zwanzig Jahren seinem Blatt und dem Vaterland, wie er es verstand, vielerorts, auf dem Balkan , in Wien , auf dem Posten des Chefs vom Dienst und zuletzt des Hauptschriftleiters seine Arbeit gewidmet. Herr Pinkow, der erst Fünfundvierzigjährige, war deutscher Nationalist von Tradition, Schliff und Kulturgefühl. Sein„ tragisches Leiden" war das Hitlerregime, das ihm alle Ideale zerbrochen vor die Füße geworfen hat, jenes Regime, dem Pinkows Kollegen, der Kinder zu Haus und der teuren Miete gedenkend, mit grimmiger Verachtung all dessen, was sie früher angebetet hatten, mit dicken Schweißtropfen auf der gleichgeschalteten Stirn literarische und publizistische Zweite- BuchhalterDienste jegt leisten.
Ein emeritiertes Weltblatt beweint sauer- süß seinen toten Kollegen Es war einmal dem eisernen Kanzler ,, ein Armeekorps am Rheine wert". Wie viel wiegt's heute, unter der Gleichschaltung? Politisch und moralisch? Keinen Schuß Pulver!-
Professor Emil Brunner , die zur Zeit gewichtigste Autorität der protestantischen Theologie der Schweiz , hat handfeste Bekannschaft mit dem ,, dritten Reich", seinen Methoden und insbesondere denen des Hitlerschen Himmelskürassiers, des Reichsbischofs Müller, gemacht. Besagter Ge. lehrter von Weltruf hatte ein paar wissenschaftliche Vorträge in Dänemark angenommen. Er befand sich, gar nicht an die Uebel dieser Welt denkend, in einem D- Zugabteil zwischen Kopenhagen und Nykjöbing, als ihn zwei dänische Journalisten, zufällige Abteilgenossen, über seinen Standpunkt zu den kirchlichen Dingen des ,, dritten Reiches" befragten. Am anderen Tage schon brachte die dänische Presse ganz sinnund wortgetreu den Tenor dieses Gelegenheitsinterviews. U. a. hatte Professor Brunner gesagt, daß das Gewicht der ausländischen protestantischen Kundgebungen gegen die Hitlersche Kirchengleichschaltung dadurch leider! ringert werde, weil in vielen Staaten ähnliche staatskirchliche Verhältnisse herrschten, wie in Deutschland ; historizisierend hatte Brunner noch bedauernd hinzugefügt, jetzt räche sich eben die Vertrauensseligkeit, mit der in der Reformationszeit das Wohl der Kirche dem Staat anvertraut wurde, um sie vor dem Zugriff Roms zu schützen.
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Soweit ganz richtig die dänische Wiedergabe! Als aber die Propagandachefs des deutschen Reichsbischofs diese Darstellung in Händen hielten, kam ihnen gleich die smarte Inspiration: Was hatte der Brunner gesagt? In vielen Ländern herrschen die gleichen Kirchenverhältnisse wie bei uns in Deutschland ? Siehste woll, da hammer's ja! Die deutsche Kirchengleichschaltung- so erklärt Professor Brunner, Weltautorität aus der Schweiz kann also unbedenklich fortgesetzt werden! ç
Herr Professor Emil Brunner ist freier Schweizer . So meint er denn wehklagend in der ,, Neuen Züricher Zeitung", in der er diesen Fall richtigstellt: ,, Daß.. mein Gspräch mit dänischen Pressemännern von deutscher Seite benutzt werden konnte, um genau das Gegenteil von dem auszusagen, was ich sagen wollte, habe ich, trotzdem ich über die Art, wie die deutsche Reichskirchenregierung mit der Wahrheit umspringt, ziemlich gut orientiert war, nicht für möglich gehalten." Nicht für möglich, Herr Professor? Was wäre schon in Hitlerdeutschland wirklich nicht möglich?
In Grimma in Sachsen , wo die schönen Mädchen nur so auf den Bäumen wachsen, ist kürzlich eine Otrsgruppe der nationalsozialistischen Frauenschaft gegründet worden. Das Amtsblatt der deutschen ,, Frauenschaft " bringt es nicht über sich, dieses Ereignis der aufhorchenden Menschheit vorzuenthalten. Im Briefkasten teilt es aber auch die vereinigte Frauenschaft von Grimma selbst mit. Folgendermaßen lautet diese fröhliche Botschaft: ,, Wir haben jetzt hier eine Frauenschaft der nationalsozialistischen Frauenschaft nach heißem Kampf um die Volksseele gegründet. Wir fragen hiermit an, was wir jet tun sollen. Heil Hitler!" Nu, was schon tun? Marxisten verhaften, Armstrecken üben, Meuterer erschießen, homosexuelle Schundfilme schreiben. Die Auswahl kann doch, weiß Gott , nicht schwer fallen, meine Damen.
RIEFKASTEN
F. E. Roth.
Adam Neuville. Briese erreichen uns auch ohne„ Einschreiben prompt. Der Aufsatz ist wegen der besonderen politischen Situas tion im Saargebiet für uns nicht geeignet.
Saarlouis . Sie schreiben uns:„ Unser Nachbar hatte seinen Sohn in ein Arbeitsdienstlager des dritten Reiches" geschickt. Es gefiel ihm feineswegs, und der arme Junge quälte sich redlich, wie er seinen Eltern, begeisterten Anhängern des dritten Reichs", seine herbe Enttäuschung hinsichtlich Behandlung und Ernährung klarmachen könnte. Da erinnerte er sich, daß das Schwein im Stall seiner Eltern den hübschen Vornamen Emma erhalten hatte. Er schrieb daraufhin eine Ansichtskarte mit folgender Anschrift nach Hause:„ Liebe Eltern! Es gefällt mir hier soweit ganz gut. Ich beneide nur Emma.""
Für den Gesamtinhalt verantwortlich: Johann Biz in Dud. weiler; für Inserate: Ctto Kuhn in Caerbrüden. Rotationsdrud und Verlag: Verlag der Volksstimme GmbH., Saarbrüden 8, Schüßenstraße 5, Schließfach 776 Saarbrüden.