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blub2 310
Freiheit
Nr. 238 2. Jahrgang
Einzige unabhängige Tageszeitung Deutschlands
Saarbrücken, Samstag, den 13. Oktober 1934 Chefredakteur: M. Braun
Katholikenverfolgungen
wird Hitlers eenstes Wort
Seite 3
Korruption der Hitlerbonzen
Seite 4
Düstere Wolken übec
Seite 8
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Die in der deutschen Freiheitsfront geeinten Sozialisten und Kommunisten stoßen in gewaltigen Kundgebungen vor-- In In Saarbrücken drei überfüllte polizeilich gesperrte Säle- Auftakt für den 13. Januar
Durchbruch!
Am Mittwoch hörten wir uns die Saarmeldungen am beutschen Rundfunk an. Es wurde berichtet, daß der„ Separatismus“ so nennt das Banditentum die Front des deut schen Arbeitsvolks an der Saar sich in voller Auflösung befinde. Die Führer seien zum größten Teil geflohen, weil sie an ihrer Sache verzweifelten. Die Verführten seien ratlos
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faschisten, die von edelstem deutschen Idealismus beseelt find, und dafür von ungeschliffenen Knoten wie dem Saar : bedroht werden!
tommissar Bürckel mit dem Verjagen aus ihrer Heimat
Wahrlich: ehrlos und schändlich, wer je vergißt, was bestochene Kreaturen einer mit tausendfachen Verbrechen an der deutschen Kultur beladenen Gewaltregierung deutschen
Volksgenossen nachzusagen und anzutun wagen.
oder träten zur sogenannten„ deutschen Front" über. Irgend- Kommunisten vereint: Pfaff, Pfordt , Sender, LehIn den Versammlungen sprachen Sozialdemokraten und mann, Becker, Lili Hermann und der revolutionäre Dichter Erich Weinert . Der Führer der deutschen Freireise durch die großen Städte der Schweiz . heitsfront, Max Braun , befindet sich auf einer Vortrags
wo sei von den„ Separatisten" eine Massenversammlung einberufen worden. Man habe ihnen den größten Saal des Ortes zur Verfügung gestellt. Gekommen seien ganze 9 ( neun) Personen. So der amtliche Rundfunk der mit Refpeft zu sagen Regierung des Deutschen Reichs.
Am Donnerstagabend gingen wir zu einer plötzlich und fast ohne Propaganda einberufenen Versammlung in Saar brücken . Zum ersten Male im städtischen Saalbau, der, wie alle anderen größeren Versammlungsräume des Saargebietes, erst durch eine Verordnung der Abstimmungsfommission auch der deutschen Freiheitsfront zur Verfügung gestellt wird. Beruflich verhindert, konnten wir erst kurz vor Beginn fommen.
Längst war das Gebäude polizeilich gesperrt. Vor dem Tore, auf der Straße, auf dem Neumarkt staute sich die große Mnege derjenigen, die nicht mehr in den Saalbau gelangen fonnten.
Eines der übelsten und verlogensten Subjekte in der„ Saar brücker Zeitung " berichtet heute, in die Versammlung, die entsprechend den leider noch geltenden einschränkenden Bestimmungen nur von Mitgliedern der sozialistischen Einheitsfront besucht werden durfte, seien wahllos fremde Gäste zugelassen worden. Wie sie doch schwindeln! Wir selbst haben nur nach einem langen regelrechten Kampfe mit allzu pflichteifrigen städtischen Saalwächtern und Polizeibeamten noch Zugang in den Saalbau erlangt, und wir gehören doch, wie selbst der Chefredakteur der„ Saarbrücker Zeitung " nicht be= streiten wird, einigermaßen sicher zur Einheitsfront und konnten uns auch leidlich ausweisen. Strengstens wurde die Kontrolle gehandhabt. Es war also wirklich ein streng ge= schlossener Aufmarsch der Sozialisten und der Kommunisten. Keine Annonce war erschienen. Kein Plakat war geklebt, denn das läßt der Terror- Oberbürgermeister der„ deuts schen" Angst- Front nicht zu. Kein Flugblatt war verbreitet. Nichts war ergangen als ein Ruf der Organis sation und weit mehr als 10 000 Männer und Frauen des Arbeitsvolfs waren zum Saalban geeilt. Nur aus Saarbrücken !
Denn da bis in die letzte Stunde zweifelhaft war, ob die Bersammlung überhaupt stattfinden konnte, erhielten in den Außenbezirken selbst die Vertrauensleute feine sichere Kunde. Dennoch wurden einer Versammlung deren drei. Rasch mußten noch Kundgebungen im großen Saal der„ Arbeiterwohlfahrt" und im Saal des" Stiefel" improvisiert werden, und noch mußten Tausende umkehren.
Wir sahen in den Versammlungen und auf der Straße dieses Massenaufgebot, hörten die Gespräche und die Rufe. Waren es Emigranten, importierte Lothringer und Fran30sen? Nein, es war bodenständiges deutsches Saarvolk. Es waren Männer und Frauen der Handarbeit, auch der geistigen Berufe und des gewerblichen Mittelstandes, die meisten unmittelbar von ihrer Arbeitsstätte herbeigeeilt. Das also sind die Volksgenossen, die der ungebildete flegel: hafte Führer der deutschen Front" in jeder Rede Ge findel schimpft. Das also find die deutschen Freiheitskämpfer an der Saar , die der von der Terrorfront be zahlte katholische Pfarrer Wilhelm, neben dem ebenso tief: gefunkenen Pfarrer Arens, ein gotteslästerlicher Schands fled seiner heiligen Kirche, als Gesinnungslumpen" be geifert. Das also find die Volksgenossen deutscher Zunge, die ein journalistischer Zuhälter von Schindern, Räubern und Mördern, so heißen wir den gleichgeschalteten Chef= redakteur Dr. Hellbrück ,,, deutschfeindlich" zu nennen sich er: frecht. Das also find die opferbereiten faarländischen Antis
Die Saarbrücker sind nicht eben von überschäumendent Temperament. Es ist schwer, sie zu Begeisterungsausbrüchen
Hinzureißen. Gestern war das gar nicht nötig. Auch wenn statt gewandten und geschulten Rednern die unbeholfensten Sprecher auf der Tribüne gestanden hätten, würden die Säle unter den leidenschaftlichen Ausbrüchen der Menge erzittert sein. Zum ersten Male konnten ja diese Männer, diese Frauen, diese Jugend in Saarbrücken selbst zeigen, daß sie nicht das klägliche zusammengekehrte Häuflein find, als das die Hitler und Goebbels und deren Schreiber sie seit Monaten hinstellen, sondern die gewaltige Bewegung, die an der deut schen Saar das Werk von Generationen deutscher Arbeiter gegen den Einbruch von rohen Söldnern einer blutbesudelten Diktatur verteidigt.
Was sagten die Redner? Sie durften nur über die Abstimmung sprechen. Selbstverständlich redeten sie auch über die großen mit der Saarfrage verbundenen Zusammenhänge, denn schließlich wird hier kein Lokalereignis besprochen, sondern ein europäisches Problem ersten Ranges.
Allen Rednern war gemeinsam das unbedingte Bekennts nis zum Deutschtum, die tiefe unzerreißbare Verbundenheit mit dem Volke, dessen Sprache wir reden, die Liebe zu dem Lande, dessen Aecker, dessen Werkstätten, dessen Dome unsere Bäter schufen, der Schmerz und die Scham über die Schande, die unserer Nation, wie einst von außen, nun von innen angetan worden ist, der feste Wille, dieses ewige Deutschland zu säubern von dem brutalen und gefräßigen Ungeziefer, das es ausbeutet und ruiniert und schließlich das unerschütterliche Ziel, das deutsche Saarvolt mit einem geläuterten und erneuerten Reich zu vereinen. Gerade auch die Kommunisten riefen ihren Schwur in die Massen: nimmer für Hitler und immer für Deutschland !
Und wie gingen diese Sozialisten und Kommunisten begeistert mit. Mächtiger noch als sonst bei vielen Stellen brandeten die Beifallswogen hoch, wenn die Redner sich bekannten zur kommenden freien großen deutschen Nation, nicht minder allerdings, wenn sie ankündigten, was kommen muß und fommen wird: das deutsche Volksurteil und die geheiligte Abrechnung gegen die Volksverbrecher, deren Schuld grausiger ist als die der blutigsten Scheusale in der Menschheitsgeschichte.
Die Pressefreiheit sicgt
Man muß sich das ganz klar und deutlich vorstellen: in dem kleinen Territorium des Saargebietes gibt es, was in. dem übrigen Deutschen Reiche mit Gewalt ausgerottet ist: ein paar unabhängige Zeitungen. Jede von ihnen mit nur wenigen Redaktionskräften besetzt. Ohne nennenswerte finanzielle Mittel, wie jeder Kenner des Zeitungswesens zu beurteilen vermag. Eine kleine Schar von freien Journalisten, die mit Einsatz ihres Lebens der mächtigsten und sfrupellosesten Diktatur auf dem Erdball trotzen.
Gegen diese paar Zeitungen steht die ganze gleichgeschaltete Presse des Saargebietes in ihren vom Reich bezahlten Palästen und mit Bankkonten, die immer wieder von den Propagandafonds des Goebbels erneuert werden. Gegen die paar unabhängigen Blätter steht der ganze behördliche
An alle!
Wir antworten in der vorliegenden Nummer auf die terroristischen Verbotsforderungen der« deustchen" Front, die uns durch die Staatsgewalt unterdrückt Grundsatz: die beste Verteidigung ist der Hieb. wissen will. Wir wehren uns nach dem alten deutschen
Wir wissen, daß unsere Sprache kräftig ist. Diese Art der Polemik werden wir beibehalten gegen jeden, der uns als Separatisten" oder deutschseindlich" verleumdet, ja schon gegen jede Zeitung, die in erkennbarer Absicht uns nur als« Freiheit" statt als « Deutsche Freiheit" zifiert.
Diszipliniert, wie sie gekommen waren und in drangvoller Enge ausgehalten hatten, rückten die Massen ab. Die „ deutsche " Terrorfront hatte Kontroll- und Provokationskommandos entsandt. Vor Beginn standen sie gruppenweise in der Menge, um etwaige Verstöße gegen die Versammlungsverordnungen zu denunzieren. Freiwillige Spizel der ,, landfremden Regierung". Nachher lümmelten sie sich auf dem allmählich leer gewordenen Plaze herum und besetzten regelrecht die Brücke über die Saar , um zu Zwischenfällen herauszufordern. Das Auftreten dieser Burschen war unerhört. Dennoch fam es zu keinem Zusammenstoß. Wir freuen uns darüber. Je größer unsere Disziplin, um so stärker und so erfolgreicher werden wir in den heißen Monaten sein, die noch vor uns liegen.
Wir schießen und wir prügeln nicht, aber Schonung im geistigen Ringen werden unsere Gegner nicht zu erwarten haben.
Keines ihrer Blätter wagt über die gestrigen Massenvers sammlungen zu berichten. Werden sie wieder wie nach dem unübersehbaren Aufmarsch vieler Zehntausende in Sulzbach die Zahl der Versammelten mit zehn oder zwanzig divis dieren? Wer wird ihren Gaunereien noch glauben, wenn gestern in Sarbrücken allzuviele Mitglieder auch der„ dent: schen Front" staunend sahen, daß regimenterweise die„ Sepa= ratisten" in die Mitgliederversammlungen der Einheitsfront strömten?
Der Durchbruch an der Saar ist da! Am 13. Januar wird sich zeigen, wie unerhört die Hitler und Goebbels die Welt anzulügen sich erdreisten, wenn sie behaupten, sie und ihre Taten seien von dem einmütigen Vertrauen der Deutschen getragen.
Die geeinte Aktion für Deutschlands Freiheit kämpft an der Saar , und sie wird der Welt zeigen, daß sie für das deutsche Volf au siegen weis.
Apparat des Saargebiets vom Oberbürgermeister bis zum Torfschulzen, vom Landgerichtsdirektor bis zum Gerichtsschreiber, vom Studienprofessor bis zum Schuldiener, vom Monopolkapitalisten Röchling bis zum Handelskammersefre tär, alles was aus Neigung oder mehr und häufiger noch aus Angst vor den Gewalthabern im Reich durch Gleichschaltung sich unterworfen hat.
Gegen diese paar frei gebliebenen Zeitungen ist die ganze enorme Propagandaorganisation des dritten Reiches" mobilisiert: alle Sender des deutschen Rundfunks, die tausende Zeitungen und Zeitschriften im Reiche, eine unübersehbare Literatur vom Buche bis zur Flugschrift, die vielgestaltigen millionenköpfigen Organisationen des Nationalsozialismus, die Jugend n allen Schulen, denn bis in die Lehrbücher wird