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Im Saargebiet verboten 2 mi

Fretheil

Nr. 239 2. Jahrgang

Einzige unabhängige Tageszeitung Deutschlands

Sonntag Montag, den 14./15. Oktober 1934 Chefredakteur: M. Braun

Edition de Paris

Pariser Ausgabe

Reichstagsbrand

restlos aufgekläct

Noch mehe Verbote gefordert

Seite 2

Seite 5

Geheimnis dec Nickelmünzen

Seite 6

Wir sind im Saargebiet verboten!

Dic..Deutsche Freiheit für zwei Wochen aus dem Abstimmungskampie ausgeschaltet Aufatmen in der deutschen Front"- Wir lassen nicht locker und geben nicht nach...

Verfügung

betreffend Berbot der Tageszeitung ,, Deutsche Sreiheit"

Auf Grund des Artikels 15 Absatz 6 der Verordnung vor: 28. November 1933 betreffend Abänderung und Ergänzung der Verordnung vom 20. Mai 1933 zur Aufrechterhaltung de: öffentlichen Ruhe und Sicher­heit in der Faffung des Artikels 1 der Verordnung vom 4. September 1934 betreffend Ergänzung des Arti­kels 15 der Verordnung vom 28. November 199 betreffend Abänderung und Ergänzung der Verordnung vom 20. Mai 1933( Amtsblatt 1933, Nr. 21) zur Aaf.echterhaltung der öffentlichen Ruhe und Sicherheit, wir in Erwägung,

Geld aus München

Der Verschwörer Nowak sagt aus!

Paris , 13. Oktober. Der in Andermatt verhaftete Verschwörer Nowak

hat das Geständnis abgelegt, daß man am 28. Septem­seinem Komplicen den Befehl gegeben habe, sich nach Paris zu begeben. Sie häffen zu diesem Zweck 5000 Franken erhalten. Es sei ihnen aller­dings nicht gesagt werden, was sie in Frankreich tun sollen. Sie hätten geschworen, daß sie alle ihnen in Ueber die Person des geheimnisvollen Auftraggebers hüllt sich Nowak in Schweigen.

daß die« Deutsche Freiheit in ihrer Nu amer 236 vom 11. Oktober 1934 unter der Ueberschrift legter Stunde gegebenen Befehle ausführen würden. Nußnießer des Attentats"

einen Artikel enthält, der den Tatbestand der obenbezeichneten Verordnung erfüllt, folgendes verfügt:

Artikel 1

Die Tegeszeifung Deutsche Freiheit" sowie jede ongeblich neue Druckschrift, die sich fachlich als die

alte darstellt, oder als ihr Ersatz anzusehen ist, wird mit jofertiger Wirkung im Scargebiet auf die Dauer von Frankreichs Regierungskrise

verboten.

zwei Wochen

Artikel 2

Der Direktor des Innern wird mit der Durchführung dieser Verfügung beauftragt. Saarbrücken , den 12. Oktober 1934.

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In unserem Aufsatz Nuznießer des Attentats" sind nicht etwa Herr Adolf Hitler und ähnliche ehrenwerte Zeitgenossen einer direkten oder indirekten Beteiligung an dem Attentat von Marseille beschuldigt worden, sondern der Verfasser hat lediglich ausgeführt, daß infolge der Ermor­dung von Alexander und Barthou die Entscheidung des Spiels um Mussolini , an dem nun einmal Hitler hervorragend beteiligt ist, hinausgeschoben ist. Die Basler National- Zeitung" hat dieselbe politische Folgerung in diesen Worten gezogen:

Trotz den kroatischen Schwierigkeiten und Gefahren gilt Jugoslawien in Berlin besonders militärisch sehr viel, soviel, daß der jugoslawischen Armee zugetraut wird, sie fönnte den Herren Italiens im Ernstfall nicht nur mit Erfolg Widerstand leisten, sondern sie sogar besiegen, und wenn Lord Rothermere das Gespenst eines militärischen Blocks Deutschland- Polen- Jugoslawien- Ungarn- Japan an die Wand malt, der im Kriegsfall imstande sein werde( mit englischer Neutralität), ein französisch- italienisch- tschecho= flowakisch- russisches Bündnis auf die Knie zu zwingen, so deckt sich seine Ankündigung mit dem Urteil deutscher militärischer Kreise, die sich, flankiert von Polen und Jugoslawien als den beiden Völkern mit den nach Frankreich und Deutschland weitans besten euro­ päischen Heeren, gar nicht mehr so verlassen vorkommen würden. Von Berlin aus gesehen, ist es teines: wegs ausgemacht, daß die jugoslawische Freundschaft für Frankreich die Belastung durch die jugoslawische Angst vor Italien auf die Dauer aushalten fönnte. Ganz unsenti mental und realpolitisch aufgefaßt, bedeutet die Rata­strophe von Marseille für Deutschland einen Glüdsfall, vor allem einen Zeitge= winn. Von Berlin aus betrachtet, steht auf einmal alles in Frage: der französisch- italienische Danerausgleich und Friede, der nur mit Einbeziehung Jugoslawiens zu erreichen ist, und sogar die franzöfifch jugoslawische Freundschaft selbst, denn nicht das erstes mal würde eine polittiche Freundschaft

Das Mitglied der Regierungskommission für die Angelegenheiten des Innern: gez. G. G. Knox.

Für die gleichlaufende Abschrift: Der Direktor des Innern und des Kabinetts: gez. Unterschrift.

durch politische Attentate getroffen und ge= stört. Marseille hat Deutschland Luft ver= fchafft. Der trotz aller autarkischen Prahlereien in Berlin doch sehr start empfundene Albdrnd der Isolierung drückt momentan nicht mehr so schwer.

Wo die Nutznießer des Attentats sitzen, ist also für jeden denkenden Menschen klar. Wer die Anstifter sind, das wird noch untersucht. Kein Verbot wird uns hindern, uns an dieser Untersuchung zu beteiligen, denn sie dient der Ent­giftung der Atmosphäre Europas .

Der politische Mord ist nicht eine Regierungsmethode der Demokraten und der Sozialisten, sondern eines der vielen Terrormittel faschistischer Diktaturen. Daß aber in der un gefeßlichen Tötung von politischen Gegnern der von Adolf Hitler gegründete, beseeite und geführte Nationalsozialis­mus den Weltrekord hält, weiß seit dem 30. Juni und dem 25. Juli jedes Kind.

Gewiß hat die deutsche Reichsregierung in Paris und in Belgrad herzlichst kondoliert und ihre Presse hat sich diesem Beileid angeschlossen, aber millionenfach fann man in Hitler­deutschland von Anhängern des Nationalsozialismus die freudige Genugtuung über das blutige Ende eines Staats­mannes wie Barthou hören, der, nicht zuletzt auch um des Saargebietes willen, sehr unbequem geworden war. Als Europäer und Sozialisten haben wir die Pflicht, immer und immer wieder auf diese faschistische Massenverrohung hinzu weisen, von der sich leider weder die Regierungen noch die Regierten in den Ländern mit zivilisiertem Verfassungs­leben eine Vorstellung machen können. Es ist und bleibt das Unglück und die größte Gefahr für Europa , daß die verant­wortlichen Staatsmänner und auch ein großer Teil der Presse Westeuropas noch immer nicht voll begreifen können, welcher gigantischen Verbrechen der Nationalsozialismus fähig ist, wenn es um seine Machtbehauptung geht. Die Macht ist ihm alles, und Menschlichkeit ist ihm nichts.

( Fortsetzung siehe nächste Seite!)

Von unserem Korrespondenten

A. Ph. Baris, 13. Oktober. Frankreich hat zur Zeit innen- und außenpolitische Sorgen, und es ist schwer, bei einer Betrachtung der gegen­wärtigen politischen Entwicklung dieses Landes die einen genau von den anderen zu scheiden. Das Kabinett Doumergue wird in seiner heutigen Zusammensetzung den Montag nicht überleben. Jnsenminister Saeraut hat be­reits seine Demission angeboten, und Ministerpräsident Doumergue hat diesen Schritt gutgeheißen. Das Außen­ministerium ist durch den jähen Tod von Barthou freige­worden. Aber es erscheint sicher, daß Ministerpräsident Doumergue sich kaum damit begnügen wird, diese beiden Ministerien einfach durch rein portefeuillemäßige Ver änderungen in seinem Kabinett zu besetzen. Man muß damit rechnen, daß die gesamte Regierung am Anfang der nächsten Woche ihre Demission geben und Doumergue dann vom Präsidenten Lebrun mit der Neubildung des Kabi netts betraut werden wird.

Man rechnet mit einem Ruck nach rechts. Kandidaten­namen tauchen auf und verschwinden sehr schnell wieder. Niemand kann eine sichere Prognose stellen; denn der Ministerpräsident, der mit dem Staatspräsidenten Lebrun die Situation bereits besprochen hat, schweigt sich über seine Pläne aus, und von ihm wird die Entscheidung abs hängen. Diese Entscheidung wird wesentlich vom Aus fall der am Sonntag stattfindenden Stichwahlen ab­hängen. Die Kantonalwahlen, die sonst hier nur unter­geordnete Bedeutung haben, werden diesmal als politische Wetterzeichen gewertet.

Kein Zweifel kann daran bestehen, daß das französische Volk in seiner überwältigenden Mehrheit die Fortsetzung des außenpolitischen Kurses wünscht, den Barthou ver­folgt hat. Das Vertrauen, das Barthou genoß, wird aber sein Nachfolger nur dann besitzen, wenn er nicht nur die gleichen Fähigkeiten und die gleiche Geschicklichkeit nach­meist, sondern wenn auch das neue Kabinett Doumergue die Autorität besitzt, auf die das alte sich stützen konnte. Diese Autorität hatte ihm einerseits der jetzige Minister­präsident verliehen, andererseits verdankte es sie gerade der erfolgreichen Außenpolitik Louis Barthous.

So ist es selbstverständlich, daß die Zeitungen sich, ob­wohl sich über dem toten Außenminister das Grab noch nicht geschlossen hat, ausführlich über die Frage seiner Nachfolgerschaft und über die gesamte innenpolitische Situation aussprechen.

In der Victoire" schreibt Gustave Herve , wenn eine Regierung verfault ist, so passiert notwendigerweise im Augenblick, wo man am wenigstens damit rechnet, eine Geschichte wie die Sache Stawisky, wie die Affäre Prince, wie das scheußliche Attentat von Marseille , das selbst den unaufmerkſamsten und schwerhörigsten Menschen die Tiefe des Uebels aufzeigt, wie in anderer Art dies durch die schmutzige Affäre Roziere geschieht."