Warum war er so schweigsam?
A. Ph. Paris , den 27. Oftober 1934. ( Von unserem Korrespondenten) Immer wieder sucht man in den Berliner politischen Kreisen den Eindruck zu erwecken, als sei dem Besuche, den der französische Botschafter in Berlin Francois- Poncet am Mittwoch dem Reichskanzler Hitler abitattete, größere Bedeutung beizumessen. Demgegenüber wird hier in unterrichteten französischen Kreisen weiter darauf hingewiesen, daß die Unterhaltung ganz genau 16 Minuten gedauert habe". Es habe sich nur um eine„ Etikette"-Angelegenheit gehandelt, indem der französische Botschafter für die BeiTeidsfundgebungen der deutschen Regierung beim Tode von Barthou und Poincarst den Dant seiner Regierung ausgesprochen habe.
Paris- Midi" stellt nun die Frage, ob sich Hitler und Francois Poncet gar nichts zu sagen gehabt hätten. Seit ihrem letzten Zusammentreffen vor vier Monaten sei doch allerhand geschehen: das Blutbad vom 30. Juni, die Begegnung Mussolinis mit Hitler , die Ermordung von Doll fuß , Hindenburgs Tod, die Volfsabstimmung, das Mar seiller Attentat usw. Soll man in diesen Anspielungen des Pariser Mittagsblattes eine versteckte Bosheit sehen? Man fönnte auch die nächste Frage so auffassen, ob nämlich beide nicht den Wunsch gehabt hätten, über alle diese Dinge sich einmal auszusprechen. Sollten etwa, bemerkt das Blatt noch,
Obgleich die Zeitungen spaltenlange Berichte über die Kämpfe in Spanien veröffentlichten, waren die Nachrichten einseitig, und viel Wichtiges ist dabei unter den Tisch gefallen. Gleich zu Beginn sette eine strenge Zensur für alle dem Ausland zugedachten Nachrichten ein und noch am 15. Oftober verordnete die spanische Regierung, daß auswärtige Korrespondenten ihre Berichte von der Telefonzentrale aus abzugeben haben und daß sie vorher einen Auszug dessen, was sie melden, zur Durchsicht vorlegen müssen. Darum ist auch keine Nachricht über die Zahl der Gefangenen hinausgedrungen, über die Behandlung der Gefangenen und die über sie verhängten Urteilssprüche. Für die Reser spanischer Zeitungen ergibt sich ein wesentlich anderes Bild.
Während immer wieder von„ Milde" und Gnade ins
besondere gegenüber den zu Tode Berurteilten, die Rede ist,
zeigt sich deutlich genug die Absicht, alle, die in die Kämpfe verwickelt waren, aufs schwerste büßen zu lassen, obwohl Sie
öffentliche Meinung stürmisch in Tausenden von Telegrammen auf Begnadigung drängt.
Wir lassen ein paar Fälle folgen, die wir der Zeitung „ El Sol" vom 16. Oftober entnehmen:
Demetrio Sanz ist durch ein Madrider Kriegsgericht zu lebenslänglichem Sterfer verurteilt worden, weil bei ihm Bomben gefunden wurden, mit denen er Sabotageakte vollbringen wollte. Sein Freund Claudio Garcia del Moral hat zwanzig Jahre erhalten. Das Kriegsgericht in Madrid verhängte über Zarate Diaz sechs Jahre Kerfer wegen Beleidigung der bewaffneten Kräfte.
Am 19. Oftober meldet„ El Sol", daß Jesus Martinez Gomez zu 1000 Pesetas Geldstrafe verurteilt worden ist, weil bei ihm Waffen gefunden wurden; Fredericv Antolin Pata bekam 18 Monate Kerfer aus dem gleichen Grund. In Malaga wurden über Diego Gomez Garcia zwei Jahre zehn Monate und 21 Tage verhängt, nur weil er Drohungen ausgestoßen hatte. Drei Männer wurden in Sevilla zu 21 Jahren, 9 Monaten und 5 Tagen wegen Mordes, zu zwei Jahren wegen Waffenbesitz verurteilt, außerdem zur Zahlung einer Wiederautmachungssumme von 20 000 pesetas.
Am 20. Oktober meldet„ El Sol", daß Jose Godon in Orense zu zehn Jahren Kerfer verurteilt wurde, weil er etwas Aufrührerisches gerufen hat.
die Beziehungen so schwierig geworden sein, daß jede nüßliche Unterhaltung zwecklos wäre?
Dann heißt es weiter, vor drei Tagen hatten die fran zösischen Minister, in deren Ressorts das dramatische Saarproblem falle, im Auswärtigen Amt eine Sondersizung abgehalten. Vor zwei Tage habe der Finanzminister GermainMartin die Sachverständigen für das französisch- deutsche Clearing und für die Dawes und Young- Anleihe zuſammengerufen. Und darüber hätten sich nun der Führer und der französische Botschafter nichts zu sagen gehabt? Gewisse Anzeichen lassen erkennen, daß Hitler und seine ersten Mitarbeiter sich augenblicklich sehr um die französische Meinung fümmerten. Gewisse Interviews vor gestern oder morgen benutzte man zu Propagandazwecken. Aber wie solle man an die Aufrichtigkeit der Interviews glauben, wenn man zu gleicher Zeit sich nicht in der diplomatisch üblichen Weise ausspreche? Wenn man den Franzosen etwas sagen wolle, Warum sage man es da nicht zuerst dem französischen Botschafter?
Und nun kommt wieder eine Bosheit: Deutschland hat „ eine Schwäche für Frankreich ," erklärte der Führer verwegen vor einigen Wochen. Wo ist zwischen der scheinbaren Wärme dieser Erklärung und der fühlen zurückhaltung bei den von der Etikette vorgeschriebenen Empfängen das wahre Deutschland ?"
London , 26. Oft.( 3TA.) In der vor kurzem in Paris stattgefundenen Zusammenkunft von Vertretern des Londoner Jewish Representative Coucil und der Anti- HitlerBoykott- Organisationen in Frankreich , Polen , Belgien und Südamerika wurde befchloffen, die ursprünglich für den 16. Oftober festgesetzte, dann aber verschobene internationale Anti- Hitler- Boykott- Konferenz für den 25. November nach London einzuberufen. Es wurde beschlossen, die Londoner Konferenz auf der Basis weitestmöglicher Unparteilichkeit zu
Pariser Berichte
Die Akademie
esmeld
Alljährlich findet seit der Gründung des ,, Instituts de France " am 25. Oktober eine Festsitzung der Akademie statt. Die Zahl der Mitglieder ist außerordentlich klein geworden, denn von den 47 Köpfen sind 32 verstorben, so daß nur noch 15 Persönlichkeiten sich zu dieser Festsitzung, die eine Trauersitzung war, vereinigen konnten. Die Aufgabe, die Emil Borel von der Akademie der Wissenschaften als Präsident des Instituts de France hatte, war nicht leicht, galt es doch, in dem Nachrufe für jeden der 32 Verstorbenen die hauptsächlichsten Daten seiner Laufbahn zu schildern und seine Bedeutung für Frankreich zu würdigen. Nach dem Nachrufe für die großen Toten, zu denen insbesondere auch Paul Painlevé , Dr. Roux, Albert I. von Belgien , Marschall Lyauthey, Louis Barthou und Ray mond Poincaré gehörten, hielten die Vertreter der einzelnen Wissenschaften Vorträge auf ihren Spezialgebieten.
Im Rahmen eines von der ,, Association des Emigrés Israélites d'Allemagne en France" veranstalteten Vortragsabend wird Sanitätsrat Dr. Magnus Hirschfeld am Mittwoch, dem 31. Oktober, abends 8.30 Uhr, im Festsaal Avenue Hoche No. 15 in Paris , einen biologischen Vortrag über das Thema halten: Was eint und trennt das Menschengeschlecht?"
99
Eintritt frei. Gäste herzlich willkommen.
Weibliche Polizei in Paris Paris
, 27. Okt. Ein Mitglied des Pariser Stadtrates hat eine Entschließung eingebracht, durch die der Polizeipräsi dent aufgefordert wird, Vorschläge für die Schaffung eines weiblichen Polizeikorps zu unterbreiten. Die weiblichen Polizisten sollen besondere, ihren Eigenschaften entspre chende Aufgaben erhalten.
halten; es werden sich an ihr Repräsentanten verschiedener BRIEFKASTEN
Religionen, Nationen und Klassen beteiligen. Der Jewish Representativ Council wurde beauftragt, die notwendigen Arrangements zu treffen.
Sowjetplan für Getreideablieferungs eine große Straftprobe, welche den Kampfesmut des freiheit
zu 94,9 Prozent erfüllt
Moskau , 26. Oft. Der Jahresplan für Getreideablieferung ist in der gesamten Sowjetunion mit 94,9 Prozent am 15. Oftober erfüllt worden gegenüber 83,5 Prozent zum selben Datum im vorigen Jahr. Die Kollektivwirtschaften und Einzelbauern erfüllten 97,5 Prozent ihres Jahresplans für Getreideablieferung und die Staatsgüter 86,7 Prozent, Das diesmalige Versagen der Staatsgüter fällt auf. Zum Teil wird dieses Versagen damit erklärt, daß der Plan an sie zu hohe Anforderungen stellte. Die Staats- und Kollektivwirtschaften und die Einzelbanern in der ganzen Sowjetunion hatten zum 15. Oftober 86 137 300 Zentner Zuckerrüben ge= ernte, während zum selben Datum des Vorjahres 43 610 900 Zentner geerntet waren..
In der gesamten Sowjetunion waren am 15. Oftober eine Totalfläche von 81 722 000 Heftar Getreide abgeerntet, das sind 99 Prozent des Planes. Die Region des Fernen Ostens erntete 99 Prozent des Planes, die Westfibirische Region 96 Prozent und die Tscheljabinst- Provinz 94 Prozent. Die Winteraussaat wurde am 15. Oftober in der gesamten Sowjet union auf einer Fläche von 34 558 000 Hektar beendet- bas
90 Entlassungen wegen eines Zurufs find 92 Prozent des Planes. Die Kollektivwirtschaften erfüll
Berlin, 26. Oft. Bei einer Tiefbaufirma in Döberitz fam es zu einer Auseinandersetzung zwischen den Arbeitern und einem SA.- Mann, wobei dem SA.- Mann zugerufen wurde:„ Du bist genau so ein Schwein wie dein Führer!" Sofort wurde die Geheime Staatspolizei alarmiert, die den Rufer zu ermitteln versuchte; ohne Erfolg. Daraufhin wurden 30 Arbeiter entlassen. An die Arbeiter der zweiten und der dritten Schicht wurde das Anfinnen gestellt, festzustellen und anzugeben, wer der Rufer gewesen war. Alle 60 Arbeiter lehnten das ab. Auch sie wurden entlassen.
Zu verkaufen neues
Wohnhaus
12 Jahre Grundsteuer frei, Le Havre Sainte- Adresse , Nationalstraße, sofort bewohnbar. 7 Zimmer. 2 Badezimmer, Küche, Garage, Wasser. Gas, Elektrizität, Ze tra heizung. 1200 qm Garten, aufläche 110 qm. Preis 260 000 Fr. bar. Schreiben R. 50 192 AGEENCE HAVAS LE HAVRE ( Frankreich ).
Ein
Familienhaus
neu erbaut, 8 Zimmer Garage, Gärtchen zu verk ufen. 16 Minuten vom Hauptbahnhf. Preis ca. 90 600 Fr. Näheres bei JO EF WAGNER, Bulevard de l'Alzette, LUXEMBURG .
Werbt für die
" 1
Freiheit"
Lest regelmäßig
die Wochenzeitung
WESTLAND
Docteur Spécialiste
: DEUTSCHSPRECHEND I Münchener u. Pariser Fakultät
17, rue Reaumur Métro Arts- et- Métiers od. République ist zurückgekehrt und hat seine Praxis wieder aufgenommen
Frauen, Blut-, Haut-, Harn- und Geschlechtskrankheiten, Tripper, Syphi lis, Männerschwäche. Neueste Heil verfahren. Elektrizität.
Harn, Samen und Blutanalysen. Mässige Bedingungen.( Auch für Kassenversicherte.) Täglich von 91 und 48,30 Uhr. Sonn- und Feier ags von 9 bis 1 u. aut Rend. v. Tel. Arch.54-27
Schweizerisches and elsässisches Wurstwarengeschäft
Kuchenbackerel, Konditorei, Weins and Likörs
Produits Schmid
76, Boulevard de Strasbourg. 8, rus St. Learest
Paris, bei Bare de l'Est
Telefon 4 Linien vereinigt unter 80TZARIS 81-1
Berühmte Hellseherin
Mme Maria ZENI
Dr. ès- sciences occultes Astrologie, Chiromancie Cartomancie, Psychoanalyse spricht geläufig deutsch
62, rue de la Rochefoucauld( i. Hof, Tr. C, 2. Stock rechts Täglich 2-7 Uhr außer Donnerstags
-
Metro: Pigalle
ten 97 Prozent, die Staatsgüter 79 Prozent und die Einzelbauern 71 Prozent des Planes.
,, Deutsche Freiheit"
Abonnementspreise:
Amerika Argentinien Belgien Dänemark England Frankreich Holland Italien Luxemburg Neubelgien ( Eupen Malmedy ) Oesterreich
Palästina Polen
Rumänien Rußland
Saargebiet Schweden Schweiz Spanien
im Zustell Monat gebühr 1,- 0,50 3,-1,- 15,- 15,- 5,30
Dollar Peso belg. Fr. Kr. sh 4, 1,10 fr. Fr. 12, 12,-3,75
3,70 2,30
-
fl. 1,50 0,40 Lire 10,5,- belg. Fr. 15, 15,- 5,30 belg. Fr. 12, 12, 5,30
-
Das Gebiets- Einheitskomitee von Sulzbach schreibt uns:„ Wir begrüßen das Wiedererscheinen der antihitlerischen Zeitungen. „ Deutsche Freiheit" und" Arbeiterzeitung". Das Verbot war für liebenden Saarproletariats in stärkstem Maße gefördert hat. Die Einheitsfront aller Schaffenden der Saar wird am 13. Januar 1935 fiegen. Für uns gilt unverrückbar die Parole:„ Nie zu Hitler , ewig frei die Saar . Alles für den Sieg des Status quo!"
K. R., Warschau . Sie machen uns die Uebersetzung eines Auffages von General Siforsti imurjer Warszawski" zugänglich, der darlegt, daß die deutsche Kriegsflotte die Hauptgefahr für die polnische Eicherheit darstellt. Auf diesem Gebiete bereitet Deutschland der Welt mehr als eine furchtbare Ueberraschung vor. Heute schon sind die deutschen Bombenwerfer imstande, von Berlin aus ohne Schwierigkeiten die ostpolnischen Gebiete, Wilna , Pinst und Lemberg mit einbegriffen, zu erreichen. Im Falle einer Kriegserklärung können die deutschen Flugzeuge in 70 Minuten über Posen sein und in 24 Stunden in Warschau . Der Bau deutscher Flughäfen in Oste preußen würde die Zerstörung der polnischen Hauptstadt noch mehr in den Bereich der Möglichkeit rücken." Es erscheint doch, daß es trop der tiefen Berbeugungen des Herrn Adolf Hitler vor den " Polacken" mit der deutsch - polnischen Entente noch etwas hapert.
-
Katholischer Saarländer . Wir erfüllen Ihren Wunsch und weisen auf einen Aufruf im Katholischen Kirchenblatt" Berlins hin. Ble Gläubigen werden da aufgefordert, treu zu Rom zu stehen und fich nicht durch das Schlagwort einer deutschen Reichskirche verführen zu lassen. Der Aufruf bedeutet eine direkte Antwort auf die letzte Stuttgarter Rede des Reichsbischofs Müller, in der dieser erneut die Forderung einer„ katholischen Kirche , unabhängig von Rom ," erhob.
Literatur
„ Die neue Weltbühne"( Prag X, 3izfova 4c). Seft 43 ist soeben erschienen: Walter, Mitglied des Zentralkomitees der KPVD., beantwortet den ebenfalls in der neuen Weltbühne erschienenen Artikel Siegfried Aufhäusers über die Einheitsfront. Ueber das Leben der Sowjetfinder berichtet Louis Fischer . Der Leitartikel von Her mann Budzislawski behandelt das Thema Kirchenkrieg, das heute in Deutschland wieder sehr aktuell ist. Kurt Hiller fügt feinem Bericht über Eicke, den Mörder Erich Mühsams, noch einiges hinzu. Heinz Pol zeigt die Entwicklung der Otto- Strasser- Gruppe, die gerades wegs zu Hitler führt.
Für den Gesamtinhalt verantwortlich: Johann Bis in Dub weiler; für Inferate: Ctto Rubn in Saarbrüden. Rotationsbrud und Verlag: Verlag der Volksstimme GmbH. Saarbrüden 8, Schüßenstraße 5. Schließfach 776 Saarbrüden.
-
Bestellschein
( verboten)
sh ( verboten)
4,-1,10
Ich ersuche um regelmäßige Zusendung der ,, Deutschen Freiheit" Name:
Lei Rubel fr. Fr. Kr. schw. Fr. Peseta
90,-30, 1,
Strake:
12,-7,50 2,60 1,70 2,40 0,80
Orti
6,-2,-
Tschechoslowakei Kr. 30,-15,50
Bei Zusendung unter Kreuzband durch die Post sind die Portogebühren vom Besteller mit dem Abonnementsbetrag zu entrichten.
den
Unterschrift
Verlag der Deutschen Freiheit"
Saarbrücken 3
Schützenstraße 5Postschlieffach 776