Englischer Brief

Alle spanischen Gefängnisse überfüllt

O. G. London  , Anfang November. Ein Notruf aus einem Gefangenenschiff

Labour im Vormarsch

Nachdem die Labour Party   in zwei Nachwahlen zuin Unterhaus Ende Oktober gefiegt hatte, brachte der 1. November die Bestätigung des Vormarsches auf der ganzen Linie. Bei den Gemeindewahlen, die an diesem Tage in ganz England und Wales stattfanden( die schottischen Wahlen erfolgen am kommenden 6. Novem­ber), hat die Labour Party   über 700 neue Gemeindevertretermandate zu ihren bis­herigen Mandaten hinzugewonnen, und zwar auf Kosten aller anderen Parteien, zum überwiegenden Teil auf Kosten der Konservativen. Außer in London   finden all­jährlich am 1. November Gemeindewahlen statt, und zwar scheidet jedesmal ein Drittel des bisherigen Gemeinde­parlaments aus, so daß das Gesamt- Kommunalparlament in drei Jahren erneuert ist. Jn London   wird alle drei Jahre das gesamte Gemeindeparlament neu gewählt, und zwar im März in County Council, als Parlament der Gesamtstadt( die diesjährigen Wahlen im März brachten Labour erstmalig die absolute Mehrheit), und im Novem­ber die Vertretungen der 28 Stadtbezirke. Labour, das bisher nur in vier von diesen Bezirken die Mehrheit hatte, hat jetzt die Mehrheit in 15. Vier der Bezirks vertretungen in östlichen Bezirken haben nur noch Labour­abgeordnete, ein weiterer Bezirk hat nur einen einzigen Oppositionellen. Freilich gibt es auch vier Bezirke im bürgerlichen Westen und Nordwesten, in denen kein ein­ziger Labourvertreter gewählt wurde, sondern nur Konservative. Dennoch ist Labour in London  stärker als jemals bisher.

Wenn man freilich die Wahlziffern beurteilen will, darf man sich nicht von den Zahlen blenden lassen. Man muß berücksichtigen, daß das Vergleichsjahr für die dies­maligen Wahlen 1931 war, das Jahr der Panik, in der die Labour Party   von ihren damaligen Führern verlassen wurde, in der die Wählerschaft durch Schauermärchen in Angst und Schrecken versetzt wurde. 1931 hatte die Labour Party   allein über 400 ihrer bisherigen Gemeinde­mandate verloren, so daß der diesmalige Gewinn nur zum kleineren Teil ein absoluter Gewinn ist, zum größeren Teil aber nur die Wiedergutmachung der Ver­Tufte von 1931. Eine genauere Analyse der Ziffern zeigt weiter, daß in der Provinz der Vormarsch der Labour Party   über 1931 hinaus nur sehr geringfügig ist, daß fast der ganze Reingewinn auf London  entfällt. Woran das liegt, ist natürlich schwer zu sagen. Der Manchester Guardian", der sich als einzige Zeitung ernsthaft mit diesem Phänomen befaßt, sucht die Er­klärung in der starken Führerpersönlichkeit Des

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Londoner   Labourführers Herbert Morrison  , dessen Anspruch auf die Führung der " Gesamtpartei durch das Wahlergebnis nur gewachsen ist. Morrison hat seinen Wahlsieg durch ein kluges Rund­schreiben an die neugewählten Labour- Abgeordneten er­gänzt, das jede Möglichkeit der Betternwirtschaft durch strengste Richtlinien ausschalten soll und ankündigt, daß ** auch die geringsten Amtsmißbräuche nicht nur nicht ver­" Tuscht werden, sondern von der eignen Partei als erste angeprangert und bestraft werden.

Politisch darf der Labour- Wahlsieg nicht überschäzt werden. Er zeigt zwar, wie der Wind weht, aber er wird zunächst keine Folgen haben. Die Regierung denkt nicht daran, Neuwahlen zum Parlament vorzu­nehmen, wo ihre Mehrheit nach wie vor gewaltig ist. Das jetzige Parlament soll bis zum Frühjahr 1936 eventuell fogar bis zum Ablauf der Wahlperiode im Herbst 1936 zusammenbleiben. Bis dahin mag sich natürlich politisch mancherlei ändern. Ferner darf der Londoner   Wahlsieg Labours nicht darüber täuschen, daß außer London   nur noch wenige Großstädte wie Leeds   und Sheffield  von Labour beherrscht werden, während die nach London  größten Städte wie Birmingham  , Manchester  und Liverpool   sowie viele andere Großstädte nach wie vor eine starke bürgerliche Mehrheit besitzen. Auch können es die Eigenheiten des englischen Wahlsystems mit sich bringen, daß Wahlen in den verschieden abgegrenz­ten Bezirken der Kommunalwahlen ein anderes Bild zeigen als Wahlen in den größeren Parlamentswahl kreifen. So ist die Gemeindewahl vom 1. No­vember zwar ein politisches Stimmungs barometer, aber direkte politische Konse: quenzen sind nicht zu erwarten.

Es mag noch erwähnt werden, daß in London   die Liberalen ihre sämtlichen Kommunalvertreter ein­gebüßt haben, und daß die Kommunisten von ihren 62 Kandidaten nicht einen einzigen durchgebracht haben. Die Faschisten haben gar nicht kandidiert.

Das Parlament an der Arbeit

Das englische Parlament ist nach seinen langen Sommerferien wieder zu einer formell kurzen Tagung zusammengetreten. Es hat bereits das heißumkämpfte Aufreizungsgesetz in dritter Lesung verabschiedet ( d. h. die Beratung im Oberhaus steht noch aus). Dieses Gesetz, das Aufreizung von Militärpersonen zum Ungehor fam unter befondere Strafen, stellt, wurde zunächst von der Linksopposition als erster Schritt zum Faschismus bezeichnet; aber im Verlauf der Beratung hat die Regie­rung so viele Milderungen und Verbesserungen vorgenom men, daß dieser Vorwurf sich nur noch schwer aufrecht erhalten ließ. Dennoch hat die Opposition bis zum letzten Augenblick den Kampf durchgeführt, wenn auch mit Macdonald, mit weniger Leidenschaft als zuerst. Macdonald, mit deffen radikal- pazifistischer Vergangenheit dieses Gesetz sehr wenig harmoniert, kam wiederholt in peinliche Situationen.

Die gegenwärtige Parlamentstagung wird Ende des Monats abgeschlossen. Wenige Tage später wird der König feierlich die neue Tagung mit einer Thronrede er öffnen. In dieser Tagung wird das bedeutendste Gesetz gebungswerk der jetzigen Regierung zur Beratung kom men, die Reform ber indischen Verfassung. Hier wird die Opposition nicht wie bisher von links kom men, sondern vom rechten Flügel der Konservativen unter Führung Churchills. Jm Parlament sind diese sogenann ten Diehards schwach, wohl aber haben sie beträchtlichen

An Bord des Gefangenenschiffs Altuna Mendi", Bilbao  , am 29. Oftober 1934. Santurce.

Werte Freunde!

Durch Freunde, die in Freiheit sind, haben Sie sicher be­reits gehört, daß ich in der Folge der revolutionären Bewegung am 22. dieses Monats verhaftet wurde und zwar unter der Beschuldigung, ein bekanntes Element der Aktionsgruppen" zu sein. Diese Beschuldigung ist voll= kommen haltlos, denn meine einzige Tätigkeit war die in der Presse und in Anbetracht meiner besonderen Stellung als politischer Emigrant und der diesbezüglichen Bestimmungen internationalen Rechts beschränkte ich mich stets darauf, nur Anhaltspunkt möge Ihnen noch dienen, daß mich die poli in außerspanischen Angelegenheiten zu intervenieren. Als tische Polizei zunächst den Militärbehörden übergab, daß diese aber feinerlei Material fanden, das unter das derzeit wirkende Kriegsrecht fiele. Trotzdem hielt man meine Haft als Maßnahme des Zivilgouverneurs von Bilbao  - also keiner ordentlichen Gerichtsbehörde aufrecht und lieferte mich am 23. in das Gefängnis ein, ohne mich auch nur einem Verhör unterworfen zu haben. Aus dem Gefängnis wurde ich gestern( 28. Oftober) an Bord der als Gefangenenschiff bestimmten Altuna Mendi" verbracht, die im Vorhafen Bilbaos( Santurce) verankert ist. Einem Verhör bin ich auch heute noch nicht unterzogen worden. Die Ueberführung an Bord der Altuna Mendi" erfolgte wegen Ueberfüllung sämtlicher gewöhnlichen und proviso­rischen Haftlokale in Bilbao  . An Bord dieses Schiffes befinden sich derzeit zirfa 200 Gefangene. Die Untersuchung erfolgte im 3wischendeck des hinteren Laderaums. In der Bilbainer Presse vom Samstag( 27. Oktober) wurde die Ueberführung bereits mit dem Zusaz angekündet, daß das Schiff entsprechend vorbereitet würde. Da die Presse in Spanien   der durch die Militärbehörden ausgeübten Vor­zensur unterworfen ist, wende ich mich an Sie mit der Bitte, vor den freien Menschen des zivilisierten Auslands eine Protestaktion gegen das gegen die einfachsten Menschen­rechte verstoßende Vorgehen der spanischen   Behörden gegen zum größten Teil unschuldige und wehrlose Gefangene zu unternehmen, und bin bereit, alle Angaben, die ich in diesem Briefe mache, unter Eid zu stellen.

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Zunächst mache ich Sie darauf aufmerksam, daß ein großer Prozentsatz der Gefangenen feinem ordentlichen Gerichts= verfahren unterworfen sind. Ebenso werden die von den Militärgerichten freigelassenen Gefangenen vom Zivil­gouverneur weiter festgehalten.

Als legale Handhabe zu diesem Vorgehen dient das Gesez der öffentlichen Ordnung". Vollkommen ungeseßlich und jeder zivilisierten Nation unwürdig, ist jedoch die Behand­lung der Gefangenen. In Bilbao   sind hunderte Gefangene furchtbaren Mißhandlungen unterworfen worden. Das Zentrum dieser Ver­brechen ist das Haftlokal der Sicherheitspolizei in der Calle Elcano. Alle Gefangenen, die aus diesem Lofal kommen, tragen am ganzen Körper die furchtbaren Spuren der Gewehrkolben und Gummiknüppel. Zahlreiche derselben wurden blutig geschlagen und einige mußten in die Krankenzellen des Gefängnisses überführt werden. Zu den Mißhandlungen wurden einige der Gefangenen in einen dort befindlichen Kohlenverschlag überführt. Als besonders schwere Fälle führe ich Ihnen folgende an:

Der Stadtverordnete von Gallarta, Kommunist und Arzt, Rufino Caftanos, der sozialistische Stadtverordnete von

Einfluß in der konservativen Parteiorganisation. Sie können Baldwin mancherlei Schwierigkeiten machen.

Mac=

Am Tage vor der Parlamentseröffnung fand ein jetzt schon traditionell gewordenes Frühstück der ,, Nationalen Labour Macdonaldschen gruppe" statt, zu dem die Abgeordneten der Regie­rungskoalition eingeladen waren. Es sprachen die Führer der drei Gruppen, Macdonald, Baldwin und Simon. Macdonald, dessen Gesundheitszustand viel besser ist als vor seinem langen Urlaub, wie üblich pathetisch und verschwommen, Baldwin nüchtern und Simon, der hervorragende Jurist, klar und logisch, aber kühl. Neben einem recht interessanten recht interessanten Bekenntnis donalds zur Aufrüstung, da England an der Grenze seiner Sicherheit angelangt sei( gerade aus dem Munde des Gefühlspazifisten Macdonald ist diese Er­klärung von besonderer Bedeutung), war das praktische Ergebnis der drei Reden ein gemeinsames Be­kenntnis zur Aufrechterhaltung der soge nannten nationalen Roalition. Daß Mac­donald und Simon für die Fortsetzung der Koalition sind, ist kein Wunder, ohne Koalition wäre ihr Schicksal sofort besiegelt, sie existieren nur noch von konservativer Gnade. Praktischen Wert hat nur Baldwins Bekenntnis zur Koalition. Er und seine Partei könnten auch ohne Koali tion existieren. Aber da auch die Koalitionsregierung in allen praktischen Fragen konservativ ist, so ist für Bald. win kein Grund gegeben, das nationale Mänt Ichen abzu werfen.

Rüstungs- und Saarproblem

Außenpolitisch stehen zur Zeit neben den letten verhandlungen mit USA  . und Japan   das Problem der Ab- oder besser Aufrüstung und die Saarfrage im Vordergrund der Erörterungen. Während man bisher in England nur unwillig von deutschen   Geheim" Rüstungen sprach, ist das jetzt plötzlich anders. Bisher waren es nur einige Blätter der äußersten Rechten, wie Daily Mail"," Morning Post" und gelegentlich auch Daily Expreß  ", die wiederholt von deutschen   Rüstungen berichteten, und zwar einzig mit dem Zweck, mit diesem Argument erhöhte englische Rüstungen, vor allem in der Luft, zu fordern. Jezt aber ist nicht nur eine Reihe von Büchern über die deutsche Aufrüstung erschienen und von der Presse eingehend besprochen worden, sondern einige der Regierung nahestehenden Blätter haben sich in längeren Artikeln mit dem Problem befaßt. Vor allem drei Artikel im Daily Telegraph  " verdienen Erwähnung. Während man das Geschrei der Sensations­blätter vom Schlage der Daily Mail" in politischen Kreisen nicht ernst nimmt, ist es bei Artikeln des Daily Telegraph  ", der oft Sprachrohr der Regierung ist, anders. Das Material, das der Daily Telegraph  " über den Stand der deutschen   Aufrüstung veröffentlichte, ist aufsehen­erregend, vor allem weil ein großer Teil des Materials aller Wahrscheinlichkeit aus Regierungs­quellen stammt. Es scheint also, daß man im Regie­

Gallarta Constantino Turiel, und der Bürgermeister vom gleichen Ort( Sozialist) Antonio Pujana wurden im Bers lauf von 24 Stunden 5-, 6- und ersterer 10mal verprügelt. In besonders traurigem Zustand befindet sich leitgenannter. Pujana. Der in Bilbao   wohnhafte zirka 60jährige Gastwirt Rafael Carbonell, nahezu wahnsinnig infolge der unmensch­lichen Behandlung, versuchte sich das Leben zu nehmen, indem er sich Messerschnitte an der Schläfe beibrachte. Der= selbe ist noch heute dort, während die ersteren ins Provinzial= gefängnis Bilbaos verbracht wurden. Mehrere Gefangene wurden damit bedroht, daß man sie ,, auf der Flucht erschießen" würde, wenn sie nicht Geständnisse ablegen. Ein solcher Fall ist mir aus Baracaldo   bekannt, wo man den Gefangenen, namens Pasajero, in der Nacht auf die Landstraße führte, ihn aufforderte fortzulaufen, worauf man 6 oder 7 Schüsse hinter ihm in die Luft abfeuerte.

Aus dem Gefängnis von Bilbao   wurde zudem am 22. Of: tober, 9 30 Uhr, der Häftling und sozialistische Stadtverord= nete Blas Miota Zabala von Guardia Civil abgeholt und nach Baracalda transportiert, wo man ihn aufforderte, Waffenverstede anzugeben. Da ihm solche nicht befann: waren, wurde er schwer mißhandelt und gemartert, indem man ihm z. B. an der linken Sand zwischen den Fingern einen primitiven Apparat( Aftillas) anlegte, der die Finger in der Art von Daumenschrauben zusammenquetscht. Am 28. Oktober vormittags erst kam dieser Gefangene ins Gefängnis zurüd.

Die Unterbringung der Gefangenen an Bord dieses Schiffes ist ebenso menschenunwürdig. Das Schiff ist in feiner Weise vorbereitet, man beschränkte sich darauf, auf die nicht einmal gefegten Eisenplatten des Laderaums Strohsäcke zu werfen. Zwei an Deck befindliche Aborte find vollkommen unzureichend für die Bedürfnisse von 200 Gefangenen. Der Laderaum starrt vor Schmuß, der noch dadurch erhöht wurde, daß die Luken nicht überdacht sind, so daß es hineinregnete und viele Gefangene sich in den wenigen trockenen Winkeln zusammenfriechen mußten. Seinerlei Spur deutet darauf hin, daß das Schiff, das seit Jahren außer Dienst ist, zumindest ausgeschwefelt wurde. Die Gefahr einer Epidemie ist infolge dieser Tatsachen außerordentlich groß. Mißhandlungen sind bisher nicht vorgekomen, doch tragen auch die Körper der hier von der Sicherheitspolizeiwoche kommenden Gefangenen grauenhaft blutunterlaufene Spuren der erlittenen Miß­handlungen.

Im Namen der Menschlichkeit bitte ich Sie, von diesen Mitteilungen den Gebrauch zu machen, den Sie für gut für das Schicksal meiner Leidensgenossen halten.

Mit Freundesgruß empfehle ich mich Ihnen...

Meinem Brief füge ich noch als Nachtrag bei, daß hier auch ein Minderjähriger ist, der erst im 16. Lebensjahr steht. Sein Name ist Jesus Abad, beheimatet in Bilbao  .

Interessant ist auch die Geschichte eines Blinden namens Bilbao Unamuno aus Bilbao  ; derselbe wurde nach seiner Verhaftung ins Guartelillo geführt und als dort der Leut­nant Vazquez erschien, stand er natürlich nicht auf, worauf man ihm mit der Faust ins Gesicht schlug und ihn fragte, warum er nicht aufstände.( Angeblich der Leutnant selbst.) Als er antwortete, daß er blind sei, sagte man dann erit recht" und versetzte ihm noch verschiedene Faustschläge.

rungslager anfängt unruhig zu werden. Welche Konse­quenzen das haben wird, läßt sich noch nicht übersehen. Der blinde Gefühlspazifismus der Linken wie der ebenso blinde Gefühlsimperialismus der Presselords auf der Rechten erschweren der Regierung eine zugleich maßvolle und feste Politik.

Die Saarfrage wird in der Presse ebenfalls viel erörtert, vor allem seit der Erklärung Frankreichs  , daß es bereit sei, im Falle eines Naziputsches seine Truppen auf Antrag der Völkerbundskommission einrücken zu lassen. Eine aktive Teilnahme englischer Truppen an einer solchen Aktion der kollektiven Friedenssicherung kommt nicht in Frage, die öffentliche Meinung würde das nicht zulassen, aber die Regierung und ein Teil der öffentlichen Meinung würden eine Aktion Frankreichs   moralisch decken. Es gehört zu den vielen Beispielen englischer Unlogik, daß gerade die Linkspresse, die theoretisch Kollektivaktionen gegen Friedensbrecher fordert, sich bei diesem ersten praktischen Fall mit Händen und Füßen sträubt, ohne freilich einen anderen Weg zu zeigen, auf dem ein Rechtsbruch der Nazis und ein blutiger Massen­mord verhindert werden können.

Hitler und Schacht haben übrigens im Augen­blick eine etwas günstigere Presse in England; Hitler  , weil er im Kirchenkonflikt scheinbar nach­gegeben hat( dieser Konflikt hat die öffentliche Meinung Englands aufs Höchste erregt), und Schacht wegen des für England recht günstigen Handels- und Schulden­abkommens, das als angenehme Ueberraschung kam. Freilich das Mißtrauen ist nicht geschwunden..

Der englische ,, Reichstagsbrand"

Ein Fremder, der dieser Tage in London   sp ziren g 1. wird denken, London   sei eine Stadt von unaussprechiicher Armut. Alle zwei Minuten wird er von einer Horde von Kindern angebettelt mit den Worten: A Penny for the Guy,( sprich gei)", oft sehen diese Kinder unglaublich dreckig aus, mit schwarzen Gesichtern, manchmal tragen sie merkwürdige bunte Fezzen, manchmal allerdings auch sonderbare Masken. Doch dieses Betteln Ende Oktober, Anfang November hat nichts mit Armut zu tun. Es ist ein alter Volksbrauch. Die Kinder sammeln Geld für Feuerwerk, das am 5. November abgebrannt wird, am Guy Fawkes  ( sprich Gei Foks) Tag. Vor ca. 300 Jahren hat Guy Fawkes  , ein politischer Fanatiker und Verschwörer, der auf der Seite der Papisten stand, den Bersuch gemacht, das Parlamentsgebäude in Brand zu sehen. Er wurde noch rechtzeitig entdeckt ( am 5. November) und später hingerichtet. Seitdem wird der 5. November, der Tag des Beinahe- Reichstags­brandes", als eine Art Volksfest mit Abbrennen von Feuerwerk vor allem von den Kindern gefeiert. Ob mohl in 100 Jahren, wenn die Tragik dem Humor gewichen ist, der 28. Februar in Deutschland   von den Kindern durch Abbrennen von Hermanns- und Josefs- Raketen gefeiert werden wird?