bal Das Schicksal der Flüchtlinge b 13100 stb 101
Uns wird geschrieben: In der Nummer der„ Deutschen Lord Cecils Erklärungen
Freiheit" vom 4./5. November ist in dem Gedenkartikel„ Abschied von Oskar Cohn " das wirken des Verstorbenen für die jüdische und nichtjüdische& migration der Gegenwart und für die früher vom Zarismus und den Balfantyrannen verfolgten Juden geschildert worden. Osfar Cohn gehörte aber lange Jahre hindurch auch zu den führenden sozialdemofratischen Politifern in Deutsch land
.
Im Jahre 1912 wurde er von dem Wahlkreis Nord = hausen in Thüringen entgegen dem für die Stichwahlen zwischen Freifinn und Sozialdemokratie abgeschlossenen " Dämpfungs- Abkommen" in den deutschen Reichstag gewählt. Bei der Verteidigung dieses Abkommens auf dem Chemnitzer Parteitag 1912 hatte Scheidemann als Bericht erstatter des Parteivorstandes Cohns abfommenswidrige Wahl damit erflärt, daß die reaktionären Kriegervereine aus Haß gegen den Freisinu unter der Parole„ Mit Gott für König und Vaterland Ohne Gohn fein Fahnenband" Mann für Mann für Oskar Gohn gestimmt hätten. Diese scherzhafte Episode brachte Cohns Namen in aller Mund. Aber er erwarb sich auch bald durch seine parlamentarische Arbeit Achtung und Anerkennung, selbst bei politischen Gegnern.
Im Kriege gehörte Oskar Cohn zur Opposition gegen die Bewilligung der Kriegskredite und später zur„ Sozialdemokratischen Arbeitsgemeinschaft", aus der dann die Reichstagsfraktion der„ ll nabhängigen Sozialdemokratischen Partei" her orging. In ihrem Auftrage hat Oskar Cohn , der als Unteroffizier in den besetzten litauischen und polnischen Gebieten stand, die militärische Willfürherrschaft im Felde, sowohl im Hausbaltausschuß als im Plenum des Reichstags, mit großer Schärfe gegeißelt.
Oskar Cohn wurde auch in die Nationalversamm= Inng gewählt, wo er als Vertreter der„ Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei " besonders eifrig vom Boden seiner umfassenden juristischen und staatsrechtlichen Kenntnisse aus die Halbheiten und Unzulänglichkeiten der Wei marer Verfassung geschildert und bekämpft hat. Als 1920, nach der Niederwerfung des Kapp- Putsches , die Wahlen zum ersten Reichstag der Republik ausgeschrieben murden, befand sich Oskar Cohn auf einer Informationsreise in Polen und vermochte dem Reichswahlleiter seine Zu stimmung zu feiner Wiederaufstellung nicht rechtzeitig zuzu= stellen, so daß er megen einer wahltechnischen Formalie aus der deutschen Volksvertretung ausscheiden mußte.
Seitdem ist Oskar Gohn in der Reichspolitif. nicht mehr hervorgetreten. Er widmete seine große Arbeitskraft vornehmlich der Betreuung offizieller sowjetrussischer Interessen und der zionistischen Bewegung, bis auch ihn das HitlerRegime zum Verlassen Deutschlands zwang. In ihm ist ein felbft loser und ungemein fähiger Kämpfer für den Sozialismus von uns gegangen.
London , 7. Nov. Die Londoner Tagung des Verwaltungsrates des vom Völkerbund eingesetzten Hochkommissariats für die deutschen Flüchtlinge wurde mit einer Ansprache des Vorsitzenden des Rates, Viscount Gecil of Chel= wood, geschlossen. Viscount Gecil erflärte:
Eine Dauerlösung des Flüchtlingsproplems fann nur durch Arbeitsbeschaffung in bereits besiedelten Ländern oder durch Beförderung der Flüchtlinge in neue Siedlungsländer erreicht werden. Arbeitsbeschaffung ist eine schwierige Aufgabe, die jedoch bei Wiederbelebung der Weltwirtschaft leichter zu bewältigen sein wird. Weiterbeförderung ist vielleicht in größerem Umfange nach Palästina, in fleinerem Umfange nach südamerikanischen Ländern möglich. Für all dies sind große Geldmittel erforderlich. Ich bewundere die noble Gebefreudigkeit der jüdischen Gemeinschaften Frank reichs , Englands, Amerifas und anderer Länder, und bemerke gleichzeitig, daß die von der nichtjüdischen Oeffentlichfeit zugunsten der Flüchtlinge gemachten Anstrengungen feineswegs den Erwartungen entsprachen. Obwohl etwa 20 Prozent der Flüchtlinge Nichtjuden sind, fließen nur drei
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fortfest, sollte sie alles, was in ihrer Machf steht, tun, um den umliegenden Ländern die Lait zu erleichtern. Ich erdreiste mich, dies vollkommen flar und einfach zu sagen, ohne die Absicht, gegen irgendeine Regierung offensiv zu sein; denn ich halte es für wichtig, daß der öffentlichen Meinung in der ganzen Welt die wahre Situation in aller Deutlichkeit vorgelegt werde.
Lord Cecil teilte mit, daß der Verwaltungsrat es gebilligt hat, daß der Hochkommissar Macdonald demnächst in Amerifa eine Tagung jüdischer und nichtjüdischer Organisationen abhält, um über die Aufbringung der für A 11 s= wanderung und Ansiedlung notwendigen Gelder Entschlüsse zu fassen; ferner, daß der Hochfommissar mit den Regierungen der Länder potentieller Einwanderung über eine größere Zulassung deutscher Auswanderer, schließlich mit der deutschen Regierung über eine Milderung der Bestimmungen betref= fend Geldüberweisung an Flüchtlinge weiter verhandelt.
oder vier Prozent der Hilfsgelder aus nichtjüdischen Suellen. Ausweisungen aus Palästina
Lord Cecil gab der Genuatuung darüber Ausdruck, daß das Hochkommissariat eine Tagung abhalten will, die sich speziell mit den dringenden finanziellen Problemen des Flüchtlingshilfswerks befassen solle. Ich habe, sagte Gecil, das Vertrauen, daß die Resultate gute sein werden.
Der Hochkommissar, fuhr Cecil fort, war in dauernder Verbindung mit der deutschen Regierung, um von ihr eine Milderung der Bestimmungen zu erlangen, die zur Zeit eine sehr schwere Hemmnis für den Flüchtling sind, wie z. B. das Verbot der Geldüberweisung aus Deutschland . Es ist durchaus irrig anzunehmen, dies sei Sache interner Verwaltung, die nur Deutschland angeht. Denn wenn die Flüchtlinge ihr eigenes Geld aus Deutschland nicht erhalten dürfen, müssen sie von der Flüchtlingsfürsorge unterstützt werden, und wenn diese die notwendigen Mittel für diese Unteritüßung nicht aufbringen
Jerusalem , 3. Nov. Das Gericht in Haifa hat 60 Juden, die Mitte Oftober illegal einwanderten und sofort verhaftet wurden, zur Ausweisung verurteilt; unter den Verurteilten befindet sich ein Rabbiner aus Rußland und fünf ältere Frauen. Zwölf von den verurteilten Männern, unter ihnen einige britische Staatsangehörige, werden vor der Ausweisung noch je ein Jahr Gefängnis absitzen müssen, weil sie bereits zum zweiten Male illegal ins Land gekommen sind, Für die übrigen Verurteilten besteht die Möglichkeit, nachträglich Aufenthaltsbewilligung zu erhalten, falls sie Verwandte im Lande besitzen, die die Garantie übernehmen, daß fie der Oeffentlichkeit nicht zur Last fallen. Polizeirichter Curry fündigte für die Zukunft noch härtere Strafen für illegale Einwanderung an.
fönne, fallen die Flüchtlinge den ändern, in denen fie u Französischer Schiffer verurteilt
flucht gesucht haben, zur Last. Wir in England und die Menschen in den meisten anderen Ländern fönnen es ja nicht ruhig mit ansehen, wenn zahlreiche menschliche Wesen mitten unter uns Hungers sterben.
Daher ist die Flüchtlingsfrage in Wirklichfeit eine internationale Angelegenheit. Ich muß mein tiefes Bedauern darüber aussprechen. daß die deutiche Regierung so wenig Gefühl für die moralische Verpflichtung, die ihr obliegt, aezeiat hat und nicht alles tut, was sie fann. um den Deutschland umaebenden Völkern die Pösung des Problems zu erleichtern. Reiner von uns möchte sich in Deutschlands innere Verwaltuna einmischen, a ber menn die deutiche Regierung die Politik der Austreibung der nichtarischen Bevölkerung
DOKUMENTARISCHE ENTHUELLUNGEN UEBER HITLERS GEHEIMRUESTUNGEN
Ein beklemmend interessantes Werk, eine Mahnung an die ganze Welt!>> Prager Presse.
« Es handelt sich um eine methodische, geordnete Zusammenstellung von Dokumenten aus erster Hand und diese Gesamtheit repräsentiert das Vollständigste und das Schlagendste, das bisher über den gegenwärtigen Stand der deutschen Aufrüstungen erschienen ist.>
Wladimir d'Ormesson im« Figaro>. 516 Seiten, broschiert 25.- ffrs, in Leinen 35.- ffrs. EDITIONS DU CARREFOUR, PARIS VI
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Nach zweimonatiger Untersuchungshaft wurde am Montag der elsänische Schiffer Emile istner, dessen Verhaitung durch die deutschen Behörden wir seinerzeit mitgeteilt haben, von dem obersten Landesgericht in München abgeurteilt. Bekanntlich war Rüftner wegen Einführung in Deutschland verbotener Zeitungen verhaftet worden und stand unter der Anflage der Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens". Das oberste Landesgericht in München verurteilte ihn zu einem Jahr und vier Monaten Gefängnis, unter Anrechnung der zweimonatigen Untersuchungshaft, weil er hinreichend verdächtig erschien, ein auf gewaltsame Aenderung der Verfassung des Deutschen Reichs gerichtetes Unternehmen vorbereitet zu haben".
Der Münchener Anwalt, der die Verteidiguna des unglücklichen Schiffers übernommen hatte, beabsichtigt nach Ablauf der halben Strafzeit ein Gnadengesuch für Rüftner einzureichen"
BRIEFKASTEN
„ Spanien ". Sie teilen uns mit: Die spanische Zeitung„ ABG" vom 15. Oftober( beiliegend) schreibt:„ In der Tudorstraße, wurde ein schweres Maschinengewehr deutschen Ursprungs gefunden und in Cuatro Caminos eine Bombe, 25 Zentimeter lang, deutschen Ursprunges, gefüllt mit Tränengas und anderen, wie die Untersuchung herausstellte, betäubenden und tödlichen Gajen."
Irgendwo". Ueber Gure illegale Arbeit zur Volfsabstimmung schreibt Ihr uns:„ Wir haben zur Wahl zwei Flugblätter in einer Auflage von 2000 Exemplaren herausgebracht. Eins war für die Bürgerlichen, eins für die Arbeiter und Angestellten gedacht. Tiefe Flugblätter haben wir durch die Post versandt. 3irfa 180 find im Testen Augenblick von der Post beschlagnahmt worden, die anderen erreichten alle den Adressaten. Diese Flugblätter haben, wie uns aus verschiedenen Quellen berichtet wurde, eine vorzügliche Wirkung gehabt. In Betrieben, auf den Arbeitsämtern, sogar in Behördenbüros wurde über diese Arbeit der Sozialisten debattiert. Die Polizei nahm einige Verhaftungen vor, entließ die Leute jedoch wieder, ohne etwas erreicht zu haben, denn sie hatte ganz unbeteiligte gefaßt."
„ Welsen". Sie teilen uns mit:„ Beim Flugzeugballenbau in Celle wurden Ende September 28 Arbeiter wegen politischer Diskussion verhaftet." Man sollte der Wissenschaft die Aufgabe stellen, wie in Deutschland nur noch Stumme zur Welt gebracht werden. Es genügt, wenn Sifler, Goebbels , Göring und Streicher reden, und mit dem Tode dieser edelsten Deutschen darf ohnehin die Rasse aussterben. A. R., London . Wie Sie uns mitteilen, hat die Kirchengemeinde in der Hopestreet- Chusch zu Liverpool folgende Entschließung an genommen:„ Wir hören mit Bestürzung, daß Thälmann , nachdem er 20 Monate gefangen ist, jegt der Prozeß gemacht werden soll. Wir stellen fest, daß dieser Gerichtshof sich aus seinen erbittertiten poli tischen einden zusammensetzt und daher außerstande ist, ihm Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. Wir betrachten es als unfere Pilicht, Thälmanns fofortige ceilassung zu fordern." Und da hat der liebe Gott nicht Pech und Schwefel auf die Sünder regnen fassen? Ein guter Christ darf sich doch nicht eines bolichemistischen Sünders annehmen. So lejen wir wenigstens täglich in der deutschen christlichen Presse.
Neuyork. Sie übersenden uns solgende Notiz aus der„ Neuvorker Volkszeitung":„ Die starken Männer in Deutschland , Hitler und Konsorten, haben großen Mut noch nie bewiesen, im Gegenteil, sie sind äußerst... Nur wo ihr Kampf feine Gefahren mit sich bringt, also gegen Wehrlose, da sind sie start. Ein beliebtes Mittel haben die echten Deutschen , die Hitler und Rosenberg, entdeckt: fie ers fennen den Kämpfern für Demokratie und Freiheit die deutsche Staatsbürgerschaft ab. Von Zeit zu Zeit wird eine Liste veröffentlicht, die die besten Namen trägt und deren Inhaber sich Wissenschaft und Gerechtigkeit große Verdienste erworben haben. Jeder, der die Hitlerichen Mordbanden bekämpft und die Methoden in der Deffentlichkeit verurteilt, verbreitet Greuelmeldungen, und wenn er im Auslande ist, bestraft ibn die Hitlerregierung mit der Ausstoßzung aus dem deutschen Reichsverband. Unserem Freund Frizz Bremer, Chifago, Führer des dortigen Reichsbanners Schwarz Rot- Gold, sollte von Hitler dasselbe Schicksal zugedacht werden. Der arme Adolf hatte aber Pech, seine Vertrauenslente in Amerika sind offenbar nicht auf der Höhe und haben ihn falich unterrichtet. Bris Bremer ist seit Jahresfrist amerikanischer Bürger. Nun ist ihm von Hitler die deutsche Staatsbürgerschaft aberkannt worden, ab webt er sie nicht mehr besaß. Schließlich blamiert sich jeder so gut
er fann."
Für den Gesamtinhalt verantwortlich: Johann Pix in Dud weiler; für Inferate: Ctto& u bn in Caerbrüden. Rotationsdrud und Verlag: Verlag der Volksitimme Gmbo, Saarbrücken& Schüßenstraße 5.- Schließfach 776 Saarbrüden.