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Die Kleinen werden gehängt

Aber Darrés Preispolitik bleibt

Der Kampf gegen die Kleinhändler, insbesondere gegen die Fleischer, wird mit unverminderter Stärke geführt. Nach dem in einer Reihe von Städten Fleischereibetriebe ge schlossen wurden, find neuerdings Schließungen von drei Fleischergeschäften im oberschlesischen Industriegebiet, und zwar je eins in Beuthen  , Bobret- Karf und Miechowis an­geordnet worden. Den Inhabern der 24 Fleischereibetriebe in Breslau  , die geschlossen worden sind, ist verboten worden, ihr Personal zu entlassen. Die Arbeiter und Angestellten dieser Fleischereibetriebe haben auch weiterhin Anspruch auf Lohn und Gehalt.

In Osnabrück   auf Grund einer Ueberprüfung der Bäckereien, bei der im einzelnen ein erhebliches Unter­gewicht der Backwaren infolge der erhöhten Mehlpreise feitgestellt wurde, die Schließung von 18 Bädereien ange: ordnet worden. Selbstverständlich müssen auch die kleinen Sausierer bei der Bekämpfung der Preissteigerung her­halten. Im Leipziger   Bezirk wurde festgestellt, daß mehrere Haufierer, die von Fabrikanten infolge Rohstoffmangels feine Ware bekommen hatten, einige Mengen Nähgarn in Einzelhandelsgeschäften gekauft haben. Zwei Leipziger  Hausierern, die sich angeblich wegen dieser Käufe des Ham­sterns schuldig gemacht haben, ist der Handel mit Gegen­ständen des täglichen Bedarfs untersagt worden. Dr. Gör deler hat höchst persönlich sogar angeordnet, daß solche sanfierer in Zukunft dem Schnellrichter überantwortet werden.

Der Reichsminister Darré aber, der diese ganze Preiserhöhung verschuldet hat, und die Führer der großen Konzerne, die mit Hilfe der Kartellierung und durch Be­seitigung der Rabattsätze die Waren in die Höhe getrieben haben, bleiben unbestraft. Gegen sie wendet sich der neu­deutsche Sozialismus" nicht!

Und was wird mit Ley?

Bremen  , den 12. November 1934.

Wie die Polizeidirektion mitteilt, müßten immer wieder

Bischof Wurm kann nicht in sein Amtsgebäude!

Der Kirchenstreit geht weiter

Die Hitlerpresse, die monatelang zum evangelischen Kirchenfampi befehlsgemäß schwieg, veröffentlicht seit furzem Notizen über die nahende Verständigung. Die Wahrheit redet eine andere Sprache. Die Gegensäße spißen ich weiter zu. Die sich bedrängt und benachteiligt füh= lenden deutschen Christen" rüsten zum Kampf gegen die Be­fenntniskirche. Reichsbischof Müller verweigert nach wie vor seinen Rücktritt. Auf die entsprechende Forderung der opponierenden Landesbischöfe hat er brieflich geantwortet,

daß er nach ernster innerer Prüfung dem an ihn gestellten Ansinnen, von seinem Amt als Reichsbischof zurückzutreten, nicht entsprechen könne. Die zum Bischofstag ver sammelten Landesbischöfe und Bischöfe sind sich alle mit mir einig," so heißt es in dem Schreiben, daß mein Rück­tritt nicht Frieden, sondern neue Unruhe bringen würde. Die Einsicht, daß in der gegenwärtigen firchlichen Oppo­sition starte Kräfte unter Verkennung des eigentlichen Auf= evangelischen Kirchenwejens fettenhafte fassungen zeigen, macht es mir unmöglich, zugunsten dieser Opposition mich von meinem Amte zu lösen. Der Brief schließt mit den Worten: Ich werde alles daran jezzen, alle aufbauwilligen Kräfte zu sammeln, damit in unserem Volf eine geeinigte deutsche evangelische Kirche  werde."

Besonders im Osten besitzt Müller noch zahlreiche Freunde, auf die er sich stüßt. Die Gruppe Elbing  ( Ostpreußen  ) der

Das..Verbrechen

Polizeibeamte gegen Betrunkene einschreiten. Die Beitra- der katholischen Priester

fung folge dem fast immer auf dem Fuße. Zufünftig werde aber in solchen Fällen in verstärktem Maße wegen der Rück­sichtslosigkeit gegenüber andern Volksgenossen, die in dem Verhalten von Betrunkenen häufig liege, mit strengen. Haft­strafen vorgegangen werden. Bei Kraftfahrern sei die Ent­zichung des Führerscheins auf lange Zeit fast immer am Plaze. Handle es sich, was nicht selten der Fall sei, um Fürsorgeempfänger, die ihre Fürsorgegelder vertrinken und ihre Familie darben ließen, so werde sich die Polizei mit dem Fürsorgeamt in Verbindung setzen und darauf hinzu wirken suchen, daß die Unterstüßung nicht den Trinkern, son­dern ihrer Familie unmittelbar zufomme. Neben diesen Maßnahmen soll in Fällen, in denen gegen einen Betrun­fenen wiederholt wegen gleichen Verhaltens habe einge­schriften werden müssen, dessen Name zur Warnung und Ab­schreckung aller amtlich durch die Tageszeitungen bekanntge­geben werden.

15 Jahre Zuchthaus

Düsseldorf  , 10. Nov. In dem Prozeß gegen den Kommu­nisten Josef Burgard, der im Dezember 1931 den 18jährigen Jungstahlhelmer Kurt Schulz erschossen hat, wurde heute das Urteil gefällt. Gemäß dem Antrag des Staatsanwalts wurde Burgard wegen Totschlags zu fünf­sehn Jahren Zuchthaus und sehn Jahren Ehrperluit ver­urteilt. Das Gericht hat den Angeklagten, der bis zum legten Augenblid jeine Schuld ableugnete, auf Grund der sehr belastenden Zeugenaussagen, besonders der Aussage eines früheren kommunistischen   Gesinnungs genossen, jür überführt erachtet. Nur weil ihm die Ueber­legung im Augenblick der Tat nicht restlos nachgewiesen werden fonnte, wurde nicht auf die Todesstrafe, sondern wegen Totschlags auf die Höchststrafe von 15 Jahren Zucht hans erkannt.

Aus diesem amtlichen Bericht geht deutlich hervor, daß die Schuld an dem Tod des Jungstahlhelmers, der schon einige Jahre zurückliegt, dem Angeklagten nicht nachgewiesen wer­den konnte, und daß er diese schwere Zuchthausstrafe auf grund der Aussagen eines Spitzels erhalten hat.

Volfe fah er diese höhere Aufgabe vorbehalten, wenn er in einem der Xenien  " sagte:

# 3ur Nation euch zu bilden, ihr hofft es, Deutsche, ver geblich.

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Bildet ihr könnt es dafür schöner zu Menschen ench ans!" Schiller   war in seiner Jugend ein glühender Verehrer des Gensers Rousseau  . Er nahm gerne die Unterstügung, durch die dänische Streise ihm mehrere Jahre die Arbeits­freiheit sicherten, und wurde mit Stolz Ehrenbürger des republikanischen Frankreich  . Er schilderte mit gleicher Sach­funde und Meisterschaft im Don Carlos  " den Kampf um Geistesfreiheit im mittelalterlichen Spanien  , den Frei­heitskampf des französischen   Volfes gegen englische Fremd­herrschaft in der Jungfrau von Orleans", wie er in seinen Jugenddramen und zuletzt wieder im Wilhelm Tell  " die Anflehnung gegen einheimische Tyrannen verherrlichte. Denn darum handelt es sich im Tell", Um die Auflehnung eines fleinen Volksstamms gegen die Beauftragten des Kaisers, die in ihrer Folge schließlich zur Abtrennung der Schweiz   vom Deutschen   Reiche aeführt hat.

Wenn Schillers Worte: Ans Vaterland, ans treure, schließ dich an!" und Wir wollen sein ein einig Volf von Brüdern, in feiner Not uns trennen und Gefahr!" mit Recht Kern­sprüche des Bekenntnisses zum eigenen Volf geworden sind, so wollen wir, allem geschäftskundigen Mißbrauch des Dichtermorts gegenüber, doch nicht vergessen, daß es sich in diesem Stück nicht um eine nationale Bewegung im modernen Sinn handelt, sondern um einen Freiheits­fampf gegen Unterdrücker gleicher Sprache. Es find die Landvägte der Kaiserlich Deutschen   Majestät, vergleich­bar den Gauleitern und Amtswaltern der heutigen Tu­rannei, genen deren rohe Gewalt und boshafte Cuälerei ein Freiheitsfämpfer und mit ihm sein Volf sich zur Wehr setzen.

Schiller, der Emigrant ,, Flucht bei Nacht und Nebel"

Schillers Freund Andreas Streicher   berichtet über die gemeinsame Flucht aus Stuttgart   aus der Gewalt des tyrannischen Herzogs: Von Segenswünschen und Tränen begleitet, konnten die Freunde endlich um zehn Uhr nachts in den Wagen steigen und abfahren. Der Weg wurde zum Eklinger Tor hinaus genommen weil dieses das dunkelite war und einer der bewährtesten Freunde Schillers als Vent­nant die Wache hatte, damit, wenn sich ja eine Ehwierigkeit ergäbe, diese durch Vermittlung des Offiziers sogleich be­hoben werden könne.

Dortmund  , 11. Nov. Wie das deutsche   Volf auf die wüste antisemitische Heße seiner heutigen Führer" reagiert, ist aus einem Bericht zu entnehmen," den die Westfälische Landeszeitung" abdruckt. Es heißt dort: Noch im Sommer dieses Jahres war der Fall zu verzeichnen, daß an einem kinderschüßenfest der hiesigen Schulen jüdische Kinder mit Duldung eines katholischen Rektors nicht nur das Fest selbst, sondern auch den Umzug durch die Stadt mit Hafen­freuzfähnchen mitmachen, dürfen! Nachmittags faßen dann auf dem Schüßenhof die chriftlichen Lehrer und Geiftlichen mit dem Rabbi Meyerhoff am Prominententisch" friedlich beisammen. Weiter: An jedem Samstag benutzten die jüdischen Jugendlichen aus Niedermarsberg   die Klassen zimmer der deutschen   Schule zu Zusammenfünften und sportlichen Uebungen, bis endlich auch hier ein Antrag im Stadtrat die Beseitigung dieses Uebelstandes forderte... Weiterhin ist es in Niedermarsberg   möglich, daß eine Lehre­rin in der Schule deutschen   Mädels, die im BdM. find, jüdische Klaſſengenossinnen als Vorbilder hinstellt!" Das ist wahrhaft ein Verbrechen an der offiziellen Dummheit. Schließlich sei noch erwähnt, daß christliche Lehrpersonen aus Niedermarsberg   nichts darin finden, wenn sie am hell­lichten Tage mit gefchultertem Gewehr gemeinsam mit dem jüdischen Holzgroßhändler Traugott aur Jagd pilgern".

Und dann folgt natürlich die Drohung: Es dürfte unferes Erachtens die allerhöchste Beit sein, daß diesen Pehrern beigebogen wird, wie sie sich als Erzieher deutscher  Kinder in der Deffentlichkeit zu betragen haben".

Nazis in Südwestafrika

Ein Verbot

J. H. Jm letzten Jahre, wurde eine ergänzende, Verord­nung zum Strafgeset erlassen, die dem Administrator Süd­westafrikas das Recht verlieh, jede Organisation zu ver­bieten, die dem Frieden, der Ordnung und der geregelten Verwaltung des Territoriums schädlich" ist. Auf Grund dieser Verordnung ist nun am 29. Oftober die Nazi­bewegung verboten worden.

Es war ein Glück, daß damals von keinem zu Wagen Rei­senden ein Paß abgefordert wurde. Nur S. hatte sich einen nach Hamburg   geben lassen, welches aber nur der überflüssig scheinenden Vorsicht wegen geschah. So gefaßt die jungen Leute auch auf alles waren, und so wenig sie eigentlich zu fürchten hatten, so machte dennoch der Anruf der Schild­wache Halt!- Wer da! Unteroffizier heraus! einen unheimlichen Eindruck auf fie. Nach den Fragen: Wer sind die Herren? Wo wollen Sie hin? wurde von S. des Dichters Name in Doktor Ritter  , und der seinige in Doktor Wolf verwandelt, beide nach Eßlingen   reisend, angegeben und so aufgeschrieben. Das Tor wurde nun geöffnet, die Reisenden fuhren vorwärts, mit forschenden Blicken in die Wachtstube des Offiziers, in der sie zwar kein Licht, aber beide Fenster weit offen saben.

Als sie außer dem Tore waren, glaubten sie einer großen Gefahr entronnen zu sein, und gleichsam als ob diese wieder­fehren, könnte, wurden, so lange als sie die Stadt umfahren mußten, um die Straße nach Ludwigsbura zu gewinnen, nur wenige Worte unter ihnen gewechselt. Wie aber einmal die erste Anhöhe hinter ihnen lag, fehrten Ruhe und Unbe­fangenheit zurück, das Gespräch wurde lebhafter und bezog sich nicht allein auf die jüngste Vergangenheit, sondern auch auf die bevorstehenden Erlebnisse. Gegen Mitternacht sab man lints von Ludwigsburg   eine außerordentliche Röte am Himmel, und als der Wagen in die Linie der Solitüde kam, zeigte das daselbst auf einer bedeutenden Erhöhung liegende Schloß mit allen seinen weitläufigen Nebengebäuden sich in

einem energlanze, der sich in der Entfernung von ander

halb Stunde auf das Ueberraschendste ausnahm. Die reine, heitere Puft ließ alles so deutlich wahrnehmen, daß Schiller

seinem Gefährten den Punkt zeigen konnte, wo seine Eltern wohnten, aber alsbald, wie von einem sympathetischen Strahl berührt, mit einem unterdrüdten Seufzer ausrief: Meine Mutter!"

Nach drei Stunden, wurde von Entzweihingen aufge= brochen, und nach acht Uhr morgens war die furpfälzische, durch eine kleine Pyramide angedeutete Grenze erreicht, die mit einer Freude betreten wurde, als ob rückwärts alles Läftige geblieben wäre und das ersehnte Eldorado bald er­reicht sein würde. Das Gefühl, eines harten Rwanges ent­ledigt zu sein. verbunden mit dem heiligen Borjazz, dem­selben fich nie mehr zu unterwerfen, belebten das bisher et­was düstere Gemüt Schillers zur gefälligsten Heiterkeit, wo­zu die angenehme Gegend, das muntere Wesen und Treiben der rüstiaen Einwohner wohl auch das Ihrige beitrugen. Sehen Sie er seinem Begleiter au sehen Sie, wie freundlich die ähle und Schranken mif Biau und Weiß an­gestrichen sind! Ebenso freundlich ist auch der Geist der Re­gierung!"

deutschen Christen  " erklärt, daß die Révolte derjenigen, die behaupten, der konfessionellen Kirche treu zu sein, derzeit einem Verrat gleich komme. Die religiöse Gemein­schaft Ostpreußens   ziele auf die Revolte im Schoße der Kirche ab in einem Augenblick, in dem Deutschland   den inneren Frieden nötig hätte, um die durch die Saarabstim­mung, die Versorgung des Landes mit Rohstoffen und das Winterhilfswerk aufgeworfenen Probleme zu lösen.

Jetzt erfährt man auch Näheres über eine Episode in Württemberg  , die mehr sagt als lange Aufsäße. Als der Landesbischof Wurm am 1. November nach seiner Wie­dereinſegung in das Landeskirchenamt einziehen wollte, verweigerten die Vertreter der Reichskirche die Räumung des Gebäudes. Wurm reichte darauf­hin eine Räumungsflage ein. Das Landesgericht Stuttgart  entschied, daß den Kommissaren der Reichskirche das Betreten des Gebäudes untersagt sei. Jetzt begannen aber die Kom­missare schärfer vorzugehen; sie schlossen die Portale und legten eine starke Besaßung" in das Ge­bäude. Selbst das Personal darf nur mit besonderen Aus­weisen passieren. Merkwürdigerweise erflärt jest der württembergische Justizminister, daß es sich um eine öffent­lich rechtliche Angelegenheit handle, die nicht vor die Ge­richte gehöre. Wurm hat daher sein Amt noch nicht antreten können. Die Polizei verhält sich streng neutral" und beschränkt sich darauf, zu verhüten, daß Un­ruhen entstehen.

Dieser Maßnahme war im Juli das Verbot der Hitler­ingend vorangegangen. Seither hatten die Behörden Material über die Tätigkeit der Nazis in Südwestafrika gesammelt und geprüft. Vor drei Wochen wurden bei Haussuchungen in allen Parteilokalen der Nazis im ganzen Territorium Dokumente beschlagnahmt. Darauf begab sich der Administrator nach Pretoria  , um mit der Unionregierung zu beraten.

Die Nicht- Deutschen begrüßen die Aftion des Administra­tors, und man glaubt, daß es eine Minderheit unter den Deutschen   gibt, die im stillen ebenfalls froh find, aber es nicht auszusprechen wagen. Die Naziorganisation ist näm lich, wie der Times"-Korrespondent in Kapstadt   berichtet, in der deutschen   Bevölkerung des Territoriums bereits verankert, und er hält es für ganz unsicher, ob das Verbot die Nazipropaganda zum Stillstand bringen oder bloß in die Illegalität treiben wird.

Marseille   und Berlin  

Eine italienische Beschuldigung

Turin  , 12. Nov. Zur Frage der Verantwortlichkeit des von der Turiner   Polizei verhafteten& waternit, eines Führers der froatischen Terroristenbewegung, weist die " Gazetta del Popolo" auf die Ergebnisse der Untersuchung hin, die hohe jugoslawische Polizeibeamte zusammen mit der deutschen   Polizei vornahmen, und schreibt: In Berlin  wurde das Bestehen einer revolutionären Terroristengruppe von besonders aktiven Kroaten festgestellt. Leiter dieser Gruppe war ein gewisser Jelitsch, dem als Unterführer der jetzt in Turin   verhaftete Dr. Awaternit, ferner Teritsch und Dr. Miljowitsch zur Seite standen. Die Polizei fand auch einen Teil des Geheimarchivs dieser Organisation auf. Aus den beschlagnahmten Schriftstücken ergibt sich, daß diese Berliner   Terroristengruppe in enger Verbindung mit einem ehemaligen General der österreichisch- ungarischen Armee, mit dem ehemaligen Gouverneur von Bosnien   und der Herzegowina sowie mit dem in Wien   verhafteten Pertesch­witsch stand. Die Berliner   Gruppe verfügte über große Geld mittel. Einige Mitglieder der Bande bezogen monatlich 300 Mark."

Vor Flandins Regierungserklärung Am Dienstag in der Kammer

Paris  , 12. November 1934. Angesichts der Feier des Waffenstillstandstages treten die brennenden Fragen der Innenpolitik etwas in den Hinter­grund. Zahlreich sind die amtlichen und privaten Veranstal­tungen am gestrigen Tage gewesen, und bei vielen dieser Feiern waren die Regierungsmitglieder vertreten. Das aber hinderte den Ministerpräsidenten Flandin nicht, an der Regierungserklärung zu arbeiten, die er am Dienstag im Parlament zur Verlesung bringen wird.

In ihren großen Zügen ist diese Erklärung schon fertig­gestellt. Sie wird zum Ausdruck bringen, daß die neue Re­gierung sich vor allem die Aufgabe stellt, die Arbeitslosigkeit zu vermindern und der Teuerung entgegenzuwirken. Mini­sterpräsident Flandin hat sich lange mit Außenminister Laval über die Form unterhalten, die der außenpolitische Teil der Regierungserklärung erhalten soll. Es tit fein Zweifel daran, daß die neue Regierung Wert darauf legt, zu betonen, daß die in der letzten Zeit in Frankreich   be­triebene außenpolitische Linie auch vom Ministerium Flans din fortgesetzt werden wird. Es ist auch kein Zweifel daran, daß diese Erklärung besonders deutlich an Berlin   gerichtet ist. Die Auffassung geht in den hiesigen politischen Streifen dahin, daß eine große Mehrheit in Kammer und Senat der Regierung das Vertrauen aussprechen und ihr dadurch zu­nächst die praktische Arbeit ermöglichen wird.

Für Spaniens   Revolutionäre Eine englische Hilfsaktion

Auf Grund der außerordentlichen Notlage der spanischen  Revolutionäre hat sich in England eine Gruppe von libe­ralen, pazifistischen, sozialistischen und kommunistischen Or­ganisationen bereit erklärt, die Initiative für sofortige Hilfe­leistung der Bedrohten und im größten Elend Verbliebenen zu ergreifen. Auf Anregung des englischen Hilfskomitees für die Opfer des Hitlerfaschismus ist man jetzt mit allen Kräften und mit solidarischer Unterstüßung einer großen Anzahl anderer Organisationen darangegangen, ein Lebensmittel­schiff für Spanien   auszurüsten, das den Revolutionären in fürzester Zeit Lebensmittel, Kleidungsstücke für Erwachsene und Kinder und alle anderen lebensnotwendigen Artikel übermitteln wird. Bereits sind Verhandlungen im Gange, daß für diese Solidaritätsaktion zollfreie Uebersendung durch alle anschlägigen Behörden garantiert wird. Diese englische Kampagne bedeutet einen großen Schritt vorwärts in der internationalen Massenaktion für die spanischen   Kämpfer, die sich in allen Ländern der Welt stürmisch entwidelt.