Selbstmord Köppens?

Die große Aktion gegen den Reichsbankrat

Ribbentrops Manöver gescheitert

Aus irgendwelchen Gründen, die noch nicht festzustellen Eine amiliche englische Feststellung

find, muß der Reichsbankrat Dr. Köppen den Bonzen des Nationalsozialismus in Berlin unbequem geworden sein. Um ihn zu erledigen, entfesselte man eine Kampagne, deren ble Demagogie für jeden kritisch denkenden Menschen, von denen es allerdings in Deutschland nicht mehr allzuviele gibt, erkennbar ist. Der Angriff" brachte nämlich plötzlich wilde Aufsätze, stöppen wolle einen erwerbslosen Mieter wegen einer Mietschuld von 4 Reichsmark ermittieren. Wenn dem so wäre, hätte die Behörde das mit Leichtigkeit verhin= dern können, denn es muß eine Mietschuld von mindestens drei Monaten vorliegen, ehe überhaupt eine Exmissions= flage mit Erfolg möglich ist Auch wenn man die größte soziale Rückständigkeit und die beschränkteste Geisteshaltung bei einem Reichsbankrat für möglich halten sollte, kann sie doch bei einem Manne solcher Position unmöglich so weit gehen, daß er sich derartige Blößen gibt.

Die Folge des Artikels im Angriff" war ein spontaner" Volkssturm auf das Haus Köppens. Die Fenster wurden ein­geworfen und das Mobilar demoliert. Wie einst im März! Die Polizei schritt ein. Sie nahm Köppen in" Schußzhaft". Der Reichsbankpräsident soll über die Behandlung seines Beamten so wütend gewesen sein, daß er demonstrativ eine Rede, die er im Sportpalast halten wollte, absagte und Ber­( in vorübergehend verließ. Vielleicht dachte er an neue spon­tane" Aktionen, die sich auch gegen ihn hätten richten können. Die Hezze gegen Köppen verstärkte sich. Sogar der Preu­Bische Ministerpräsident hat in seiner Befehlsausgabe an die deutschen Rechtsgelehrten vor der Ak demie für deutsches Recht auf den Fall Köppen verwiesen.

Nun meldet United Preß, daß Reichsbankrat Köppen in der Gefängniszelle durch Erhängen Selbstmord verübt hat. Er war zwar alles andere als Marxist, aber er hat, wenn United Preß recht berichtet, geendet wie soviele Marristen. Da Todesstrafe nicht zu erwarten war, wurde entsprechend nachgeholfen.

Wer wird sich nach der staatlich begünstigten Rechtsver­wilderung, die eben erst Göring wieder gefeiert hat, über solche Fälle" noch wundern?

Un'er., Heil Hitler!"

Totgeschlagen und irrsinnig gefoltert

Wir haben vor kurzem über die Massenverhaftungen von früheren Sozialdemokraten in Leipzig berichtet. An diese Berhaftungen, die inzwischen auf über 200 angewachsen sind, schlossen sich grausame Mißhandlungen durch Beamte der Geheimen Staatspolizei an.

Was früher als Einzelausschreitung von SS. : und S.­

London, 15. Nov. Lordsiegelbewahrer Eden hat auf eine Anfrage im Unterhaus etwa dasselbe erklärt, was gestern schon in der Times" gestanden hat:

Auf Ersuchen der deutschen Botschaft wurden Vereinba­rungen getroffen, um Herrn v. Ribbentrop einen Besuch beim Staatssekretär des Aeußeren und bei mir zu ermög­lichen. Die Unterredung fand demgemäß am Montag und am Dienstag im Foreign Office statt. Es hat sich jedoch nichts ergeben, was über eine freundschaftliche Unterhaltung hinausging. Neue Vorschläge sind nicht unterbreitet worden, und es ist aus der Unterredung keine neue Entwicklung her: vorgegangen.

Auf die weitere Frage, ob dem Lordsiegelbewahrer eine Zeitungsmeldung zu Gesicht gekommen sei, wonach bei den

von den Ansichten, zu denen sich die maßgebenden französis schen Staatsmänner schon seit Beginn der Hitlerepoche offen bekannt haben.

Eine Schlappe in Paris , eine Schlappe in London , so sagt Paris- Midi", das Manöver der direkten Besprechun­gen" ist gescheitert, und darum sagte die Deutsche diploma­tische Korrespondenz" einfach, Deutschland habe nie die Ab­sicht gehabt, so weit zu gehen wie man es von ihnen be­hauptet.

Das heißt also: dem Fuchs sind die Trauben zu sauer. In der Wilhelmstraße hat es sich nun doch schon herumge­sprochen, daß die Engländer ebenso wenig wie die Franzosen auf die von Herrn Ribbentrop ausgelegten Reimruten friechen werden. Und nun saat man nach altem Rezept: wir haben ja gar nichts von der Welt gewollt.

Unterhaltungen die Art und der Zweck der in Deutschland Hitlerdeutschlands Aufrüstung

im Gange befindlichen Wiederaufrüstung" erörtert worden sei, erwiderte Eden:

Ja, ich habe die Zeitungsmeldung, auf die hier Bezug genommen wird, gesehen. Sie ist unbegründet. Eine Erflä­rung der in der Meldung behaupteten Art ist nicht abgegeben worden. Die Unterredungen gingen nicht über die in meiner Antwort dargelegten Grenzen hinaus, und ich miẞbillige es, daß sie eine politische Bedeutung erhalten, die sie nicht vers dienen.

,, Eine Schlappe"

-

*

sagt Paris

2012

Paris , 15. November 1934. ( Von unserem Korrespondenten)

Die Tatsache, daß Herr von Ribbentrop in London nun auch vom Außenminister Sir John Simon empfangen worden ist, nachdem ihn Eden mit leeren Händen hinaus­komplimentiert hatte, regt hier niemand auf. Man geht wohl kaum fehl in der Annahme, daß das französische Außen­ministerium, man möchte sagen, Wort für Wort über den Inhalt der Londoner Gespräche des Herrn von Ribbentrop mit den englischen Regierungsmitgliedern orientiert ist. Man weiß am Quai d'Orsay, und auch die französische Presse weiß es, daß heute die Auffassungen, die man in London über die Politik des dritten Reiches" hat, nicht mehr verschieden sind

Eine englische Stimme

London , 15. November 1934. Die Morning- Post" veröffentlicht Informationen eines Sonderforrespondenten über die deutsche Aufrüstung, ins­besondere über die Reorganisation der Reichswehr . Diesen Informationen, die aus glaubwürdiger Quelle fommen, zu­folge ist der erste Abschnitt der deutschen Aufrüstung nun mehr erreicht, das heißt die Reichswehr ist auf den Stand von 300 000 einn gebracht, mit modernen Waffen ausge­rüstet und verfügt über das entsprechende Kriegsmaterial. Nichts destoweniger und troß der Aktivität, mit der man an der Entwicklung der Armee arbeitet, glauben die mili­tärischen Führer nicht, daß Deutschland vor 1938 frühestens imstande wäre, einen Krieg zu ertragen. Darum übt der Generalstab einen Druck zur Mäßigung auf die Außenpolitik der Naziregierung aus. Der Reichswehr verfügt jetzt, so wie man es im Augenblick, wo Deutschland den Völkerbund ver­ließ, beabsichtigt hatte, über 21 Infanteriedivisionen und 4 Kavalleriedivisionen mit zusammen 18 000 Offizieren, also 14 000 mehr, als nach dem Versailler Vertrag gestattet sind. Gegenwärtig schwankt die Dauer der Dienstzeit in der Reichs­ wehr zwischen zwei und zwölf Jahren, aber sobald die all­gemeine Dienstpflicht eingeführt sein wird und das wird bald geschehen wird die Dienstzeit wahrscheinlich auf 18 Monate herabgesetzt werden.

Mussolini und die Pläne der Wilhelmstraße

Männern erschien, ist inzwischen legalisiert und von den Zu den Romreisen Schuschniggs und Lava's

braunen Bluthunden zu einem System ausgebaut worden, das hinter den Foltermethoden des Mittelalters nicht zurücksteht.

Diese Auspeitschungen und Prügeleien wehrloser Gefan­gener, die fein anderes Verbrechen" begangen haben, als ihrer sozialdemokratischen Gesinnung treu zu bleiben, haben jeht ein Todesopfer gefordert.

Sozialdemokrat Christian Ferkel , der, als Ende Juli die Berhaftungen begannen, unter den ersten war, ist im Stadt= frankenhaus zu Leipzig den fürchterlichen Verlegungen, die ihm die angestellten Gestapo - Mörder beigebracht haben, erlegen.

Ferkel war Abgeordneter des sächsischen Landtages und Gau­leiter des Verbandes der Lithografen und Steindrucker für Sachsen . Während des Krieges bis zum Ausbruch der Revo­Iution 1918 gehörte er in München zu dem Kreis um Kurt Eisner , der an dem Gelingen der Revolution in Bayern hervorragenden Anteil hatte. Ferkel war von den Banditen 1983 schon einmal verhaftet worden. Er lehnte es ab, auch nur zum Schein eine gesinnungsmäßige Gleichschaltung ein­zugehen und ist bis zum letzten Atemzug ein der Revolution des Proletariats ganz ergebener Kämpfer gewesen. Wahr­scheinlich haben darum die Folterknechte nicht eher von ihm abgelassen, bis sie den Totschlag vollendet hatten.

Ein anderer hat unter den fortgesetzten Mißhandlungen den Verstand verloren; als Irrfinniger mußte er kürz= lich in die Jrrenanstalt überführt werden.

Trotz dieser entfeßenerregenden Erfolge" ihrer Folte­rungen, setzten die Gestapo - Bestien die Miẞhandlungen weiter fort. Sie braucht Geständnisse", um einen großen Hochverratsprozeß in Szene seßen zu können. Und diese Geständnisse" müssen erpreẞt werden.

Die ganze Schuld für diese Schand- und Mordtaten föllt auf die Regierung.

Ein alter Kämpfer"

Mit 25 Jahren Bürgermeister

München , 15. Nov. In Weilheim ( Oberbayern ) fand die feierliche Amtseinführung des fürzlich zum ersten Bürger­meister der Stadt gewählten Hans Wiedenmann statt. Wiedenmann ist erst 25 Jahre alt. Er besitzt das goldene Ehrenzeichen der NSDAP., die Auszeichnung für die alten Kämpfer der Partei. Demnächst wird er wohl Ehrenbürger seiner Geburtsstadt werden.

Alte Kameraden

...

Wenn die Enttäuschung übermannt

h. b. Das Große Schöffengericht in Altona verurteilte den Angeklagten 6. Böttcher aus Elmshorn wegen böswilliger Berleumdung zu sechs Monaten Gefängnis und zur Tragung der Gerichtskosten. Das Urteil ist um so härter, als Böttcher einer der SA.- Leute ist, die von ihrem Führer Röhm einst zur alten Garde ernannt wurden. Länger als 5% Jahre hat er sich nach seinen eigenen Angaben Tag und Nacht auf den Straßen für den Nationalsozialismus herumgeschlagen. Seine Begeisterung schwand aber nach Hitlers Machtübernahme. Er sah, daß es seine eigene Bonzofratie im neuen Deutschland viel ärger trieb, als man es den roten Bonzen" jemals hatte rorwerfen können. Das empörte ihn so sehr, daß er seinem Serger in Briefen an alle möglichen Würdenträger und Be­Förden des neuen Deutschland Luft machte. In diesen Brie­fen schilderte er seine Enttäuschung über den Mißbrauch, den namentlich angeführte Nationalsozialisten mit der von der EA. eroberten Macht trieben. Die Empfänger dieser Briefe schafften Abhilfe, indem sie die Beschwerden des enttäuschten GM Mannes dem Staatsanmalt übergaben, der das oben bezeichnete Urteil gegen den Beschwerdeführer veranlaßte. Wie oft mag Böttcher unter den Klängen des Mariches Alte Romeroden" in die Saalschlacht gezogen sein. Dank vom Bause Adolf!

Wien , den 15. November 1934. Ende dieser Woche begibt sich der österreichische Bundes­kanzler Schusch nigg in Begleitung des Herrn von Berger Waldenegg , Minister für auswärtige Ange­legenheiten, nach Rom . In politischen Streisen wird insbe­sondere die Tatsache unterstrichen, daß diese Reise unmittel­bar nach den Verhandlungen des ungarischen Ministerpräsi denten in Rom und auf dem Semmering stattfindet.

Schuschnigg wird während seines Aufenthaltes in Rom , der voraussichtlich drei oder vier Tage dauern wird, Ver­handlungen über verschiedene wirtschaftliche Fragen führen, die mit den bekannten Romprotokollen im Zusammenhang stehen. Man erwartet hier, daß es Schuschniga gelingen wird. einen weiteren Ausbau der österreichisch- italienischen Han= delsbeziehungen herbeizuführen.

Die Unterhaltungen mit Mussolini werden aber auch, wie anders nicht zu erwarten ist, einen hoch politischen Charakter tragen. Die Regierung in Rom zeigt eine gewisse Unruhe angesichts der merkwürdigen Rolle, die Herr von Papen in Desterreich seit einiger Zeit spielt. Unter dem Vorwand, die deutschen Kolonien in Desterreich aufzusuchen, hat Herr von Papen eine regelrechte Propa­gandatournee in Desterreich veranstaltet. Besonders unlieb­sames Aufsehen hat die Rede des Herrn von Papen in Graz hervorgerufen.. Dort hat er vor einigen Tagen erflärt, daß das dritte Reich" alle Deutschen innerhalb und außerhalb seiner Grenzen vereinigt sehen möchte. Der römische Ge­fandte in Wien soll, wie wir hören, wegen dieser Rede beim Bundeskanzler vorstellig gewesen sein, und die Rede, die der Bundeskanzler vorgestern beim Festessen, das ihm zu Ehren von dem Verband der englisch - amerikanischen Presse in Wien gegeben wurde, wird gewissermaßen als eine Antwort auf den redelustigen Herrn von Papen ge= wertet.

Der Bundeskanzler hat ausdrücklich erklärt, daß die Grundlage der österreichischen Politik nach wie vor der Kampf um die Aufrechterhaltung der völligen Unabhängig

B. d. M. für Geburtenschlacht Die Unehelichen der Arbeitslager

Berlin , 15. Nov. Die Rassenaufzucht macht Fortschritte. An den Insassen der Berliner Gefängnisse wurden bis jetzt etwa hundert Sastrationen vorgenommen. Aus den Arbeitslagern der Hitlermädel werden da= für immer zahlreichere Fälle unehelicher Schwangerschaften gemeldet. Allen Ehepaaren, die sich zum dritten Kind noch ein viertes bestellen, ist eine Monatsbeihilfe von 30 Mart zugesichert. Häufig kommt es jetzt vor, daß zwecks Aufmunterung bei Dreifindereltern staatliche Fürsorgeschwestern erscheinen, und wenn die Auf­munterung Erfolg hat, kriegen die Schwestern noch Prämien.

Reichspost und Zeitungswesen Der Auslandsversand stark gesunken

In dem Geschäftsbericht der Deutschen Reichspost über ihr Rechnungsjahr 1933, das vom 1. April 1933 bis zum 31. März 1934 lief, finden sich auch Angaben über die Zahl der durch die Post beförderten Zeitungen. Aus den Angaben geht her­vor, daß die Gesamtzahl der durch die Post beförderten Zei: tungen im Jahre 1933 gegenüber dem Vorjahre von 1,622 Milliarden Stück auf 1,476 Milliarden Stück gefallen ist. Besonders interessant sind die Angaben über die Zahl der aus dem Ausland nach Deutschland gelangenden Zeitungen. Hierüber sind vielfach fantastische Vorstellungen im Um­lauf. Tatsächlich kamen im Jahre 1933 aus dem Ausland nach Deutschland 8,3 Millionen Zeitungen gegenüber 7,7 Mi!= lionen im Jahre 1932. Die Zahl der beförderten ausländischen Zeitungen ist zwar gestiegen, sie macht aber immer nur einen ganz geringen Bruchteil der deutschen Zeitungen aus, und zwar 0,56 Prozent( 1932: 0,47 Prozent). Nach dem Auslande wird dagegen die dreifache Zahl deutscher Zeitungen befördert,

nämlich 25,6 Millionen Stück. Im Jahre 1932 gelangten 31,9 Millionen Stück deutscher Zeitungen nach dem Ausland. Der Auslandsabsatz ist also um 20. v.. gefallen

keit bleibe. Auch beschäftigte sich der Bundeskanzler mit der Frage der deutsch - österreichischen Beziehungen, wobei er ausdrücklich betonte, daß gegenwärtig zwischen Deutschland und Desterreich keine Verhandlungen geführt werden. Oester­ reich sei an der Entfremdung zwischen den beiden Staaten nicht schuld, es könne daher an der Annäherung etwas Wesentliches nicht beitragen. Selbstverständlich sind wir be­reit," so erklärte der Bundeskanzler, alles zu vermeiden, was die Spannung fördern könnte, denn Desterreich will nichts anderes, als daß man es in Ruhe lasse und es gerecht und objektiv beurteile."

Sicherlich ist man in Rom mit dieser deutlichen Abfuhr, die Schuschnigg dem dritten Reich" erteilt hat, zufrieden, wenn auch immerhin die österreichisch - deutschen Beziehungen bei den kommenden Unterhaltungen zwischen Schuschnigg und Mussolini eine wesentliche Rolle spielen werden.

Aber gleichzeitig glauben wir, darauf hinweisen zu müssen, daß bei den Verhandlungen in Rom auch noch eine andere Frage eine Rolle spielen dürfte. Die Deutsche Freiheit" hat anläßlich des Besuches von Gömbös in Rom darauf hinge­wiesen, daß der ungarische Ministerpräsident die Rolle eines Vermittlers zwischen Rom und Berlin spielt und gleichzeitig den Versuch machen will, Polen in eine fünftige deutsch­polnische- österreichisch- ungarische- italienische Entente einzu­beziehen. Gömbös soll bei seinen Besprechungen auf dem Semmering Schuschnigg über diesen Plan in Kentnis gesetzt haben und darüber soll neuerdings zwischen dem Chef der italienischen Regierung und dem Bundeskanzler gesprochen werden. Aber gerade die gespannten Beziehungen zwischen dem dritten Reich" und Desterreich liegen der Verwirk­lichung dieses Planes hindernd im Wege. Mussolini scheint eine abwartende Haltung einzunehmen, und er wird wohl seine endgültige Entscheidung zu den Plänen von Gömbös , Hinter denen die Wilhelmstraße steht, endgültig erst nach den Verhandlungen mit Laval treffen. Mussolini will jedenfalls diesen Trumpf bei seinen Verhandlungen mit Laval aus­spielen.

Geringer Ausfuhrüberschuß

Auf Kosten der Einfuhrdrosselung

Die soeben vom Statistischen Reichsamt bekanntgegebenen Zahlen über die Handelsbilanz im Oktober weisen einen Ausfuhr überschuß von 16,4 Millionen Marf gegenüber einem Einfuhrüberschuß von 1,9 Millionen Mart im Vormonat auf. Die Ausfuhr ist nämlich von 350,3 auf 365,9 Millionen Reichsmart gestiegen, während die Einfuhr von 352,2 Millionen Reichsmart auf 349,5 Millionen zurück­gegangen ist. In der gleichgeschalteten Preise herrscht ge= fünstelte Jubelstimmung über dieses Ergebnis der Oktober­handelsbilanz, weil zum ersten Male seit März wieder ein fleiner Ausfuhrüberschuß erzielt worden ist. Bedenkt man aber. daß noch im Oktober vorigen Jahres, also zu einer Zeit, wo Deutschland unter dem heutigen Regime bereits heruntergewirtschaftet wurde, der Ausfuhr überschuß dennoch 98 Millionen Mart betrug, also das Sechssache des Ausfuhrüberschusses in diesem Monat, so ist das Ergebnis recht dürftig.

Der geringe Ausfuhrüberschuß ist durch die Steigerung der Fertigwarenausfuhr auf 290,3 Millionen Marf erreicht worden. Vor allem konnte die Ausfuhr von Werkzeug maschinen, elektrotechnischen und chemischen Erzeugnissen forciert werden. Hingegen ist die Aus­fuhr von Textilwaren durch die verminderte Qualität der deutschen Textilerzeugnisse zurückgegangen.

Der Rückgang der Einfuhr konnte dadurch erreicht werden, daß die sonst im Oktober üb liche erhöhte Einfuhr von Baumwolle ja st gänzlich ausgeblieben war. Dementsprechend er­mäßigte sich die Rohstoffeinfuhr von 199,8 auf 185,6 Millionen Reichsmark, obwohl sie sonst im Oktober bemerkenswerter­weise eine beträchtliche Zunahme( um über 25 Millionen Reichsmarf) der Lebensmittel einfuhr erfolgte Tie Lebensmittelfnappheit veran laßte Schacht, Devisen für eine erhöhte Einfuhr von Gerste, Kaffee, Butter und Eiern zur Berfügung zu stellen.