SAAR BEILAGE
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Mr. Knor, der Präsident der Regierungsfommission, mag auf einigen Gebieten dem deutschen Führer" und seiner " deutschen Front" überlegen sein, an kriminalistischer Fantafie steht er jedenfalls weit hinter Herrn Hitler und Herrn Pirro zurück. Das tommt wahrscheinlich davon, daß er als Engländer versäumt hat, seinen Geist an dem großen deut schen Denker Karl May zu bilden, der bekanntlich der Lieblingsschriftsteller des deutschen Führers" ist. So weijen denn die Berichte des Herrn Knox an den Völkerbund bedauerliche Mängel hinsichtlich der romanhaften Ausschmüdung auf und bewegen sich in einer geradezu öden Objektivität, in einer direkt liberalistisch anmutenden juristischen Sachlichkeit. Bon solchen überwundenen Grundsätzen des neunzehnten Jahrhunderts ist die deutsche Front" an der Saar frei. Man soll ihr Anerkennung nicht versagen, wo sie verdient ist: sie hat dem Völkerbund als Schlag gegen Herrn Knor eine Denkschrift eingereicht, aus der auch minderbegabte Schauerschriftsteller als weiland Karl May eine blutige Geschichte von hundert Groschenheften machen können. Titel:„ Maria Gasenius und Arno Leichsenring oder die marristische Ber schwörung zur Geisterstunde im Nachtcafe."
Tatbestand: Ein gewiß recht ehrenhaftes Fräulein Maria Cafenius , eine„ beamtenmäßige Schreibgehilfin" im Polizeipräsidium hat sich, was niemanden Wunder nehmen wird, nicht im Dienste ihrer Behörde, sondern in der Verpflichtung der deutschen Front" stehend betrachtet und somit die Behauptungen des Herrn Knor bestätigt, daß die deut sche Front" ihre Agenturen in den Aemtern des Saargebiets interhält. Die Dame hat zum ersten Male in ihrem Leben erfahren, daß es Journalisten gibt, die von der zuständigen Behörde Auskünfte erbitten, che sie über einen diese Behörde angehenden Vorgang schreiben. Daß es anderwärts daher bei Polizeipräsidien sogar Pressestellen und Pressereferenten gibt, kann die gute Maria natürlich nicht wissen, und daher ist sie hinreichend entschuldigt, wenn sie ihren ganzen Klatsch für entsprechende Gegenleistung der„, deutschen Front" hinterbrachte. Die aber und ihre Zeitungen ziehen
JANUAR
gegen die die Aufrüstung Hitlers und Görings ein Kinderspiel ist. Zwar hat der bravo Arno selbst keine Waffe gesehen, aber er hat davon gehört, und nun muß man diesen Gewährsmann der„ deutschen Front" an der Saar selbst erzählen lassen:
„ Bei den Instruktionsstunden wurde immer zum Ausdruck gebracht, daß Ende November oder anfangs Dezem ber 1934 eine revolutionäre Aktion im Saargebiet unter: nommen werden müßte, um der Regierungskommission die Mittel zu liefern, den Abstimmungstermin zu verschieben. Es wurde davon gesprochen, daß beim Ausrücken der Polizei mittels Fahrzeugen diese mit leicht brennbaren Flüssigkeiten an geeigneten Stellen übergossen werden müßten. Andere Beteiligte müßten dann Zigarettenstum pen auf die Autos der Polizei werfen, damit diese in Brand gesetzt werden. Dadurch werde die Polizei gezwun gen, abzusteigen. Aufgabe fet es dann, die Polizei unschäd lich zu machen. Durch Aufreißen des Straßenpflasters und Errichtung von Barrikaden müßten der Polizei weitere Schwierigkeiten gemacht werden. Die Aftionen seien so durchzuführen, daß auch die deutsche Front" auf die Straße gezwungen werde, fie zu regelrechten Straßenfämpfen zu bewegen. Durch solche Verwirrung fönnte erreicht werden, daß die Regierungsfommission ausländische Truppen zur Aufrechterhaltung der Ordnung für das Saargebiet an fordere."
Das hätte Karl Man noch erleben sollen. Welche eine Romanjerie hätte er über die Emigranten an der Saar zusammengeschrieben!
Es tut uns leid für Herrn Knor, aber wir reichen Herrn Pirro die Palme: Du haft gefiegt, Karl May !
Allerdings, einstweilen nur in den Spalten der gleichgeschalteten Presse des Saargebietes.
,, DEUTSCHE FREIHEIT"
Hitlerismus
gegen Katholizismus
Unversöhnliche Gegensätze
Die nordischen Götter waren Richtgestalten mit Speer und Strahlenkranz, Kreuz und Hakenkreuz, die Symbole der Sonne, des fruchtbringenden, aufsteigenden Lebens. Seit weit über 3000 vor Christi trugen die nordischen Völkerwellen diese Zeichen nachweislich nach Griechenland , Rom , nach Troja, Indien . Noch Minutius Felr ereifert sich gegen das heidnische. Kreuz; bis schließlich der römische( T- förmige) Galgen, an den Jesus geschlagen worden war, zu eben diesem heidnischen, jest„ chriftlichen" Kreuz umgedichtet werden mußte, und die heidnische Sonne bzw. das Simmelkreuz als Heiligenschein über den Häuptern der kirchlichen Märtyrer und Glaubensboten. erschien. Der Wetterstrahl, die Lanze, wird das Gleichnis des Herrschens, der„ reitende Gott" mit der Lanze erscheint deshalb immer wieder erneut auf, christlichen" Gedenksteinen und Zeichnungen: das war der durch die Geschichte des Christentums reitende ewige Wanderer Wotan.
Alfred Rosenberg , der vom Führer und Reichskanzler mit der weltanschaulichen Erziehung der Nation beauftragte Theoretiker des Nationalsozialismus in seinem Buche„ Der Mythus des 20. Jahrhunderts". Eine Wertung der seelisch- geistigen Gestaltenkämpfe unserer Zeit, 13.- 16. Auflage, Seite 165/166.
Das Buch ist von der nationalsozialistischen Regierung allen Lehrerbibliotheken als geeignet empfohlen und in vielen Fällen auch katholischen Büchereien zwangsweise eingegliedert worden.
Wenn der Erfolg in Genf versagt sein sollte, jo liegt das Der Wunde Punkt der Abstimmung
nur an der perfiden Weltverschwörung gegen die Gemütstiefen der deutschen Seele, repräsentiert von Adolf Hitler , Karl May und Maria Casenius.
mit ihrer Jungfrau von Saarbrücken zum Völkerbund. Drei, Kanonen"
wird ihnen allerdings schwer fallen, sich und ihre Maria so begreiflich zu machen, daß Delegierte aus politisch zivilifierten Ländern sie verstehen.
Weiterer Tatbestand: Ein hoffnungsvoller Jüngling namens Arno Leichsenring hat eine offensichtlich von der Gestapo finanzierte Gastrolle in einem„ Emigrantenlager" an der Saar gegeben. Nun hat er seine Beobachtungen vor dem Amtsgericht in Ulm zu Protokoll geliefert. Er hat im Saargebiet den„ Dimitroff " getroffen. Zwar nicht den richtigen, aber einen falschen. Der hat ihm die schönsten Geschichten über die Waffenlieferungen an die„ Emigranten" erzählt, über eine Ausrüstung der Emigranten an der Saar ,
Um den, Status quo"
Beratungen des Dreier- Ausschusses
Rom , 15, Nov. Der Dreierausschuß hat auch in dieser Woche feine Besprechungen über die Saarabstimmung fortgesetzt. Er beschäftigt sich jetzt ausschließlich mit den sogenannten politischen Fragen, wie der Definition des Status quo". Welches das Ergebnis dieser Beratungen sein wird, läßt sich noch nicht sagen, doch fann man erwarten, daß die Definition nur allgemein gehalten sein wird. Die Mitglieder des Dreierausschusses halten ihren Optimismus aufrecht, daß sie Lösungen finden werden, welche für die verschiedenen Anschauungen annehmbar sind.
Die weitere Behandlung der wirtschaftlichen und finanziellen Fragen muß eine Verschiebung erfahren, meil einer der vorgesehenen Hauptsachverständigen plößlich erkrankt ist und eine andere Persönlichkeit ernannt werden muß. Die Probleme, welche es zu lösen hat, beziehen sich bekanntlich u. a. auf die im Saargebiet umlaufenden fran= zösischen Noten, für welche man hier die verschiedensten Schätzungen hört, von einer halben bis anderthalb Milliarden Franken. Einzelne Fragen, wie die sich aus der Sozialversicherung ergebenden, sowie die ebernahme der Beamten, brauchen bis zur Völkerbundstagung am 21. November noch nicht völlig geflärt zu sein. Die Frage des Rüd faufs der Saargruben, die einzige, für die im Versailler Vertrag selbst Verhandlungen vorgesehen waren, wird abseits der unter den Auspizien des Dreier
In den erwähnten Veröffentlichungen der Presse der ,, deutschen Front" wurde auch behauptet, daß der Autono-= mistenführer May Walz von dem Etablissement A. Duroch in Forbach Waffen gekauft und eine neue Offerte für Waffenlieferungen erhalten habe. Die Firma stellt in einer eidesstattlichen Erklärung fest, daß Walz in der Tat drei Revolver für die Bewachung von Geschäftsstellen des„ GeneralAnzeigers" unter Vorlage seines Vasses gekauft hat. Ferner liegt die Anmeldung dieser Waffen bei der Polizeidirektion in Saarbrücken vor.
Das ist alles. Es handelt sich also um eine in jeder Beziehung korrekte Angelegenheit.
Die Rundfunkilegelelen
Im britischen Unterhaus
London , 15. Nov. Der Staatssekretär des Aeußeren wurde von dem liberalen Abgeordneten Mander befragt, ob der Staatssekretär die deutsche Rundfunkpropaganda gegen die Regierungskommission des Saargebiets fenne, und ob er nicht geneigt sei, in der nächsten Sizung des Völkerbunds rates die Frage einer Verschiebung des Abstimmungstermines aufzuwerfen, wenn diese Angriffe fortdauerten. Eden antwortete: Es ist mir bekannt, daß die Saarregierungskommission und ihr Präsident das Angriffsziel durch den deutschen Rundfunk gewesen sind. Ich bedauere natürlich der artige Angriffe. Wie dem Fragesteller bekannt ist, wurde eine Sondersizung des Völkerbundsrats für den 21. November einberufen, um den Bericht des Saarausschusses und die Vereinbarungen für die Abstimmung zu erwägen. Ich bin daher
Die„ Neue Zürcher Zeitung " bringt zwei größere Beiträge über die Vorbereitung der Saarabstimmung, wobei das Blatt auf die zahlreichen Unstimmigkeiten in den Abstimmungslisten eingeht. Besonders interessant ist es, was das Blatt ut. a. über die politische Bedeutung der Kritik an den Listen schreibt. Das angesehene Schweizer Blatt erklärt:
„ Nun die politische Seite dieser Kritiken an den Abstimmungslisten. Die Antifaschisten behaupten, es gehe um die Aufrichtigkeit und zuverlässigkeit der Volksabstimmung. Bestimmt werden sie mit ihren Anschuldigungen auch nach einem für sie ungünstigen Wahlausgang nicht Ruhe geben und überhaupt den Wert des Entscheids in Zweifel ziehen. Die bereits mit übergenug politischen Ressentiments belastete Abstim= mung sollte womöglich nicht noch mehr mit Konfliktsstoffen igeladen werden. Die Abstimmungsfommission ist sich dessen bewußt und setzt alles daran, ihren guten Willen zu beweisen. Die Frage ist indessen, was sie in den noch bleibenden zwei Monaten erreichen kann. Hier muß auf den wunden Punkt der Abstimmungsvorbereitungen gewiefen werden: zu furze Zeit! Die Vorbereitungen der Saarabstimmung litten voit Anfang an unter der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit. Die Termine für die Eintragungen, Einsprüche und Refurse mußten so knapp bemessen werden, daß sie den Gemeinde- und Kreisbüros faum. Zeit zu eingehender Behandlung aller und insbesondere der komplizierten Fälle ließen. Die Schuld daran trägt nicht die Abstimmungsfommission, sondern der Völkerbundsrat, der monatelang die Jnangriffnahme der Abstimmungsvorbereitungen hinauszögerte. Das rächt sich jetzt bitter. Einen fleinen Vorwurf fann man allerdings auch der Abstimmungskommission nicht ersparen. Wenn fie von Anfang an alle in die Gemeinde- und Kreisausschüsse berufenen Vertreter der Bevölkerung paritätisch den beiden Abstimmungsparteien entnommen hätte, wären Kritifen undenkbar, wie sie die damals zu wenig berücksichtigten Antifaschisten jetzt äußern. Die damals verlautbarte Begründung, es seien in den Reihen der Antifaschisten nicht genügend geeignete Persönlichkeiten zu finden gewesen, hat sich mittler: weile als unhaltbar erwiesen."
nicht in der Lage, im Augenblick eine Erklärung über die Der Herr Saarkommissar
Frage abzugeben. Was den letzten Teil der Anfrage betrifft, so ist der Zeitpunkt der Abstimmung bereits durch den Völferbundsrat festgesetzt worden. Auf die weitere Anfrage Manders, vb während der letzten Wochen die Schärfe dieser Angriffe nachgelassen habe, bemerkte Eden, er könne die Frage nicht ohne vorherige Erfundigung beantworten.
fomitees stattfindenden Besprechungen zwischen dents Besenschrank oder Krematorium?
Eine Lüge
über den Straßburger Sender
Das Deutsche Nachrichtenbüro
Der Kölnischen Zeitung" entnehmen wir
Wir veröffentlichten in Nr. 552 vom 31. Oktober eine Meldung über die letzte diesjährige Südamerikafahrt des Luftschiffs Graf Zeppelin, worin mitgeteilt wurde, daß das Luftschiff sich am 30. Oftober um 16 Uhr furz vor der südamerikanischen Küste befand. In dieser Meldung hieß es weiter, der Straßburger Rundfunksender habe am 30. Oftober abends berichtet, das Luftschifffei über Spanien abgeschossen worden.
Die für die Kölnische Zeitung " selbstverständliche Pflicht zur Wahrheit in ihrer Berichterstattung nötigt uns, nachdem wir im Ausland wegen dieser Meldung angegriffen worden sind, zu der Feststellung, daß die uns vom Deut= schen Nachrichten Büro( dnb.) gemachte Mit teilung den Tatsachen nicht entspricht. Der Straßburger Rundfunksender ist am 28. Oftober abends zur Vornahme von Arbeiten für einige Tage stillgelegt worden und hat insbesondere auch an dem frag lichen 30. Oktober überhaupt nicht gesendet
Die früher fatholische, jetzt hitlerische Landes- Zeitung" in Saarbrücken erzählt aus Spanien , einer der führenden Revolutionäre sei bei der Verhaftung in einem Besenschrank entdeckt worden. Das Blatt ist sehr entrüstet über diese Feigheit". Es scheint anzunehmen, das höchste moralische Gesetz eines Revolutionärs sei, sich von den Gegnern gefangen nehmen zu lassen.
Wir wissen nicht, ob die Geschichte mit dem„ Besenschrank" stimmt. Dagegen ist erwiesene Tatsache, daß Adolf Hitler nach seinem Bürgerbräuputsch seine Kameraden schmählich
Wozu er redet, und wozu er schweigt
Der Saarbevollmächtigte des Reichskanzlers, Gauleiter Bürdel, erläßt eine heftige Feststellung gegen notorische Lügner", das heißt gegen Zeitungen, die, wie er behauptet, unrichtige Meldungen über seine Verhandlungen mit dem Dreierausschuß in Rom gebracht haben. Von Erfolgen weiß er allerdings selbst nichts zu berichten.
Wir werden von den„ Feststellungen" des Herrn Saarkommissars nicht betroffen, da die von ihm bestrittenen Behaup tungen, die natürlich trotzdem wahr sein können, in unserer 3eitung nicht gestanden haben.
Wohl aber haben wir einige Benterfungen aus anderen Blättern abgedruckt, die Herrn Bürckel Franzosense paratismus in der Besatzungszeit vorwerfen. Unsere Höfliche Anfrage, was Herr Bürckel darauf zu sagen habe, hat er leider nicht beantwortet.
im Stich gelaffen hat, im Auto in die bayerischen Berge„ Gerüchte"
ausriß und dort in den Betten der Villa eines reichen Freundes erwischt worden ist.
Der Berliner Gauleiter Dr. Goebbels , jetzt Reichspropagandaminister, hatte sich bei einer Haussuchung in seinem Büro diskret in das W. C. zurückgezogen. Die Beamten ließen ihn dort rücksichtsvoll sizzen.
Wir stellen anheim, ob der„ Besenschrank" von den drei Verstecken nicht noch das Würdigste ist und warten ab, wo die Redakteure der„ Landes- Beitung" gegebenen Falls an= zutreffen sein werden.
Es wäre übrigens zu wünschen gewesen, daß die katholischen Führer Dr. Klausener und Probst am 30. Juni sich irgend einen Besenschrank" gesucht hätten, statt ahnungslos dem„ moralischen Gesetzgeber der Nation" und seiner höch ften Rechtstat" fich auszuliefern.
Immer noch beffer im Besenschrank als im Kremratorium.
Koblenz , 14. Nov. Im Gau Koblenz- Trier der NSDAP . ergeht eine amtliche Mitteilung, daß„ fragwürdige Elemente", deren einziges Erleben die stete Verneinung fet und deren Urteil feine Sachkenntnis trübe, hätten in ch it B- haft genommen werden müssen, weil sie ihren Mitgliedern der nationalsozialistischen Bewegung, an ihrer Spize Gauleiter Gustav Simon, durch Verbreitung von unwahren Gerüchten und böswilligen Verleumdungen in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen versucht hätten. Der nationalsozialistische Staat sei nicht gewillt, fürderhin seine Aufbauarbeit durch geistige Greise unterminieren zu lassen. Es sei festgestellt, daß weder die NSDAP. noch der Staat etwas zu vertuschen hätten. Im Gegensatz zum früheren System würden Volksschädlinge heute in Deutschland ange: prangert und prompt bestraft.
Der letzte Entz ist ein böser Wiz und wird die„ Gerüchte" ttur beleben..