Durdis Guckloc

Jenes selbe Deutschland , das seinen besten Philosophen

Frankreichs Fremdenfrage" 102

Einstein( leider noch nicht gehängt) feierlich in die Acht Die Arbeitslosigkeit und die Ausländer

tat, und seine begabtesten Romanciers, die Brüder Manu, zwingt, das Brot des Exils zu essen, hat Friedrich Schiller jetzt ein kräftiges..Front Heil" ins Grab hin­ein nachgebrüllt. Welch ein Glück, daß der große Schwabe wirklich tot ist und so kaum erfährt, was die Diktatur des Postbeamten ihm an Ehrungen bereit gehalten hat.

Da ist es der Herr Regierungsrat Fabricius, bekannte Schlagetot- Marke in Hitlers Bereich schon vor der Macht­übernahme, der nun ein Buch unter dem Titel Friedrich Schiller ein Kampfgenosse Adolf Hitlers ( nein, Irrtum ausgeschlossen!) in des Wortes allerverwegenster Bedeutung verbrochen hat! Und der Börsenverein des deutschen Buch­handels übergibt dieses literarische Ungeziefer dem Käufer­markt mit der Feststellung, daß eben Schiller doch wohl ,, der erste Nationalsozialist" gewesen sei.... Wenn man von dem Zeit- und Streitgenossen Goethes nichts weiß, als daß er den heiligen Grimm des freien Mannes gegen den Geßler­hut mit dem Feuerbrand seiner Sprache geschürt hat, nichts weiß, als daß über jedem Theaterzettel, der zu den Räu­bern" einlud, in flammender Schrift der kategorischste aller Imperative: In tyrannos," Gegen die Zwingherrn" daher­wehte, dann muß man als Deutscher sein Haupt in wildem Schmerz verhüllen, daß solche Infamie unserem Geiste an­getan werden darf, ohne daß die Revolution durch die Gassen heult und Master Lynch mit unerbittlichen Händen sein Opfer fordert....

Es ist noch nicht drei Monate her, daß wir in jenem Deutschland , dem einst Friedrich von Schiller gesungen hatte, in einer kleinen, ganz deutschen Stadt, mit Efeu um die stillen Stadtmauern, mit spitzen Giebeln am Markt und mit den Rosenstöcken hinter sauberen Gardinen Hitlers Ver­brecheralbum, die Fahne. den Geßlerhut", in der Mitte. durch die Straßen gröhlend marschieren sahen. Aber rechts und links waren diesem dionysienhaften Phänomen. Tot­schläger in der Hand, die Unterlippe hämisch über die Oberlippe gezogen, das SS. - Kommando auf dem Bürgersteig beigegeben, das mit der Muskulatur zu überwachen hatte, ob sich auch die Arme der Passanten in demütiger Schauer emporhoben. wo nur der Lappen vorbeikam. Man prügelte den Charakter einfach aus den Hausnischen heraus, in denen er Zuflucht gefunden hatte. Freilich es ist das nur das Deutschland des Wichts Fabricius! Schiller hat zwar seinen Regionaltyrannen damals überlebt. Der Fabricius aber hätte ihm ganz sicher das Leben gekostet!

Der Papst in Rom hat Einiges, wie man sich aus der Presse des Vatikans in diesen Tagen überzeugen konnte, an dem moralischen Gehalt des faschistischen Dopolavores auszusetzen An den Veranstaltungen, die den italienischen Arbeiter über die Langeweile der klassenkampflosen Zeit hinwegtäuschen sollen, mag es nicht grade immer wie in einem von Nonnen geleiteten Töchterpensionat zugehen. Die Kurie erhebt also ihre warnende Stimme und sagt dem Duce, dem sie sein Nietzscheanertum schon längst verzielen hat. nicht nur, weil er den Kirchenstaat mit sogar eigener Eisenbahn restituiert hat. er möge doch der alles bewachen­den schwarzhemdigen Miliz größere Sehschärfe für sympto­matische Amoresken anbefehlen, die vielleicht einen solchen ,, Nach Feierabend" offiziell- faschistischen Stils recht zer­streuend, aber doch auch kanonisch anfechtbar machen.

Welch ein gütiges Geschick, könnte man da sagen. hat den Heiligen Vater und seine engeren Vertrauensleute bisher davon bewahrt. Nutznießer. wenn auch nur gelegentlich, des großen Reisebüros zu werden, das sich jetzt in Deutschland Kraft durch Freude " nennt, das italienische Dopo­lavore elefantastisch übertrumpfen soll. und zwar weniger eine Angelegenheit der deutschen Arbeiter, die im..dritten Reich so wie so kein Geld für Ueberflüssiges haben, ge­worden ist, als vielmehr von vergnügungssüchtigen Spieß­bürgern, die sich auf Kosten der Beiträge in die Arbeits­front" und der terrorisierten Eisenbahn und Schiffahrts­firmen eine Reise ins Ausalnd leisten. Die Kabinen der Rhein­dampfer könnten aus den Polstern reden, was die Herren Prokuristen und Buchhalter und Kassierer mit den Arbei­terinnen angestellt haben, die hier Kraft durch Freude " sich als Betriebsgefolgschaft( oder sagt man in diesem Falle nicht lieber Betriebs- Harem?) zulegen mußten. Davon steht freilich in der Presse der jetzigen Schillerdeutschen nichts, aber auch gar nichts zu lesen. F. E. Roth.

Das Fürstentum Liechtenstein bietet Ihnen:

freie Einreise und Niederlassung. günstige Steuern, für Industrien Entgegenkommen, schönes Baugelände, Villen und Wohnungen, gesundes Klima( Schweizer Frankenwährung, Schweizer Wirtschafts, ebiet) ALLGEMEINE TREUHAND- AKTIENGESELLSCHAFT, VADUZ

Anlagen in Holland

Lettende Persönlichkeit bekannter holländischer Bank Jude,( früher Deutscher ), besten Rufes stellt sich zur Verfügung für Finanzierungen, Kapitalsanlagen, Errichtungen von Gesellscha ten etc. etc. Anfragen sind zu richten unter Nr. 1225 a. d... Deutsche Freiheit". Saarbrücken .

Zu verkaufen

Vollständige Einrichtung einer

Strumpftabrik

Fabrique de Bonneterie mit Bureaus Sehr mässige

Consulat

eines angesehenen euro­ päischen Staates zu vergeben. Anfragen Post­facn 868, Basel I. ( Schweiz )

an

Plakate

für alle

Zwecke

Buchbruckerei

Miete mit schöner Wohnung Volksstimme Saarbrücken 3

Sich schriftlich wenden an die Ges schäftsstelle dieses Blattes unt. Nr. 1222

Paris , 20. November. ( Von unserem Korrespondenten) Immer mehr tritt in der Innenpolitik die Fremdenfrage in den Vordergrund. In der öffentlichen Meinung, die sehr starf unter dem Einfluß der Presse steht, ist die Auffassung vertreten, daß die Arbeitslosigkeit in Frankreich sehr schnell beseitigt würde, wenn man den in Frankreich lebenden Aus­ländern verbieten wurde, zu arbeiten, beziehungsweise fie des Landes verwiese Eine der ersten Taten des Kabinetts Flandin war es, eine Regierungskommission unter dem Borsiz des Staatsministers Herriot einzusetzen die sich mit der Frage der Arbeitslosigkeit und der Beschäftigung von ausländischen Arbeitern befassen soll. Dieser Kommission gehören weiter Außenminister Raval, Innenminister Regnier. Landwirtschaftsminister Cassez und Arbeits­minister Jacquie an.

Diese Kommission hat nun ihre ersten Beratungen gehabt und dabei festgestellt, daß die Zahl der ausländischen Ar: beiter, die im Jahre 1932 etwa 1 500 000 betrug, heute mit 816 000 nur noch wenig mehr als die Hälfte ausmacht. Wir haben in der Deutschen Freiheit" bereits darauf hin­gewiesen, daß selbstverständlich in vorderster Linie das Recht des französischen Arbeiters auf Arbeit steht, d. h., erst dann ausländische Arbeiter Beschäftigung erhalten können, wenn in ihren Berufen feine Angebote von französischen Arbeits­fräften vorliegen. aber die Praris hat gezeigt, daß für eine ganze Anzahl von Berufen tatsächlich in Frankreich nicht genügend Bewerber unter den einheimischen Arbeitskräften vorhanden sind, daß weiter zahlreiche ausländische Spezial­

fchen Flüchtlingen, das Refoulement erhalten haben, über deren Charakter als politische Flüchtlinge gar kein Zwei­fel besteht.

Man mache sich auch einmal klar, daß den Mitgliedern des Pariser Gemeinderates erst dieser Tage ein Bericht ihres Kollegen Noel Pinellt zuging, aus dem hervorgeht, daß während des ganzen Jahres 1933 Paris einen Zugang von Ausländern in Höhe von 57 289 erhielt; davon waren 9785 Jtaliener, 9714 Deutsche , 7500 Polen usw. Die Deutschent machen also rund ein Sechstel der Gesamtzahl aus. Am Ende des Jahres 1933 aber zählte man überhaupt nur noch 7200 deutsche Flüchtlinge in der Seine hauptstadt; es waren also 2500 wieder abgewandert. Schon dieie Zahl beweist, daß es ein Irrtum ist, wenn immer wieder behauptet wird, daß gerade die deutsche Emigration die französische Arbeitslosig­feit erhöhe.

Tatsächlich gewinnt es den Anschein, als ob in letzter Zeit gerade die Deutschen in der Zuteilung von Refoulements eine wenig erwünschte Bevorzugung" erfahren. Frankreich war immer stolz darauf, daß es denen, die un­schuldig in ihrer Heimat verfolgt wurden, ein Asyl bot. Hoffen wir nur, daß die Ausländerkommission" der Regie­rung unter dem Vorsitz von Herriot eine gerechte Lösung findet, durch die die Schwierigkeiten derer. die wirklich Flüchtlinge sind, nicht noch mehr vergrößert werden

und Facharbeiter in der französischen Wirtschaft garnicht Aus der Zweiten Internationale

entbehrt werden können. Wir weisen auch darauf hin, daß wir eine ganze Anzahl von Fälle kennen, in denen Aus­länder in Freifreich nicht unerhebliche Kapitalien investiert haben und in ihren Unternehmungen ausschließlich oder fast ausschließlich Franzosen beschäftigen.

In neuerer Zeit ist man infolge der nach dem Marseiller Attentat in manchen Kreisen hier betriebenen Fremdenhezze dazu übergegangen, solchen Ausländern es handelt sich vielfach um Deutsche - die französischen Identitätspapiere wegzunehmen und ihnen das Refoulement, den Ausweis zu geben.

Manche haben in den legten Tagen die Aufforderung er halten, in ein bis zehn Tagen Frankreich zu verlassen. Werden diese Maßnahmen streng durchgeführt, so werden sie unseres Wissens feineswegs zu einer Verminderung der Arbeitslosigkeit in Frankreich beitragen. Eine ganze Anzahl Unternehmungen werden zusammenbrechen, weil das in ihnen investierte Kapital jest Hals über Kopf herausgezogen wird, und mit dem einen Deutschen den man aus dem Lande treibt, werden zahlloje Franzojen arbeitslos.

Die amtliche Zahl der Erwerbslosen wird mit 366 000 an­gegeben. Vielleicht kann sie verringert werden, wenn dieser oder jener Ausländer aus dem Arbeitsprozeß ausscheidet. Das kann aber nicht in summarischer Weise geschehen, weil dadurch aus aus den schon von uns geschilderten Gründen das Unheil nur noch vergrößert werden kann, dann aber auch, weil leicht namenloses Unglück die Folge davon sein fann.

Es ist uns bekannt, daß tatsächlich in den letzten Tagen eine Anzahl von Ausländern, jagen wir ruhig, von deut­

BRIEFKASTEN

Freunde in Zürich . Natürlich heißt der Herausgeber der Zeit­schrift Tie Aktion", de, en Ertlärung zugunsten des Saaraufrufs für den Status quo" wir in unserer Nummer 254 leider nur aus­zugsweise abdruden fonnten, nicht Frig, sondern Franz femfert. Unsere Zejer dürsten wohl ohnehin den ihnen bekannten Ramen førrigiert haben, aber wir berichtigen den Truckfehler dennoch, da mit nicht Böswillige den Druckfehler misdeuten können.

Sachfe. Sie teilen uns über das freiwillige" Winterhilfswerf in Dresden mit: Tie Straßenbahn steht an den Sonn- und Feier­tagen von den Fahrgästen bet Lösung eines einfachen Fahrscheines 2 Pig. und bei der Lösung eines Umsteigers 3 Pfg. für das Winter­hiffswerf ein. Auf diese Weise sind im Oktober rund 10000 M. zusammengekommen, was 2300 RM. mehr als im Oktober des vorigen Jahres war."

B. H. , Mezz. Ter von Ihnen eingesandten Zeitung entnehmen wir, daß der Berliner Oberbürgermeister Dr. Sahm dem preußischen Ministerpräsidenten Göring ein von Berliner Hand­werfern fünstlerisch gearbeitetes Schreibzeug als Ausdruck der be sonderen Verbundenheit der Stadt Berlin mit dem Chef der preußischen Staatsregierung überreichte. Bei der großen Schreib­arbeit, die dem Göring durch die Bestätigung von Todesurteilen crwächst, ist das Geschent recht sinnig. Uebrigens hat Sahm gleich= zeitig dem Goebbels eine fostbare Porzellanvase spendiert. Er wußte, daß man jedem der beiden Neidhammel etwas schenken muß, wenn man die Eifersucht zwischen beiden nicht reizen will.

Lorraine- Paris. Ihre Anregung ist ganz ausgezeichnet. Wir haben uns jojort mit der zuständigen Stelle in Verbindung gefeßt, die sic verwirklichen wird. Im übrigen: Tank für gute Wünsche.

Trier . Einer der größten Bischöfe der katholischen Kirche war der um das Jahr 340 in Trier geborene heilige Ambrosius. Als katho­lischer Bischof hatte er den Mut, offen und schlicht den Mächtigen dieser Welt entgegenzutreten, wenn sie durch ihre Taten die sitt­liche Ordnung gefährdeten und sich zu lebergriffen hinreißen ließen. Möge der Kaiser die Stimme des freien Priesters hören", hatte Ambrofius in einer Predigt Valentinian II. entgegengerufen, auf den gleichen Ton stimmte er, wie der Berliner Historifer Gaspar in seiner Geschichte des Bapittums berichtet, das erste Be­schwerdeschreiben an den mächtigen Katser Theodofius den Großen, der zum letzten mal es vermocht hatte, das gesamte römische Welt­reich unter seinem Zepter zu vereinen: Nicht Kaiserlich ist es, die Freiheit der Rede zu versagen, und nicht priesterlich, die eigene Meinung zu verschweigen; denn nichts macht Euch, Kaiser, io volks­tümlich und liebenswürdig, als daß Ihr die Freiheit liebt, auch bei denen, die euch militärischen Gehorsam schulden. Das unter­scheidet ja die guten und die bösen Fürsten, daß die guten die Frei­heit lieben, die bösen die Knechtschaft. Nichts ist auch dem Priester io gefährlich vor Gott , so schimpflich vor den Menschen als nicht frei die eigene Meinung zu sagen." Wir zweifeln nicht, daß Bischof Bornewasser zur Trier diese Stelle fennt und weiß, welche Pflichten der heilige Ambrosius der Stimme des freien Priesters auferlegte. Wann werden wir die Stimme des freien Priesters hören?

Freie Jugend, Saarbrücken . Ihr teilt uns mit, daß Euch u. a. Heinrich Mann wie folgt geschrieben hat: Die Zeitschrift freie Jugend" hat mich wirklich erfreut: das ist, was die Jugend erfahren muß. Die Gegenstände sind alle so dargeboten, daß junge Leute faum vermeiden können, weiter darüber nachzudenken. Nicht zu reden von den ergreifenden Enthüllungen. Alles ist verdienstvoll, manches vorzüglich, z. B. das Recht" der Jugend im dritten Reich" oder das besonders gute Gedicht von Weinert,"

Um die Einheitsfront

Havas verbreitet folgenden Bericht:

Am Schluß der unter Ausschluß der Deffentlichkeit ab­gehaltenen Sitzung des Erefutivfomitees der Zweiten Ins ternationale, in welcher zu der Einheitsfront Stel­lung genommen wurde, richtete dieses folgendes Schreiben an Cachin und Thorez : Während in Frankreich und in an­deren Ländern die Einheitsfront verwirklicht wurde, sind in Großbritannien , Holland , in den skandinavischen Ländern, in der Tschechoslowakei usw die kommunistischen Vorschläge ES zur Bildung einer Einheitsfront abgelehnt worden. bleibt daher jeder unserer Seftion freigestellt, in Aus­übung ihres Selbstbestimmungsrechtes für oder gegen die Einheitsfront zu entscheiden."

Indessen haben mehrere Delegationen in einer Rejo Intion ihren Wunsch ausgedrückt, daß auf Anregung der Zweiten Internationale neuerdings Bemühungen unter­nommen werden im Hinblick auf eine Einigung und eine spätere Fusion mit der kommunistischen In­ternationale. Die Resolution wurde unterzeichnet von den Delegationen Frankreichs , der Schweiz , Spaniens , Jta­Itens, Polens , Rußlands ( Sozialdemokraten) und Dester­reichs.

Literatur

Emil Ludwig : Führer Europas . Querido- Verlag, Amiter­dam. Es sind sehr verschiedenartige Persönlichkeiten, die Emil Lud­ wig in jeinem Buche porträtiert: Nansen, Masaryf, Briand , Rathenau , Motta, Lloyd George, Beniselos, Musolini , Stalin . In zahlreichen Partien spürt man, daß der Verfager sich an das Goethe- Wort gehalten hat, das auf, der Titelseite steht: Ein be deutendes Individuum weiß uns immer für sich einzunehmen, und menn mir seine Vorzüge anerkennen, so lassen wir das, was wir an ihm problematisch finden, auf sich beruhen." Emil Sudwig hat die Männer, die er uns da schildert, alle persönlich gefannt. Allerdings sagt er, daß er nur Majaryf, Mussolini und Rathenan in fnite­matischen Gesprächen studiert habe. Stalin sei der einzige der Targestellten, den er nur aus einer einzigen Unterredung fenne. Um so überraschender ist, daß gerade die Zeichnung Stalins ein­drudsvolle und originelle Züge zeigt und jedenfalls ein Gespräch mit dem kaukasischen Schusterssohn widergibt, das in seinen Hori­zonten und in seiner Klarheit sehr für die geistige Kraft und die beherrschte Energie des russischen Staatsmannes spricht. Freilich wird das im Wesentlichen doch skizzenhaft bleibende Bild Stalins weit übertroffen durch das vollendete Porträt, das Rudwig von dem tschechoslowakischen Staatspräsidenten Mafaryf liefert. Wer es noch nicht wußte, wird durch diesen Teil des Ludwigschen Buches davon überzeugt werden, daß große und größte Politik aus den Tiefen eines rein ethischen Charakters gestaltet werden kann und ein jolcher Charakter gerade in den politischen Kämpfen und Wechsel­fällen seine höchste Entwidlung erlebt. Daß Masaryk aus einer Lakaienstube zum Gelehrten, zum Parlamentarier, zum Diplomaten, zum Staatenschöpfer und zum Staatsoberhaupt emporstieg, ist noch nichts Besonderes, denn die Gegenwart ist an solchen Beispielen reich. Daß aber dieser, rauhe und steile Lebensweg nicht mit Lands­fnechtsmethoden erzwungen und auch an seinem Ziele nicht mit Rerfern und Morden befestigt wurde, macht ihn für die Gegen wart außergewöhnlich und in der ganzen Menschheitsgeschichte selfen. Es ist so, als stehe in dem greisen Majaryf die Figur eines hochkultivierten Politifers, eines lanteren Menschenfreundes vor uns, der in späteren reineren Zeiten nach dem Vorüberdonnern der noch vor uns drohenden Katastrophen die Regel in der Staats­führung bilden wird. In der Gegenwart können wir nur mit Staunen auf diese wahrhaft religiöse Erscheinung an der Spitze der tschechoslowakischen Republik blicken. Er ist als Staatsführer ein Phänomen, das seit Lincoln nicht seinesgleichen hat und sich in Höhen bewegt, hinter denen ausnahmslos alle regierenden und opponierenden Politiker der Welt weit zurückbleiben. Nur einer der von Ludwig geschilderten Männer hätte als Staatsmann Masaryk vielleicht nahe kommen können: Walter Rathenau . Indes lastete das schwere Geschick auf ihm, in einem Lande zu leben und zu wirken, dessen zur Herrschaft drängenden( und jetzt herrschenden) nationalistischen Kräfte den Politifer von Geist und großen euro­ päischen Konzeptionen ermorden ließen mit dem ihrer und ihrer Führer damals und jetzt würdigen Reim: nallt ab den Walter Rathenan, die gottverdammte Judensau". Es dürfte faum einen der jetzigen hohen und höchsten Würdenträger des Deutschen Reiches geben, der nicht einst diesen gemeinen Reim mit gleichgestimmten Spießgesellen begeistert gebrüllt hat. Masaryk residiert in Prag und Hitler in Berlin . In zwei Flugstunden ist die Entfernung zu überwinden. Legt man aber die Bilder der beiden Staatsoberhäupter nebeneinander, so scheint cs, als jähen uns Wesen von zwei ver schiedenen Planeten an, die durch Millionen Lichtjahre getrennt im Weltenraum schweben.

Für den Gesamtinhalt verantwortlich: Johann Big in Dude weiler; für Inserate: Otto Kuhn in Saerbrüden. Rotationsdrud und Verlag: Berlag der Wolfaftimme GmbH, Saarbrücken& Schützenstraße 5.- Echließfach 776 Saarbrüden,