Völker in Sturmzeiten
Völker in Sturmzeiten Nr. 76
Im Spiegel der Erinnerung- im Geiste des Sehers
Aus dem Zellengefängnis
Otto
von
Briefe aus bewegter, schwerer Zeit 1848-1856 Corvin
Zu den interessantesten Gestalten der Revolution von 1848 gehörte Otto von Corvin . Er wurde 1812 in Gumbinnen in Ostpreußen als Sohn eines Postdirektors geboren. 1830-35 diente er als preuBischer Leutnant erst in Mainz , dann in Saarlouis . Nachdem er seinen Abschied genommen, nahm der geistig vielseitig interessierte junge Mensch an den Bewegungen des Vormärzes lebhaften Anteil- als leidenschaftlicher Republikaner und Demokrat. 1848 kämpfte er in den Reihen der Aufständischen in 3aden. Im Mai 1849, als die Gegenrevolution die Oberhand gewann, verteidigte er als Bürgerwehroberst Mannheims die Stadt gegen die Preußen. Als Chef des Generalstabes suchte er dann die Festung Rastatt zu halten. Nach ihrer Uebergabe wurde er standrechtlich zum Tode verurteilt, kurz vor der Erschießung zu sechsjähriger Festungshaft begnadigt.
In seinen„ Erinnerungen" schildert er, wie diese Begnadigung eintraf, als schon alles für die Erschießung vorbereitet war. Diese sechsjährige Festungshaft hat er bis zur letzten Stunde abbüßen müssen. Er hat in diesen Jabren viel gelitten.. Aber liest man die Briefe, die er an seine Frau geschrieben hat, so wird man finden, daß der damalige Strafvollzug( für einen Rebellenführer, der mit der Waffe ergriffen wurde!) immer noch human war, verglichen mit den Zuchthäusern, Gefängnissen und Konzentrationslagern, in die achtzig Jahre später das ,, dritte Reich" seine Gesinnungsgegner sperrt. Wir veröffentlichen eine größere Anzahl der Briefe Corvins. Sie sind seinem längst vergriffenen, 1884 erschienenen Buche Aus dem Zellengefängnis" entnommen. Es sind menschliche Dokumente von tragischer Größe und mit bemerkenswerten Einblicken in die politische Situation nach 1848 darunter. Vor allem den Briefwechsel mit seiner Frau wird jeder Mitfühlende mit tiefer Anteilnahme lesen. on Corvin hat nach seiner Entlassung eine vielseitige schriftstellerische Tätigkeit ausgeübt. 1861 erschienen seine vierbändigen ,, Erinnerungen". Die Reihe seiner Geschichtswerke ist lang. Am bekanntesten ist er durch den Pfaffenspiegel" geworden, der in den weltanschaulichen Kämpfen der Vorkriegszeit eine gewisse Rolle spielte. Im Jahre 1886 endete sein reiches und abenteuerliches Leben. 5. Fortsetzung
Corvins Verteidigung vor dem Standgericht
( Ich erzählte nun, wie die Preußen Mannheim mit Granaten und glühenden Kugeln beschossen. Daß mir der nach einigen Minuten nach Käfertals zurückkehrende General den Oberbefehl über die Rheinfront und die Verteidigung von Mannheim übergab, das freilich gab ich nicht zu, sondern behauptete, mehr Zuschauer der Beschießung gewesen zu sein und hauptsächlich für die Sicherheit Mannheims ge: sorgt zu haben. Die Zivilzeugen mußten das bestätigen, allein daß ich den Oberbefehl gehabt hatte, konnte nicht bewiesen werden. Allerdings lag eine Note von meiner Hand vor, durch welche ich in der Nacht des 3. Tages dem Rat der Stadt, der angstvoll in Sitzung war, mitteilte, daß die Gefahr für jetzt vorüber sei, da ich die feindlichen Geschütze demontiert habe. Ich erzählte nun weiter, wie ich nach dem verlorenen Gefecht von Waaghäusel genötigt war, Mannheim zu verlassen; wie ich mit anderen auf dem Bahnhofe von der konterrevolutionären Bürgerwehr arretiert, aber wieder durch meinen Adjutanten Hauf befreit wurde. Ging mit den sich zurückziehenden Truppen nach Rastatt . Hatte kein Kommando. Wohnte den Gefechten um Rastatt nicht bei. Wollte nach Freiburg , um meinen Ahschied zu nehmen. Wurde durch Zufall in der Festung mit eingeschlossen. Genötigt, die Stelle als Chef des Generalstabes und die Verteidigung zu übernehmen.- Wurde nach der Schweizer Grenze abgeschickt, um das Ende unserer Armee zu konstatieren. Vermittelte endlich die Uebergabe. Mittel zur Flucht wurden mir geboten. Verschmähte sie. Man versprach, uns als Kriegsgefangene zu behandeln usw. Alles das, was in meinen„ Erinnerungen" Band 3 enthalten ist, erzählte ich. Natürlich richtete ich meine Erzählung ein, wie es zu meiner Verteidigung paßte, d. h. ich war bemüht, das was zu meinen Gunsten sprechen konnte, mehr hervorzuheben als meine wirkliche Tätigkeit. Damit fertig, fuhr ich fort:)
,, Sie sehen, meine Herren, daß ich weder zu den Urhebern noch Leitern dieser unglücklichen Revolution gehöre und in derselben, trotz meines höhern Ranges, der mir aufgenötigt wurde, darin nur eine verhältnismäßig untergeordnete Rolle gespielt habe; daß ich nur durch Zufall verhindert wurde, mich schon früher davon loszusagen und daß ich die Zeit, während welcher ich gebunden war, dazu anwandte Böses zu verhindern. Ich habe dem Großherzog von Baden keinen Eid der Treue geleistet, also keinen gebrochen. Wenn ich mich den Aufständischen anschloß, so geschah es zur Verteidigung der vom deutschen Parlamente gegebenen und von Baden angenommenen und beschworenen Verfassung. Ich habe dem Großherzoge durch meine Tätigkeit keinen Schaden zugefügt; im Gegenteil, ich habe verhindert, daß dies im größeren Maße geschah. Ohne mich wäre Mannheim ein Raub der Flammen geworden und Rastatt vielleicht ein Schutthaufen. Meine Herren, ich bin zu Ende. Ich weiß nichts mehr zu sagen und fühle nur zu gut, daß ich das, was ich sagte, unter andern Umständen überzeugender und besser gesagt haben würde; allein während meines ganzen Vortrages umflorte ein sehr schmerzlicher Gedanke meinen Geist. Vor meinen Augen sah ich beständig das kummerbleiche Gesicht meiner alten Mutter, die von Tränen erlöschten Augen einer geliebten, verzweifelnden Gattin, die in diesem schweren Augenblicke mit tausendfacher Todespein im Herzen auf ihren Knien liegt und die Gnade des Allgütigen auf mein Haupt herabfleht.
Sie, meine Herren Richter, verwalten in diesem Augenblick ein göttliches Amt; möchte mit demselben nicht allein ein Funken göttlicher Weisheit, sondern auch göttlicher Milde in ihr Herz gefallen sein. Ich bin zu Ende. Richten Sie mich gnädig und milde, so gnädig und milde, wie Sie wünschen, einst vor dem Throne des Allmächtigen gerichtet zu werden." Frau von Corvin an ihren Mann!
Mein geliebter Otto!
sein, wenn
Da sitz' ich nun einsam und allein und könnte doch bei Dir doch ich will nicht klagen, hab' ich doch mehr Glück in diesen letzten zwei Tagen empfunden, als ich hoffen konnte. Nochmals zu dem Major( v. Welgien) zu gehen und dann wieder hinaus zu den Herren Offizieren es fehlen mir Mut und Kraft dazu; ich vermag es nicht. Doch willst Du es haben, so laß mir es durch den Aufwärter sagen,
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Freitag, 23. November 1934
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DU
Uhr erfuhr ich, daß das Urteil zur Bestätigung nach Karls ruhe müsse, weil das Todesurteil nicht einstimmig gewesen sei und erst seit wenigen Tagen die Bestimmung getroffen war, daß in solchem Fall die Bestätigung eingeholt werden müsse. Am Sonntag soll eigentlich niemand erschossen werden und so hoffte ich bis Montag früh Gelegenheit zur Flucht zu haben. Helene hatte schon Ales vorbereitet. Sie blieb durch die Freundlichkeit der wachthabenden Offiziere bei mir im Gefängnis. Einige Stunden lang hatte ich Hoffnung auf Flucht, denn auf Karlsruhe gar nicht. Jede Hoffnung ward mir aber genommen, als zwischen 11 und 12 Uhr der Offizier herein trat und mir sagte, meine Frau müsse sich um 3 Uhr entfernen, da um 4 Uhr Alles zur Exekutive fertig gemacht sei. Ich war sehr gefaßt. Ich habe sogar einige Stunden geschlafen. Um 3 Uhr ging Helene. Erlaß mir den herzzerreißenden Abschied zu schildern, allein sie war nichts weniger als weibisch.- Als sie fort war, wechselte ich die Wäsche, legte mehrere kleine Andenken zurecht, steckte mir eine Zigarre an, und erwartete den Platzmajor. Gegen 4 Uhr trat er herein. Ist es soweit meine Herren?" fragte ich. Nein, rief mein Advokat, der mit hereingetreten war, ich bringe bessere Nachrichten. Genug, man hat das Todesurteil in eine Freiheitsstrafe verwandelt, deren Länge und Härte ich noch nicht kenne. Helene wird es Dir mitteilen. Die einzige Stimme, die mir das Leben rettete, war die des Feldwebels im Standgericht das nur aus sieben Personen besteht. Heute werde ich wohl an meinen neuen Bestimmungsort abgehen. Lebe wohl, gute Mutter und habe Dank für Deinen Brief, den ich bei den Akten gesehen habe; er ist von Friederikens Hand geschrieben. Hast Du etwas Geld, oder kannst Du etwas anschaffen, so schicke es Helene. Tue es mir zu lieb. Ich kann erst in einigen Wochen Geld bekommen. Hier durfte ich nichts drucken lassen. Grüße den Vater und die gute Schwester recht herzlich und schreibe bald Deinem geretteten Sohne
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Otto.
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dann überwinde ich die Aengstlichkeit. Du weißt es ja, was ich Dir zu lieb vermag. Doch findest Du mit mir zugleich besser, daß ich schnell abreise, dann laß mich noch Alles wissen, was ich tun soll. Das kleine Blättchen für Fr. J., welches Du geschrieben, muß in der Mappe, oder auf dem Fenster liegen geblieben sein; schicke es mir und schilt mich ,, Alle Todesqualen scheinen mir leicht... nicht über meine Nachlässigkeit, denn ich bin ja nicht bei Dir und kann Dir nicht den Mund mit Küssen verschließen. Leb wohl mein Herz. Mir ist, als wäre ich nur halb seit dem ich getrennt von Dir bin. Was wird es noch werden, wenn wir Wochen, Monate und ewig lange Jahre getrennt leben müssen! Ich will nicht so schreiben, ich mache Dir das Herz schwer und mir doch nicht leichter. Es muß getragen werden. Nun, wir werden Beide den Mut dazu haben. Es kann ja nicht von uns geändert werden. Soll ich an Kusel schreiben?
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Man
Später. 7 Uhr abends. Gute Nacht mein süßes Lieb. Könnte ich doch dieselbe an Deiner Seite, auf dem harten, elenden Lager, welches wahrlich für jeden Hund zu schlecht ist zubringen, anstatt hier in meinem weichen, guten Bette. sagt, der Platzmajor soll abgesetzt sein, weil er Dir voreilig Deine Begnadigung angekündigt habe! In der Karlsruher Zeitung steht bereits, daß Du zum Tode verurteilt und zu doch das ist Jourzehn Jahre Zuchthaus begnadigt seist, nal- Geschwätz. Gewisses weiß man nicht.
Corvin an seine Mutter
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Meine liebe gute Mutter! Meinen ersten Brief wirst Du erhalten haben. Ich beeile mich jetzt Dir zu schreiben, damit nicht durch die Zeitungen Dir falsche und erschreckende Nachrichten zukommen. Am 15. wurde über mich Standgericht gehalten. Ich selbst verteidigte mich und gewann dadurch die Teilnahme der dichtgedrängten Zuhörer. Sämtliche Zeugen, die gegen mich aufgestellt waren, sagten alle etwas zu meinen Gunsten. Die Verteidigung meines Advokaten, Dr. Kusell von Bruchsal , war meisterhaft und wir alle erwarteten ein mildes Urteil, obwohl der Staatsanwalt, der an jenem Tage sich in Nichtswürdigkeit erschöpfte, auf die Todesstrafe angetragen hatte.. Gegen 2.30 Uhr nachmittags zog sich das Gericht zurück. Als es nach langer Beratung wieder in den Saal trat, kündigte mir der Präsident an, daß ich mit fünf gegen eine Stimme, die des Präsidenten nicht gezählt, zum Tode durch Erschießen verurteilt werden solle. Schon vorher hatte der Staatsanwalt gesagt, General v. Gröben habe sich für mich verwendet, aber vergebens; nun kündigte man mir noch an, daß gegen das Urteil kein Gnadenrecurs, keine Apellation noch irgend ein Rechtsmittel stattfinde. Ich glaubte also nun meine politische Meinung mit meinem Tode besiegeln zu müssen.
Ich
Helene war in Rastatt . Sie hatte sich die unsäglichste Mühe gegeben, etwas für mich zu bewirken. Fünf Mal war sie hier und seit mehreren Wochen stets unterwegs, um mit den Generalen zu reden. Noch am Tage des Gerichts stürmte sie dem Großherzog in Karlsruhe förmlich das Schloß. Sie sprach jedoch nur den Geheimsekretär. Um diese Reisen möglichst zu machen, hat sie Alles versetzt was sie besaß und ist nun arm wie eine Kirchenmaus, da sie mir auch noch Geld ins Gefängnis schickte. Jetzt habe ich erst recht wieder erkannt, welchen köstlichen Schatz ich an Helene besitze. ward um 3 Uhr in ein anderes Gefängnis gebracht, denn um 6.30 Uhr sollte ich erschossen werden. Helene und ihr Bruder kamen zu mir; letzterer mußte gehen, da er sich nicht fassen konnte. Ich suchte Helene zu trösten; sie zeigte sich meiner würdig. Auf dem Wall standen unendlich viel Menschen, besonders Soldaten, die mich durchaus sterben sehen, wollten. Ich glaube, es hätte eine Emeute unter den Soldaten gegeben, wenn ich erschossen wurde, denn alle hielten das Urteil für zu hart und nahmen großen Teil an mir. Etwa nach sechs
Drittes Reich
..Da reiten sie hin! wer hemmt den Lauf?" Wer reitet denn? ,, Stolz und Unwissenheit." Laß sie reiten: da ist gute Zeit! Schimpf und Schade siten hinten auf!
( Goethe)
Streichers Publikum
Gern hören wir allerlei gute Lehr. Doch Schmähen und Schimpfen noch viel mehr!
( Goethe)
Meine liebe, teure Helene!
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Nur weil ich es Dir versprochen habe, schreibe ich Dir. Am liebsten wünschte ich, daß Niemand etwas von mir erführe, auch selbst Du nicht; denn könntest Du in mein Inneres sehen, Du würdest vor Weh vergehen! Seit wir uns kenmen, bin ich in mancher traurigen Lage gewesen, von manchem Unglück heimgesucht worden; ich habe Alles standhaft ertragen. Du hast gesehen, wie ich mich heut vor acht Tagen zum Tode vorbereitete, wie ich ihm mit Fassung entgegen ging, wie ich selbst meine Errettung standhaft ertrug, obwohl ich wußte, daß sie Dich so glücklich machte. Alle die Schicksalsschläge, die mich in der letzten Zeit betroffen haben, müssen aber entweder meinen Verstand geschwächt haben, oder das gegenwärtige Unglück, welches auf mir lastet, muß wirklich entsetztlicher sein, als Alles was mich bisher betroffen hat. Alle Todesqualen scheinen mir leicht gegen die Seelenfolter, der ich hier ausgesetzt bin. Ich muß alle Liebe zu Dir mir recht lebhaft vergegenwärtigen, um nicht zu beklagen, nicht erschossen worden zu sein. Stumpfsinn, Wahnsinn,-- kurz Bewußtlosigkeit würde mir jetzt als ein großes Glück erscheinen. Ich beneide die elenden Diebe und Mörder, mit denen ich zu verkehren genötigt bin, denn sie haben kein Gefühl für die Qualen, die ich empfinde; für sie existieren diese Qualen nicht. Ich sage nichts, ich beklage mich nicht, weil ich nicht zu reden vermag, weil ich beständig Mühe habe die Tränen zu unterdrücken. Bei unserer Liebe, Helene, beschwöre ich Dich, laß kein Mittel unversucht, welches eine Aenderung meines Schicksals herbeiführen könnte. Sobald Du kannst, gehe zum Grafen Gröben. Schreibe an den Herzog v. G. und an die Herzogin besonders; auch an die Herzogin Marie. Frau v. Wangenheim ist Dir gewiß gern behilflich. Ich erbitte nur Verwandlung in Festungsarrest, denn diese Gemeinschaft, in der ich hier als Gleichgestellter lebe, ich nicht zu ertragen. Der Herr Direktor Speigler war so freundlich, mir einige Erleichterungen zu versprechen und sie werden auch eintreten; allein die empfundenen Eindrücke kann kein Mensch ungeschehen machen. Besuchen darfst Du mich alle zweite Dienstage im Monat. Sobald Du hierher kommst, mache dem Herrn Direktor Deinen Besuch.
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Als ich Dich an der Eisenbahn verließ, brachte man mich in das neue Zellengefängnis; ein schreckliches Gebäude! Man wies uns mich und einen Artilleristen in das alte Zuchthaus. Nachdem man uns dem Herrn Direktor vorgestellt hatte, schickte man uns in einem besonderen Zimmer zu Bette, denn erst am 21. Freitag sollte ich eingekleidet werden. Der Herr Direktor hatte mich bereits auf diese schreckliche Zeremonie vorbereitet, allein ich kann Dir sagen, Totschießen ist nichts daregen. Man schnitt mir mein Haar ganz kurz ab, ebenso rasierte man mir den Bart. Dann zog man mir meine Kleider aus und gab mir die der Sträflinge. Ich behielt nichts, was mich an eine bessere Zeit erinnerte, nicht einmal Hemd und Taschentuch. Dann wurde ich in den Arbeitssaal gebracht und muß jetzt Wolle spinnen! Was ich Dir hier erzähle, füllt zwar nur vier Zeilen; allein es liegt ein unermeßliches Weh darin. Ich schäme mich, daß ich die Schmach überlebt habe. Der Herr Direktor hat mich freundlich getröstet; er hat mir Hoffnung gemacht, daß ich wieder meine eigenen Kleider anlegen und mich mit literarischen Arbeiten beschäftigen darf. Besuche mich lange nicht; ich mag Dir nicht die Qual machen. Die Strafe für uns ist gräßlich! Das Haarabschneiden usw. und Einkleiden ist für den gewöhnlichen Sträfling Diebe, Vagabunden usw. durchaus nichts Schmerzliches. Bei ihm ist es eine einfache Maßregel der Reinlichkeit, was uns eine tortur ist. Schreibe mir auch nicht, wenigstens jetzt noch nicht; ich würde alle Fassung verlieren, sähe ich einen Brief von Deiner Hand. Hast Du aber etwas durchaus Nötiges zu melden, so schreibe es Dr. Kusel, oder noch besser dem Herrn Direktor Speigler.• Handle, weiter kann ich Dir nichts zurufen. Ich will unterdessen Alles zusammen nehmen, was mir das entsetzliche Schicksal der letzten Zeit noch von moralischer Kraft übrig gelassen hat. Lebe wohl meine Helene und wenn Du auch lebe wohl. Dein Otto. ( Fortsetzung folgt.)
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