Der Fall Rakosi

Hitlerdeutsche Methoden

Soeben ist aus Budapest   der Pariser   Anwalt Marcel Willard zurückgekommen, der im Auftrag der Inter­nationalen Juristischen Bereinigung bei den ungarischen Behörden für den nach Verbüßung einer achteinhalbjährigen Zuchthausstrafe widerrechtlich weiter in Haft gehaltenen früheren Volkskommissars Rafosi intervenierte. Als Er­gebnis dieser Reise liegt nun ein Bericht Willards vor, aus dem hervorgeht, daß der Fall Rafosi vom Standpunft der in allen zivilisierten Ländern geltenden Rechtsgrund­sätze einen verschlimmerten Fall Torgler   darstellt. Rakosi  wurde nach der Verbüßung einer achteinhalbjährigen Zucht­hausstrafe im Zuchthaus Szegedin   nicht freigelassen, jon= in das Budapester

bern am 24. April d. is gebracht. Dort hat

Untersuchungsgefängnis  man ihm eröffnet, daß er weiter in Haft bleibt, weil gegen ihn eine neue Anklage vorbereitet wird. Diese neue An­flage, berichtet Willard, ist, obwohl seither wieder sieben Monate vergangen find, bisher nicht fertiggestellt. Man will dieselben Tatsachen, die zur ersten Verurteilung füh= ten, nochmals aufrollen, um darauf eine neue Auflage zu stützen. Das ist ein so einzigartiges Vorgehen, daß die Internationale Juristische Vereinigung gegen diese viel­fache Verletzung der in der ganzen Welt geltenden Grund­säße des Strafrechts energisch gegen das Verhalten der ungarischen Justizbehörden protestiert.

Der Fall Rakosi   ist ein Fall der Rachejustiz. So viele Fälle des Justizterrors auch gegenwärtig die Oeffentlichkeit erregen, so darf trotzdem die ungarische Nachahmung des deutschen   Beispiels nicht unbeachtet bleiben.

Die Juden im Reich

Der Gießener Anzeiger" vom 6. Nov berichtef über eine Rede des Gießener Oberburgermeisters Ritter in einer Versammlung der NSDAP.  , in der er sich u. a. mit der Judenfrage beschäftigte. Der Redner führte hierbei aus:

OMA

Göring prüft Richter

h]-abond 13

Was ist deutsche Rechtsquelle?

Der Reichstagsbrand vom 27. Februar Was ist die größte deutsche Rechtstat? Der 30. Juni 1934.

Was ist Rechtssicherheit?

Die Sicherheit der Nazis vor dem Recht.

" Viele sagen, wenn der Nationalsozialismus   die Juden= frage nicht aufgerollt hätte, wäre es besser für uns, dann hätten auch die Juden mit Ja gestimmt. Wir lehnen das ab. Die Judenfrage ist eine Frage von elementarer Lebensnot­wendigkeit, von so großer Bedeutung für das deutsche   Volk, daß sie durchgeführt werden muß bis zur letzten Konsequenz. Die Juden, die an eine Aenderung in der Haltung des Natio= nalsozialismus glauben, sollten sich vor Augen halten, was der Führer" fürzlich wieder gesagt hat: Es kann für uns Schwierigkeiten geben und Hindernisse, aber niemals Kapi­tulation." Wir fapitulieren nicht, wir werden diesem Gegner den wir den Sieg erkämpfen... Nachdem der Nationalsozia­lismus die Judenfrage aufgegriffen hat, wird diese Frage nicht in Deutschland   gelöst werden, sondern nur international. Es ist die Pflicht der deutschen Menschen, der Welt die Augen darüber zu öffnen, denn der Jude ist die Geißel der Menschheit. Dabei soll nicht verkannt werden, daß es auch manchen an= ständigen Juden geben kann, aber sie haben alle denselben Ursprung. Bei dieser Betrachtung sollte sich jeder deutsche  Volksgenosse sagen lassen: Wenn dir dein deutsches Bolk fieb ist, dann unterstüße auch beim Einkauf die deutschen Volks­genossen. Die deutschen Menschen aller Stände müssen zu­sammenstehen und zusammen arbeiten einer für den an­deren, da sie alle aufeinander angewiesen sind. Wir können nur dankbar dafür sein, daß bei uns in Deutschland   die Massenfrage so durchgeführt wird Deshalb wird die Juden­frage in Deutschland   durchgeführt bis zum äußersten. Wenn wir unser Volf in der Raise sauber halten. dann wird auch unser Weg als Staat wieder aufwärts führen."

Korrupte Hitlerbonzen

ins Auge schauen, und im Vertrauen auf unser Recht wer Die tägliche Liste

*

In der Allgemeinen Viehhandels- Zeitung" vom 9. 11. erschien eine Bekanntmachung der Viehhändler= vereine für den Reg.- Bez. Minden und das Land Lippe e. V., in der ein Todesfall aus dem Kreise der Mitglieder bekannt= gegeben wird. Im Anschluß hieran heißt es:

Den durch diesen Todesfall fällig gewordenen Sterbe­geldbeitrag von 6 RM für arische und von 10 RM. für nichtarische Mitglieder rufen wir hiermit zur Zahlung auf."

Die braune Hausdame

Vernünftige Richter und ein vorsichtiger Ober­staatsanwalt

In einer interessanten Entscheidung des Landesarbeits­gerichts Breslau   wird seigestellt, daß die Anzeige einer politisch zu mißbilligenden Aeußerung eines Familienmit gliedes im Familienfreie durch die Hausdame als Ver­trauensbruch einen wichtigen Grund zur sofortigen Ründi­gung bilden fann. In der Entscheidung wird ausgeführt, daß die urdeutsche Auffassung vom sittlichen Wesen des Ar­beitsverhältnisses, die im Gesetz zur Ordnung der nationalen Arbeit   zum Ausdruck komme, in noch weit höherem Maße für die dienstrechtlichen Beziehungen im Schoße der Familie gefte, wo engite Haus- und Tischgemeinschaft erhöhte Rück­sichtnahme und vertieftes Wirfen zum Wohle dieser Urzelle menschlicher und staatlicher Gemeinschaft erforderten. Die klagende Hausdame habe an einer angeblich bei Tiich ge= fallenen Aeußerung eines Familienmitgliedes, der sie reaf­tionäre Gesinnung entnahm, Anstoß genommen und ohne

Man schreibt uns aus dem Ruhrgebiet  :

Ein Beamter des Gelsenkirchener   Wohlfahrts: amtes fuhr zusammen mit einer jungen Nazirike, die auf dem gleichen Amt angestellt war, in fröhlicher 3weisamkeit nach dem Schwarzwald  . Es sollten Kinderheime besichtigt werden, um erholungsbedürftige Kinder armer Gelsen firchener Arbeitslosen unterzubringen. Die Herrschaften amüsierten sich in neudeutscher Sittlichkeit mit Rassenver­edelung in den teuersten Hotels, und der Kavalier ver= brauchte üppigst die ihm anvertrauten Wohlfahrtspelder. Der Volksgenosse" wurde zu einigen Jahren Gefängnis verurteilt.

Nebenzimmer frank liegenden Ehemann durch Arthiebe und die Frau durch Revolverschüsse. Nachbarn mußten den Unhold. bändigen. Er erhielt zwei Jahre Gefängnis.

Die Nazis versuchen den schlechten Eindruck zu verwischen, indem sie still und leise die wegen nationaler Unzuver­lässigkeit herausgeworfenen Marristen zur Wiederaufnahme der ehrenamtlichen Wohlfahrtspflege veranlassen. Dabei wird sogar ein Druck zur Wiederaufnahme des Amts aus­geübt. Freiwillig haben die Genossen und Genoffinnen natürlich feine Lust, mit den Nationalsozialisten zusammen zuarbeiten und ihnen den Karren aus dem Dreck zu ziehen. Außerdem werden die wirtschaftlichen Verhältnisse immer schlechter, die Stimmung der Menschen wird immer ver­zweifelter. Es ist unter diesen Umständen keine Ge­nugtuung, Wohlfahrtspfleger zu sein, die Ausbrüche der Verzweiflung über sich ergehen zu lassen und dem Staat ders deutschen Schande Hilfe zu leisten.

Die Häuserverwaltung des Volkswillen" in Gelsen­firchen ging wie bei allen sozialistischen   Einrichtungen in nationalsozialistische Hände über. Der neue Verwalter, der auch mit der Winterhilfe und anderen Wohlfahrtsaufgaben zu tun hatte, unterschlug ihm anvertraute Wohlfahrts­gelder und die von ihm eingezogenen Mieten. Als es ihm Er fällt unter die Amnestie zu heiß wurde, entnahm er dem Geldschranf weitere 6000,--­Mark Wohlfahrts- und Mietsgelder und ging in die Emi­gration brauner Krimineller". Von Prag   teilte er per Post­farte mit, daß es ihm gut gebe, man brauche sich um ihn feine Sorge machen. Er hat sich von dem geflanten Geld ein Bigarrengeschäft gekauft.

In einem Gelsenkirchener   Wohlfahrtsbezirk wurden für einen katholischen Reftor und einen sozialdemokratischen Funktionär zwei Nazis Wohlfartspfleger. Die eine Zierde des Dritten Reiches   war des Schreibens und Lesens so gut wie unfundig. Ter alte Kämpfer" mit Stuhlbeinen fonnte nicht einmal einen Antrag ausfertigen und war außer stande, die einfachste schriftliche Arbeit zu leisten. Nach vielen vergeblichen Versuchen mußte er, der ein Spottartikel des Wohlfahrtsamtes war, ausgeschaltet werden. Sein mit ihm in das öffentliche Leben gestellter Kamerad war gefährlicher. Er war ein Unhold und mißbrauchte sein Ehrenamt als Wohlfahrtspfleger zu Gewaltaften und unfittlichen An­griffen gegen von ihm zu betreuende Frauen. So erschien er in der Wohnung eines Fürsorgeempfängers seines Be­zirfs in total besoffenem Zustande. Die Frau, mit der er zu verhandeln hatte, versuchte er zu ver= gewaltigen. Sie setzte sich zur Wehr und schrie um Hilfe. Der Unhold brüllte: Na, warte, ich fomme gleich mit dem Revolver zurück" und verschwand. Nach einigen Minuten war er tatsächlich zurück und verletzte den im

Wiffen des Hausvaters dem Voracießten dieses Familien Hasen und Fasanen

mitgliedes im SA.- Dienst davon Mitteilung gemacht. Nicht jedes harmlose Tischgespräch im engsten Familienkreise, wo jede vorübergehende Mißstimmung oder Verärgerung fich gelegentlich ausschwinge, jei für Außenstehende bestimmt, die etwa geneigt seien, abgerissene Gesprächsfeben auf die Gold­waage zu legen und ihnen hochpolitische Bedeutung beizu= messen. Die Beweisaufnahme habe ergeben, daß die Meldung belangloies erede betraf Die Klägerin habe leichtfertig ihre hohe Pflicht der Fürsorge und Trene für eine Familie, beren gedeihlichem 3nfammenleben sie in einer Vertrauens stellung zu dienen hatte aufs schwerste verleßt, um unbe gründete Angebereizutreiben. Die fristlose Rün­digung wegen aroben Vertrauensbruchs sei in diesem Falle durchaus berechtigt gewesen.

Weihnachtsbraten des deutschen Erwerbslosen

Zu dem Aufruf des Reichsjägermeisters über die Betei ligung der deutschen Jägerschaft am Winterhilfswerk 1934-35  hat der preußische Ministerpräsident als Leiter der Landes­forstverwaltung einen Erlaß an die Landforstmeister ge­richtet. Er bringt darin den Aufruf des Reichsjägermeisters zur Kenntnis und bestimmt für die preußischen Staats­forsten, daß in der Woche vom 9. bis 15. Dezember der Hauptabschuß des zum Abschus freigegebenen Wildes er= folgen soll. Den einzelnen Revierverwaltern wird es zur besonderen Pflicht gemacht, daß von den Staatsrevieren in der genannten Winterhilfswoche Wildbret in so umfang reicher Zahl an das Winterhilfswerk zur Ablieferung ge­fung und Hilfe für die armen Volksgenossen erzielt werde. Die Staatsreviere haben, wie der Ministerpräsident be­stimmt, beispielgebend in der Aktion voranzugehen. Der

Aus Köln   wird berichtet:

Einen unerwarteten Ausgang nahm ein Strafprozeß, in dem der Angeklagte, der eine propagandistische Funktion im zivilen Luftschuß auszuüben hatte, wegen Unterschlagung angeflagt war. Der Angeklagte hatte den Vertrieb der Beitschrift Sirene" übernommen. Bei der Abrechnung er­gab sich ein Fehlbetrag von etwa 960 M. Jufolge einer geflagten angeblich einige Zeit unbekannt geblieben, und er Organisationsänderung war die Verrechnungsstelle dem An­verbrauchte von den eingenommenen Geldern den Betrag, der ihm als Provisionssatz vermeintlich zustand. Der Staatsanwalt erblickte in diesem Verhalten eine volfs= schädigende Untreue nach§ 266 Abs. 2 StGB. und beantragte eine Zuchthausstrafe von einem Jahr und vier Monate. Das Gericht sprach sich indessen für eine Bertagung aus, und verfügte die Saitentlassung des Angeklagten bis zur weiteren Verhandlung, in der neue Zeugen vernommen werden sollten.

Auch in der zweiten Verhandlung hielt der Staatsanwalt an seiner Anklage feit und beantragte eine Mindeststrafe von einem Jahr Zuchthaus bei Erlaß eines Haftbefehls. Das Gericht vertrat jedoch die Auffassung, daß dem Ange­flagten eine Werbeprovision zugestanden habe und daß in diesem Zusammenhang nur eine Unterschlagung von 300 bis 400 RM. vorliege. Hierfür fäme höchstens eine Be­strafung von sechs Monaten in Frage, die unter die Ame nestic falle. Das Verfahren wurde infolgedessen eingestellt. Dafür werden Idealisten, die ihrer sozialistischen Weber­zeugung treu bleiben, auf Jahre ins Zuchthaus gesteckt.

Das le'z'e Hemd vom Leibe Aus einem Deutschlandbericht:

In mittelständischen Handwerkerfreisen wächst die Unzufriedenheit mit dem Regime ständig. Alit Pgs. aus diesen Streisen geben selbst zu: Die ziehn uns noch das letzte Hemd vom Leibe. Starke Unruhe herrscht gerade in diesen Kreisen wegen der jetzt bereits spürbaren knappheit verschiedener Artikel, wie bestimmter Seifenforten, Kontingentierung der Metallieferung die Werke, Schwierigkeiten im Tuchgroßhandel wegen Lieferungen im nächsten Frühjahr.

Zu dieser Entscheidung führt Oberstaatsanwalt langt, daß damit auch tatsächlich eine einschneidende wiKeine Bevorzugung"

Dr. Krug vom Reichs- und preußischen Justizministerium in der Deutschen Justiz" aus, daß durch die Entscheidung selbstverständlich die Pflicht, einen staatsfeindlichen

menichen unica 5 lich zu machen und staatsfeindliche Aeußerungen oder Handlungen zur Verfolgung zu bringen, wo auch immer man hiervon Kenntnis erlange, in keiner Weise berührt werde. Mit Recht habe sich aber das Gericht gegen ein Angebertum gerichtet, das leichtfertia, egoistisch eder aus fonitigen unzulänglichen Gründen Anzeine er= tattet. 8 17rteil fei als ein gutes Beispiel arzuiehen, mente eine affeine Vertreanne der Getafen Urteils auf andere Fälle zu vermeiden sein werde, da die entschiedene Frage in jedem Falle besonders gelagert sein merde.

Ministerpräsident betont ausdrücklich, daß sämtliche wild, also auch Niederwild( Dafen, Fasanen usw.) zur Ablieferung gelangt. Er schließt mit der Feststellung, daß mit dieſem Schritt die preußische Landesfortverwaltung ihre engste Ver­bundenheit mit der nationalsozialistischen Volksgemeinschaft beweise.

Es ist demnoch nicht daran zu zweifeln, daß die deutschen Arb iter, vor allem die Grive: oslosen, zu Weihnachten Hasen und Fasanen speisen werden.

Nur die Nazibonzen, besonders aber Lametta- Hermann, werden darben.

Wenn ,, alte Kämpfer" befördert werden

Der Staateretär im Reichspostministerium, Dr. Ohne

ſorge, bat vor eamten Ausführungen zur Vorrang- Beför= derung der alten Kämpfer bei der Deutschen Reichspoſt ge=

macht, die zugleich die grundsägliche Notwendigkeit dieser Aftion begründen. Der Staatssekretär erklärte, daß für die Förderung der nationalsozialistischen Ziele eine Organisation notwendig fei, die in der alten, bürokratisch aufgebauten Form der Deutschen Reichspost nicht gegeben war und die erst geschaffen werden mußte. So fei es zu den Vorrang­Beförderungen gefommen, die durchaus feine Be= vorzugung darstellten, sondern eine staats politische Notwendigkeit