13. Für DEUTSCHLAND   gegen HITLER  

JANUAR

Was ist Sozialismus?

Die deutsche   Saarstunde sagt es

Da hat man nun bisher geglaubt, Sozialismus sei ein gemeinnüßiges planmäßig geordnetes Wirtschaftssystem, eine hochkultivierte flaffenlose Gesellschaftsordnung, ein nach höchsten Erziehungsidealen strebendes Menschentum.

Wie hat man sich geirrt! Wie schwer haben sich ein Jahr­hundert Denker aller Wissenschaften, Ethiker und Religions philosophen das Leben gemacht, indem sie Wege und Ziele des Sozialismus zu erforschen trachteten. Adolf Hitler   und die Seinen erfanden dafür den Sozialismus der Tat", den man in früheren liberalistischen, marxistischen oder auch christlichen Zeitaltern einfach Wohltätigkeit und Almosen nannte, und schon war der Sozialismus in Deutschland   ver­wirklicht.

Verzerren wir? Uebertreiben wir? Nein!

Was bot uns zum Beispiel am Donnerstagabend die Saarstunde! Sie brachte irgend einen in jeder Beziehung ungeschulten Arbeiter von der Saar   an das Mikrofon, und da mußte er erzählen, daß und wie er in Deutschland   den Sozialismus gefunden habe, den es sonst in der Welt nicht gäbe, am wenigsten aber im Saargebiet.

Der gute Junge, von Suggestivfragen des Ansagers ge­führt, erzählte also, daß er mit einem Trupp saarländischer Erwerbsloser nach Deutschland   eingeladen und dort bei einem, besseren Beamten"( wörtlich) als Gast einquartiert worden sei, und das sei doch Sozialismus.

Für noch mehr Sozialismus aber hält es dieses Pracht­exemplar eines saarländischen Arbeiters, daß dieser bessere Herr" sich sogar mit ihm unterhält, als wäre er seines= gleichen. Das ist dem guten Jungen, wie er stotternd vor­trug, bisher nicht vorgekommen, und davon ist er so be­glückt, daß er auf wiederholte dringende Frage bestätigt, in Deutschland   sei der Klassenfampf abgeschafft, weil es feine Klassengegenfäße mehr gebe:

Nichts gegen diesen armseligen Burschen von der Saar  , dem die hitlerdeutsche Propaganda nicht um seinetwillen, sondern um ihrer Saarangst willen ein paar gute Tage verschafft hat! Er steht aber unter dem geistigen und moralischen Niveau des kämpfenden Arbeiters auf der Stufe des Sklaven, der beglückt ist, wenn ihm sein Herr ein Trinkgeld reicht.

Was aber muß die Welt außerhalb Deutschlands   von einem Lande halten, in dem die amtliche Propaganda noch tief unter die Traftätchenliteratur irgend einer Sekte sinkt. Ein Glück, daß die jetzt drüben Regierenden nicht wissen, welches Maß von kritischem und positivem Wissen die marristisch geschulten Arbeiter besitzen. So wirkt denn diese Sorte Propaganda gegen den Sozialismus der dummen Kerle" und für die Notwendigkeit einer ökonomischen und ethischen sozialistischen   Revolution.

Dreiste Judenhetze an der Saar  

Wo bleibt da die ehrliche, freie und Anhänger einer bestimmten Richtung gestempelt, wobei unbeeinflußte Abstimmung?

Das auf Veranlassung des Saarfommissars Bürckel von den Nazis gekaufte Westland" zeigt mit anerkennens­werter Offenheit die Pogromfraße des Nationalsozialis mus. Nazi- ,, Westland" hat Stürmer Niveau", das jagt alles. Zugleich wird wieder einmal der eremplarische Bweis dafür erbracht, daß die Nationalsozialisten sich um feinerlei Vereinbarungen und Zusicherungen fümmern. Das Blatt, für das verantwortlich ein gewisser Richard Adt zeichnet, zeigt nichts als eine üble schmutzige Heze gegen die Anhänger des Status quo, insbesondere gegen die jüdische Minderheit an der Saar  . Das Blatt ver­öffentlicht u. a. eine Liste von angeblichen An= hängern des Status quo. Es handelt sich hierbei ausschließlich um saarländische Juden, die angeblich Geld für die Front des Status quo gezahlt hätten. Zunächst ist die Feststellung notwendig, daß diese Liste gefälscht ist. Sie enthält nicht nur falsche Adressen und Namen von Toten, sondern auch Namen von jaarländischen Juden, die infole ihrer schwieriaen materiellen Lage überhaupt keine Spenden geben konnten. Darüber hinaus aber enthält diese Liste zahlreiche Personen, bei denen das Naziblatt nicht angibt, ob sie überhaupt irgendeinen Betrag gezeich­net hätten. Ein Uneingeweihter muß sich deshalb die Frage stellen, wozu eigentlich diese Namen veröffentlicht wurden. Aber das Blatt verrät selbst seine Absicht. Es schreibt: Die meisten( von den in der Liste angegebenen Per­sonen) waren von vornherein gar nicht in der Lage, ge= mäß ihrer Gesinnung für Deutschland   einzutreten. Den Deutschen   an der Saar   sind diese Zeitgenossen( gemeint sind die Juden, d. Red.) im allgemeinen bekannt. Wir veröffentlichen aus der Liste die Namen der An­hänger des Status quo, die in einigen Orten des Saar: gebiets wohnen... Man wird wahrscheinlich über die Summen, aber nicht über die Namen erstaunt sein,

diese Richtung, vom Standpunkt des dritten Reichs", ein mit dem Tode bestrafter Landesverrat darstellt. Kein Mensch darf, nach den geltenden Bestimmungen, so weit er nicht selbst das tut, im voraus als Anhänger der einen oder anderen Richtung bei der Abstimmung öffentlich au­geprangert werden.

Darüber hinaus wird in dem Blatt wiederholt die An­ordnung der Abstimmungsfommission vom 12. November über das Verbot der Beschimpfung der gegne rischen Abstimmungspartei mißachtet. Auf Seite 5 des Blattes findet man u. a. ein großes Inserat: Die Saar will den Frieden ohne Verräter und Betrüger, ohne Status quo." Immer wieder werden in dem Blatte die Anhänger des Status quo als Separatisten und Landes­verräter beschimpft.

Wir sind also schon so weit gekommen, daß hier an der Saar  , vor den Augen des Völkerbundes, und trotz aller Verordnungen der Regierungskommission, ungestraft

eine Pogrombezze inszeniert, die jüdische Minderheit offen nach dem Vorbild von Streicher diffamiert, und das Wahlgeheimnis gebrochen werden fann. Kann man wirklich unter all diesen Umständen nach der Herausgabe eines solchen Hezblattes noch von einer freien und ehrlichen Abstimmung ohne Terror sprechen? Wir verlangen und erwarten, daß in diesem Falle den braunen Hezern gegenüber ein solches Erempel statuiert wird, daß den Herrschaften die Lust an der Pogromheze vergeht.

Ein Teil der Auflage des Schmutzblattes ist im übrigen bei Gebrüder Hofer, AG., Saarbrücken  , ge­druckt worden. Wir fragen: Welche Maßnahmen gedenkt man gegen diese Druckerei zu treffen, damit die Herren von Hofer freres" wissen, daß sie nicht ungestraft jedes Schmier-, Hetz- und Bogromblatt drucken und verbreiten dürfen?

woraus jich ergibt, daß die betreffenden Das Schicksal der Saar  - Juden

Zeitgenossen wie bisher ohne Gefahr unter uns leben können."

Hier handelt es sich um eine nicht einmal versteckte Auf­forderung zum Pogrom. Denn man kann diese Worte nicht anders verstehen, als daß im Falle der Rückgliederung die Zeitgenossen, d. h. die Juden, insbesondere die, deren Namen im Blatte veröffentlicht worden sind, nicht mehr phae Gefahr im Saargebiet" leben können. Wenn man dazu den Leitartikel dieses Schmutzblattes liest, der den Titel Hände ho ch" trägt, wenn man dort in bezug auf die Juden test:" tr rufen dem entgegen: Hände hoch", hier wird nicht einfach eine eilige Flucht nach Forbach  , Straßburg   oder Metz   angetreten", so kann man an dem Sinn der oben zitierten Pogromdrohung nicht mehr zweifeln.

Die Veröffentlichung dieser Liste stellt ferner einen Bruch des Abstimmungsgeheim­misses dar. Eine bestimmte Kategorie von Menschen, die geheim abstimmen sollen, werden nach außen hin als

Genf  , 30. Nov.( 3TA.)

Dr. Nahum Goldmann  , Vorsitzender des Comité des Délégations Juives und der Exekutive für den Jüdischen Weltkongreß, der vor kurzem in Paris   mit dem französischen  Außenminister Pierre Laval   vor dessen Abreise nach Genf   eine längere Unterredung hatte, traf während seines Aufenthaltes in Genf   mit dem Vorsitzenden des Rates des Völkerbundes und Außenminister der tschechoslowakischen Republik   Dr. Edouard Benesch, mit einem Mitglied der englischen   Völkerbund  - Delegation, mit dem Volkskommissar des Aeußern der Sowjetunion   M. Litwinow, mit dem rumä nischen Außenminister Titulescu und mit einer Anzahl anderer Delegierter der Völkerbundversammlung zusammen. In allen diesen Unterredungen mit den Staatsmännern setzte Dr. Nahum Goldmann   u. a. die Notwendigkeit eines internationalen garantierten Schutzes der Rechte der indi: schen Einwohner der Saar   für den Fall der Rückgab Gebietes an Deutschland   auseinander.

Der Goebbels- Korruptionssumpf an der Saar  

Die Saar Volksstimme" bringt einen Artikel über die Zusammenhänge des Westland"-Verkaufs, dem wir in Ergänzung zu unseren gestrigen Ausführungen folgen­des entnehmen:

Weder der Verlag noch die Redaktion der Volksstimme" hat mit Verkauf von Westland" etwas zu tun gehabt. Wir mußten nichts von diesem streng geheim gehaltenen Ge­schäft, bis die Tatsache des Verkaufes vor 14 Tagen durch einen Zufall bekannt wurde. Da dieser Zufall in der Per­son des Bevollmächtigten der neuen Besizer, Herrn Mamelock, verkörpert war, so war es uns von vornherein flar, daß es sich um eine ganz dunkle Angelegenheit han­delte, und wir haben von Anfang an die Ueberzeugung ge­habt, daß die Käufer von Westland" mit hitlerdeutschem Geld gearbeitet haben. Aus dieser Sachlage ergab sich für uns eine doppelte Aufgabe: Erstens zu verhindern, daß ,, Westland" in irgendwelchem nichtgleichgeschalteten und erst recht nicht in unserem Verlage erscheint und zweitens zurückhaltend zu bleiben, bis unsere Ueberzeugung durch einwandfreie Beweise auch für die breiteste Oeffentlichkeit belegt wird.

Diese beiden Ziele sind jetzt erreicht. Das Westland" ist in einem Verlag der braunen Front erschienen. Die Agenten von Goebbels   und Bürckel waren nicht im stande, ihren Auftrag durchzuführen und mußten sich jetzt schon demaskieren. Man braucht jetzt keine komplizierte Beweisführung mehr, die zwar für einen engeren Kreis, aber nicht für die breiteste Deffentlichkeit überzeugend wirken konnte. Jetzt sind die Tatsachen da, die absolut klar und eindeutig sind. Unser Ziel war, das niederträchtige und gefährliche Manöver zum Scheitern zu bringen, und das haben wir erreicht.

Die Herren Goebbels  , Bürckel und Konsorten haben keine einzige von ihren Absichten verwirklichen fönnen. Sie haben einen rheinländischen Separatisten, Weißenberg  , als Mittelsmann eingeschoben, um dann be­haupten zu können, daß die Anhänger vom Status quo dasselbe sind, wie die rheinländischen Separatisten. Nun ist dieser rheinländische Separatist jetzt formell Be= fiber eines Organs der braunen Front und nicht einer hitlergegnerischen Zeitung. Es bestand die Ab­sicht, den Eindruck entstehen zu lassen, daß das schmutzige Geschäft mit französischem Geld getätigt worden sei. Jetzt ist es offensichtlich geworden, daß kein französisches Geld, sondern das Goebbelsgeld als Korruptionsgeld an der Saar   verwendet worden ist. Es bestand die Absicht, West­land" solange wie möglich mit seiner bisherigen politischen Richtung erscheinen zu lassen, um dann plößlich mit großem Krach unmittelbar vor der Abstimmung die angebliche Korruption der Hitlergegner zu enthüllen. Das ist nicht ge­lungen, dagegen ist der stinkende Sumpf der Goebbelsschen Korruption ans volle Licht des Tages gebracht worden,

Das Manöver ist mißlungen. Keine einzige Partei und feine einzige politische Persönlichkeit, die im Freiheitskampf an der Saar   steht, ist durch das Geschäft fompromitiert worden. Der Verkauf von Westland" war feine politische Handlung, sondern eine rein persönliche Angelegenheit. Die Herren, die diesen Verkauf getätigt haben, haben zweifelsohne mit strafbarer Unvorsicht ge­handelt. Die Verantwortung für diese unglaubliche Unvor­sicht, für die ungeheuerliche Tatsache des Verfauses eines politischen Organs an dunkle Persönlichkeiten und ohne' ge= naue Kenntnis der Geldquellen, tragen die Herren, die das Westland" verkauft haben und sie allein. Nicht nur die Verhandlungen, sondern auch der Ab­schluß des Geschäftes wurde vor allen poli­

..Noch fünfzig Tage"

Unter dieser Ueberschrift läßt sich die Basler National 3eitung" aus Berlin   berichten:

Berlin  , 26. November. Noch fünfzig Tage trennen uns vom 13. Januar, da das Volk an der Saar   sich entscheiden muß, ob es wieder zu Deutschland   geschlagen werden will. Die reichsdeutsche Propaganda für diesen Tag ist eine gewaltige. Ihr Echo in der deutschen   Oeffentlichkeit ist jedoch nicht allzu groß. Das Publikum verhält sich dagegen meistenteils recht gleichgültig und resigniert. Diese Menschen bedrängt ja so manches, das ihnen viel wichtiger erscheint, als gerade die Frage, ob 700 000 Saarländer   wieder deutsche   Staatsbürger werden sollen oder nicht. Es ist nämlich nicht ganz so, wie der Pariser   Korrespondent der Frankfurter Zeitung  " schreibt, daß das deutsche   Volk, sicher gemacht durch das Dritte Reich, den Ereignissen mit überlegener Ruhe zuschaue, wäh­rend die andern vor Unruhe, Unsicherheit und Kriegspanif schier verzappelten. Gewiß sind die Franzosen unruhig. Als ob aber die Deutschen   sich geborgen fühlten wie in Abrahams Schoß? Man mag nun in Berlin   hinhören wo man will: wer raunt und flüstert nicht alles pon kommenden unauf­haltsamen Kataklismen und vom Krieg, den doch fast jeder verabschent; denn der seelische Zustand ist im Grund genan so, wie ihn der Korrespondent des Frankfurter   Blattes in Frankreich   sieht: ein Publikum, das sich ständig einreden läßt, der Krieg sei auf die Dauer doch nicht zu vermeiden, resigniert endlich, wenn schon, dann in Gottes Namen".

Die Ergebung ins scheinbar Unvermeidliche läßt somit auch hierzulande nichts zu wünschen übrig; wohl die meisten sagen sich, mögen die Saarländer   abstimmen, wie sie wollen, schließlich kommt alles doch nur schief heraus. Der aus­ländische Beobachter muß sich immer wieder fragen, wenn

tischen Persönlichkeiten des Sadigonis geheim gehalten.

Für uns war der monatelang hinterlistig geführte An­griff gegen unsere Presse eine Prüfung, und wir dürfen heute mit voller Befriedigung feststellen, daß wir diese cüfung überstanden haben. Nicht wir sind die Blamierten, sondern in erster Linie die Herren Goebbels  , Bürckel und Konsorten. Diese Herren haben gezeigt, welche Angst sie vor uns haben. Sie haben feine Hoffnung mehr, in einem ehrlichen Kampf gegen uns den Sieg davonzutragen. Des­halb versuchen sie es mit der Niedertracht, Hinterlist und Korruption. Eine Sache, die mit solch widerwärtigen Mitteln vertreten wird und nur mit solchen Mitteln ver­treten werden fann, ist eine verlorene Sache. Nicht Hinter­list und Korruption, sondern ehrlicher Kampfwille und sau= bere Gesinnung werden an der Saar   siegen. Und das be­deutet, daß wir die Sieger von morgen sind!

schon die deutsche Presse unter der Diktatur steht, warum denn wird ihr nicht mehr Zurückhaltung diftiert, oder soll das Publikum am Ende gerade deswegen in Atem gehalten werden, weil die Unruhe höheren Orts gewünscht ist? Die deutschen   Widersprüche nehmen kein Ende. Eine Artikel­serie über das Saarland  , die recht aggressiv zu werden ver­spricht, gibt z. B. der B. 3. am Mittag" Anlaß, den Teufel an die Wand zu malen. Das für alle Möglichkeiten zu Recht verfügte Bereitstellen einer französischen   Division in ihrer Heimatgarnison nennt das Blatt provozierendes Säbel­gerassel" und wirst die Frage auf, ob aus dem Saarplebiszit etwa das Serajewo eines neuen Weltkriegs" werden solle. Besonders die Provinzpresse stroßzt von antifranzösischen Verdächtigungen, in Hunderten von Varianten ist Frank­ reich   dargestellt als der böse Geist, der Tag und Nacht nur darauf sinne, wie er deutsches Lebensrecht zu Schanden machen und sich an Deutschland   vergreifen könnte. Der Ver­dacht gegen Frankreich   wird übrigens gleich auf die ganze Welt ausgedehnt. Wenn das deutsche   Volf alles glaubte ( leider glaubt es manches), was in der gleichgeschalteten Presse steht, dann müßte seine Vorstellung von der Welt eine fürchterliche sein. Oder ist es wirklich so, daß an allem Unglück, das Deutschland   auch heute trifft, nur die ein­geborene Bösartigkeit der andern schuld sei?

Die nationalsozialistischen Friedensbeteuerungen und An­gebote sind zweifellos ehrlich gemeint, sie müssen es ja sein, denn wenn sie vielleicht auch feinem tiefen Herzensgrund entspringen so entstammen sie jedenfalls der Kenntnis der Wirklichkeit, und das ist die gegenwärtige eigene Schwäche. Aber warum dann die ganz anders lautende Bearbeitung des Volkes durch die Presse? Fordert die Taktik den Un­glauben der andern nicht geradezu heraus?