15.

JANUAR

en

FürDEUTSCHLAND gegen HITLER

Ein Brief des Bischofs von Speyer Berichtigung und Antwort

In diesen Tagen erhielten wir diese Zuschrift:

Abschrift.

Nr. Exp. 7139

Der Bischof von Speyer Speyer

, den 30. Nov. 1934.

An die Schriftleitung der Deutschen Freiheit" Saarbrücken .

Betreff: Berichtigung.

Sehr geehrter Herr!

In Nr. 231 Ihrer Zeitung vom 5. Oftober I. J. brachten Sie eine Abhandlung mit der Ueberschrift Katholische Kirche und Saargebiet". Darin findet sich der Satz: Der Gauleiter Bürckel , der, obwohl als schlimmster Kirchenstürmer und Geistlichenmalträtierer befannt, hat von seiner Speyerer bischöflichen Behörde ein Zeugnis für Wohlverhalten gegen die Kirche erhalten und rühmt sich bei jeder Gelegenheit: Der Bischof von Speyer tut nichts gegen uns; denn beim ersten Wort würde ich ihn wegen gewisser Affären ins Ge­fängnis setzen."

Auf meine Anfragen hierüber ließ mir Herr Gauleiter Bürckel mitteilen, daß diese Veröffentlichung eine so ge­meine Lüge und Verleumdung sei, daß man wirklich nicht zumuten kann, darauf eine Antwort zu erteilen."

Ich darf daher von Ihnen erwarten, daß Sie in der nächsten Nummer Ihrer Zeitung eine Berichtigung nach § 11 des Pressegesezes bringen mit folgendem Wortlaut: ,, Es ist nicht richtig, daß Gauleiter Bürckel ein Zeugnis über Wohlverhalten gegen die Kirche erhalten hat und daß er sich bei jeder Gelegenheit rühmt: Der Bischof von Speyer tut nichts gegen uns; denn beim ersten Wort würde ich ihn wegen gewisser Affären ins Gefängnis sezen." Eine ähnliche Erklärung habe ich auch den Pfarrämtern ugehen lassen. gez. Ludwig, Bischof von Speyer

19 Wir haben den Brief des Hochwürdigen Herrn Bischof von Speyer gern abgedruckt, obwohl er die Bedingungen einer Berufung auf das Pressegesetz nicht erfüllt. Nicht der Herr Bischof ist zu einer solchen Berichtigung legi­timiert, sondern allein der Reichskommissar für die Saar und Gauleiter für die Pfalz , Herr Bürckel . Die Antwort, die er dem Bischof von Speyer auf dessen Anfrage gegeben hat, hat trotz ihrer formalen, uns übrigens ehrenden Grobheit den Charakter einer Flucht vor der Wahrheit. Diese ist vielen Leuten innerhalb und außerhalb der Pfalz nur zu gut bekannt. Vermutlich ist dies der Grund, wes­halb er den geistlichen Oberhirten berichtigen ließ, was zu berichtigen allein sein, Bürckels, Recht gewesen wäre.

Dieser Tatbestand nötigt uns noch zu einigen sachlichen Bemerkungen. Der Brief des Bischofs von Speyer be­zieht sich auf einen Aufsatz der Deutschen Freiheit", der von einer besonders gut unterrichteten katholischen Seite stammte. Darin hat unendlich viel mehr gestanden, als der Bischof in seinem Brief erwähnt. Der Klarheit halber erinnern wir an einige der in dem erwähnten Artikel behandelten Punkte in Gestalt von Fragen:

1. Ist es richtig, daß der Bischof von Speyer unter Be­rufung auf den fanonischen Gehorsam den Geist­lichen empfahl, sich von der Neuen Saar- Post" zu distanzieren?

2. Ist es richtig, daß der Bischof zur gleichen Zeit an­deren Geistlichen gestattete, offen für die deutsche Front" und für die Rückgliederung der Jaar an das widerchrist­liche dritte Reich" einzutreten?

3. Ist es richtig, daß er in einem Schreiben vom 3. Dezember 1934 von den gleichen Priestern die Freiheit des Bekenntnisses in der Saarfrage durch oberhirtlichen Befehl begrenzt hatte, eine unter priesterlichem Ehrenwort abgegebene Erklärung forderte, daß sie sich nicht bedroht und bedrückt fühlten?

Unter Beachtung des geziemenden Respekts vor einer hohen kirchlichen Persönlichkeit hatten wir geglaubt, daß der Bischof von Speyer , wenn er schon einmal so freund­lich war, an uns zu schreiben, auf diese Behauptungen grundsätzlicher Natur eingegangen wäre. Vielleicht liegt die Erklärung darin, daß die Bischöfe von Trier und von Speyer inzwischen in einer gemeinsamen Kundgebung der Geistlichkeit äußerste Neutralität im Abstimmungskampie befohlen haben und sich diese Zurückhaltung heute selbst auferlegen. Liest man jedoch ihre neueste Kundgebung anläßlich der Beteiligung von Priestern an der Gründung des Volksbundes für christlich- soziale Gemeinschaft", so hat man den Eindruck, daß die bischöfliche Zurück haltung im Abstimmungskampfe nach beiden Seiten hin nicht ganz gleichmäßig dosiert sei.

Eine Bemerkung sei uns endlich noch erlaubt. Mit hoher Ritterlichkeit stellt sich der Bischof von Trier vor Herrn Bürckel, obwohl in dessen politischen Machtbereich die schwersten Verfolgungen und Mißhandlungen von Priestern erfolgten, die zahlreichsten dicht an der Saar­

Was den Saar - Katholiken droht

Uns liegt im Original ein Rundschreiben des national­sozialistischen Gauleiters Albert Forster in Danzig vor. Es richtet sich an alle führenden Nationalsozialisten in Danzig " und beschäftgit sich mit Ratschlägen für die Behandlung Polens und der deut­schen politischen Gegner. Die Po.s werden ermahnt, die Polen recht zart zu behandeln. ,, Aeußerungen wie ..Saupollack" oder sonstige Provokationen oder das Singen von Liedern gegen Polen " werden verboten. Ganz anders wird mit den nichtgleichgeschalteten Deutschen umgesprungen. Den deutschen Marxi­sten, deren Dasein und Gefährlichkeit ausdrücklich bestätigt wird und der in Rußland regierenden. ,, Pest " wird unversöhnlicher Kampf angesagt. Am meisten aber geht es gegen die ,, Schwarzen". Das ist die Ueber­schrift über dem Teil des Rundschreibens, der sich mit dem Zentrum und den Katholiken beschäftigt. Es wird für die Katholiken an der Saar sehr interessant in, zu erfahren, wie einer der vertrautesten Günstlinge Hitlers über sie und ihre Organisationen schreibt. Daß die Juden diffamiert werden, ist selbstverständl.ch. Redaktion der ,, Deutschen Freiheit".

Das Zentrum und die hinter ihm Stehen den wissen genau, daß der von uns begonnene Kampf um die nationalsozialistische Weltanschauung für sie den Tod bedeuten. Wir wollen die Freiheit germa­nischen deutschen Denkens und sie wollen die Unterjochung des deutschen Geistes unter ihre un= deutschen Gedankengänge. Das muß jedem Nationalsozialisten flar sein. Da das Zentrum in der Oeffentlichkeit den Kampf gegen uns nicht zu führen wagt, benutzt es dazu das geistliche Gewand und die Kirche. Diese schwarzen Brüder glauben, daß wir sie nicht fassen können, wenn sie den Kampf auf diesem Wege gegen uns führen. Sie rechnen dabei mit unserer Anständigkeit. Mehr noch als früher müssen wir daher heute darauf be= dacht sein, daß Politik und Religion voneinander getrennt werden. Geistliche, die, statt sich mit Religion zu beschäftigen, ihr Gewand und die Kirche für politische Zwecke ausnutzen, müssen mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln be­kämpft werden. Derartige Geistliche dürfen nicht glauben, daß wir nicht den Mut haben, sie anzupacken. Wir müssen nicht nur im Interesse der Bewegung und des deutschen Volkes, sondern auch im Interesse der Kirche unter allen Um­ständen verhindern, daß die Geistlichen von der Kanzel herab Kritif an unsern Maßnahmen üben. Die Herrschaften tun manchmal gerade so, als ob sie die Herren im Staate wären und niemand ihnen etwas zu sagen hätte.

Eine Bevormundung unserer Jugend durch Geistliche muß rücksichtslos unterbunden werden. Die Jugenderziehung liegt ausschließlich in unseren Händen. Katholische und evangelische Jugendverbände dulden wir nicht mehr. Die nach uns kommenden Geschlechter dürfen nicht in ihrer frühen Jugend schon im konfessionellen Zwiespalt und un­deutschen Geiste erzogen werden. Maßreglungen von Pfarrern in dieser Richtung brauchen wir uns nicht gefallen zu lassen. Den Geistlichen muß von Zeit zu Zeit beigebracht werden, daß wir auch noch da sind und uns eine Einmischung

9

in die Staatsführung verbitten. Die Herren müssen sich darüber klar sein, daß ihre Zeit abgelaufen ist. Sie mögen sich um ihre religiösen Dinge fümmern, sonst aber ihren Mund halten.

Seien wir uns dessen bewußt, daß, wenn die Schwar: zen noch einmal an die Macht kommen sollten, sie mit uns ganz anders verfahren würden, als wir das mit ihnen tun. Es muß unser Streben sein, in die Kreise der und ihnen das gläubigen Katholiken einzudringen religionsschädliche Gebaren einzelner Geistlicher flar vor Augen zu führen.

Dieser Kampf ist schwer, aber er muß mit altem national­sozialistischem Kampfgeist durchgeführt werden. Wir werden ihn dann auch gewinnen. Letzten Endes sind unser Blut und unsere Rasse stärker als die hohlen, internationalen Phrasen der schwarzen Politiker. Ich bitte darum, daß in Zukunft jede gemeine oder abfällige Aeußerung von Geistlichen in den Kirchen oder sonstwo sofort als eidesstattliche Erklärung zu Papier gebracht und der Partei mitgeteilt wird.

Wenn wir genügend Material haber, um gegen die Bes treffenden vorgehen zu können, wird es getan. Für abso: lut sinnlos halte ich es allerdings, wenn aus Wut gegen­über einem Pfarrer Fenster von Pfarrhäusern eingeworfen oder Kirchentüren beschmiert werden.

Einen weiteren Feind dürfen wir nicht aus den Augen verlieren, das ist der

Jude

Einen anständigen Juden gibt es für einen Nationalsozialisten nicht. Diese Rasse ist und bleibt unser Todfeind. Alles, was wir an Not und Elend erlebt haben und noch erleben, hat dieses Volk ange­zettelt. Unsere Gastfreundschaft darf nicht soweit gehen, daß wir den Juden geschäftlich unterstützen. So wie die Juden sich gegenseitig helfen, so müssen wir Deutsche das auch tun. Gerade ein Nationalsozialist, der ein besonders guter Deut­scher zu sein hat, unterstützt im geschäftlichen Leben zuerst seinen deutschen Volksgenossen.

Der Jude muß von uns ausgeschaltet werden, wo es nur geht. Jeglicher Großmut dem Juden gegenüber ist falsch. Wir sehen tagtäglich, wie fich das Weltjudentum bemüht, die übrigen Völker aufzuheben und Deutschland wirtschaft­lich zugrunde zu richten. Wir dürfen nicht dulden, müssen wir es vielmehr als Verrat an unserer Bewegung und am deutschen Volfe brandmarfen, daß Nationalsozialisten in jüdischen Geschäften faufen.

Persönlicher Berfehr mit Juden ist für Nationalsozialisten ausgeschlossen!

Zusammenfassend möchte ich zu unserer Innenpolitik bes merken, daß unsere Gegner, seien es die Roten oder Schwarzen oder die Reaktion, in unserm Staat feine Vers sammlungen mehr abhalten dürfen.

Wenn sich unsere Gegner getarnt oder unter harmlosen Vereinsnamen zu versammeln versuchen, so muß auch das verhindert werden.( Ich bitte, dabei immer im Einverständ­nis mit der zuständigen Polizei zu verfahren.)

Hitler über seine Saarpropaganda Neue bischöfliche Anweisung

Niemals die Wahrheit

Die Aufgabe der Propaganda ist nicht ein Abwägen der verschiedenen Rechte, sondern das ausschließ­liche Betonen des einen eben durch zu sie zu vertretenden. Sie hat nicht objektiv nach der Wahrheit, soweit sie dem andern günstig ist, zu forschen, um sie dann der Masse in dottrinärer Aufrichtig feit vor­zusetzen, sondern ununterbrochen der eigenen zu dienen... Sowie durch die eigene Propaganda erst einmal nur der Schimmer eines Rechtes auch auf der andern Seite zugegeben wird, ist der Grund zum Zweifel an dem eigenen Recht schon gelegt. Die Masse ist nicht in der Lage, nun zu unterscheiden, wo das fremde Unrecht endet und das eigene beginnt. Sie würde in einem solchen Falle unsicher und mißtrauisch, besonders dann, wenn der Gegner nicht den gleichen Unsinn macht, sondern seinerseits alle und jede Schuld dem Feinde aufbürdet.

Aus Mein Kampf ".

grenze. Kein anderes deutsches Gebiet ist in diesem Punkte mit der Pfalz vergleichbar. Das bischöfliche Generalvikariat in Speyer hat die braunen Stürme auf Kirchen und Pfarrhäuser sorgfältig zu den Akten ge­nommen, und der Herr Bischof hat mehr als einmal seine deutschen Amtsbrüder und den Heiligen Stuhl alarmiert. Aus der Pfalz kamen die ersten Pfarrer- Emigranten ins Saargebiet. Es hieße den politischen Einfluß eines ali­mächtigen Gauleiters sehr unterschätzen, wenn man an­

Katholische Geistliche dürfen an keiner politischen Versammlung teilnehmen

Der Kirchliche Anzeiger für die Diözese Trier Nr. 314 und das Oberhirtliche Blatt für die Diözese Spener Nr. 18 vom 4 Dezember 1934 bringen eine Sonderausgabe mit folgendem bischöflichen Erlaẞ heraus:

Unseren Erlaß betr. politisches Auftreten der Geistlichen des Saargebietes hatten wir gegeben aus höchstem Verant­wortungsbewußtsein gegenüber unserem deutschen Bater­

lande.

In dem Erlaß war zwar nur die Rede von öffent= lichem Auftreten in politischen Versamm­lungen" und auch davon, daß die Priester es vermeiden sollen, auf der Kanzel politische Zeitungen, Zeitschriften oder Bücher zu empfehlen. Aber als eine politische Betä­tigung in höherem Maße müssen wir es ansehen, wenn Geistliche sich an einer Versammlung beteiligen, die den aus­gesprochenen Zweck verfolgt, eine neue politische Organi­sation zu schaffen. Wir sehen uns daher zu unserem Be­dauern genötigt, vor aller Deffentlichkeit festzustellen, daß diese Geistlichen gegen den flaren Sinn und den Geist unserer Verfügung gehandelt haben. Wir erwarten, daß sie in Zukunft das beachten, was ihre Bischöfe verordnet haben.

Trier und Speyer , den 4. Dezember 1984. gez Franz Rudolf, Bischof von Trier. gez. Ludwig Sebastian , Bischof von Speyer .

nehmen würde, daß Herr Bürckel von jenen Priester Die Aktivität der Katholiken

verfolgungen nichts gewußt, noch sie gewollt habe.

Der Hochwürdige Herr Bischof von Speyer gibt jetzt ein hohes Beispiel christlicher Nächstenliebe, indem er uns eine Berichtigung zur Verteidigung eines notorischen Kirchenfeindes schickt. Nur Böswillige werden so ver messen sein, in seinem Brief an uns einfache Taktik zu sehen, die der problematischen Lage des Katholizismus im dritten Reiche" entspricht,

12

Die erste Versammlung

Der neugegründete Deutsche Volksbund für christlich­ioziale Gemeinschaft" beginnt vom nächsten Sonntag an eine lebhafte politische Tätigkeit zu entfalten. So findet in Saar­ brücken am Sonntag, dem 9. Dezember 3.30 Uhr im Jo­hannishof die erste Versammlung des neuen Volksbundes statt. Das Thema lautet: Der 13. Januar und wir