,, Sein Kampf gegen Furtwängler
Reichspropagandaminister Goebbels hat der deutschen Bresse jede Stellungnahme zum Ausscheiden des Generalmusikdirektors Furtwängler verboten. Infolgedessen findet man nirgendwo im„ dritten Reich" ein Kommentar über den Verlust des bedeutendsten Dirigenten, der noch geblieben war. Goebbels hat das Rüdtrittgefuch Erich Kleibers abgelehnt. Kleiber weigert sich jedoch, das be: reits angesagte Konzert des Philharmonischen Orchesters zu leiten. Man spricht davon, daß auch Richard Strauß , der Präsident der Reichsmufiffammer, im Widerspruch zur braunen Musikpolitik steht und Rück= trittsabsichten hegt. Der vielverlästerte Paul Hinde= mith hat am Mittwoch als Professor an der Berliner Musithochschule demissioniert. Man glaubt, daß er sich in Kürze zum Schutz seiner Arbeit und seines Lebens ins Ausland begeben wird.
Reichspropagandaminister Goebbels gab am Donnerstagabend vor einer Korona brauner Prominenzen den ersten Rechenschaftsbericht seiner Reichsfulturfammer" im Berliner Sportpalast . Er stand allerdings im Zeichen eines peinlichen Betriebsunfalles. Wilhelm Furt wängler sollte programmgemäß zur Weihe des Tages einige klassische Werke mit dem Orchester der Staatsoper zum Vortrag bringen. Aber da er zwei Tage zuvor der Goebbelsschen Reichskultur feierlich den Rücken gefehrt hatte, so gab es eine peinliche, etwas störend empfundene Lage.
Es geht bekanntlich nichts über Taft, und im Handwörterbuch eines Propagandaministers braucht ein solches Wort überhaupt nicht zu stehen. Goebbels ergriff die festliche Ge
sönliche Angelegenheit, die jedem jedoch das Recht gebe, ihn mit seinem ganzen Bildungskreis abzulehnen. Es gehe nicht an, Hindemith bloß von der artistischen Betrachtungsseite führen und ihm dadurch eine Förderung zuteil werden zu aus in die höchsten Kunstinstitute des neuen Reichs einzulassen, auf die andere und bessere jahrelang, jahrzehntelang warten müßten. Rosenberg spricht dann sein Bedauern aus, daß ein so großer Künstler wie Furtwängler sich in diesen Streit persönlich hineingemischt und geglaubt habe, sich mit Hindemith identifizieren zu müssen. Hier habe sich Dr. Furtwängler sowohl in den Mitteln, wie im Prinzip vergriffen und es sei der NS. - Kulturgemeinde nichts weiter übrig geblieben, als ihm eine ebenso offene wie geharnischte Antwort auf diese Verständnislosigkeit zu geben, und da Herr Furtwängler auf Gedankengängen des 19. Jahrhunderts beharrt, und offenbar kein Gefühl mehr für den großen Volkskampf der jetzigen Zeit aufgebracht habe, habe er daraus die Konsequenzen gezogen."...
Aus München wird berichtet, daß sich der bayerische Generalmusikdirektors Bruno Walter zurückzudrängen. mit Furtwängler mit Rücktrittsgedanken trage. Knapperts busch , der aus dem Rheinland stammt, wurde 1929 in Mün chen an eine führende Stelle an der Bayerischen Staatsoper gebracht, um den überragenden Einfluß des nichtarischen Generalmusichdirektors Bruno Walter zurückzudrängen. Walter verließ bald darauf seinen Münchener Posten.
legenheit, um in Abwesenheit der Beschuldigten eine beftige Streicher nimmt leicht
Anilagerede gegen die„ atonalen" Musiker und ihre Be= schützer zu halten. Man muß einige seiner Ausführungen im Wortlaut lesen:
Ein Jdeenwechsel bedingt einen Personenwechsel. Und wo das auch vielfach aus Mangel an Talenten praktisch nicht durchgeführt werden konnte, da mußte denn doch, wenn nicht Begeisterung und Hingabe so mindestens Verständnis und Loyalität für die neue politische Gestaltung des Reiches verlangt und gefordert werden. Es kann und darf der nationalsozialistischen Bewegung und ihren Wortführern nicht verwehrt werden, zum deutschen Kulturstand eindeutig und kompromißlos Stellung zu nehmen. Es entspricht nicht der Loyalität, die der schaffende Künstler dem neuen Staate schuldet, wenn nationalsozialistische Forderungen, die im Geiste der kämpfenden Bewegung ihre Rechtfertigung finden, als von gewissen reisen fommend, verdächtigt und diskrediert werden. Denn der Nationalsozialismus ist nicht nur das politische und soziale, sondern auch das kulturelle Gewissen der Nation. Es bedeutet auch keinen Freibrief für jenen Nachwuchs, der als Wortführer einer vergangenen Epoche fungierte, daß er sich der väterlichen Patronanz unbestrit= tener Künstler, die es in diesem Falle an dem nötigen politischen Instinkt ermangeln lassen, erfreut... Mag sein daß nachfolgende Werke die Sünden vorangegangener wiedergutzumachen versuchen. Was aber liegt näher, als daß der Nationalsozialismus sich dann eine Bewährungsfrist ausbedingen muß, in der es sich zeigen soll, ob der Mann von gestern, oder der Mann von heute der echte und wahre ist.
An den knalligen Stellen dieser Goebbels- Rede gab es jeder konnte es im Rundfunk hören demonstrativen Bei
fall. Der Herr Minister hatte erreicht, was er wollte: die ,, weltanschauliche" Begründung der Abschüttlung Furtwänglers und die Zustimmung der offiziellen braunen Kreise. Für Goebbels ist nur derjenige der echte und wahre Mann. von heute", der seine künstlerische Ueberzeugung den herrschenden Leitsätzen über Politik und Kunst unterwirft. Man wußte es lange. Aber es ist gut, daß man es immer wieder aus berufenem Munde hört. Es zerstört die bescheidensten Illusionen eines Lebens in geistiger Freiheit für diejenigen, die sich gleichschalteten. Es zeigt der ganzen Welt, daß im„ totalen Staat" Hitlers nicht der Freie, sondern der Knecht der Mann von heute" ist.
Was Goebbels sonst sagte, ging über den Charakter einer Berichterstattung nicht wesentlich hinaus. Was sein Propagandaministerium in einem Jahre nicht alles getan hat! Die Presse an die Kette gelegt, das Schrifttum„ gesäubert", die Zügellosigkeit" der Bühne und des Films ins Strombett brauner Hörigkeit abgeschafft. Das Theater dem Volke: nie hat ein Land darin mehr getan als das Deutschland von Weimar . Heute eignet sich Herr Goebbels das alles an und spreizt sich fofett als segenspendender Kunstpionier.
Er hat allerdings auch von seinen„ Sorgen" geredet. Von den„ Nichtskönnern" auf musikalischem Gebiet, von den ,, Experimentierstückchen wildgewordener Farben- und Steinflerer", von der verächtlichen Konjunkturliteratur" auf der Ebene des patriotischen Schundes. Hier konnte man ihm einen Augenblick recht geben. Goebbels vergaß nur, daß der Nationalsozialismus mit seinem Zwange zur absoInten geistigen Gefolgschaft nicht die Genies, sondern die servilen und fitschigen Schmierer anfeuert. Zum Schluß wurde Goebbels wieder etwas zukunftsträchtig. Die deut= sche Künstlerschaft, so sagte er, verneige sich in Ehrfurcht und Dankbarkeit von dem„ Führer", dessen künstlerischer Dämon der deutschen Politik und der deutschen Kunst den leidenschaftlichen Zug gegeben habe.
Dieser„ fünstlerische Dämon" hat sich besonders in der großartigen Komposition des 30. Juni entfaltet. Das waren in der Tat„ mitreißende Impulse"! Vielleicht haben wir in Kürze den von Herrn Goebbels ersehnten Dramatiker, der die blutigen Ereignisse von Wiessee in der höheren Sphäre geschichtlicher Größe im Abbilde der Kunst verewigen und veredeln kann!
Rosenberg gegen Furtwängler ,, Er hat offenbar kein Gefühl mehr"...
Alfred Rosenberg , der Kulturdiftator des dritten Reichs", schreibt im„ Völkischen Beobachter“:„ Wenn ein Mann wie Hindemith als begabter Musiker nach einigen deutschen Anfängen 14 Jahre lang in jüdischer Gesellschaft gelebt, gewirft und sich wohlgefühlt habe, wenn er fast nur unter Juden verkehrt und, von ihnen gelobt, gewirkt habe, wenn er dem Zug der Zeit der Novemberrepublik folgend, übelste Berkitschung deutscher Musik vornehme, so sei das seine per
H. b." Man kann äußerlich noch so hoch stehen und innerlich saudumm sein!" schrie am 8. November in einer Braunschweiger Naziversammlung der fränkische Ritualmordführer Streicher in den Saal. Und dann gab er gleich den Beweis für diese Behauptung, indem er einen seiner saudummen antisemitischen Räuberromane erzählte. Im Verlaufe seiner Erzählungen sagte er dann nach einem Bericht, den wir der Nr. 310 der„ Braunschw. Landeszeitung" entnehmen, auch er, Streicher, habe schwere Zeiten durchmachen müssen, sei aber trotzdem seinen Weg gegangen und der Nationalsozialismus habe ihm die Kraft dazu gegeben. Wörtlich fuhr er fort:
" Der Himmel gibt manchen Menschen einen bestimmten Auftrag. Wir haben den Auftrag vom Himmel ehrlich erfüllt, sonst hätten wir nicht den Sieg davongetragen in einem Volfe, das so am Boden lag. Wer so leicht Not; Entbehrung, Gefängnis und Tod auf sich nimmt wie wir, der hat nicht den Teufel zum Begleiter."
Daß Herr Franfenführer Streicher gern und leicht nimmt, davon sind wir nicht nur allein überzeugt. Wir sind sogar des Glaubens, daß er viel zu bescheiden ist, um etwa seinen eigenen Tod leicht zu nehmen. Dazu lebt es sich für ihn und seinesgleichen im„ dritten Reich" vorläufig noch viel zu gut.
Wahrheit wider Willen
h. b. Die Schleswig- Holsteinische Tageszeitung" bringt in ihrer Nr. 273 einen Versammlungsbericht der Arbeitsfront in Lockstedt, in dem es heißt:
„ Ein grauenhaftes Bild von der NSBO. am 2. Mai entrollte dann der Redner. Diesem ganzen Zauber hat die DAF. nun ein Ende bereitet."
Hübsch, nicht wahr? Leider kam schon in der Nr. 275 eine angitschlotternde Entschuldigung. Es habe sich um einen abfehler gehandelt. Das grauenvolle Bild und der Zauber, dem ein Ende bereitet sei, habe sich auf die marxistische Korruption bezogen,
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Gegen Rosenbergs Lügen
Eine mutige Erklärung der Berliner Zionisten Berlin , den 6. Dezember 1934. Die Zionistische Vereinigung für Deutschland gibt for gende Erklärung ab:
Der„ Völkische Beobachter" veröffentlicht im Anschluß an den Aufsatz, der sich mit dem Berner Prozeß über„ Die Protokolle der Weisen von Zion " beschäftigt hatte am Samstag, dem 1. Dezember 1934, einen Artikel von Alfred Rosenberg , in dem verschiedene zionistische Aeußerungen mit angeblichen Plänen zur Errichtung einer jüdischen Weltherrschaft in Zusammenhang gebracht werden. Bei dieser Gelegenheit werden auch gegen deutsche Zionisten schwere Beschuldigungen erhoben.
Die Zionistische Vereinigung für Deutschland erklärt, daß alle Behauptungen dieser Art unrichtig sind und jeder Grundlage entbehren. Sie verweist auf den Leitartikel in der am Dienstag, dem 4. 12. 1934, erschienenen„ Jüdischen Rundschau ", der den strikten Nachweis erbringt, daß die in dem Rosenbergschen Artikel erhobenen Beschuldigungen von unrichtigen Voraussetzungen ausgehen. Dies gilt im besonderen auch von dem Vorwurf, die deutschen Zionisten hätten auf eine 3erschlagung der Türkei " hingearbeitet; die im Wortlaut zitierte Erklärung, die die türkische Regierung und die deutsche Regierung Ende 1917 und Anfang 1918 abgegeben haben, erweisen eindeutig, daß die deutschen Zio nisten, die während des Weltkrieges ebenso wie vorher und nachher das„ Basler Programm" in voller Oeffentlichkeit vertreten haben, lediglich legale Besiedlung Palästinas im Einvernehmen mit den zuständigen Regierungen erstrebten. Die Zionistische Vereinigung für Deutschland erklärt sich ausdrücklich bereit, ieder berufenen Instanz das gesamte ihr zur Verfügung stehende Material zu einer umfassenden Prüfung des Sachverhalts zur Verfügung zu stellen.
Seit einigen Tagen beschäftigen sich die Spanier mit einer seltsamen Erscheinung. In einer Mietswohnung in Sara gossa berichtete nämlich ein Dienstmädchen plößlich, daß sie, wenn sie sich dem Herde in ihrer Küche nähere und besonders, wenn sie ihn berühre, eine männliche Stimme aus dem Schornstein vernehme. Auf Fragen gebe die Stimme stets zutreffende Antworten. Auch die entsetzten Nachbarn vernahmen den unsichtbaren Sprecher, einige Frauen be schlossen sofort, mit Weihwasser aus der berühmten Wallfahrtskirche des Pilar dem Gespenst zu Leibe zu gehen. Bejonnene Leute, besonders die Presse, forderten Bald, daß dent Unfug ein Ende bereitet werde. So befaßten sich Polizei und Untersuchungsrichter mit der Angelegenheit. Auch sie vernahmen die Stimme.
Das Gespenst erwies sich als äußerst redselig und schlagfertig. So wurde eine gründliche Untersuchung des Kamins, des ganzen Hauses, aller dazu hinführenden Leitungen und der Radio- Einrichtungen der Bewohner vorgenommen, die ohne Erfolg blieb. Einer psychiatrischen Untersuchung der Dienstmagd widersetzten sich die Eltern. Die Stimme ver stummte erst, als sich einige Polizeibeamte vor dem Kochherd häuslich einrichteten, um dort die Nacht zu verbringen und die Erscheinung dauernd zu überwachen. Einerseits hat der Spuf große Erregung unter der Bevölkerung verursacht, anderseits aber auch Entrüstung. Denn der Spanier sieht es nicht gern, wenn in seinem Lande Leichtgläubigkeit und Aberglaube sichtbar an die Oberfläche treten.
Wizzbolde haben natürlich die Gelegenheit aufgegriffen und überall erschienen zur Nachtzeit weiße, spukhafte Gestalten.
Entlarvt!
Saragossa , 5. Dez. Das Geheimnis des„ Geistes von Saras gossa" ist endlich durch den Brief eines Einwohners von Saragossa an die Polizei geklärt worden, der sich Conrado Maino Pla nannte und erklärte, daß er den Geist ge= spielt habe, um für seine neue Erfindung Reklame zu machen, die in der Uebermittlung der menschlichen Stimme durch radiomagnetische Strahlen bestände. Der Geist" er= flärte weiter, daß sich seine Methode nur für Steinhäuser eigne und daß er bereit sei, seine Erfindung vor einem Gremium von Fachleuten zu demonstrieren.
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