Berständigungspolitik von rechts her. Diejenigen, die

Brand am heftigiten kritisierten, die keine Zuſammen­

arbeit mit dem republikanischen Deutschland   wollten, die

Nationaliſten und Chauvinisten von geſtern, ſtellen sich

heute als gute Europäer und leidenschaftliche Verfechter der französisch- deutschen Entente vor. Den Anfang machte der Herr Goy, der an der Spitze der Bewegung vom 6. Februar stand. Ihm folgt der Oberst La Roque, der Führer der stärksten faschistischen Organisation der Croix de Feu  , der in diesen Tagen plöglich eingesehen hat, daß es ohne deutsch  - französische Verständigung keine Ge fundung Europas   geben kann. Eine pazifistische Maskie­rung ist auch dabei. Die faschistischen Verständigungs­politiker wissen, was sie tun: Sie wollen eine Verständi­gung mit Hitlerdeutschland, nicht obwohl, sondern weil es faschistisch ist. Es geht um einen innenpolitischen Vor­stoß, und um den Versuch, eine koordinierte Politik der europäischen   Gegenrevolution einzuleiten. Die Verständigung mit dem deutschen   Faschis­mus soll innnenpolitisch auf Kosten der französischen  Demokratie, außenpolitisch auf Kosten der Sowjetunion  durchgeführt werden.

Nun ist aber eine solch deutsch  - französische faschistische Berständigung eine Utopie, wenn auch eine furchtbar ge­fährliche Utopie. Die denkenden Elemente der französi­fchen Rechten glauben gar nicht an eine solche Möglichkeit. Derselbe Matin", der dem bekannten Interviem Goys mit Hitler  , von dem die ganze Verständigungsaktion ihren Ausgang nimmt, seine Spalten zur Verfügung stellte, und der seit Monaten aus allzu durchsichtigen Gründen keine innenpolitische Information mehr aus Deutschland   bringt,

muß sich jetzt aus Genf   von seinem führenden Mitarbeiter Philippe Barrès   ganz andere Dinge mitteilen lassen, als die Vorausahnung einer künftigen deutsch­französischen Entente. Barrès schreibt offen, daß der Krieg, infolge der deutschen   Aufrüstung nunmehr zu einer unmittelbaren Möglichkeit geworden ist; daß das dritte Reich" einen ganzen Staatenblock, ein ganzes Bündnissystem gegen Frankreich   zu sammeln versucht: Ungarn  , Polen  , Jtalien. Und während , Matin" auf der ersten Seite beinahe täglich gegen die Sowjetunion   hegt, schreibt Barrès auf der dritten Seite des Blattes, daß es die Sowjetunion   ist, die durch ihre Verbindung mit der Kleinen Entente   und der Türkei   in Osteuropa   einen mächtigen Block gegen die deutsch­faschistische Revisionspolitik aufbaut. Also eine glatte Desavouierung der französischen   Unterhändler Hitlers  .

Unter sich uneinig, in der französischen   Innenpolitik in der Minderheit, in der Außenpolitik die greifbarsten Realitäten verkennend oder entstellend die Front der Pariser   Verständigungspolitiker von 1934 kann auf keine großen Erfolge rechnen.

Neue Vorschläge für Paris Paris  

, 18. Dezember.

In den Kreisen französischer Frontkämpfer erwartet man nun den Besuch des Stellvertreters des Führers, Rudolf Heß  , unmittelbar nach der Saarabstimmung und zwar wahr­scheinlich am 20. Januar. Heß   wird diesmal als offi= zieller Beauftragter des Führers" erscheinen, um bestimmte amtliche Vorschläge an die französische   Re­gierung zu bringen. Hauptinhalt der hitlerschen Angebote sollen ein gegenseitiger Richtangriffspaft zwischen Deutschland   und Frankreich   und eine gegenseitige Rüstungsgrenze sein.

Hitlers   wahrer Geist Wichtig für Monsieur Goy

Just in den Tagen des Auspinnens zarter Versöhnungs

fäden zwischen Berlin   und Paris   bringt die parteioffizielle Fränkische Tageszeitung" in Nürnberg   am 13. De  zember einen wüsten Aufsatz über Die Verjudung Frankreich  ".

Es genügt die Eingangssätze zu zitieren:

Wenn man von der Verjudung Frankreichs  spricht, so springen einem sofort als besonders charakteri= stisch die Namen Rothschild   und Dreyfus ins Auge. In der Tat dürfen diese beiden Familien die reichsten Franzosen" sein, und es ist bezeichnend für die Macht und den Einfluß, den besonders die Rothschilds in Frankreich  ausüben, daß die Abkürzuna des Namens République Francaise  ( R. F.) im Volksmunde als Rothschild Freres ausgelegt wird.

Radek gegen Rosenberg

Ein scharfer Artikel gegen Hitlerdeutschland

Mostau, den 17. Dezember. Anläßlich der fünfzehnjährigen Wiederkehr der Eroberung der Ukraina durch die Roten Truppen bringt die Sowjet­presse eine Reihe von Artikeln, die diesem geschichtlichen Ereignis gewidmet sind. Bemerkenswert sind die Aus­führungen Radeks, die er in der Moskauer   Istwestija veröffentlicht. Radek erklärt, daß der Traum der Eroberung der Ukraina durch die imperialistischen Mächte nicht mehr verwirklicht werden kann. Und dennoch haben gewisse deutsche   und polnische Kreise nicht aufgehört, mit dem Ge­danken zu spielen, die Ukraina von Rußland   abzutrennen.

Am Vorabend der zweiten Kriegs- und Revolutions= periode, in die wir eintreten so schreibt Radek i st das Programm der Eroberung der Ukraina die Grundlage der Außenpolitik des deut­

ichen Faschismus geworden. Es wäre aber irrig

anzunehmen, daß auch alle polnischen imperialistischen Areise Verzicht geleistet hätten auf den Plan einer Eroberung der Ukraina  ."

Karl Radet erinnert dann an die früheren Pläne des Marschalls Pilsudski  , der, wie einst vor mehreren hun­dert Jahren, Ukraina   und Polen   durch Schaffung einer Föderation miteinander verbinden will. Polen   sei es aber nicht einmal gelungen, weder zur assimilieren noch eine Genugtuung den Weißrussen und Utrainern zu verschaffen, die heute unter seiner Herrschaft leben.

Radek schließt seinen Artikel mit der Bemerkung, daß heute das industrialisierte Sowjetrußland Kraft genug in sich habe um all diese Pläne zunichte zu machen.

Minister drohen den Kirchen

Gibt es nach der Saarabstimmung schwerwiegende Folgen"?

Saarabstimmung..schwerwiegende

In Württemberg   sprach in diesen Tagen der Minister Die Internationale  " in der Kirche

präsident und Kultusminister Professor Mergenthaler

über das Verhältnis von Nationalsozialismus  und Kirche. Er betonte dabet, wie der NS.- Kurier" be= richtet: Wir wollen praktisches Christentum der Tat statt dogmatische Streitigkeiten Ich sehe mich veranlaßt, als Sul­tusminister, dem die Wahrnehmung der Beziehungen zwi­schen Staat und Kirche obliegt, in aller Form zu erklären, wenn der Friede in der evangelischen Kirche in Württemberg  nicht in Bälde einkehrt,

die Folgen sehr schwerwiegend sein werden, Folgen, die wir im Interesse fruchtbarer Beziehungen zwi­schen Staat und Kirche, wie sie in Württemberg   und ganz Deutschland   historisch geworden sind, sehr bedauern würden." Zur Frage der religiösen Betreuung der Hitlerjugend   be­merkte der Ministerpräsident u. a: Als Kultusminister bin ich gewillt. im Einvernehmen mit der Gebietsführung der Hitlerjugend   auch bei den Unterführern durchzusetzen, daß niemand in der Hitlerjugend wie überhaupt in der Bewe­gung wegen seiner firchlichen Stellung irgendwie ange­feindet wird. Die Buben und Mädchen sollen die Möglich­feit haben ihren religiösen Verpflichtungen nachzukommen. Wenn aber trotzdem gewisse hohe kirchliche Stellen glauben, gegen uns Sturm laufen zu können. so erflären wir, daß wir das auf die Dauer einfach nicht dulden und die Folge: rungen daraus ziehen werden."

Goebbels gegen die Bischöfe

Die Herren Minister aller deutschen   Länder und aller Grade belieben seit kurzer Zeit immer schärfere Drohworte gegen die Kirchen Sie gelten teils der protestantischen Oppo­sition, teils den deutschen   Bischöfen, die nicht aufhören, vor dem offiziell unterstützten Neuheidentum" zu warnen.

Noch viel deutlicher als Mergenthaler war Goebbels   in jeiner Trierer   Rede. Gegenstand seiner Angriffe war die katholische Kirche   Es ginge nicht an, so jagte er, daß Ver­treter der Kirche politische Tribünen" bestiegen. Als das Zentrum in treuer Koalition mit der Sozialdemokratie zu­sammengegangen sei, hätten die höchsten Kirchenfürsten Angst gehabt, gegen die wachsende Gottlosigkeit zu wettern." Die Partei sei- Goebbels schlug sich auf die Brust- positiv christlich gerichtet, aber:" Für Euch die Kirche, für uns die Politif."

Goebbels  , der Retter des Christentums vor den Gottlosen, bietet für seine Person ein besonders beachtenswertes Bei: spiel eines fatholischen Christen. Der Albertus- Magnus­Verein spendete ihm die Mittel zum Studium, aber erst auf wiederholtes Drängen entschloß er sich zur Rückzahlung der Unterstützungsgelder. Inzwischen hatte er sich mit einer ge­schiedenen Frau verheiratet, nach fatholischem Begriff Kon= fubinat und Todsünde. Er steht als Taufschein- Katholik tren an der Seite Adolf Hitlers  , von dem man weiß, daß er seit Jahrzehnten feinen katholischen   Gottesdienst mehr besucht hat,

Wir bewundern die Geduld der deutschen   Bischöfe. Sie werden ausdauernd von der braunen Führer- Garnitur an­derempelt und schweigen dazu. Sozialdemokratische Führer der Weimarer Aera hätten das wagen sollen! Welch ein Borneswetterschein des gesamten Episkopats hätte sich gegen sie erhoben! Heute wäre hinreichend Gelegenheit für die deutschen   Bischöfe, Katakombengeist" gegen ihre Widersacher einzusetzen. Statt dessen erlebt das gläubige Volk nur An­passung und Taktik und wird irre an der Kirche.

Drei Todesurteile

Mordjustiz des ,, dritten Reichs"

Durch Urteil des Berliner   Schwurgerichts vom 19. Juni 1934 war gegen zwei Kommunisten die Todesstrafe verhängt worden, während gegen zehn weitere Angeklagte auf empfindliche Freiheitsstrafen erkannt worden war. Die von fünf Beschwerdeführern gegen dieses Urteil eingelegte Revision wurde vom Reichsgericht am Montag als unbe= gründet verworfen. Damit sind die Angeklagten Friedrich Broede und Max Materni wegen gemeinschaftlichen

Aus Goebbels  ' Trierer   Rede

Während wir ein einiges deutsches Volf schusen, war es die Absicht gewisser Kreise, die 28 protestantischen Landes­firchen aufrechtzuerhalten. Wir hielten das für unangebracht und haben den Weg zu einer organischen Gliederung ge­wiesen. Wir drängen uns niemand auf, aber es könnte der Zeitpunkt kommen, wo wir erklären müssen, wenn Ihr die 28 Kirchen aufrechterhalten wollt dann finanziert sie selbst, wir haben dafür fein Geld. Im übrigen ist es sehr ver­dächtig, daß man in den Kirchen auf einmal soviel Kom= munisten sieht. Ich glaube nicht, daß die nationalsozia= listische Revolution sie so religiös gestimmt hat, daß sie sich zu ihrem Gott zurückfanden. Ich glaube der Grund ist darin zu sehen, daß die Kommunisten gar keine andere Möglichkeit sehen, Opposition zu treiben. Sie sagen sich, wenn wir die Internationale fingen, dann gibt es etwas mit dem Gummi: fnüppel. Wir wollen unser Vaterunser beten, dann fann uns niemand schaden. Das Gebet aber bedeutet nicht unser Vater", sondern Proletarier aller Länder vereinigt euch!" Wir merken auch das, und wenn der Augenblick da ist, wer­den wir Mittel und Wege wissen, dagegen einzuschreiten und alles zu beseitigen, was schädlich ist,"

Er rechtfertigt sich

Die Trierer   Rede des Reichsreklameministers hat in maßgebenden katholischen   Kreisen peinliches Aufsehen erregt. Goebbels   hielt es daher für nötig, in einer Gauleiter­Konferenz im Berliner Sportpalast   Mißverständnisse" aus­zuräumen. Er sagte:

" Ich habe in meiner Trierer   Rede darauf hingewiesen, daß in der Vergangenheit eine andere Praxis geübt wor den ist als in der Gegenwart. Ich habe nicht bezweifelt, daß die katholischen   Kirchensürsten in den vergangenen Jahren, als wir noch nicht an der Macht waren, den Atheismus bekämpft haben. Ich habe behauptet: Für den Atheismus, für die Gott- und Sittenlosigkeit und den charakterlichen Verfall des deutschen   Volkes war neben der Sozialdemokratie vor allem das Zentrum ver antwortlich, denn seine Bundesgenossenschaft mit der Sozialdemokratie hat ja das alles erst möglich gemacht. Ich habe nicht festzustellen versucht, daß die katholischen   Kirchen­fürsten sich nicht gegen den Atheismus gewandt hätten, sondern nur, daß sie sich nicht gegen die Parteige wandt haben, die die Ursache dessen war. Das ist ein fleiner Unterschied von sehr großem Belang. Mich in­teressiert. was die, die uns heute Heidentum vorwerfen, damals gegen Sozialdemokratie und 3entrum getan haben." Der kleine Unterschied" sollte Herrn Goebbels   nicht ganz unbekannt sein. Früher gav es feinen Rosenberg, dessen firchenfeindliche Bücher zwangsweise in alle Biblio thefen eingestellt werden mußten. Früher wurden feine Bischofspaläste gestürmt, feine Priester mißhandelt und wegen ihrer politischen Gesinnung in Schußhaft genommen. Früher konnten die katholischen   Organisationen und die Jugendverbände tun und lassen, was sie wollten. Es wurden feine katholischen   Führer ermordet und ihre Asche nicht ihren Frauen in Pastpaketen zugeschickt. Goebbels   ist intelligent. Vielleicht gehört es zu seiner Intelligenz, sich manchmal dumm zu stellen.

Jagdkönig Göring Hannover  

, 17. Dez.( Jupreß.) Der Reichsforitmeister Göring ist zum König der Jagd" ausgerufen worden. Im Wildpark von Springe   schoß er an einem einzigen Tage 22 Wildschweine von den insgesamt vorhandenen 67 nieder. Die Mordlust des Generals wird mit der Behauptung verbrämt, daß die erlegten Wildschweine der Winterhilfe. zugeführt werden sollen.

Mordes rechtskräftig zum Tode verurteilt worden unter Die Ablenkung

Aberkennung der Ehrenrechte auf Lebenszeit. Gleichzeitig haben die wegen Beihilfe zum Mord verhängten Zuchthaus strafen in Höhe von fünfzehn Jahren genen Erich Wichert und von je vier Jahren geaen Hans Broll und Rudolf Konrad   Rechtstrait erlanat. Es handelte sich dabei um die Ermordung des Polizeihauptmanns Anlauf und des Polizeioberwachtmeisters enf im Jahre 1931.

Da faum zu erwarten steht, daß der Reichsjägermeister Göring von seinem Begnadigungsrecht Gebrauch machen wird, muß man damit rechnen, daß wieder zwei Köpfe unter dem Mordbeil des dritten Reiches" fallen werden.

Die Mitschuld der drei Verurteilten an der mehrere Jahre zurückliegenden Mordtat, die in der Atmosphäre schwerer Straßenunruhen geschah, ist durch nichts erwiesen. Man konnte sie lediglich als Beteiligte an den Unruhen ermitteln und hätte mit demselben Grunde hundert andere vor die Schranken stellen können.

Die vom Scharfrichter Bedrohten sind nur zu retten, wenn die Weltöffentlichkeit sich gegen die Mordjustiz im dritten Reiche" erhebt.

Freiheit" in Oesterreich  

Bürgermeister Seitz Bürgermeister Seitz- weiter ein Gefangener

Aus Wien   wird uns berichtet: Auch nach der formellen Enthaftung wird Bürgermeister Seiß wie ein Strafgefange­ner bewacht und behandelt. In der Wohnung des Bürger­meisters machen zwei Kriminalbeamte ständig Dienst und überwachen ihn ständig. Im Stiegenhaus stehen zwei weitere Kriminalbeamte auf Beobachtungsposten. Briefe, die Seiß bekommt, stehen unter derselben Zensur wie die Korrespon= denz von Häftlingen. Vor allem darf Seiß feine Besuche empfangen. Die Regierung hat angeordnet, daß nur die näch­ſten Anverwandten mit ihm sprechen dürfen. In der Unter­suchungshaft durfte Seiß wenigstens einmal in der Woche Besuche seiner Freunde empfangen; auch das ist ihm jetzt verwehrt.

Pensionierter Beamter in Schutzhaft

Frankfurt, 18. Dez. Das Frankfurter Volksblatt" haire am Samstag unter der Ueberschrift An den Pranger" einen illustrierten Bericht über die Weihnachtsspende eines früheren Kreisdirektors gebracht, der( obgleich er eine nam haite Pension bezog) als Gabe für die NEV. ein Patet mit alter Wäsche und alten Kleidungsstücken gegeben habe, die so zerrissen gewesen seien, daß die NSW, für solche Lumpen feinerlei Verwendungsmöglichkeit gehabt habe. Infolge der Erregung, die über diesen Fall in der Bevölkeruna ent standen ist. hat die Geheime Staatspolizei   den eher maligen Kreisdirektor und seine Frau i Schußbait genommen

Kluge Antwort. Wie gehts in Deutschland  ? Wir können uns nicht beklagen.

( Notenkraker, Amsterdam  .),