abius@ Heißer Meinungskampf
Die Kammer bewilligt 800 Millinen Kredite Flandin : Frankreich habe nie erklärt, daß es die deutsche Au rüstung annehme"
Die Kammer beriet Dienstag vormittag und nachmittag über die Nachtragskredite für das Kriegsministerium in Höhe von 800 Millionen Franken für die Anschaffung neuen Kriegsmaterials. Der frühere Luftminister Cot verlangte zu Beginn der Vormittagssitzung die Vertagung der Debatte. Er will zuerst wissen, welche Maßnahmen die Regierung getroffen hat, um die Herstellung der Kriegswaffen zu kontrollieren, und erklärte, daß das Volk wohl bereit sei, zum Schuße an die Grenzen zu eilen, jedoch unter der Bedingung, daß der Krieg
nicht für gewisse Leute eine Quelle des Reichtums sei. Ministerpräsident Flandin erwiderte, daß die franzöfifche Regierung bereits die Frage der Verstaatlichung der Waffenherstellung und die Frage der Waffenkontrolle
in Genf unterbreitet hat. Frankreich stimme von vornherein
mit Begeisterung einer Konvention zu, welche die Begrenzung und die Kontrolle der Waffenfabrikation zum Ziele haben würde. Cot 30g darauf seinen Vertagungsantrag
zurück.
In der Nachmittagssigung
kam es dann zu einer ziemlich heftigen Auseinandersetzung zwischen dem Sozialistenführer Leon Blum und dem Ministerpräsidenten landin. Blum beantragte gemäß eines Beschlusses seiner Fraktion ebenfalls die Vertagung der Debatte, weil die Sozialisten nicht wollten, daß sich das Land an den Kriegsgedanken gewöhne. Die Aufrüstung Deutschlands könne nur durch ein Mittel verhindert werden, nämlich durch die allgemeine Abrüstung. Deutsch land müsse genötigt werden, nach Gens zurückzukehren. Antwort Flandins
Flandin antwortete Peon Blum, daß Deutschland aus eigener Initiative den Völkerbund verlassen habe. Die französische Regierung habe alles getan, um in Genf eine allgemeine Abrüstung zu ermöglichen. Indem Blum von der deutschen Aufrüstung gesprochen habe, habe er eigentlich schon alles gesagt. Frankreich dürfe das, was jenseits der Grenze vorgehe, nicht ignorieren. Es sei aber bereit, gleich morgen wieder in Genf über die Abrüstung
zu verhandeln, um die Bölfer von den schweren Rüstungslasten zu befreien. Er, Flandin, tönne auf keinen Fall die Worte Blums unerwidert lassen, daß das Wettrüsten gleich bedeutend mit einer Duldung der deutschen Ausrüstung sei. Niemals habe Frankreich erklärt, daß es die deutsche Aufrüstung annehme.
Leon Blum bedauerte in seiner Erwiderung, daß der Ministerpräsident die Debatte auf das persönliche Gebiet verlegt habe. Man müsse alle Formen wirtschaftlichen und finanziellen Druckes anwenden, um Deutschland zu einer allgemeinen Abrüstungsfonvention zu zwingen.
Der Vertagungsantrag Blums wurde daraufhin mit 462 gegen 126 Stimmen abgelehnt und die kredite mit 460 gegen 130 Stimmen gebilligt,
Die französischen Sozialisten Ihre Haltung zur Landesverteidigung
( Von unserem Korrespondenten)
Paris , 19. Dezember. Die französische Kammer ist in die Aussprache über den von der Regierung geforderten zusätzlichen Heereskredit von 800 Millionen Franken zur Beschaffung von Kriegsmaterial eingetreten und hat die Summe mit 460 gegen 130 Stimmen bewilligt. blair dhon all at Wir haben an dieser Stelle schon darauf hingewiesen, daß die sozialistische Fraktion mit Ausnahme einiger Abgeordneter aus den Departements an der deutschen Grenze dem Entwurf nicht zustimmt. In ihrer letzten Sitzung vor
h. b. Seit Wochen tobt nun in den Spalten der„ Braun schweiger Landeszeitung" ein heftiger Meinungsstreit über die Bezeichnung des bewußten Dertchens, wo früher sogar der Kaiser zu Fuß usw.
Der Kampf wurde eröffnet von einem Pfiffikus, der allen Ernstes vorschlug, die französische Bezeichnung " Toilette" im Jnteresse der„ Rassereinheit" der deutschen Sprache durch das urdeutsche„ WC " zu ersetzen. Natürlich hat der Gute mit seinem Vorschlage helles Entsetzen hervorgerufen, denn man möchte doch seine heiligsten Empfindungen nicht gern aus dem französischen Regen in die englische Traufe bringen! Nunmehr fanden wir in Nr. 333 der genannten Zeitung der Kampf wurde in Nr. 326 eröffnet! folgende Aeußerung:
Meines Wissens ist das„ 00" als Bezeichnung für sogar den bewußten Ort eingebürgert, uns allgemein international verständlich und würde in Verbindung mit der richtungweisenden Hand zweckmäßig auch überall als Wegweiser dienen können. Wenn das französische " Toilette" verschwinden soll, so ist es natürlich unsinnig, statt dessen die ebenso undeutsche Bezeichnung" WE" einführen zu wollen. Sehr gut gefiel mir die Kennzeichnung, die ich in einem Landhaus in Oberbayern sah:„ Aha!" stand dort an den betreffenden Türen. Man kann aber nicht erwarten, daß jedermann ohne weiteres hinter„ Aha!" das Richtige vermutet und wird in der Not solange den Weg zur Toilette finden, bis es gelungen ist, eine gemeinverständliche Bezeichnung für den bewußten Ort gefunden und eingeführt zu haben. Auch dieses Problem wird einmal gelöst werden!"
Leider kann man den„ in Not befindlichen Deutschen " nicht anraten, einfach dem Geruch nachzugehen, weil ja im ,, dritten Reiche" alles zum Himmel stinkt!
der Parlamentsdebatte über diese Frage bat nun die graf Lösegeld oder Kittchen
tion beschlossen, gegen die Regierungsvorlage 3 u stimmen. Leon Blum der Fraktion hat im Plenum erflärt, daß die Sozialisten grundsätzlich die Landesverteidigung bejahen, aber der Regierung Flandin , zu der sie fein Vertrauen hätten, die ge= forderten Kredite nicht bewilligen fönnten.
Laval wird beglückwünscht
Erneute
Einladung an Deu 'schland zur Beteiligung am Ostpak! Fests.eilung der Möglichkeit einer zweiten Abstimmung an der Saar
Der französische Senat hatte am Dienstag einen großen Tag. Im Verlauf der Debatte über das Budget des Außenministeriums fam es zu einer großen Debatte über die Beziehungen zu Deutschland und über die Saarfrage, wobei Laval mit außerordentlich wichtigen Erklärungen eingriff.
Ostpakt und Annäherung an Italien : Darin erblickte Raval einen Angelpunkt der französischen Außenpolitik. Die Sowjetunion habe, so sagte er, den Willen zur internationalen Zusammenarbeit für den Frieden. Frank reich sei gleichzeitig bemüht, den berechtigten polnischen Wünschen Rechnung zu tragen. Dann fuhr Laval fort:
„ Wir werden sehr bald unsere Unterhaltung mit Deutsch : land wieder aufnehmen. Deutschland wird aufgefordert werden, mit uns und den übrigen Ländern unter den gleichen Bedingungen und mit gleichem Recht zu verhan deln. Deutschland wird aufs neue aufgefordert werden, sich diesem Kollettivpaft anzuschließen, in dessen Rahmen es versichert ist, die gleichen Garantien zu erhalten, wie es den übrigen beteiligten Ländern gewährt wird." Das ist also eine erneute Aufforderung Frankreichs an Deutschland zur Beteiligung am Ostpakt. Zavals Entgegenkommen geht sehr weit. Er will Hitler jeden Vorwand nehmen, sich den Ostpakt- Verhandlungen entziehen zu können. Auf der politisch- diplomatischen Ebene wird Deutschland die Gleichberechtigung garantiert: jetzt muß es sich also ent= scheiden und vor Europa bekennen. ob es an der Lösung europäischer Friedensfragen mitzuarbeiten gewillt ist oder nicht. Frankreichs Zusage wird es dem dritten Reich" recht schwer machen, die Politik dunkler Zweideutigkeit in Bezug auf den Ostpakt fortzuseßen. Der Plan Hitlers , zweiseitige Verträge an Stelle von Kollektivverträgen abzuschließen, ist erledigt.
Nicht weniger klar waren Lavals Aeußerungen zur Sa a r= frage. Er sagte wörtlich:
„ Eine wichtige Entscheidung in Genf wurde für den Fall der Fortdauer des jezigen Regimes im Saargebiet ge= troffen. Der Völkerbundsrat, dem in diesem Falle die Souveränität über das Saargebiet zustehen wird, wird die
Paris , den 19. Dezember. Das Attentát von Marseille , dessen Opfer König Alexander von Jugoslawien und der französische Außenminister Barthou wurde, wird, wie nunmehr feststeht, vor dem Schwurgericht in Aix- en- Provence sein gerichtliches Nachspiel haben. Nachdem bekanntlich Italien es abgelehnt hat,
Pavelitch auszuliefern, werden nur Benesch, Novak und Malny als Komplizen des Mörders Kelemen vor den Geschworenen erscheinen.
Wie wir erfahren, hat das Gericht alle Vorbereitungen getroffen; man ist der Meinung, daß der Prozeß in spätestens drei Monaten beginnen fönne
Galapagos Geheimnis
Sorgfältige Nachforschungen der United Preß in allen in Frage kommenden Punkten haben ergeben, daß gewisse im Ausland verbreiteten Nachrichten, die in bestimmter Form den Tod der Baronin Wagner- Bousquet melden, nicht der Wahrheit entsprechen. Der auf den Galapagos- Inseln weilende Vertreter der United Breß meldet in Uebereinstim= mung mit allen übrigen zuverlässigen Nachrichtenquellen, daß über das Schicksal der Königin von Galapagos" nach wie vor nichts Bestimmtes bekannt sei Fest stehe nur, daß die Baronin im Juli dieses Jahres von den Inseln verschwunden sei und seither nicht gesehen wurde. Möglicherweise fei fie tot.
Möglichkeit haben, diese Souveränität wieder a b= zugeben, wenn später die Saarländer den Wunsch aussprechen sollten, wieder mit Deutschland vereint zu werden. Ich habe in der Rammer gesagt, daß sich Frankreich einem solchen Beschluß nicht widersetzen würde, und ich konnte mit Genugtuung feststellen, daß in diesem Punkte die Anschauungen der französischen Regierung vollständig mit denen des Dreler Ausschusses und Rates übereinstimmen."
Das ist die bisher deutlich ste Erklärung zur Möglichkeit einer zweiten Abstimmung für den Fall des Status quo. Laval sprach auch diesmal nicht für die gegenwärtige Regierung, sondern für Frankreich , und er bekräftigte seine Uebereinstimmung mit Dreier Ausschuß und Rat. Lavals Bemerkungen sind für die Presse der„ deutschen Front" an der Saar , die den Mut hat, noch immer die These von der Fragwürdigkeit einer zweiten Abstimmung aufrecht zu erhalten, recht unangenehm. Trotz ihrer Wichtigkeit( Saar brücker Zeitung ") wird die Erklärung, unter Fortlassung entscheidender Säße, in ganz kleinem Druck wiedergegeben. Laval sagte weiter:
„ Dank der aufrichtigen Unterstützung des britischen Delegierten ist in Genf eine Lösung zustande gekommen, die Frankreich vollständig von der Berpflichtung entband, an der Polizeiorganisation im Saargebiet tellzunehmen. Zum ersten Male- fuhr er fort wurde hier das Prinzip einer Heranziehung internationaler Streit fräfte zur Regelung einer internatio= nalen Angelegenheit verwirklicht. Englische, italienische, holländische und schwedische Kontingente über: nehmen jetzt die Polizeigewalt, Zur Stunde sind beretts die Truppen unterwegs nach Saarbrücken . Es ist dies ein martantes Datum in der Geschichte der Genfer Institution, ein großer Aft, den alle Völker begrüßen können." Der Senat nahm eine Entschließung an, die Laval zu seiner Arbeit und zu seinen Erfolgen beglückwünscht. Das Budget des Außenministeriums wurde ohne Aenderung angenommen.
Keine Ueberstundenbezahlung Für Beamte und öffentliche Angestellte
Aus Anlaß einer Frage über die Vergütung von Ueberstunden an die bei den Sparkassen beschäftigten Beamten und Augestellten hat der Reichswirtschaftsminister und preußische Minister für Wirtschaft und Arbeit einen grundsäßichen Bescheid erteilt. Er stellt fest, daß nach den beamtenrechtlichen Grundsätzen der Beamte verpflichtet jei, feine volle Arbeitstraft in den Dienst des Staates zu stel= len. Er habe die ihm übertragenen Arbeiten rechtzeitig und insbesondere auch ohne Rücksicht auf eine festge= jette Arbeitsstundenzahl zu erledigen. Eine Vergütung für Ueberstunden komme dabei in keinem Fall in Betracht. Die Angestellten, deren regelmäßige Arbeitszeit 48 Stunden wöchentlich betrage, seien zur Mehrarbeit bis zu 54 Wochenstunden ohne besondere Abgeitung verpflichtet, sofern allgemein oder aus besonderem Anlaß auch für die Beamten der betreffenden Dienststelle oder Abteilung eine mindestens gleich lange Arbeitszeit angeordnet jei. Die darüber hinausgehende Arbeitszeit der Angestellten sei grundsäßlich im Laufe des Kalenderjahres durch Freizeit auszugleichen.
Angesichts der grundsätzlichen Bedeutung dieser Frage auch im Hinblick auf alle anderen öffentlichen Dienststellen hält der Minister eine stärkere Ueberwachung der Betriebsgestaltung der Sparkassen durch die Aufsichtsbehörden für angezeigt.
Die Nazibeamten werden lange Gesichter machen.
hb. Der Flensburger Kreisleiter Landrat Hans, der sich darin gefällt, in übelster Weise zu„ prangern", hat den Kaufmann Otto Schrader aus Mehlby in Schutzhaft nehmen lassen, weil er nicht genug zur Winterhilfe hergegeben hat. Er hat den Fall langatmig in seinem Parteiorgan geschildert, um die Oeffentlichkeit gegen Schr. aufzuhezzen und schließt den Bericht mit folgender Gangstererpressung:
„ Herr Schrader wird Gelegenheit haben, jetzt darüber nachzudenken, wie er sich in Zukunft der Volksgemeinschaft ge genüber zu verhalten gedenft. Eine Freilassung kann erst dann in Frage kommen, wenn man eine Garantie für seine Sicherheit übernhmen kann und die durch sein Verhalten entstandene Erregung sich beruhigt hat. Es liegt daher an Serra Schrader, den Beweis zu liefern(!), daß er sich in die Boltsgemeinschaft nun einfügen will, fein bisheriges Ver
alten bedauert und sich bemühen will, wieder gutzumachen."
Da heißt es: Beutel zücken oder brummen. In Gangsterländern ist das nun einmal nicht anders!
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