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Samstag, den 22. Dezember 1934

Das ist Schwedtke

Dec ,, Führer" der neuen Philologengeneration

Wissenschaft

Die ihr gemordet...

Timon

her

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bis ins fernste Ausland nur Bestes be­richten konnten, fand sich doch ein Jemand, der der reaktio­nären Presse den Gefallen tat, sie mit..Material" gegen die gefährliche Schule zu versorgen. Dieser Jemand war kein

anderer als Schwedtke.

Das Zukreuzekriechen des Deutschen Philologenblattes" übergehen konnte. Obwohl die vorgesetzten Stellen wie die wie der deutschen   Philologenschaft überhaupt erhält durch die Persönlichkeit des neuen Schriftleiters und Vorsitzen­den des Preußischen Philologenverbandes seine würdige Kennzeichnung. Der Name Schwedtke bezeichnet weniger ein System als eine Personenklasse von Kriechtieren, wie sie sich unter jedem politischen System geltend zu machen suchen, aber in keinem so am Platze sind, sich so als best­angepaẞt erweisen wie in der drohnenaden Kreuzung von Roheit, Schwachsinn und Streberei, die heute die geistige Führung der einstigen Denkervolkes in Händen hat.

In Berlin- Neukölln bestand die Karl- Marx­Schule: eine aus der schöpferischen Entschlußkraft des Bezirksschulrats Kurt Löwenstein   hervorgegangene, von dem Direktor Karsen meisterhaft geleitet und mit hervorragenden Lehrkräften ausgestattete Aufbauschule, deren überwiegend proletarische Schüler meist aus den-velt­lichen Schulen Großberlins kamen und vielfach mit der sozialistischen   Jugendbewegung in Fühlung standen.

die

Es war keine parteimäßig gebundene Schule Schülerschaft zählte auch Angehörige aus unpolitischen und aus Rechtskreisen, aber eine durch ihre Leistung und den Geist von Lehrern und Schülern hervorragende Vertreterin des modernen Erziehungsgedankens als Arbeits- und Ge­meinschaftsschule. In freier Ordnung und unter selbstätiger Mitwirkung der Schüler und Eltern wurde da die Fähig­keit

zur Beobachtung. zum Urteilen und selbständigen Arbeiten geschult, durch Studienfahrten und gründliche Ver­arbeitung der Ergebnisse wertvoller Stoff gesammelt. Auf der Universität hoben sich die Schüler von den übrigen Studenten durch ihre vorbildliche Vorbildung zum wissen­schaftlichen Arbeiten ab Die Schule, deren Leiter und Lehrer sich auch wissenschaftlich betätigen, stand in Ver­bindung mit den berühmten Arbeiter- Abiturientenkursen, in denen unter Karsens Leitung hochbegabte junge Arbeiter in kurzen drei Jahren zur Universität vorbereitet wurden, wo sie sich hervorragend nach bürgerlich- fachmännischem Urteil

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bewährten.

Es ist klar, daß die gegen Arbeiterbildung und weltliche Schule betriebene Hetze an dieser Spitzenleistung nicht vor­

Musik bei Frick

Früher war er auf seinen Wunsch und mit bedeutendem Herandrängeln an den Leiter kurze Zeit an der Schule be­schäftigt gewesen, hatte aber. da er sich ungeeignet erwies, das Feld räumen müssen Nun sann er auf Rache. Einige Zeit vor dem Umsturz begann er die Rechtspresse mit schlimmsten Räubergeschichten zu bedienen, in denen alle Instrumente: das nationale". pädagogisch- disziplinäre und natürlich auch das ,, moralische" spielen mußten. Die Schule hat sich tatsächlich nie auf der sittlichen Höhe der Kadetten­häuser und der Hitlerjugend halten können. Eine Summe frecher Verleumdungen, die jugendlichen Uebermut zu Greuelmärchen aufplusterte und nach Bedarf auch das Erforderliche erdichtete.

Die Empörung über das Subjekt war so groß, daß der Elternrat ohne Unterschied, der Partei aus bester Kenntnis der Vorgänge schärfsten Protest erhob und einschließlich seiner deutschnationalen Mitglieder von Provinzialkollegium und Bildungsministerium ein Eingreifen gegen den Schmäh­

Die ihr gemordet und vergraben wähnt ihr für immer stumm gemacht. Sie sind nicht stumm, ihr hört sie schreien, wenn ihr, mit Angst im Herzen, lacht.

Und wenn ihr singt. spürt an der Kehle ihr eine kalte Knochenfaust.

Drum überbrüllt ihr jede Stille und dunkle Furcht, die in euch haust.

Des Nachts die Gräbernebel steigen empor aus tiefster, dunkler Gruft. Die unterdrückten Todesschreie verdicken euch die Atemluft.

Ihr greift entsetzt nach jenen Schatten. die auf euch wuchten schwer und breit. Der Toten Schiei steht starr im Dunkel O wartet nur' s ist noch nicht Zeit!

So tief die Toten auch vergraben.. sie kommen zu euch. Nacht für Nacht. Und jede Nacht. bis ihr dann endlich zum Morgen des Gerichts erwacht.

süchtigen forderte. Da aber damals die Republik   schon in Das Banner steht...

den letzten Zügen lag, blieb die Sache beruhen. Eine Prüfung des Unterrichts durch das Ministerium hatte ein ruhmvolles Ergebnis.

Aber es war natürlich, daß die Schule mit dem gefähr­lichen Namen dem nationalen Aufschwung zum Opfer fiel. Das Lehrerkollegium wurde gereinigt", und Direktor wurde für den Bolschewisten" Karsen Herr Schwedtke.

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Der rechte Mann am rechten Platz. Die Schule, die auch ihre besten Schüler abstoßen mußte, ist heute eine Stätte chauvi­nistischer Verhetzung und entgeistigter Muskelbildung wie die anderen auch. Herr Schwedtke aber hat sich das ver­diente Vertrauen der Rust   und Konsorten zu erhalten ge­wußt und die seiner würdigen Karriere fortgesetzt. Nur ein Ehrenamt fehlt noch, zu dem wir ihn hiermit geziemend vorschlagen zum Ehrenpräsidenten der Afterwürmer.

Man sah... das Gesicht der neuen Herrenschicht

Im Berliner Tageblatt"( 18. Dezember) lesen wir: Zum Besten des Winterhilfswerks hatten der Reichs­minister des Innern und Frau Frick zu einem Haus­konzert in ihre Dienstwohnung geheten. So hervorragende Künstler wie die Hausherrin selber, der Kammersänger Schlusnus  , Michael Raucheisen   und Staatskonzertmeister Georg Kniestädt mit seinen Kammermusikern wirkten zu­sammen und brachten viel Genuß.

Reichsvorsitzende Frau Lange( Hannover  ), und aus der Kunstwelt Rudolf Bockelmann, Käte Heidersbach, Hans Fidesser  , Barbara Kemp  - von Schillings. Marcell Wittrisch, Marta Linz  . Staatskapellmeister Heger und der japanische Dirigent Koichi Sishi. Bemerkt wurde der zu Besuch in der Reichshauptstadt weilende Besitzer der Daily Mail", Lord Rothermere  , mit Gattin und Tochter. Ferner hatten sich Exzellenz Viktoria Im Mittelpunkt des von Dirksen eingefunden. Frau Sahm, Frau Konsul Staudt, der junge Graf Schönburg, die Generale von Radowitz und Frhr. von Holzing- Berstett, letter Friedenskommandeur der 1. Garde- Dragoner und Flügeladjutant beim früheren Kaiser, der Rasseforscher Prof. Lenz, von bildenden Künstlern die Professoren Fritz Rhein  und Schuster- Woldan  . Herr von Prittwitz und Gaffron von der Generalintendantur, Dr. Stang von der NS.  - Kulturge­meinde, die frühere Botschafterin Baronin Maltzahn, Ober­sturmbannführer Oberstleutnant a. D. von Laffert und Frau. und aus der Industrie die Herren Arbad von Düring und Direktor Karl Lange  .

Abends, um dessen Gelingen sich der Richard- Wagner- Ver­band deutscher Frauen. Ortsgruppe Berlin  , deren Ehrenvor­sitzende Frau Margarete Frick ist, verdient gemacht hat, stand Schuberts   herrlich vorgetragenes Forellen­ quintett  ". Die Gattin des Ministers trug Kompostionen von Brahms   vor; Schlusnus   sang Lieder von Schubert und Hugo Wolf  . Beiden Künstlern, denen Michael Raucheisen   der meisterhafte Begleiter war, wurde anhaltender, herzlicher Beifall gespendet, der schließlich verschiedene Zugaben er­wirkte, darunter die Kavatine des..Figaro".

Die schönen klassizistischen Räume des Hauses, weihnacht­lich geschmückt, gaben den festlichen Rahmen für einen größeren Gästekreis, in dem man u. a. die Reichsminister Dr. Gürtner und Dr. Schacht, Staatssekretär Dr. Meißner, den Sonderbevollmächtigten des Führers, Joachim von Ribben­ trop  , Reichssportführer von Tschammer und Osten, General­

Kurz. man sah alles, was heute Rang und Namen hat. Nur etwas sah man hier nicht: SA. und SS.  

forstmeister von Keudell, den Vertreter Hessens   beim Reich. Woher kommt dec ,, deutsche Gruß"? Ministerialrat von Zengen, und den Adjutanten beim Reichs­minister für Propaganda und Volksaufklärung, Prinz Christian zu Schaumburg- Lippe, sämtlich mit ihren Gattinnen, bemerkte. Es waren der Präsident des Reichsgesundheits­amtes, Reiter, der Dresdener   Oberbürgermeister Zörner, Staatssekretär Pfundtner, von dem durch die Veranstaltung bedachten Winterhilfswerk, Reichsleiter Hilgenfeldt, Eva von Schroeder und Herr Spiewok gekommen, die Vorsitzenden der Ortsgruppe des Richard- Wagner- Verbandes Deutscher Frauen, Elisabeth von Kekule und Frau Ilse Göring, die

Der Londoner Everyman" sucht auf originelle Weise die Frage nach der Entstehung des deutschen Grußes" zu be­antworten. Er veröffentlicht eine Zeichnung, auf der man einen Mann im Anstreicherkittel sieht. die rechte Hand mit dem arbeitsbereiten Pinsel hocherhoben, die linke, etwas gekrümmt. hält den Farbentopf. Daneben steht derselbe Anstreicher in der gleichen Haltung, aber ohne Pinsel und Farbentopf, in Nazi- Uniform. Das Gesicht des Anstreichers erinnert lebhaft an einen bekannten Nationalsozialisten.

Trotz alledem!

Hans Kirner.

Das Volkshaus der Leipziger Arbeiterschaft ist Tausenden von Arbeitern aus allen Ländern in schöner Erinnerung. Im Lager der Feinde des Sozialismus hatte es viel wütende Hasser. Bekannt ist noch. daß die mit den Putschbanden des Kapp sympathisierenden Offiziere der jungen Reichswehr   in den Tagen nach dem Kapp- Putsch   im Frühjahr 1920 das Leipziger Volkshaus mit schweren Minen in Trümmer schossen. Sie hofften. dadurch das stolze Denkmal des kämpfenden Proletariats für immer beseitigt zu haben.

Aber sie hatten nicht mit der Opferbereitschaft und dem unerschütterlichen Willen der Arbeiterschaft gerechnet. Nach erstaunlich kurzer Zeit stand an Stelle des zertrümmerten Hauses ein neuer noch größerer, hoher und stolzer Bau, als der ohne jeden Grund mutwillig zerstörte gewesen war. Ganz hoch oben am Turm kündeten große Lettern die eiserne Entschlossenheit und Bereitschaft des Leipziger  Proletariats: Trotz alledem!

Trotz alledem. Diese zwei Worte höhnten die Offiziers­banditen und ihren gesinnungsverwandten Anhang. Sie waren aber auch die trutige Antwort der organisierten Arbeiter an alle ihre Gegner, die danach trachteten, die sozia­listische Bewegung zu hemmen und lahmzulegen.

Am 9. März 1933 hat die Polizei das Volkshaus besetzt und es den Nationalsozialisten ausgeliefert. Seitdem meidet es die Arbeiterschaft Aber vom hohen Turm herab leuch­teten noch immer, auch wenn die Hausfront die Haken­kreuzflagge zeigte, das Trutwort..Trotz alledem!"

Das wurde den nationalsozialistischen Führern der Deutschen Arbeitsfront  . die sich jetzt im Volkshaus breit­gemacht haben, immer unbehaglicher. Das Trotz alledem klang ihnen wie eine Drohung in die Ohren. Sie konnten es nicht länger ertragen und so beschlossen sie die Entfer­nung dieses Trugwortes. Ein hohes Gerüst wurde gebaut und die zwei gefährlichen Worte abgemeißelt.

Dafür aber bleiben sie in den Herzen der Leipziger Arbeiterschaft um so tiefer eingegraben, diese zwei Worte: Trotz alledem!

Meckecer Reventlow

Es schwirrt ihm vor den Augen

Wir lesen in der Deutschen Wochenschau" von Re­ventlow:

,, Ich stand vor der großen Plakatsäule. Mechanisch lasen meine Augen: Flaggen heraus! Einweihung!" Flaggen heraus! Ministerbesuch!"..Flaggen heraus! Schulungs­woche!"..Tag des Buches!" Tag der Mutter!" Tag der Blume!" Tag der Kleingärtner!"- Tag des Handwerks!" ,, Tag des Pferdes!" Tag der Segler!" ..Tag der Kegler!"..Tag der Hausmusik!" Tag des deutschen   Weines!**..Tag Nietzsches!" Tag Schillers!" -.. Tag des deutschen Apfels!"

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Ach, sieh mal! Jetzt wird ihnen vor sich selber schlecht!

Miniaturen

Von Iwan Heilbut  

1. Nordisch

Als ich in die nordischen Länder reiste, erwartete ich, dort alle Menschen mit einem umgehängten Schild zu finden, auf dem zu lesen wäre: Garantiert nordisch.

Aber nirgends las ich in den nordischen Ländern dies Wort. Auch hörte ich es nirgends. Es war gerade so, als wüßten die Leute dort nicht, daß sie nordisch wären.

Als ich aber nach Deutschland   kam, riefen alle Leute: Wir sind nordisch, wir sind arisch

Wer hat je einen Löwen rufen hören: Ich, der Löwe. Aber der Dilettant, der sich in einen Löwen verkleidet, hat allen Grund. sich ein Schild umzuhängen, damit sein Publi­kum erkennt, was er vorstellen will: Meine Herrschaften, ich bin ein Löwe.

II. Französisch

Als ich nach Frankreich   reiste, erwartete ich, dort alle Leute auf Deutschland   schimpfend zu finden: Ah, unser Erbfeind, wann kommt der nächste Krieg, damit wir ihn ver­nichten können?

Jedoch nicht so, sondern folgendermaßen redete mich der

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erste Franzose es war ein Eisenbahnschaffner hinter Kehl   an: Wann werden wir uns wieder Feinde titulieren müssen, mein Freund?

In meinem Schullesebuch, in illustrierten Jugendbüchern und in vielen andern Schriften hatte ich die französische Nation als ein Volk wilder Bestien kennen gelernt, das als Morgen- und Abendgebet den Himmel um die Vernichtung Deutschlands   anruft.

Ich wunderté mich daher, daß es einen freundlichen Franzosen gab. Im Laufe der nächsten Tage mußte ich meine Meinung über Frankreich   radikal revidieren. Immer wieder fragte man mich:

Wann werden wir uns wieder Feinde titulieren müssen, mein Freund?

Ich antwortete jedesmal: Hoffentlich nie, mein Freund.

III. Deutsch  

Als ich nach Deutschland   kam, las ich in allen Zeitungen, hörte ich im Rundfunk, aus dem Munde von Ministern und großen Persönlichkeiten, auf Straße und in Lokalen von einfachen Menschen:

Wir sind friedliche Leute.

,, Die andern wollen uns nicht in Frieden lassen," sagen die Deutschen  , leider denn wir sind friedliche Leute."

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Wenn sich aber ein deutscher   Mann mit mir unter vier Augen befand, zwinkerte er mir zu und deutete mit dem Daumen über die Schulter:

Wissen Sie, was in der Fabrik dahinten, fabriziert wird? Parfüm. Wer es einatmet, hat keine Sorgen mehr. Wir sind friedliche Leute, sagen die Deutschen  . Und fabri­zieren Gasbomben und Granaten.

IV. Wölfe als Nachbarn

Aber das scheint ein Mißverständnis zu sein? fragte ich einen Franzosen. Aus Furcht vor einem Angriff rüstet ihr und rüsten die Deutschen   zum Krieg. Denn es ist nicht abzustreiten auch Frankreich   rüstet.

Der Franzose sagte:

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Wie würden Sie einen Menschen nennen, der eine Schlittenfahrt durch russische Wälder macht, ohne seine Flinte mitzunehmen? Man braucht in Afrika   leichte Kleider, in Südamerika   Moskitonetze, man braucht auf See einen Steuermann, in der Wüste Wasser So braucht man Kanonen, wenn man als Nachbar eines Volkes lebt, das den Menschen zur Nummer, das ganze Leben zum Rekruten­dienst entwürdigt Wir Die Deutschen   heiligen den Tod. lieben das Leben. Aber man muß sich leider auch mit fremden Gedanken bekanntmachen, wenn sie einen, wie Wölfe  , bedrohen,