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13.
JANUAR
Die Entrüste en
Wo sind die ,, politischen Hochstapler?"
Vor sechs Wochen ließ Herr Goebbels West land" durch einige abgefeimte Burschen kaufen. Der Spaß kostete ihm eine Million Franken. Getarnt erschien, mit dem ,, est land"-Kopf, die erste Nummer als Heßschrift gegen die Anhänger des Status quo. Ihr Kernstück war eine offene Pogromaufforderung auf Grund einer aus einem alten Telefonadreßbuch abgeschriebenen Liste jüdischer Saar länder .
Jezt wurde von Gegnern der Rückgliederung des Saargebiets eine Propaganda organisiert, bei der niemand gefaust, niemand bestochen wurde. Sie gaben mit den Köpfen der„ Deutschen Front" und der„ Saarbrücker Landes- Zeitung" geschickt geschriebene und zusammengestellte Werbeein tausendfach in politischen nummern heraus Kämpfen angewandtes Mittel, um unmittelbar an die Reser gegnerischer Blätter heranzukommen.
Interessant ist der publizistische Effekt. Die frommen Herrschaften in der„ Landes- Zeitung" und die braunen in der Deutschen Front" wie hatten sie vor sechs Wochen über den Schlag gegen„ Westland" fröhlich und schadenfroh gejubelt! Nun aber, wo sie selbst, und keineswegs mit forrupten Mitteln, getroffen werden, schäumen sie vor Zorn und Wut über die Schamlosigkeit" der andern.
Diese journalistischen Anhänger eines holdseligen Weihnachtsfriedens haben die Morde des 30. Junt als„ Säuberungsaktion" bezeichnet. Man sieht, daß sie noch die moralische Kraft zu ehrlicher Entrüstung besitzen: wenn nämlich ihr eigener hohler Zeitungskopf mit dem Geist und dem Witz ihrer Gegner ausgestattet wird.
Neikes
Hans Reikes- das ist der Name des Oberbürgermeisters von Saarbrücken . Ein in jedem Betracht peinlich gleichgeschalteter Herr mit terroristischen und provokatorischen Allüren gegen die Gegner der Rückgliederung. Er hat sichtlich das Bedürfnis, einige Flecken seiner politischen Vergangenheit, die sein Ansehen vor den braunen Göttern herabmindern könnten, durch eifervolle Liebedienerei vor ihnen vergessen zu machen. Der Weitblick, daß ihm alles nichts nützt, fehlt ihm, obwohl er so viele Schicksalsgefährten im Reiche besitzt.
Einige Blätter des Saargebietes,„ Volksstimme",„ Gene ral- Anzeiger " und" Arbeiter- Zeitung ", haben jüngst eine Reihe von Angriffen gegen ihn gerichtet. Sie gipfelten in der Behauptung, in jeiner Eigenschaft. als Vorsitzender des Aufsichtsrates der Ber. Elektrizitäts- A.- G. die Gemeinden des Saargebietes schmer geschädigt zu haben. Ferner wurden ihm unter genauem Tatsachenbelag einige persönliche Korruptionsfälle vorgehalten.
Was tut darauf dieser Herr Oberbürgermeister? Reicht er wie es in der verkommenen liberalistischen Aera in solchen Fällen üblich war beim Staatsanwalt Beleidigungsklage ein? Kein Mensch zweifelt daran, daß er im Saargebiet gute Richter gefunden hätte. Er hat diesen Weg aber nicht eingeschlagen, sondern vom Saarbrücker Landgericht eine„ einstweilige Verfügung" erwirkt. Die Herren Richter sind jedoch vorsichtig. Sie attestieren Herrn Neikes nicht, daß erweislich unwahre Tatsachen gegen ihn verbreitet würden. Sie verbieten den erwähnten Zeitungen nur, die Behauptungen zu wiederholen, weil sie den Antragsteller in der öffentlichen Meinung herabsetzten..
Das ist also der Sieg des Herrn Neifes. Er verdient di Glückwünsche seiner Freunde.
Knox„ muß"
Der schon am 24. Dezember von uns erwähnte Brief des Saarbevollmächtigten Bürckel an den Präsidenten der Regierungskommission liegt nun im Wortlaut vor:
Herr Präsident! Der Aufmarsch der Polizeitruppen für das Saargebiet ist nunmehr erfolgt. Deutschland , das angesichts der beispiellosen Disziplin der deutschen Bevölkerung trotz der Terrorafte der Emigranten und Separatisten solch weitgehende Schußmaßnahmen für überflüssig hielt, hat der Bereitstellung der Truppen zuge= stimmt und damit ein großes Opfer gebracht zu einer friedlichen Regelung der Verhältnisse an der Saar . Ohne die deutsche 3ustimmung wäre die Bereit= stellung der Truppen ein Bruch der für das Saargebiet geltenden Rechtsordnung wesen.
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Aus dieser Sachlage ergeben sich auch für die Regierungsfommission notwendige Folgerungen. Nach§ 30 des Saarstatuts hat die Saarbevölkerung einen Anspruch auf ört= liche Polizei. Aus dem Wortlaut der Bestimmung er= gibt sich einwandfrei, daß in die Polizei keine Kräfte ausgenommen werden, die nicht zur örtlichen Polizei gehören, also von außerhalb des Saargebietes fommen und der überwiegenden Mehrheit der Saarbevölkerung feindlich gegenüberstehen. Diese Bestim= mung hat somit vor allem auf die Emigranten Anwendung zu finden. Soweit solche Personen aber bereits in die Polizei eingestellt sind, müssen sie fraft zwingenden Rechtes unverzüglich entfernt werden. Wenn die Regierungskommission bisher die Einstellung von Emigranten in die Polizei glaubte mit dem Hinweis darauf begründen zu können, daß die örtlichen Polizeifräfte nicht ausreichen, so fällt dieser Vorwand mit der Bereitstellung der Polizeitruppen selbstverständlich weg.
Ich darf mich der Hoffnung hingeben, daß Sie, Herr Präsi dent, nachdem Deutschland der Entsendung von Polizeitruppen im Interesse einer Entspannung der zwischenstaatlichen Beziehungen zugestimmt hat, auch nun Ihrerseits zur Wiederherstellung der Rechtsordnung im Saargebiet beitragen und die Emigranten sofort aus dem saarländischen Polizeidienst entfernen".
Wir sind gespannt, wie Herr Präsident Knox auf diesen dreisten Versuch, eine Diftatur Bürdels im Saaraebiet aufzurichten, reagieren wird.
Am 26. August war die große Kundgebung der sozialistischen Volfsfront in Sulzbach . Das Bergarbeiterstädtchen im Sulz bachtal hat seitdem einen symbolischen Namen in der weiten Welt. Bis dahin hatte die Presse der sogenannten„, deutschen Front" immer nur von dem Häuflein Separatisten, Emigranten und importierten Lothringern geschrieben, die dem „ Phantom" des Status quo nachjagten. Nun waren aber vor den Augen der Weltpresse Massen aufmarschiert, ein Heer, über dessen zahlenmäßige Größe ernsthafte Schäßungen nicht unter 60 000 ja bis zu 100 000 Menschen gingen. Jeder der Teilnehmer war freiwillig, jeder auf seine eigene Koiten gefommen.
Seit dem Tag von Sulzbach weiß der regierende sclüngel des„ dritten Reichs", daß es einen ernsthaften Kampf m das Saargebiet gibt. Seitdem hat die„ deutsche Front" hren ge= sellschaftlichen und wirtschaftlichen Terror verschärft. Dennoch stehen die Anhänger der sozialistischen Volfsfront nie die Mauern. Ihr heroisches Beispiel wirft mehr und meh⚫ auf die vielen schwankenden Angstmitglieder der deuticher Front". Diesen Männern und Frauen der Sozial emofraten und der Kommunisten hat die ganze zivilisierte Welt au danken, denn jeder von ihnen wagt alles für die reizent seiner Heimat und damit für ein Bollwerk gegen die in Europa drohende Barbarei.
Am 13. Januar ist der entscheidende Tag. Er soll zeigen, daß die vieltausendfachen persönlichen Opfer sich polittich lohnen werden.
Vorher aber, am 6. Januar, will die sozialistische Volks. front in der Hauptstadt des Saargebietes zeigen, sie mitten im Winter das Massenaufgebot nicht nur ecricher, sondern noch überbieten fann, das sich an einem stcasienden Sommertag im Walde bei Sulzbach versammelt hatte. Die Volksfront wird am Sonntag, dem 6. Januar, in Saarbrücken aufmarschieren. Nicht auf Reichsfosten wie die soger innte ,, deutsche Front", sondern jeder und jede dieses Arbeitsvolks, dieser Arbeiterjugend zahlt aus der eigenen schmalen Geldtasche. Viele sparen schon seit langem, um die Kosten auf= bringen zu können.
Die„ Deutsche Freiheit" ruft alle, die sich zu den Saa:- zielen der sozialistischen Volksfront bekennen, auf, sich am 6. Januar an der gewaltigen Kundgebung zu beteiligen. Es muß ein Volksaufmarsch werden. Die Ziele der Volkstroni nd so, daß jeder, der von ehrlicher Arbeit lebt, sich zu ihr bekennen muß. Die Garantien voller religiöser Toleranz und der Freiheit für alle religiösen Bekenntnisse öffnen auch 5- n fonfessionell gebundenen Menschen die Tore zur Volksfront. Jeder, der innerlich am 26. August zu Sulzbach stand, gehört am 6. Januar in unseren Ausmarsch nach Saarbrüd n. Am 6. Januar marschieren wir!
Am 13. Januar siegen wir!
Vorwärts für die sozialistische Volksfront!
Ueber die Aussichten des 13. Januar
Parts, 27. Dezember.
Weihnachten an der Saar ! Das ist ein Thema, das in allen französischen Zeitungen variiert wird. In Wort und Bild wird uns gezeigt, wie die internationalen Truppen Weihnachten feiern, welcher Empfang ihnen von der Saarbevölferung in ihren Unterkunftsorten bereitet wird, wie Präsident Knox die Front der Soldaten abschreitet. Es wird uns erzählt, wie äußerlich Weihnachtsfriede im Saargebiet einzieht, aber nur äußerlich. Denn im Verborgenen, so sagt der Sonderberichterstatter des Jour", setzt die deutsche Front" auch während der Weihnachtsfeiertage ihren Kampf mit verstärkten Kräften fort.
Dieser Korrespondent meint, daß heute etwa 30 Prozent der Bevölkerung, überzeugte Hitleranhänger, die Rück= gliederung wünschen. Ihnen ständen ungefähr 25 Pro= zent der Bevölkerung gegenüber, die entschlossen für den Status quo einträten, dail
Die Mehrheit der Saarbevölkerung sei noch unentschieden. Gewiß seien alle diese Kaufleute, Handwerfer, Beamte und Arbeiter nichts anderes als Deutsche . Vor Hitlers Regierungsantritt hätten alle die Rückgliederung gefordert. Aber heute sei die Lage anders. Die gläubigen Katholiken hätten Furcht vor den Angriffen des nazistischen Heidentums. Der Kaufmann fürchte, seine Bewegungsfreiheit zu verlieren, fürchte Einschränkungen des Verkehrs und der Kon= furrenzmöglichkeit. Jeder Arbeiter und Handwerker denke mit Sorge an die tausenderlei Zwangsmittel der
Arbeitsfront und des Arbeitsdienste 3. Wohl set es möglich, daß alle diese guten Patrioten sich gegen das ,, dritte Reich" entscheiden, aber man dürfe nicht vergessen, daß man in einer von Deutschland organisierten und besonders weitherzig von Dr. Röchling unterstützten Art die Wähler einschüchtere, eine Methode. die unmittelbar vor der Abstimmung noch verstärkt werde.
Der Ausgang der Abstimmung sei noch ganz unsicher. Selbst die Führer der deutschen Front" verzichteten jetzt auf optimistische Voraussagungen. Vor sechs Monaten sei Röchling einer Majorität von 95 Prozent sicher gewesen. Vor zwei Monaten habe er nur noch von 75 Prozent gesprochen. Vor einigen Tagen habe Reichsaußenminister von Neurath erklärt, man dürfe auch das Saargebiet dann nicht teilen, wenn in einzelnen Bezirken große Massen für den Status quo sich entschieden.
Diese Bemerkung Neuraths nimmt der Korrespondent des " our" zum Anlaß, um darauf hinzuweisen, daß der Versailler Vertrag eine Teilung des Saargebietes möglich macht. Er fügt hinzu, die Schaffung eines kleinen unabhängigen Staates, der dem Völkerbund unterstände, würde den ungeheuren Vorteil bieten, Frankreich und Europa vor einer neuen Welle hitlerfeindlichen Emigranten zu verschonen. Er fragt, würde man, wenn sich für die Rückgliederung zum Reiche 60 bis 70 Prozent der Stimmberechtigten aussprächen, juchen, die Zukunft von 30 bis 40 Prozent Widersachern zu sichern?
Kronzeugen:
Ganz bewußt läßt die Presse der braunen Front die Saardeutschen im Unklaren über die Pläne Frankreichs nach einer Saar - Rückgliederung. Ueber jene, für die Saar so außerordentlich bedrohlichen Pläne.
Einzelne deutsche Blätter, die zwar gleichgeschaltet und daher selbst für den fanatischsten Braunfrontler glaubwürdig find, aber trotzdem eines guten Nachrichtendienstes nicht ganz entbehren, geben diese Meldungen in ihrem ganzen Gewicht wieder.
Erstens: Die
vom 19. November meldet: Bezugnehmend auf die Veretabarungen von Rom hat der Vorsitzende des Bergwerksausschusses der Kammer, der Abgeordnete Charles Baron, im Auftrage dieses Ausschusses einen Brief an den Ministerpräsidenten gerichtet, in dem folgendes ausgeführt wird: Wenn Frankreich schon bei Bemessung des Rückkaufpreises für die Saargruben Opfer auf sich genommen hatte, so sei es vollkommen ungerechtfertigt, der Saarkohle nach dem Ueber= gang der Gruben in deutsches Eigentum irgend eine Vor: zugsstellung am französischen Markt einzuräumen, zumal weder die Grubenarbeiten im Falle der Rückgliederung der Saar an Deutschland französische Produkte verzehre, noch die Gewinne dem französischen Staat zufließen würden. Wenn die Saarfohle an dem französischen Zollgebiet weiter teil habe, so würden damit 4 Millionen Tonnen Kohle dem Gesamtkontingent entschlüpfen. Herr Baron verlangt also, daß die Sonderlieferungen an Saarkohle, die zur Begleichung des durch die Frankennoten nicht gedeckten Teiles der deutschen Verbindlichkeiten zugunsten Frankreichs erfolgen sollen, in das deutsche Gesamtkontingent eingerechnet werden."
Mit anderen Worten: Der maßgebliche französische Sachverständige und Abgeordnete stellt fest, daß die Saarkohle nur auf Kosten anderer deutsche Kohlenlieferungen und nicht zusätzlich abgenommen werden könne.
3 weitens: Die
vom 19. November meldet:„ Die französische Eisen- und Stahlindustrie, welche in Lothringen bzw. im Saargebiet feine unmittelbaren Interessen vertritt, hat in den letzten Monaten immer wieder die Errichtung eines sogenannten „ Eisernen Zollvorhanges" zwischen Frankreich und Deutsch land für den Fall der Rückgliederung des Saargebietes verlangt. Noch neulich hat die Region Economique de l'Est". welche 12 Handelskammern Ostfrankreichs umfaßt, sich eine Entschließung der Handelskammer Nancy zu eigen gemacht, wonach sofort nach der Saar - Rüdgliederung die Zollgrenze mit der volitischen streng zusammenfallen. d. b. der Waren
austausch mit dem Saargebiet den allgemeinen Bestimmungen des deutsch - französischen Handelsvertrages unterworfen werden sollte."
Mit anderen Worten: Die Saar müßte sofort nach threr Verhitlerung ein Drittel des Abiazzes ihrer Produkte ver: lteren, ein Drittel der noch Beschäftigten würde arbeitslos. Drittens: Das„ Mezzer Freie Journal" berichtet am 13. Dezember von einer Resolution der
Handelskammer Mez
über die Saarwirtschaftsprobleme. Die Handelskammer bittet die französische Regierung, eiligst Verhandlungen mit der deutschen Regierung aufzunehmen, um durch ein gemeinjames Abkommen ein furzfristiges Uebergangsregime zu errichten, das im Falle einer Rückgliederung die nor= male Liquidation der französisch- saarländischen Handelsbeziehungen gestattet. Die Dauer des Uebergangsregimes soll drei Monate nach dem Plebiszit nicht überschreiten. Es soll unter feinen Umständen zum Vorwand dienen für ein 3witterregime, in dem das Saargebiet zwar politisch zu Deutschland gehörte, aber wirtschaftlich nicht von Frankreich getrennt würde.
Die Handelskammer bittet die französische Regierung dringend. den von gewissen saariändischen Wirtschaftskreisen formulierten Forderungen, die darauf hinzielen, das frankodeutsche Abkommen vom 28. Februar 1928( Saarfontingent usw.) zu erweitern, oder gar eine zollfreie Einfuhr deutscher Produkte im Saargebiet zu erhalten, keine Folge zu leisten, solange die Zollgrenze zwischen Frankreich und dem Saargebiet nicht völlig hergestellt ist. Außerdem bittet sie die Regierung, schon heute alle Maßnahmen zu treffen, um die Einfuhr saarländischer Produkte nach Frankreich kontingentieren zu können für den Fall, daß die Grenze zwischen dem Saargebiet und Deutschland geöffnet wird, um die Einfuhr deutscher Waren über die Saar wirksam zu verhindern."
Wir stellen seit: Jede maßgebliche französische Stimme, die sich mit dem Eventualfall der Rückgliederung befaßt und die selbst die ernste deutsche Preise übermitteln muß, fordert mit aller Eindeutigkeit, daß nach einem ganz kurzen Uebergangs= regime die Zollgrenze zwischen der verhitlerten Saar und Frankreich niedergehen müsse.. Daß fernerhin die saarländischen Importe nach Frankreich nur im Rahmen der bisherigen deutschen Kontingente durchgeführt werden dürfen. Und daß endlich jede französische Vorzugsbehandlung der Saar sofort nach einem eventuellen Hitlerplebiszit beendet sein müßte.
Der wirtschaftliche Ruin der Saar würde besiegelt werden, wenn die Saar rückgegliedert würde.
Ketner fann das ablengnen. Nur der Status quo kann dem abhelfen.