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JANUAR

Für DEUTSCHLAND gegen HITLER

Die Röchlings und Karchers

a's Saarfranzosen

Stimme des Blutes

Seit einer Reihe von Wochen veröffentlichen wir fort: laufend Auszüge aus den Listen von Clemenceang Saar: franzosen. Dabei handelt es sich um Saarländer , die in tiefempfundenen und leidenschaftlichen Bittgesuchen an den Ministerpräsidenten Clemenceau um Aufnahme in den französischen Staatsverband und um Einverleibung ihres Heimatlandes in die französische Republik flehten. Diese Saarfranzosen des Ministerpräsidenten Clemenceau haben ihre Vorläufer aus dem Jahre 1793. Damals lag Preußen: Deutschland darnieder in unfruchtbarer Stagnation, wäh rend vom Westen her Frankreich aus der Revolution herang den Aufstieg zum Weltreich antrat. Damals fand fich die gesamte Prominenz von Saarbrücken- St. Johann zusammen, um in einem flehentlichen Schreiben an die franzöfifche Republik die Einverleibung nach Frankreich , ,, dem Vaterland", zu erlangen. Diese Landesverräter und Separatisten vom Jahre 1793 wurden angeführt von einem Vorfahren des Kommerzienrates Dr. h. c. Hermann Röch= ling und einem Vorfahren des Vorsitzenden der Saar : brücker Handelskammer, des Herrn Bodo Karcher . Röchling

und Karcher betrieben die Rückkehr zum Vaterlande" Frankreich . Die von Röchling und Karcher unterzeichnete Eingabe, die zum ersten Male in der Weltfront" des Henry Barbusse iezt herausgegeben worden ist, lautet: Saar- Departement

Die Einwohner von St. Johann Kanton von Saarbrücken .

Plan cincs Konzentrationslagers an der Saar

eine

Vor einiger Zeit ist der frühere Sozialreferent der ..deutschen Front" in Neunkirchen , Fischer, aus dieser Organisation ausgetreten. Da ihm seine bisheri­gen Freunde ehrenrührige Dinge, bisher ohne Beweis, nachgesagt haben, wehrt sich nun Fischer durch Ent­hüllungen über Vorgänge in der deutschen Front", an denen er selbst maßgebend beteiligt war. Die., Saar­Volksstimme" veröffentlicht in ihrer heutigen Ausgabe eidesstattliche Erklärung des Fischer, die in allen Einzelheiten schildert, wie in Neunkirchen ein Konzentrationslager für den Fall der Rückgliederung vorgesehen ist. Auf den vorbereiteten Listen stehen neben Marxisten viele katholische Priester und Laien. Die Darlegungen Fischers, der den Eid für seine Behauptungen anbietet, sind derart, daß sie un­möglich mit Erfolg bestritten werden können. Auch der Versuch der deutschen Front", Fischer zu diffamieren, nachdem er sich von den Nazis getrennt hat, muß schei­tern. War er doch bis vor kurzem in der ,, deutschen Front" noch so geehrt, daß er als Mitglied einer saar­ländischen Deputation sogar von Hitler und von Göring empfangen worden ist.

Wir entnehmen der eidesstattlichen Erklärung Fischers Fischers folgende Auszüge:

Von der Kinderspeisung zum Konzentrationslager

Mitte März 1934 jagte der Spitzenführer der deutschen Front" Werner zu mir, daß das Saargebiet von Deutsch­ land nötigenfalls mit Gewalt geholt würde, wenn es nicht gelingen sollte, mit der Propaganda das Volk für eine Rückgliederung zu gewinnen. Es wäre Order ge­kommen, schon jetzt alles für diesen eventuellen Gewalt­streich vorzubereiten. Da ich während des Krieges bei der österreichischen Armee als Proviantmeister tätig ge­

An die Gesetzgebende Körperschaft der Französischen wesen wäre, würde er mir den Befehl erteilen, dafür zu

Republik , Paris .

Stempel:

Französisches Kaiserreich Generaldirektion des Archivs.

Herr Präsident, seien Sie bitte der treue Ver­miffler unseres höchsten Wunsches bei dem großen Volke, das Ihre hohe Körperschaft vertritt.

Bringen Sie ihr unsere unerschütterliche Ergeben­heit für die Sache der Freiheit, unsere aufrichtige Verbundenheit mit dem republikanischen Regime zur Kenntnis.

Unser Beschluß, ebenso rein wie unabänderlich, möge der Nation, die uns heut aufnimmt und uns mif ihrem großen Schicksal verbindet, bekannt ge­geben werden, da wir von diesem Augenblick an mit ihr eine einzige und gleiche Familie bilden. Mit ganzem Herzen Herzen Frankreich, unserem Vaterland verbunden, werden wir in Zukunft nur noch eines Geistes, eines Willens sein und das gleiche Interesse haben: so werden wir leben, vereint durch die Grundsätze von Freiheit und Gleichheit."

*

Die Vorfahren Röchlings und Karchers bezeichnen Frank­ reich als ihr Vaterland. Die Stimme von Blut und Boden erhob sich 1793 und zeugte für den Erbseind. Kommerzien­rat Hermann Röchling bezeichnet jetzt jeden, der nicht für Hitler stimmen will, als Vaterlandsverräter und als Ge­sindel. Er belegt mit diesem Schimpfwort sogar diejenigen, die zwar für Deutschland aber gegen Hitler und niemals für Frankreich sind. Was würde sein Vorfahre sagen, dessen Blut nach Frankreich schrie?

Wir hoffen, in den nächsten Tagen eine Fotografie dieses Röchling 'ichen Landesverrats- Dokumentes zu erhalten, und werden alsdann den dokumentarischen Beweis für den Separatismus der Röchling und Karcher führen.

sorgen, daß eine Küche und die zu einem kleinen Konzen­trationslager gehörigen Nebenräume geschaffen würden. Ich erklärte mich dazu bereit und sagte ihm, daß ich die frühere Volksfüche in Neunkirchen vorschlagen würde, denn das wäre ein ideales Konzentrationslager, Das: selbe sei von einer hohen Mauer umgeben, habe eine Landjägerstation, sei früher als Asyl für Wanderarbeiter benützt worden und könne erstklassig als ein Lager ein= gerichtet werden.

Werner ersuchte mich, davon nicht zu sprechen, sondern zu dem Stadtamtmann Klasen zu gehen und dort einen Antrag auf Zuweisung eines städtischen Raumes zu stellen und es sei dafür gesorgt, daß der Landrat Dr. Rech und der Kreis­syndikus Dr. Herzog, die beide sehr gute Nationalsozialisten seien, ihre Zustimmung dazu geben würden. Ich stellte diesen Antrag und schon am 16. April 1934 konnten wir das provisorische Heim öffentlich einweihen, wobei ich in den Zeitungen als sehr tüchtiger Sozialreferent gefeiert worden bin. Nachdem wir die frühere Volksfüche übernommen hatten, ließ ich dies auf meine Verantwortung für den kommenden Zweck umbauen, weil meines Erachtens dieses Lager eine Dauereinrichtung sein sollte.

Ich ging zu allen Persönlichkeiten der Stadt Neunkirchen und sammelte für die Kinderspeiseküche" und auffallen= derweise fand ich überall bereitwilligste Unterstützung, so daß ich allgemein den Eindruck hatte, daß diese Leute Be= scheid wußten, daß es nur zum Schein Kinderspeisefüche getauft werden soll und in Wirklichkeit davon Bescheid wußten, daß es um den Aufbau des zukünftigen Konzert­lagers ging.

Dicke Mauern und Folterkeller

Als Lagerkommandant war der frühere Sturmführer Friß Kuhn vorgesehen. Er hatte seinerzeit die Fenster­scheiben in der Volksstimme" zertrümmert, mußte flüchten gehen, machte im Reich verschiedene Führerkurse mit und fam nach der Amnestie als Sturmführer zurück und wohnte schon in dem Lager. Er ist ebenfalls genau eingeweiht und

Ein..30. Juni" für die Saarfranzosen?

Die Enthüllungen der Saar- Volksstimme" über Clemen­ceaus Saarfranzosen haben in den beteiligten Kreijen wie eine Bombe eingeschlagen. Unter den Dokumenten,' die im Jahre 1919 an Clemenceau gerichtet wurden und in denen der Schuldige von Versailles angefleht wurde, das Saargebiet an Frankreich anzugliedern, befinden sich die Namen vieler heu­tiger Maulhelden der braunen Front. In den kleineren Orten des Saargebiets sind diese braunen Französlinge das allgemeine Gesprächsthema.

Die Enthüllungen der Saar- Volksstimme" haben begreif­licherweise in den Reihen der braunen Front Verwir rung geschafft. Viele Deutschfrontler machen sich gegenseitig Vorwürfe, daß der eine den andern seinerzeit veranlaßt habe, diese Dokumente der deutschen Schande und des deut­ schen Verrats zu unterzeichnen. Es kam, wie wir hören, ver­einzelt zwischen den Beteiligten sogar zu Schlägereien.

Aber das ist nur der Anfang. Das dicke Ende für die Clemenceau- Saarfranzosen soll noch kommen. In maßgeben­den Kreisen der nationalsozialistischen Partei in München und in Berlin , haben wie wir von gut unterrichteter natio­hellste Empörung hervor­nalsozialistischer Seite hören gerufen. Man ist dort aufrichtig entrüftet, daß notartsche Landesverräter heute in der deutschen Front" in den ein zelnen Orten des Saargebietes eine maßgebende Rolle spie len. Man sagt sich in Berlin , so erklärt unser Gewährsmann,

nicht mit Unrecht, daß der nationalsozialistische Gedanke und die nationalsozialistische Bewegung durch derartige Mitglie­der aufs stärkste kompromittiert werden. Die Partei könne eine solche Belastung nicht ertragen.

Deshalb haben maßgebende Persönlichkeiten in Berlin und München im Gegensatz zu dem bekannten Erlaß von Pirro, der sich schützend vor die Saarfranzosen gestellt hat, den sofortigen Ausschluß dieser Helden von 1919 aus der Röchling - Front verlangt. Mt Rücksicht auf die Abstimmung ist jedoch von diesem Plan Abstand genommen worden. An­dererseits ist aber an den Saarkommissar Bürckel von der Parteileitung der Befehl ergangen, im Falle der Rückglie: derung innerhalb der deutschen Front" des Saargebiets im Zusammenhang mit den Enthüllungen mit den Glemenceaus Saarfranzosen eine Säuberungsaktion vorzunehmen.

Was eine Säuberungsaktion" ist, das wissen wir jetzt nach dem 30. Juni und nach den jüngsten zahlreichen Verhaftungen im Reich zur Genüge! Also so mancher Saarfranzose, der heute noch das Maul für die braune Front aufreißt, wird. wenn es wider Erwarten zur Rückgliederung kommen sollte, noch seine blauen Wunder erleben. Die Nazis kennen feinen Spaß, das haben die jüngsten Ereignisse in Deutschland ge­zeigt. Aber die Hammel wählen bekanntlich ihre Metzger selber! Deshalb stimmen die Saarfronzosen für die Hitler­Regieruna!

fühlt sich schon ganz als zukünftiger Kommandant des Konzentrationslagers Neunkirchen . Die gesamte Einteilung des Lagers ist wie folgt vorgesehen: im ersten Haus Ecke Alleestraße und Synagogenstraße soll Parterre und 1. Stock die Lagerleitung beherbergen( Kuhn wohnt bereits im ersten Stock) und im zweiten Gebäude sollen im Mädchen­heim, im Obdachlosenasyl und in der Landjägerstation die Schutzhäftlinge untergebracht werden und in dem dritten Gebäude( dem Marktplatz zu) die SA. bzw. die Schußmann­schaft. Die Landjägerwache ist als Vernehmungszimmer vor­gesehen und es ist wiederholt davon gesprochen worden, daß die meterdicken Mauern feinen Laut nach außen dringen lassen. Werner sagte mir, daß man noch nicht einmal einen Schuß da heraus hören würde. Ich war mir mit Werner darüber einig, daß diese Räume als Folterfeller vorgesehen waren. In den unheimlichen, gewölbten Kellern sollen die schweren Verbrecher eingekerfert werden, und alles in allem war so ein Lager für etwa 200 Schußhäftlinge vorgesehen. Ich habe weiterhin den gesamten Umbau im dritten Ge­bäude daraufhin vorgenommen, um hilfsweise weitere Zellen und Unterkunftsmöglichkeiten zu schaffen. Einen Plan des Konzentrationslagers füge ich bei. Das Lager lag zentral, war leicht zu erreichen und sollte als Uebergangs­lager dienen, d. h. die Schußhäftlinge sollten nach einer Probezeit von vier bis sechs Wochen nach reichsdeutschen

Konzertlagern abgeschoben werden

, Manch einer wird sein blaues Wunder erleben" Meine besondere Aufgabe war es, den nötigen Proviant vorzusorgen, und ich wurde angewiesen, keine Mittel und feine Ausgaben zu scheuen, um das Lager jederzeit betriebs­fertig zu halten, da es jeden Tag losgehen, könne. Die Stadtverwaltung zahlte 3000 Franken, der Kreis Neun­firchen 1000 und der Rest von 8 bis 10 000 Franken ist durch Plafettenverkauf gebracht worden. Auf diese Weise half die ganze Bürgerschaft mit, das Konzentrationslager Neun­firchen zu bauen.

Werner sagte einmal mit satanischem Lächeln, manch einer, der jetzt so eifrig seinen Franken zur Sammlung gibt, wird hinter diesen Manern sein blaues Wunder erleben. Am 19. Juni 1934 wurde das gesamte Lager betriebsfertig eingeweiht. Annähernd 100 prominente Persönlichkeiten nahmen an der Einweihung teil und es war mir durchaus klar, daß die meisten Bescheid wußten, daß das Kinderheim

eigentlich das Konzentrationslager war und der Ernst, mit dem alles aufgenommen war, dem Konzentrationslager galt.

300 Anwärter für das Konzentrationslager

Auch für die zufünftigen Insassen war schon gesorgt worden. Besonders die Hitlerjugend meldete unaufhörlich widerspenstige Geistliche und Jugenderzieher, die sofort nach oberflächlicher Prüfung in's Reich denunziert wurden und als zufünftige Insassen in eine Liste aufge­nommen worden sind. Diese Denunzierungen befanden sich im Rollschrank im Büro des Werner, Neunkirchen , Kur­fürstenstraße, und ebenso befanden sich dort die eidesstatt­lichen Versicherungen, aus denen der Beschluß, die Leute ins Konzentrationslager zu stecken, begründet wurde. Ob die Abschriften noch dort sind, entzieht sich meiner Kenntnis. Jedenfalls bin ich bereit, unter Eid jederzeit auszusagen, daß etma 300 Menschen von dem Fahndungsleiter Berang, Neunkirchen , Prinz- Adalbert- Straße Werner, Kaiserstraße, im Reich denunziert worden sind. Einen großen Teil dieser Namen habe ich noch im Ge­dächtnis.

und

Ich weiß, daß etwa 100 fatholische Geistliche und führende Persönlichkeiten darunter waren und ich werde in der Folge eine Anzahl Persönlichkeiten nennen, die als An­gehörige der deutschen Front" jogar ins Konzentrations= lager geschafft werden sollten.

Werner, der sich immer rühmte, er habe 800 SA.- und SS.­Männer hinter sich, sagte sehr oft, daß mehr wie einem Deutschfrontler 1935 gezeigt werde, daß man ihn durchschaut

habe.

Katholische Priester vor allem!

Heute gebe ich an, daß der Dechant Eisvogel aus der Herz- Jesu- Kirche wegen Differenzen mit der Deutschen Jugendkraft und der Hitlerjugend ins Konzentrationslager geschafft werden soll. Ebenso sollen der Notar Kohler, Wilhelmstraße, als angeblicher Franzosenfreund, Herr Diet­rich Karl, Brückenstraße, wegen Verkaufsvermittlung des Herzberger- Besitztum 1935 ins Konzertlager wandern. Ober­Postinspektor Diesel, Neunkirchen , soll an der Aus­weisung des Postmeisters in Saarbrücken beteiligt sein und steht ebenfalls auf dieser Liste. Außerdem sollen etwa 8 Geistliche aus dem Kirchensprengel St. Wendel ins Konzertlager fommen, weil sie mit der Hitlerjugend Differenzen hatten. Auch der Pfarrer von

Hangart steht auf dieser Liste. Weiterhin ist der Landes­produktenhändler Woll als chemaliger Soldatenrat vor­gemerkt, weiter Dr. Wolf und Dr. Schneider aus Neunkirchen , weil sie als politische Gegner ungeheuer der deutschen Front" zugesezt hätten. Auch dem amnestierten Karl Lang, dem angeblichen Mörder von Hemmer, blüht sofortige Verhaftung und Kur im Konzertlager, und sofern er die wider Erwarten überstehen sollte, Neuanklage wegen Mord an Hemmer und damit die Hinrichtung. Weitere Namen werden später angegeben. Ich betone ausdrücklich, daß ich diese Beschlüsse und Denunzierungen auf dem Büro Neunkirchen , Kurfürstenstraße, gelesen habe und daß es eine feststehende Tatsache war, daß diese Liste die Grundlage bei der Abrechnung nach der Rückaliederung sein soll.