Sd wanengesang des Landesrats

Am Freitag trat der saarländische Landesrat zu seiner letzten Sißung zusammen. Dieses seltsame Parlament, das nur beratende Rechte" besaß, vermochte nicht in Schön­heit zu sterben. Plenum und Tribüne waren start besetzt. Be­ratungsgegenstand war offiziell eine Wohnungs= verordnung. Sie war nur die Plattform für Abschieds­

reden.

Für die deutsche Front" sprach ein Abgeordneter Martin.

Aus seinem Geschimpfe über Regierungs- und Abstimmungs­fommission und den Völkerbund, seinem aufgeregten Wesen und seiner Nervosität war nur allzuiehr die in Genf   geholte Niederlage zu erkennen Auch das Verhalten der übrigen Ge­folgschaft in der Fraktion nur einige waren bereits am Nachdenken verriet die veinliche Situation, in der sich die ,, deutsche Front" befindet. Nach Verleiuna des Speechs haute die deutsche Front", ihr Präsidium zurücklaßend. ab. Rot­Front" und Freiheitsrufe" seitens der Linken begleiteten sie zum Ausgang.

Der Abg. Hey von der Kommunistischen Fraktion und die Genossen Petry und Liefer fennzeichneten das Verhalten der deutschen Front", und am Schluie ihrer Ausführungen fonnte man verstehen warum die 100-300prozentia Gleich­geschalteten den Mut verloren hatten, auf deutsche Art dem Gegner ihren Mann zu stehen.

Eine Bemerfung des Sprechers der deutschen Front" sei wiedergegeben, weil sie bei aller Romif zugleich die Ver­logenheit der braunen Saarstreiter fennzeichnete. Herr Martin sagte:

Die Saarbevölkerung will eine echte Volksregie rung und lehnt eine Regierung ab, für die nicht das wohl des Volkes Richtlinie iſt."

Dieie echte Volksregierung" fann die Saarbevölkerung durch den Status quo gewinnen. Rückgliederung an Hitler­ Deutschland   ist im Gegenias dazu Preisgabe aller Volfs­rechte! So kann man an der Saar   die Tatsachen und die Wahrheit verdrehen.

Das Wah geheimnis 100 prozentig gesicher

Professor Grimm, cin Freiheitskämpier"

Ein Saarbrücker   Bele digungsprozeß

In Saarbrücken   begann am Freitag ein großer poli­tischer Prozeß. Vor dem Oberit en A bit immungs gericht in Saarbrücken   hatten sich der Privatdozent Dr. Savelfouls der Herausgeber der Wochenschrift Trußbund", Erich Weber und der nach Hitlerdeutschland geflüchtete Redakteur der Deutschen Front". Spindler, wegen Verleumdung, übler Nachrede und Beleidigung des Präsidenten der Saarbahnen, Niklaus. zu verantworten.

Der Ausgangspunkt ist nicht sehr wesentlich. Die offizielle Wechselstelle der Saarbahn hatte sich im Einvernehmen mit dem Präsidenten der Deviiendiktatur der Reichs­banfitelle in Saarbrücken   nicht gefüat. Sie hatte nach den Interessen der Saarbahnen wiederholt Marfanfäufe eingestellt und mit dem Ankauf von Marf nach eigenem wirt­schaftlichem Ermeßen wieder begonnen. Dr. Savelfouls und die ihm zugänglichen Blätter hatten darauf gegen den Präsi­denten Niklaus den Vorwuri des Separatismus" er­hoben Wahr ist, dan Niklaus zu den wenigen hohen deutschen  Beamten an der Saar   gehört, die sich nicht aleichichalten fießen. Er ist aläubiger Katholik und wiederstrebt gemäß Ge­sinnung dem Terror des deutschen Reiches".

*

Für ihn hatte die Regierungsfommission Klage erhoben. Die Beleidiger führten im Prozeß eine große reichsdeutiche Kanone auf, Herrn Proieiior Grimm, Rechtsanwalt in Eisen. Er hielt vor dem Gericht ein hochpolitisches Kolleg über Separatismus und Status auo, wobei er die Kühnheit hatte, den Freiheitsfampf an der Saar   als Fortierung des Rhein  - Separatismus der Jahre 1919-1923 zu bezeichnen, Es newſteht sich von selbst. dak er auftroaanemäß und eingedenf feines hohen Sonoro 3 die Aufocbe übernahm. die Anhänger des Status ouo ola Werkzeuge franzöüicher Politif zu fenn­zeichnen und die Unmöglichfeit einer zweiten Abstimmung zu beweisen". Seine Rede lag der gleichgeschalteten Preise be­

Jeden Tag bringt die französische   Presse neue Einzelheiten Genau wie im Saargebiet

über die bevorstehende Saarabstimmung. Echo de Paris" weist in einem längeren Artikel darauf hin, daß nach mensch­lichem Ermessen das Wahlgeheimnis 100prozentig gesichert sei. Es werde kein Mensch wissen, ob der Saarbrücker   Bürger Frizz oder Hermann, der zwar sein Haus mit Hakenkreuz­fahnen geschmückt oder seinen Laden mit Hitlerbildern aus­staffiert habe, für den Status quo gestimmt habe oder nicht. Man werde dies auch nicht mit Hilfe irgendwelcher Zeichen herausbekommen können, denn die Umschläge und Stimm­zettel werden nach der Auszählung sofort an den Völker­bund nach Genf   gesandt werden, der wohl die Anweisung zu ihrer Vernichtung geben werde. Das wisse, so meint Echo de Paris", auch die Saarbevölkerung, und darum könne der 13. Januar noch aroße Ueberraschungen bringen.

Es werden vielleicht viele so denken, wie der Katholik, der dem Sonderberichterstatter des Blattes jagte: Mein Herr, ich bin ein guter Katholik, aber ich möchte noch ein bißchen warten, bis ich in's Paradies eingehe. Und mit Deutschland  ist das genau so: ich ziehe vor, auch da noch ein bißchen zu warten!"

Ueberall Bluff und Terror der Nazifront

Jm Prager Mittag"( Nr. 291) lesen wir: ,, Senatspräsident Heller hat gestern in der Debatte über das Nachtragsbudget des Füriorgeminifteriums Mitteilun gen über die Lage im deutschsprachigen Grenzgebiet gemacht. die die Aufmerkiamkeit der zuständigen Behörden sowie der breitesten Oeffentlichkeit verdienen. Dr. Heller schilderte den

reits im Wortlaut vor, ehe sie gehalten wurde. Sie erscheint hier in groß aufgemachter Form.

Dagegen ist nichts zu sagen. Wohl aber etwas zu diesem Professor Grimm. Gr weiß genau, welche Kräfte dem rheinischen Separatismus entgegenwirften. Es sind die gleichen, die er heute als Landes und Vaterlandsverräter anprangert: die sozialistischen   Arbeiter in vorderster Pinic. die an der Saar   wiederum um Deutschlands   willen gegen die Rückgliederung an das dritte Reich" fämpfen. Wo aber, so darf man Herrn Grimm fragen, war damals sein Führer"? Er praonisierte seinen Münchener   Bürgerbränt­Putsch, der Deutschlands   Zerfall bedeutet hätte, wenn er gelungen wäre. Noch bis heute ist unaeflärt geblieben. woher die ausländischen Devisen famen, mit denen Hitler   damals seine SA. aerichtsnotorisch finanzierte

Dazu noch ein Weiteres. Der rheinische Separatismus war illegal, gegen das geschriebene Gesetz. Der saarländische Freiheitskampi vollzieht sich auf einer geießmäßigen und vertragsmäßigen Ebene, die Hitler- Deutsch­land in Genf   und in Rom   offiziell anerkannt hat.

Die Niederfämpfung des rheinischen Separatismus ist da= mals aegen Hitler   gelungen Heute streckt der Herr Pro­fessor Grimm ihm die Hand zum Sieg Heil!" entgegen. Heute verleumdet er dieieniaen, die in Hitler   nicht ihren Retter verehren. Heute ist er Teilhaber der Rechts= vernichtung des totalen Staates" und mitschul­dig an den Verbrechen, die das Geficht Deutschlands   vor der Welt geschändet haben.

Der Generalitaatsanwalt beantragte aegen Dr. Savel­fouls 5000 ranfen, gegen die beiden andern An­acflagten ie 500 ranfen Geldstrafe Das Urteil wird am späten Nachmittag des Samstag verkündet.

sichtbaren Stellen ähnchen heraushängt und ähnliches, ist bekannt. Nicht bekannt ist, was Dr. Heller über den Druck mitteilte, der auf die bei reichsdeutschen Unternehmungen arbeitenden tschechoslowakischen Grenzbe= wohner ausgeübt wird: Wenn Ihr nicht jetzt bei uns der Heimatfront beitretet, werdet Ihr entlassen."

ungeheuren Truck, der auf der deutiche Saargrenzen geschlossen

Grenzbevölkerung lastet und der einerseits von hitlerdeutscher, andererseits aber von hitlerfreundlicher in­ländischer Seite ausgeht. Daß man sich in Deutschland   bemüht. der Bevölkerung jenseits der Grenze ein wirtschaftlich florierendes drittes Reich" vorzuspiegeln. indem man in den Grenzgebieten Straßen und sonstige strategische Bauten farciert. die Stillegung der Fabriken nach Möglichkeit vermeidet, bei jeder möglichen und unmöglichen Gelegenheit an allen, von jenseits der Grenze

Die Saergrenzen sind in der Nacht zum 27. Tezember für jeden normalen Verkehr gesperrt worden. Der Zweck dieser Maßnahme ist bekanntlich, das Eindringen unerwünschter Elemente kurz vor, während und nach der Saarabstimmung zu verhindern; die Grenzen werden am 26. Januar 1935 wieder geöffnet werden. Inzwischen ist ein Ueberschreiten nur mit einem von der Regierungsfommission ansgestellten Sonderausweis möglich.

tbil

Als Emigrant nach Kapstadt  

Brief eines Reichsbannerkameraden an die ,, Deutsche Freiheit"

Kapstadt  , Mitte November.

In der Nacht vom 7. zum 8. März versuchten etwa 20 bis 30 SA- und SS.  - Leute, mich aus meiner Wohnung zu holen und mir die verdiente Tracht Prügel" zu verab­folgen, da ich die Frechheit besessen hatte, so gut wie es mir möglich war, in den vergangenen Jahren mich diesen Ban­diten in den Weg zu stellen und ich mich diesen Sterlen gegenüber benahm, wie sich dies für einen Reichsbanner­mann gehörte. Ich bin heute noch sehr darüber erstaunt, daß sie in der betreffenden Nacht noch so anständig waren und ohne etwas erreicht zu haben, w.eder abzogen. Dafür haben sie 8 Tage später um so mehr gewütet, allein schon aus dem Grunde, weil ich nun rechtzeitia mich verduitet hatte.

Ich fuhr nun mit dem ersten Zug los und war froh, als ich auf dem Potsdamer Platz in Berlin   stand und wenig­stens nach langer Zeit wieder mal frei atmen konnte. Nach­dem ich einige Wochen in Berlin   war, versuchte ich einen Auslandspaß zu bekommen da die Nachrichten aus meiner Heimat immer schlechter wurden. Als ich meinen Antrag stellte, wurde mir gleich gesagt, daß man sich nach mir in meiner Heimat erfundigen müßte, da ich noch nicht 6 Mo­nate in Berlin   sei. Ich wußte gleich, daß nun eine große Schwierigkeit überwunden werden müsse. Wie ich es mir dachte, so kam es auch, denn nach einigen Tagen war ein ziemlicher langer Bericht da, daß ich Marrist sei, mich der nationalen Revolution in den Weg gestellt hätte und daß ich mich dem nationalen Volksgericht( lies: Totschlagen) entzogen hätte. Aus all diesen Gründen sei mir ein Aus­landspaß zu verweigern, jedoch sei gegen einen Inlands­paß nichts einzuwenden. Natürlich habe ich mir den In­landspaß geben lassen, denn er war für mich schon ein fleiner Gewinn. Als ich darum bat, mir doch keine Schwierigkeiten zu machen, da ich nichts Strafbares be­gangen hatte, sagte mir der Reviervorsteher glatt, ich solle nach Hause fahren und mir das Fell voll hauen lassen"

In der Zwischenzeit erhielt ich von Bekannten aus Kap­ stadt   ein Telegramm, daß ich hin kommen sollte. Aber wie jollte ich ohne Vaß aus Deutschland   raus kommen? Ich besorgte mir nun ein Leumundszeugnis und brachte dieses zur Polizei und ich durite dann einen Antrag bei der vor­gesetzten Behörde stellen. Der Herr Hauptmann war in der 3wischenzeit sehr besorgt um mich geworden und wollte mich vor Unannehmlichkeiten in Südafrika   bewahren. Aus diesem Grunde wollte er eine Bescheinigung haben, daß ich in Südafrika   auch arbeiten dürfte und schickte mich zum Konfulat Tort erflärte man mir, daß ich mehr arbeiten dürfte als ich wollte und daß das die deutsche Volizei nichts ang be bzw. mißten die Herren dort dies wissen. So wurde ich Wochen und Wochen hin und her geschickt, ohne auch nur einen Schritt weiter zu fommen.

Endlich nach langem Suchen fand ich auch noch einen Beamten, der mir behilflich war und mir durch einen ge­schickten Trick zu meinem Vaẞ verhalf. Er ließ dem Herrn Hauptmann sagen, daß er auch einer von denjenigen sei, die früher Demokraten oder Sozialdemokraten geweien seien und heute nicht laut genug Heil Hitler" schreien tönnten.

So ist es mir dann endlich gelungen, aus Deutschland  raus zu kommen. Nur hat mir der Beamte auf Vorschlag

cines Kollegen von ihm einen Satz in meinen Paß schreiben müssen, auf den ich ganz besonders stolz bin.

Endlich war ich soweit reisefertig und fuhr am 18. Juli 1933 von Berlin   nach London   ab. Die Fahrt bis Bentheim  , der letzten deutschen   Station, war sehr langweilig, denn feiner meiner Reisegefährten hatte bis dahin auch nur ein Wort gesprochen. Erst als wir die Paßkontrolle hinter uns hatten, atmeten wir alle erleichtert auf. Meine Reisebe­gleiter waren beide, ein Herr und eine Dame, Beamten gewesen, und da sie keine arische Großmutter hatten, ent= lassen worden. Nun waren wir in Holland   und unter­hielten uns über all das, was wir in den letzten Monaten erlebt und durchgemacht hatten. Mittags gegen 12 Uhr waren wir in Vlissingen   und nach ungefähr 1 Stunde ging die Fahrt weiter über den Kanal. Ich war noch nicht richtig auf dem Schiff, als ich schon Leute mit dem Neuen Vorwärts", der Deutschen Freiheit" und der Arbeiter= Illustrierte auf dem Deck rumlaufen sah. Ich wußte also gleich, wo ich hingehörte und so wurde mir die sechs= stündige Fahrt über den Kanal nicht lange.

Gegen 9 Uhr abends waren wir dann in London  , und da ich doch teinen Bescheid wußte, erbot sich der Herr, mich in ein Hotel zu bringen. Leider war aber in der Nähe des Bahnhofes fein Hotel aufzutreiben, und so riet mir mein Bekannter, doch zum Kommitee zu gehen, was ich auch tat. Als ich dort anfam, wurde ich von allen Seiten mit Fragen bestürmt, denn alle wollten etwas von mir hören( zu dieser Zeit waren schon eine Menge Flüchtlinge in London   beim Kommitee. Ich war sehr erstaunt über den Betrieb, der dort herrschte, denn so hätte ich mir feine Hilfsorganisation vorgestellt. Dieses Flüchtlingsheim fann sich mit jedem Hotel messen. denn es war ganz erstklassig in jeder Be­ziehung. Ich glaubte im Namen aller zu schreiben, wenn ich an dieser Stelle nochmals der Leitung vom Londoner Kommitee unseren herzlichsten Dank für die uns zu Teil gewordene Unterstützung ausspreche. Besonders erfreut wurde ich an diesem Abend noch dadurch, daß ich einen Be­fannten aus meiner Heimat dort traf.

Ich war leider nur einen Tag in London   und konnte daher nicht viel von dieser Riesenstadt sehen. Nun war der Tag gekommen, an dem ich endgültig Europa   auf unbe­stimmte Jahre verlassen mußte. So wurde ich dann Freitag morgens vom Kommitee aus per Tari zum Bahnhof ge= bracht, um nach Southampton   zu fahren. Mit einem Sonderzug der Union Castle Line"( der fährt jeden Frei­tag) ging dann die Fahrt los. So gegen 1 Uhr war ich an Bord der Edinburgh Castle  ", die pünktlich um 4 Uhr ab­fuhr. Ich werde diese Stunden nie in meinem Leben ver­geisen, wie ich sozusagen allein dastand und wehmütig der entschwindenden Küste nachsah. In diesen Stunden war mir alles ganz gleich, da ich doch gar nicht wußte, wo ich eigentlich hinfomme, d. h. ich wußte nur, daß ich zu Freunden meiner Verwandten fahre, die ich leider nicht fanute. Auch hatte ich absolut feine Ahnung, wie es in Kapstadt   aussehen würde, und ich war angenehm enttäuscht. als ich am 8. August in dem wunderschön gelegenen Kap­ stadt   landete.

Sehr erfreut war ich, als ich in meine Kabine kam und einen entlassenen Geschäftsführer der Epa" vorfand, und nach einigen Stunden fand ich sogar noch einen Landsmann von mir auf dem Schiff. Nach ein paar Tagen waren wir dann in Madeira  , einer ganz herrlichen Insel( Herr Gruppenführer Ernst wußte schon, wo es sich angenehm und schön leben läßt.). Bei Tagesanbruch waren wir dort und ließen uns ausbooten, um die Stadt au besichtigen.

wir nahmen uns zu sieben ein Auto und fuhren los. Gar manchesmal ist es mir bei dieser Fahrt Angst geworden, wenn es Straßen rauf ging, daß man sich festhalten mußte, um hinten nicht raus zu fallen, aber unser Chauffeur war ein guter Fahrer und brachte uns sicher und wohlbehalten zurück. Vorher hatte er uns noch in eine Weinfellerei ge= bracht, wo wir fostenlos die verschiedenen Sorten versuchen durften.

Ein Glück war es für uns, daß wir sehr wenig Zeit hatten, denn sonst wären wir nicht nüchtern aus dem Keller gekommen. Als wir auf das Schiff zurückfamen, war dieses in ein Warenhaus umgewandelt, denn die Händler von Madeira   boten hier ihre Waren an, und es war ein sehr starfer Geschäftsbetrieb im Gange. Kurz vor 11 Uhr muß­ten sie aber wieder von Deck und versuchten noch von unten aus ihren Booten ihre Sachen zu verkaufen. Nun ging die Fahrt weiter.

Bei herrlichem Frühlingswetter fuhren wir in den Hasen von Cape Town   ein. Nach der Paßkontrolle mußten wir noch einige Zeit an Bord bleiben, und so unterhielt ich mich mit meinen Freunden, die ich in der Zwischenzeit entdeckt hatte vom Deck aus, so gut dies möglich war. Auch der Gründer des hiesigen Kommitees, Herr Leo Raphael, war ans Schiff gekommen und war sehr betrübt, als er er= fuhr, daß nur 3 Deutsche an Bord waren. Mit der Zeit tamen aber immer noch mehr Leute an, und so sind bis zum heutigen Tag schon einige hundert hier in Cape- Town gelandet, die bestimmt alle Herrn Raphael dankbar sind, daß er ihnen geraten hat, nach der Union of South- Africa  auszuwandern. Neben Herrn Raphael sind noch heute die Herren Mar Sonnenberg, Herr Hammerschlag, Mr. Gitlin, Herr Goldschmidt und noch eine ganze Anzahl weiterer Herren für uns Emigranten tätig. Besonders möchte ich noch erwähnen, daß diese Arbeit, die von den Herren in uneigennüßiger Weise geleistet wurde, nur durch die Hilfe der südafrikanischen Juden möglich war. Nicht unerwähnt möchte ich auch die Sekretärin Miß Superholz lassen, die nun schon über ein Jahr alle geschäftlichen Angelegenheiten mit derselben Hingabe erledigt wie oben genannte Herren. Unsere Aufnahme hier am Kap der guten Hoffnung  " war einzigartig in jeder Beziehung. Hunderte wurden in Stellungen untergebracht. Soweit der eine oder der andere nicht sofort Arbeit bekam und ohne Mitteln war, bekam er vom Kommitee im Monat seinen Lebensunterhalt bezahlt, oder wenn er wollte, fonnte er das Geld auch so haben. Mehrere haben sich selbständig gemacht und haben ganz gute Erfolge zu verzeichnen.

Cape Town   ist eine auf einer Halbinsel gelegene Stadt, die eine der schönsten Städte der Welt sein soll, fast 9 Monate ist es Sommer. Nur einige Wochen ist es etwas falt Ab und zu sieht man auf den Bergen etwas Schnee liegen, und man denkt dann doch manchmal an den Winter in Deutschland   zurück. Samstags um 1 Uhr find alle Ge­schäfte geschlossen. Es ist dies eine sehr schöne Einrich ung, da man ein schönes Wochende vor sich hat und man an dem Strand des Atlantischen oder Stillen Ozeans sich ausruh' n fann. Am Sonntag ist in der Stadt alles tot. Ale Kinos sind geschlossen und die Cafés werden erst um 4 thr ge öffnet. Dies kommt daher, weil die Kirche einen schr starken Einfluß hat. Mit der Zeit gewöhnt man sich auch daran.

Aells in allem ist es hier am Ende der Welt" herrlich und schön. Es sind bestimmt alle Emigranten glücklich, hier in einem freien Londe ihr Unterkommen gefunden zu haben.