94

iJ

Deutsche Stimmen Beilate zur Deutschen Freiheit

sonniag- Montag, den 30. una 31. Dez moer 1934

Hitler wird wird lieber Gott  

Pfarrer Hosenthien proklamiert ihn

..Danket dem Herrgott. der treu sich zu Deutschland   be­kannte.

der in Verwirrung und Ohnmacht den Retter uns sandte, der ihn durch Not schuf für der Freiheit Gebot, daß er des Volkes Not wandte.

Schmählich am Boden lag Handel und Arbeit und Leben. Hunger und Elend zerbröckelten Willen und Streben. Gottlose Wut zielte nach Seele und Gut. Nirgends schien Heil uns gegeben.

Da kam der Mann, den der Herrgott zum Höchsten ge­leitet,

den er den Willen gestählt und das Auge geweitet. Seele und Sein, setzt' er zum Geisteskampf ein. Bis ihm die Stunde bereitet.

Volkheit im Kern hat er Deutschland   im Tiefsten ge­funden,

ist nun unlöslich mit all unsrer Liebe verbunden, Führt nun mit Macht, Eifer und weisem Bedacht, Heilet nun all unsere Wunden.

Vater im Himmel, schenk all seinen Plänen Gelingen, Schütze sein Leben und wahr' seinem Geiste die Schwingen. Wir schaun auf ihn. segne in Gnaden sein Müh'n, Neu uns zu Ehren zu bringen."

*

Das ist ein poetischer Erguß des Pfarrers Hosenthien, der dieses völkische Elaborat im Pfarrerblatt( Nr. 41, 1934) ver­öffentlicht. Die gläubigen Nazischäflein sollen das Lied nach der Melodie Lobe den Herren, den mächtigen König der Ehren  " singen.

Wir können hier beobachten, wie eine neue Nazi­mythologie entsteht. Der Führer tritt immer mehr an die telle von Christus. Der Nazismus wird die neue Erlösungs­ehre. Aus der Bewegung selbst werden Gestalten heraus­gearbeitet, die dem Kultus der Massen dienen sollen. Sie tragen nationalistische, revolutionäre und militaristische Züge und werden, wie Leo Schlageter   und Horst Wessel  , als Vorbilder für die Jugend hingestellt. Es seien Männer, würdig der Verehrung des ganzen Volkes. Ueber ihr Privat­leben, das mit moralischer Reinheit ebenso wenig zu tun hat wie mit christlicher Ethik, wird absichtlich hinweggesehen.

In seiner Schrift,.Die Kirche und das dritte Reich" läßt sich der Universitätsprofessor Niebergall, Marburg  , über die Person Hitlers   folgendermaßen aus: Sie wird fast in das Licht religiöser Verehrung gerückt; ihr fliegt geradezu ein religiöser Glaube entgegen. Alle Affekte, wie sie der Reli­gion eigen sind, machen sich laut bemerkbar. Begeisterung, Hoffnung, Leidenschaft. Liebe und furchtbarer Haß gegen alle Andersgläubigen: es ist der Anspruch der Religion auf Absolutheit, der hier wirkt. Wir haben also eine Ersatz­

Kleine Scenerie religion  

oder einen Religionsersatz vor uns, eine verkappte Religion", die Sakralisierung eines Menschen, einen unter den Göttern des Abendlandes."

Der Versuch, an Stelle religiöser Vorgänge und Gestal­ten solche politischen Charakters und nazistischer Prägung zu setzen. wird auch in dem in Berlin   erschienenen, mit dem Bilde eines Weihnachtsbaumes, zwei Engeln und dem Haken­kreuz geschmückten Buch Weihnachten im ,, dritten Reich" gemacht. Die Schrift enthält Gedichte vo Fritz von Rabenau. Darunter findet sich auch das uralte Weihnachts­lied..Stille Nacht, heilige Nacht  ". jedoch in der Weise ver­ändert, daß an Stelle der heiligen Familie Adolf Hitler  tritt:

Stille Nacht, heilige Nacht  .

Alles schläft. einsam wacht Nur der Kanzler zu treuer Hut, wacht zu Deutschlands   Gedeihen gut. Immer für uns bedacht.

Stille Nacht, heilige Nacht  ,

Alles schläft, einsam wacht

Adolf Hitler   für Deutschlands   Geschick.

Führt uns zu Größe, zu Ruhm und zum Glück. Gibt uns Deutschen   die Macht.

In einem anderen Gedicht..Der Erlöser" werden der Hei­land, der die Welt von der Sünde erlöst und Hitler. der Deutschland   erlöste durch die politische ,, Revolution" 1933, nebeneinander gestellt:

Im fernen Ost erstand Aus Gottes Vaterhand

Der Heiland, der die Welt beglückt.

Für unser Deutsches Land Hat Christus uns gesandt,

Den Führer, der uns all' entzückt.

Im fernen Ost einst bracht Erlösung aus der Nacht

Der Gottessohn durch Opfertod.

Durch Hitler unserm Land Erlöser jetzt erstand

Zu ewig hellem Morgenrot.

Der Glaube, daß Gott Hitler geschickt habe, um das deutsche   Volk zu erretten, ist Gemeingut aller deutschen Christen. Also hat Gott   die Welt geliebt, daß er ihr Adolf Hitler   sandte

Vor den Augen der Kritik aber repräsentiert sich diese Modereligion mit ihrer Dichterei als eine Bühne, auf der die politischen Regisseure eilig hin und her laufen, um das Feuerwerk des Hitlerkultus immer wieder von Neuem zu entzünden. Unten aber stehen die Rückhaltlosen". Unbe­lehrbaren, umnebelt vom metaphysischen Rauch nazistischer Pacificus. Propagandistik.

Von Beamten blonden Haaren Rauchen und Stellenlosigkeit

Der..Westdeutsche Beobachter", das Naziblatt Kölns  , hat einen Sprechsaal eingerichtet. Hier offenbaren sich viele sorgenvolle Gemüter. deren Klagen in die braune Wüste hallen sollen. Bemerkenswert ist besonders die Klage des seit vier Jahren arbeitslosen Kochs und Chauffeurs, der an­scheinend von der,.Arbeitsschlacht" noch nicht erfaßt wurde. Verdienen die Beamten zu wenig?

Es will mir als altem Nationalsozialisten manchmal SO scheinen, als ob zwischen den theoretischen Absichten der Partei und Regierung und ihrer praktischen Ausführung trotz allem Erreichten noch Widersprüche klaffen. Ich bin ein kleiner Beamter mit Frau und drei Kindern und hundertfünfundsiebzig Mark Monatsgehalt. Sie werden mir zugeben, daß man davon keine großen Sprünge machen kann. Fast alles geht für Miete, Essen   und Kleidung drauf, und ein Glas Bier kann ich mir höchsten am Sonntag leisten. Das Rauchen habe ich mir überhaupt schon abgewöhnen müssen. Schließlich hat aber doch jeder arbeitende Mensch ein gutes Recht darauf. auch mal ein Vergnügen zu erleben. Statt dessen sind manche Lebensmittel im letzten Jahr, wenn auch nicht erheblich. so doch immer­hin etwas teurer geworden, so daß für die angenehmen Dinge des Lebens auch heute noch nur sehr wenig übrig­bleibt. Ist das wirklich nötig? Könnte die Regierung nicht eine andere Preispolitik für Lebensmittel treiben? Muß eine deutsche   Frau blond sein?

21

Ich habe eine Braut, ein liebes, anständiges und vernünf­tiges Mädel aus gutem Hause. Wir haben uns früher in allem ganz ausgezeichnet verstanden, niemals gab es Zank und Streit. Leider hat sich das seit kurzem geändert. Den Anlaß unserer gegenseitigen Verstimmung gab der Umstand, daß Helga sich ihr schönes tiefschwarzes Haar mit Wasserstoffsuperoxyd gebleicht hat. Ich habe mich früher jeden Tag an ihrem schwarzen Madonnen­scheitel erfreut und war wütend, als sie mit ihrem schwindel­haften Kunstprodukt erschien. Sie behauptet aber. sie sei eine Beduinin eine deutsche   Frau: sie wolle nicht wie herumlaufen. sondern blond sein. wie sich das für eine Nord­länderin gehöre. Sie hat wohl irgend etwas über rassische es richtig zu verstehen. Merkmale läuten gehört, ohne Jedenfalls ist ihr der Unsinn nicht auszureden. Was kann man da nur tun?

Muß ich das Rauchen einstellen?

Ich bin seit kurzer Zeit verlobt und verstehe mich mit

meinem Bräutigam ausgezeichnet. Nur um einen Punkt zan­ken wir uns in letzter Zeit sehr häufig. Ich rauche näm­lich täglich zwei Zigaretten. Mein Verlobter will das nicht. und ich habe keine Lust es aufzugeben. Be­merken will ich, daß mir die zwei Zigaretten nicht schaden können, da ich groß, kräftig und kerngesund bin. Außerdem bin ich beruflich tätig und habe einen ziemlich anstrengen­den Bürodienst zu verrichten. Komme ich nach Hause, dann freue ich mich schon auf die Zigarette, die ich nach dem Abendbrot rauchen kann. Ich bin sonst nicht sehr anspruchs­voll und möchte nur gerne wissen, ob mein Verlobter recht damit tut, wenn er mir dieses harmlose Vergnügen nimmt. Ich muß noch hinzufügen, daß er selbst viel und gerne raucht und es bestimmt auch nicht lassen würde. Sicherlich sind andere junge Mädchen schon in derselben Lage ge­wesen und können mir einen guten Rat geben.

Ich möchte etwas lernen

Hilde R., Köln  .

Ich bin 21 Jahre alt und habe noch keinen Beruf erlernen können, da meine Mutter immer kränklich war. Wenn meine Eltern, die beide schon nicht mehr jung sind, einmal nicht mehr leben werden, dann stehe ich allein da, ohne mir einen Pfennig verdienen zu können. Alle meine Versuche. jetzt noch etwas zu erlernen. schlugen fehl. Ueber. all wurde mir geantwortet, in welcher Branche es auch war, ich sei zu alt. Lehrlinge dürften höchstens 17 Jahre alt sein. Ich habe Lust zur Arbeit und begreife sehr leicht. Aber was soll ich nun machen, wenn mich keiner will? Muß ich denn alle Hoffnung aufgeben. jemals im Leben allein dastehen zu können. Mieze K., K.- Höhenberg.

Zu lange stellenlos

Bin von Bruf Koch und nebenberuflich Chauffeur und nun schon seit vier Jahren stellenlos. In dieser Zeit war es mir nicht möglich. nur eine einzige Aushilfe oder gar feste Anstellung zu finden. Vor einigen Tagen bekam ich vom Arbeitsamt eine Stelle zugewiesen. Ich stellte mich vor, bekam aber zu meinem Bedauern von diesem Arbeitgeber die Antwort: Es tut mir leid, Sie sind vier Jahre aus ihrem Beruf als Koch heraus, ich kann Sie nicht ge­brauchen." Dieselbe Antwort erhielt ich an zwei andern Stellen. Lieber W. B., was soll ich tun, um wieder in den Arbeitsprozeß zu kommen. Ist der Arbeitgeber berechtigt, mir eine solche Antwort zu geben, zumal wenn er es nicht einmal für notwendig hält, mich ein paar Tage zur Probe einzustellen. K. B., Aachen  .

->

Ereignisse und Geschichten

Aufcuf zum Bunde

Verbundet euch, ihr Stillen dieser Erde! Der Feind ist überall, wo Niedertracht Und Dummheit herrschen über eine Herde, Gepanzert mit der Rüstung blinder Macht. Nicht da ist er, wo andre Götter segnen, Nicht dort, wo man in fremden Zungen spricht. Im eignen Lande müßt ihr ihm begegnen Und ihm die Maske reißen vom Gesicht! Dus Böse unter Hüllen zu erkennen. Ist jedes Wahrheitssuchers erste Pflicht. Vom Bösen unerbittlich sich zu trennen, Die zweite; diese aber heißt Verzicht! Die dritte ruft Den Brüdern sich verbünden, Die überall in Einsamkeit sich mühn! Die vierte, laut die Wahrheit zu verkünden, Bis ihre Feuer warm die Welt durchglühn.

Mendelsohn­

kompromißlos verworfen

Wer ersetzt ihn?

Horatio.

In der Essener National- Zeitung" startet Friedrich W. Herzog, einer der Hauptstreiter der NS. Kulturgemeinde und Sieger im Kampfe gegen Furtwängler, eine Würdigung der Kompostionsaufträge, die die NS. Kulturgemeinde für­eine neue Musik zum..Sommernachtstraum" an Julius Weis­ mann   und Rudolf Wagner- Regeny   erteilt hat:., Denn die Musik Mendelssohns ist im dritten Reich" mit den unum­stößlich und kompromiẞlos geltenden Gesetzen vom Primat der Rasse und des Blutes nicht mehr zu verantworten. Für eine völkische Kulturbewegung untragbar( Ich hab' es getragen hundert Jahr). Heute sehen wir das Lust­spiel mit anderen Augen an und lehnen... ab. Ein be­sonderes Kompostionsprogramm ist nicht vorgeschrieben. Nur wird im Interesse der theatralischen Wirkung Wert darauf gelegt, daß in der Musik ein Vorspiel, ein Rüpeltanz, eine Elfenmusik und ein Hochzeitsmarsch enthalten sind." Tür den Rüpeltanz sollte das Horst- Wessel- Lied genügen.

Verbotene Filme

-

In den letzten Wochen wurden im ,, dritten Reich" fol­gende Filme verboten:..A woman commands"( Pathé Radio Pictures, London  ): Columbus und die Bankräuber"( Baltic Film Company. Kopenhagen  ):..Eine ruhige Familie"( Radio Pictures. Neuyork): The invisible man"( Universal Pie­tures Corp.. Neuyork):..Glos pustyni"( BWB Film War­schau): Ein falscher Fünfziger"( K. U., Delta Film Gemein­schaftsproduktion): Stambul Quest"( Metro- Goldwyn­Mayer): Harry. der unfreiwillige Kunstflieger"( Radio Pictures, Neuyork): Schachmatt"( Universum Film AG  .. Berlin  ):..Serienreklame"( Heinefilm. Leitung: Heinrich Heine  . Berlin  ): The Affairs of Cellini"( United Artists  , Neuyork); The Perils of Pauline( Universal Pictures  , Corp. Neuyork): L'ordonance"( Capitole Films. Paris  ): ,, Eine Erholungsreise"( Universal Pictures Corp  . Neuyork); ,, Zwischen Feuer und Eis"( I. G. Farbenindustrie.AG  . ,, Agfa  ", Berlin  ); ,, Moulin Rouge"( United Artists  , Neuyork).

Xenien

Kampf gegen Miesmacher

Bärenstark ist der Riese, nur gegen Zugluft empfindlich; Tödlich trifft ihn der Hauch eines geflüsterten Worts. Gerichtsurteile

Weil Euch selber er fehlt, haßt Ihr bei andern ihn tödlich:

Wer bestrafte vordem auch mit Gefängnis den Lobredner

-

Wit!

..Riesiges Werk ist vollbracht. Erreicht ist Großes." Nur leider.

Sprechen die Herrschenden stets, nie die Beherrschten

also.

Goebbels gegen Emigranten

Wohl! Verbreitet ist stark die Emigrantenpsychose. Aber am meisten, mir scheint, leidet der Klumpfu daran.

Furtwängler

Was tun Musiker Euch? Kunst schwatzt.

-

Wenn Ihr von Liebe zur

Hört das kundige Ohr falsche Töne heraus. Methode Eigenlob

..Wie bescheiden ich bin! Bescheiden.

Rühme nichts ich an mir, nur Voraussicht Zukunft

-

Ich bin so bescheiden!

1

wie bescheiden ich bin

drum ist uns nicht bang. Soweit sie für uns

Haben durch Wechsel wir sie vorbelastet bereits. Braune Studenten

-

in Betracht kommt.

Furchtbar brüllen Protest sie, wenn man Insignien fort­

trägt.

Hebt man die Lehrfreiheit auf, trampeln sie Beifall dazu. Professor Barth

Wohl. der Glaube gebeut. Gott   mehr zu gehorchen als Menschen.

Nur vergaßest Du eins: Jetzt ist Hitler   der Gott  ! Der Sammler

Weil vortrefflich er hat per Sammelbüchse gefochten. An sich selber verlieh Göring   die Büchsenschütz Schnur. An viele

Als das Recht man vernichtet, da habt Ihr Narren ge­jubelt. Unrecht leidet Ihr nun. Dennoch geschieht Euch Recht! Mucki.