Mutter und Kinö.
Nichts Lieberes auf der Welt gibt es. als ein Kind; kein höheres und reineres Glück als Mutter fein; keine heiligere Aufgabe, als die Erziehung des unbewußten Kindes zum verantwortlichen Menschen: kein« größere Freude als das Gedeihen eines jungen Menschen an Leib und Seele. Wenn jede Frau ganz Mutter sein könnte, wenn all ihr inneres Glück unbeschattet von Sorgen und Not zurückfluten könnte in die Familie über Mann und Kinder wie Sonnenschein, welch neues Geschlecht müßte heranwachsen, wie vollkom» men müßte die Welt mit fol- chen neuen Menschen werden. Aber diese Volltom- menheit de» Glückes von Mutter und Kind wird ein fchönerTraum bleiben, bis die wirt» schalt lichen und sozio- le n Verhältnisse vollkommen umgestaltet sind. Solange Kinder in dumpfen Stuben lichtloser Höfe geboren werden, solange sie ohne genügende Pflege und Nahrung, auf dem Stra- ßendamm und an Müllkästen spielend aufwachsen müssen, solange die eben erwachenden Sinne bei dem Wohnen von einem halben Dutzend oder einem Lutzend Menschen in einem Raum alles Häßliche und Harte, oft sogar Gemein- heit und Roheit, wahrneh- men müssen, solange kann da» Geschlecht nicht heranwachsen, da» gut und frei und stark zum Lebenskampf ist. Wer ernstlich an einer Aufwärtsentwicklung der Menschheit mitarbeiten will, muß darum zuerst für die Besserung der wirtschaftlichen Verhältnisse kämpfen, muß dafür sorgen, daß die bretten, leidenden und schaffenden Massen des Volkes mehr Ein- fluß auf die Gesetzgebung, auf die Gestaltung des politischen Lebens bekommen. Hat da» jede von euch getan? Oder habt ihr euch daraus be- schränkt, zu schelten und zu jammern über das schwere Leben? Rur unzufrieden sein, nur Sehnsucht nach besseren Zuständen empfinden bringt uns keinen Schritt vorwärts. Wir müssen die natürlichen Zusammenhänge der Ursachen und Wirtun- gen im Staats- und Wirtschaftsleben erkennen und dann müssen wir uns mit klarem Willen in die Reihen derer stellen, die sür eine Umgestaltung und Besserung der gegen- wärtigen Verhältnisse arbeiten. Das sind die Sozial- demotraten. Gerade jetzt, kurz vor den Wahlen, kommen alle poli- tischen Parteien und sagen den Frauen, Müttern und Mädchen, was sie alles für sie getan hätten. Da ist es
notwendig, genau zu prüfen, damit am 7. Dezember ein Wahlresultat zu st and« kommt, welche» in den kommenden 4 Jahre» dem arbeitenden Volte und seinen Kindern nützt. Wir dürfen wählen, unser Schicksal mitbestimmen, weil uns die sozialdemokratischen Männer von 1g18 da» Wahl- recht gegeben haben. Die anderen Parteien hatten es uns bis dahin, trotz aller Lasten, die die Frauen im Kriege ge* tragen haben, verweigert. Wollen wir unser vor« nehm st es Staatsbür« gerrecht nun aus- nützen, um unseren Gegnern zu dienen? Da sind zuerst die Deutschvöl- tischen, die nur Frauenstim- men haben wollen, aber au» Grundsatz keine Frau zum Reichstag oder zum Landtag aufstellen: die die Frauen- erwerbsarbeit mit allen Mit- teln bekämpfen. In de« Reihen dieser Partei sitzt auch Herr Ludendorff, nach' dessen Willen der Weltkrieg solange geführt wurde, bis für Deutsch - land alles verloren war; der dann nach Schweden aus- rückte und nun gegen die deutsche Republik für neue Putsche, für neuen Krieg und für die Wiederkehr des Kai- fers Stimmung macht, damit er, Ludendorff, wieder oben- auf kommt. Will eine Fraunocheinmalalle» durchmachen, was Lu- dendorff und seines- gleichen über da» deutsche Volk gebracht haben? Nein! Darum darf keine Frau um Ihrer selbst und um ihrer Kinder willen deutschvölkisch wählen. Aber ebenso wenig darf sie ihre Stimme für die Deutschnationale Voltspart ei oder für die Deutsche Voltspartei abgeben, denn politisch wollen diese genau dasselbe: sie bekämpfen die Republik , sie wollen den Kaiser wieder haben. Denselben Kaiser, der nicht auf dem Schlachtfelde starb, wie Millionen deutscherMännerundJüngltnge, sondernder vorzog, nach Hollandzudersertteren. Der nicht sein Vermögen aus dem Altar des Vaterlandes opferte, sondern es dem. verarinten Deutschland nahm und nun von Preußen immer mehr verlangt. lind wenn die Sozialdemokraten es nicht bisher verhütet hätten, dann wären ihm die Riesensummen zugestanden worden, obwohl Massen deutscher Kinder hungern, unterernährt sind, körperlich ul»d seelisch zugrundegehen. Die Deutsch nationalen und die Deutsche Volks-