— 3—Du weißt, daß einmal alle- so sein wird,daß einmal das Ziel unserer Sehnsucht erkämpft ist, und du schreitest mit trotzigemSchritt durch di« glutheißen Straßen, stampfestden kochenden Asphalt mit deinen Füßen, und,wenn du das Fabrikstor hinter dir zuschlägst,glaubst du sein Splittern zu hören und dugehst an di« Arbeit wie einer, der weiß, daßdie Frucht srin«S Schweißes ihm nicht entgehenkann. Erich Grisar.wanderten nach einem Jenseits, das meist demDiesseits glich oder auch noch trostloser war;erst mit zunehmender Klassenscheidung aufErden entstand dann der Gedanke an Vergeltung, kam eine Scheidung in Himmel undHölle auf,Mit allen überirdischen Mächten dauerndauf gutem Kuß« zu stehen, war für di« Menschen natürlich sehr wichtig. Je komplizierter die Wirtschaft nun wurde, zumal mit demaufkommenden Ackerbau, desto mehr Geister,Götter gab es aber und keiner durfte vernach«lässigt werden. Daher mußten sich einzeln«Leut« sehr bald nur noch mit diesen beschäftigen, im Interesse der Allgemeinheit, und esentstand aus dem ursprünglichen Zauberer oderMedizin-Mann schließlich der Berufspriester,dessen Amt bei allen sogenannten Natur- undHalbkulturvölkern ein außerordentlich schwieriges und gefährliches ist. Er genießt zwar allgemeine Achtung, wird aber auch für jede-„Versagen" der Natur, z. B. für das Ausbleiben des Regens, verantwortlich gemacht.Kein Wunder aber, daß der Priester die Naturkräfte und die Psychologie seiner Mitmenschen immer sehr gut kennt und ein wichtigerKulturfaktor ist, der erst auf höheren Entwicklungsstufen, namentlich in der Zivilisation, zueinem Vertreter des Rückschritts, der Reaktion,wird.Der Polytheismus, die Vielgötterei, diesich bei allen Ackerbau-Völkern, allen, die mitder Natur noch eng in Berührung kommen,vorfindet, wird allmählich abgelöst durch monotheistische Religionen(Islam, Christentumusw.), je mehr die politisch: Macht sich konzentriert. Der Imperialismus, der über die Grenzen des Nationalen weit hinansgreift, der eineentwickelte Stadtwirtschast, Handel und Gewerbe und damit stetig zunehmende Entfremdung von der Natur vorausscht, schafft so aucherst die Bedingungen für«inen über den Nationen stehenden Gott; und auch hier zeigt sichwieder, wie die Religion immer nur die jeweiligen irdischen, sozialen Berhältuisse widerspiegelt.***Das sind die wichtigsten Punkte der religiösen Entwicklung, ganz skizzenhaft angedeu-trt. Gar manches ist noch unsicher, kann durchdie Forschung noch umgestoß«n oder zum mindesten ergänzt werden. Aber fest steht, daß dieReligion genau wie di« Kunst oder das Rechteine soziale Erscheinung ist, daß sie der Ausdruck vorwissenschaftlichen Denkens ist, das inunser Zeitalter der naturwissenschaftlichen undsozialen Technik hin«inragt als Ruine vergangener Zeiten,«inmal, weil sich die primitivstenpsychologischen Regungen der Menschheit stetSam längsten und zähesten halten.. Die Glörlefen-Höhle beiSalzburg.In dem hochragenden Kalkstock des Tennengebirges, 30 Kilometer südlich von Salzburg,wurde kurz vor Kriegsbeginn ein« Eishöhle vonbisher nie geahnter Größe entdeckt u. vom Verein für Höhlenkunde in Salzburg 1931 zugänglich gemacht. Seither hat sie sich zu einer dergrößten Sehenswürdigkeiten der Ostalpcn entwickelt und bietet eine Besonderheit Oesterreichs,wie sie kein anderes Land der Erde ausweist.Denn di« Eisriesenwelt mit ihren Gängen biszu 30 Kilometer Gesamtlänge kann mit Rechtden Anspruch behaupten, die.größt« Höhle derErde überhaupt zu sein; stellt sie doch seihst dl«Mammut Caves in Kentucky, USA., an Ausdehnung und Gewaltigkeit weit in den Schatte».Wie Gott erschaffen wurde.Will man sich über das Wesen irgendeinerErscheinung, sie fei naturwissenschaftlicher odersozialer Art, Klarheft verschaffen, so ist«r nn-erläßlich, zu ihren Quellen zurückzugehen undihren Werdegang Schritt für Schritt zu verfolgen' d wendet man dabei, wir"«r heutewohl,, ernst« Forscher tut, di« Methode deshistorisch:« Materialismus an, dann gewinntman neben der Erkenntnis des bisherigen Wegeszugleich die Möglichkeit, die allgemeinen Linienzukünftiger Entwicklung Vorherzubestimmen.Das ist gerade für Sozialisten ganz außerordentlich wichtig; denn der Sozialismus soll ja, nachdem treffenden Wort« Engels, die sozial« Vorgeschichte der Menschheit zum Abschluß bringen,indem er neben die bewitä in hohem Grad« erreichte Beherrschung der Ncckur die Erkenntnisund Anwendung der das menschliche Gemeinschaftsleben beherrschenden Gesetze stellt.Nun hat di« Soziologi« oder Gesellschaftswissenschaft, obwohl noch keine hundert Jahrealt, zumal in den letzten Jahrzehnten und Jahren eine slllche ungeheure Fülle Material aus derVölkerkunde, Geschichte, Psychologie, vergleichen-den Sprachwissenschaft usw. zusammengetragen,daß man mit stets zunehmender Sicherheit daran gehen kann, den kulturellen Werdegang derMenschheit zu rekonstruieren und seine ursächliche Bedingtheit durch di« jeweilige ökonomischeLage— ökonomisch im weitesten Sinn« deSWortes— nachzuweisen. Auch für die Religion,wohl eines der schwierigst«" Gebiete, hat mandas mit Erfolg getan, und die Arbeiterklasse hat«Oe Ursache, sich mit den Ergebnissen gerade dieser Forschung bekannt zu machen, um so ihrenKampf gegen die kirchlichen Mächte von einersicheren, weil wissenschaftlichen Grundlage auSi« führen.*) Im folgenden seien die wesentlichsten Punkt« der Entwicklung der Religion kurzskizziert.Naturgemäß sind ihr« primitivsten Ansätzeam schwierigsten zu erhellen, denn sie lieLnwahrscheinlich tief im Tierreich. Doch dürft« daSBestreben, sich Nahrung zu verschaffen und sichselbst vor dem Gefressenwerden zu bewahren,di« ursprünglichste seelische Regung bei Ti«r undMensch gewesen sein, und der Mensch dürftebei der Beobachtung der ihn umgebenden Naturdie gleichen Empfindungen gehabt haben, wl«alle, anderen Geschöpfe um ihn: alles, was sichbewegt«, also auch Feuer, stürzende Baumstämme u. dgl., galt ihm als belebt, machtbegabt und,falls«s ihm fremd war, alS feindlich. Gegendiese unheimliche Macht, di« in allen Gegenständen wirksam war, mußt««r sich schützen, und ertat das auf dieselbe Weis«, auf die er sich gegenihm bekannt« Gefahren verteidigte. Da aberdie hier drohenden nicht faßbar, nicht sichtbar*) D. Eduard Erkes: Wie Gott erschaffen wurde. Urania-Berlags-Eesellschaft m. b.H-, Jena 19SL.(Zweite Urania-Beilage.)—Das etwa 90 Seiten starke Buch ist sehr ftüsiiggeschrieben und stellt die Entwicklung des Got-w^laubens und seiner Begleiterscheinungen,dem heutigen Stande der Forschung entspre-chrnd, in großen, klaren Umriflen dar. DerBerfasser ist Marxist und seine Ergebnisi« füllen sich vollkommen dem Weltbild des historischen Materialismus«in.' waren, gestaltete sich auch seine Abwehr mehrsymbolisch, und so entstand langsam das waswir als Zauberei bezeichnen. Man blieb mit derZeit bei besftmmten Gebräuchen, di« sich—durch Suggestion, Telepathie oder auch Zufall— wirksam gezeigt hatten, und so entwickelte sichallmählich ein gewisies Zeremoniell, einer derGründe, weshalb all« Religionen und Konfessio-nen im Ritus so konservativ sind. Wichtig isthierbei, daß auch di« Primitiven Zaizberhandlun-gen bereits im Dienste der Lebensfürsorge, derWirtschaft standen(Regenzauber usw.).Je mehr sich nun im Laufe der Zeit derMensch seiner individuellen Besonderheiten bewußt wurde, umso mehr sah er in den Na-turkräften persönliche Kräfte wirken, und diesepersönlichen Kräfte gruppierten sich gar baldzu den Zeichen Organisationen wie die jeweilsmenschlichen. Zugleich führt« die Selbstbeobachtung den Primitivsten zu der Annahme, er seiein Doppelwesen, bestehe aus einem Körper undeiner diesen belebenden Kraft, einer Seele. Seinen Ursprung verdankt dieser Glaube vor allemwohl der für den Menschen zunächst unerklärlichen Erscheinung des Traumes. Man glaubte,daß die Seel« aus dem Schlafenden entweichenund umherstreisen, auch Tot« anssuchen könne,und deshalb dürfen bei vielen Völkern nochheute Schlafende nicht jäh geweckt werden: chreSeele ist vielleicht gerade abwesend und sokönnten sie sterben. Ferner haben sicher auchOhnmachtsanfäll« zur Förderung des Seelenglaubens beigetragen. Den Sitz dieser Seelesuchte man zunächst im Blut« oder Atem, dannhinter den Augen, auf höherer Kulturstufe imHerzen, Gehirn, in der Schild- und Zirbeldrüse. Aber überall hat man sie wieder heraus«geschmissen, und heute ist si« noch immer obdachlos.Genau so, wie der Mensch nun sich selberfür ein Doppelwesen hielt, sah er auch in denTieren ihm gleiche oder gar überlegene Geschöpfe, deren Handeln und Denken von dengleich«« Trieben beherrscht würde. Er beobachtete daher ihnen gegenüber ebenfalls gewisseZeremonien, entschuldigt« sich, wenn er sie totgeschlagen hatte, dankt« ihnen, daß sie sofreundlich waren, sich von ihm erreichen zulassen, und glaubte, sie würden sich von ihmnicht mehr jagen lassen, wenn er sie nichtgebührend verehrt«. Um ihnen aber für alleFälle di« Möglichkeit zur Rache zu nehmen,zerschnitt er seiner Beut« di« Sehnen, brachihr das Rückgrat, und macht««s damit seinerAnsicht nach der Seele unmöglich, sich zu bewegen.AuS den gleichen Gründen verstümmelteder Mensch auch die Leichen seiner Genossen.Nachdem er sie eine Zeit lang halt«, liegenlassen— vielleicht kehrte die Seel« zurück, undder Körper wurde deshalb in seuchiwarmenGegenden oft durch Räuchern oder Mumifizieren haltbar gemacht— zertrümmerte er ihnendi« Wirbelsäule, trennt« ihnen den Kopf ab,begrub oder verbrannte sie gar und wälzte endlich einen schweren Stein auf das Grab, umdas Herauskommen endgültig zu verhindern.Di« abgeschiedenen Seelen, di« zunächst k«in«Verehrung weiter genossen und nur so langeexistierten, als ein Lebender noch an sie dachte,|